Gisela Kleine

Gisela Kleine

Gisela Kleine (* 1926) ist eine deutsche Germanistin, Kunsthistorikerin und Hesse-Biografin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Gisela Kleine studierte Germanistik, Philosophie und Publizistik bei Benno von Wiese an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und promovierte mit der Dissertation „Das Problem der Wirklichkeit bei Hermann Hesse“. Korreferent war Joachim Ritter, dessen Collegium philosophicum sie angehörte. Da ihre Doktorarbeit Hesse gefiel, wurde sie von ihm nach Montagnola eingeladen, lernte dort auch Ninon Hesse, die dritte Frau des Dichters, kennen und führte danach mit beiden einen Briefwechsel. Diese Begegnung zeigte rund zwei Jahrzehnte später literarische Folgen: Gisela Kleine schrieb über Hesses Leben mit Ninon eine Ehe- oder Paarbiographie, in der Lebens- und Werkgeschichte verflochten wurden.

Als Chefredakteurin der Monatsschrift „Der leitende Angestellte“ veröffentlichte Gisela Kleine zahlreiche Beiträge über die betriebs- und sozialgeschichtliche Herkunft dieser „dritten Gruppe“ zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern. Fragen zur Stellung der leitenden Angestellten in der Betriebsverfassung wurden im zweibändigen „Handbuch für leitende Angestellte“ der Verlagsgesellschaft „Recht und Wirtschaft“ mbH, Heidelberg 1962, geklärt, den Teil Soziologie (1. Band) verfasste Gisela Kleine.

Ihre Publikationen bildeten die Grundlage für medienwissenschaftliche Lehraufträge, an den Universitäten Dortmund, Bochum und der Fernuniversität Hagen, wobei das Thema „Frauen in Beruf und Gesellschaft“ einen weiteren Schwerpunkt für sie bildete.

Zweitstudium

Familienpflichten bedingten eine berufliche Zäsur, die sie für ein Studium der Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität Bochum nutzte. Ihre 1982 im Thorbecke Verlag erschienene Ehebiographie über Ninon und Hermann Hesse, die Archäologin und den Dichter, eröffnete ein neues literarisches Genre, es war die erste der Paar- oder Doppelbiographien.

Preise und Auszeichnungen

  • Für ihre „Frauenforschung“, Grundlage der von ihr verfassten Biografien, erhielt sie 1990 den Kulturpreis der Stadt München.

Werk

  • Unter dem Aspekt „Leben als Dialog“ zielte Kleine auf eine Vervollständigung des konventionellen Hesse-Bildes als eines Eremiten und gemeinschaftsfeindlichen Einzelgängers. Veranlasst durch ihre eigenen Eindrücke vom Ehepaar Hesse in Montagnola, sammelte sie Ninons Nachlass, ihre Briefwechsel mit Freunden, Familiendokumente, Tagebücher, Photos, Feuilletons, Gedichte, Reiseberichte und archäologische Arbeiten und gewann daraus eine neue Perspektive auf den Dichter, der für sein Werk zwar einen meditativen Freiraum brauchte, aber auf Bindung und Zuwendung nicht verzichten konnte. Die spannungsreiche Gemeinschaft mit der einfühlsamen und dennoch eigenständigen Ninon Hesse führte Hesse aus der steppenwölfischen Zerrissenheit der Krisisjahre zur Ausgewogenheit seines Spätwerks; über 35 Jahre lebten sie miteinander, bis zu seinem Tod im Jahre 1962. Die bis dahin unveröffentlichten Briefe Ninons an Hermann Hesse bestätigen Einklang und Eigenwillen, Nähe und Distanz. Gisela Kleine gab sie unter dem Titel „ Lieber, lieber Vogel“ im Jahre 2000 im Suhrkamp Verlag heraus und bot damit eine intime, aber diskrete Innensicht der Hesse-Ehe, ein Zwiegespräch, das nie abbrach.
  • Gabriele Münter und Wassily Kandinsky – Biographie eines Paares“ – ist der Titel einer Doppelbiographie, in der Gisela Kleine nachweist, dass sich erst im Gegenüber das Rätsel dieser schöpferisch entfesselnden Beziehung löst und sich beider Werk erschließt. Münter und Kandinsky steigerten sich wechselseitig zur Entfaltung einer malerischen Kraft, durch die sie wenige Jahre später im Münchner „Blauen Reiter“ die Kunstentwicklung des 20. Jahrhunderts bestimmten. Um dies authentisch darzustellen, hat Kleine in vierjähriger Recherche die Schauplätze aus beider Lebensgeschichte von Moskau bis Odessa und New York bis Texas aufgesucht und auch erstmals den gesamten Nachlass ausgewertet, vor allem den aus 900 mehrseitigen Schreiben bestehenden Briefwechsel Münters mit Kandinsky.

Publikationen (Auswahl)

  • Zwischen Welt und Zaubergarten. Ninon und Hermann Hesse. Ein Leben im Dialog, suhrkamp taschenbuch 1384
  • Lieber, lieber Vogel. Briefe Ninon Hesses an Hermann Hesse, suhrkamp taschenbuch 3373
  • Gabriele Münter und Wassily Kandinsky. Biographie eines Paares, insel taschenbuch 1611, ISBN 3458160906
  • Gabriele Münter und die Kinderwelt, insel taschenbuch 1924
  • Ninon und Hermann Hesse. Leben als Dialog, Verlag J. Thorbecke, Sigmaringen 1982, ISBN 3799520163

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kleine — ist der Familienname folgender Personen: Alfred Kleine (* 1930), deutscher Generalleutnant des MfS Dorothea Kleine (1928–2010), deutsche Schriftstellerin Eduard Kleine (1837–1914), deutscher Industrieller Friedrich Karl Kleine (1869–1951),… …   Deutsch Wikipedia

  • Gisela Bonn — (Pseudonym), auch: Gisela Döhrn (* 22. September 1909 in Elberfeld; † 11. Oktober 1996 in Stuttgart) war eine deutsche Journalistin. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen 3 S …   Deutsch Wikipedia

  • Gisela-Gymnasium — München Schulform Gymnasium Gründung 1904 …   Deutsch Wikipedia

  • Gisela Müller-Wolff — (* 2. Februar 1922 in Swinemünde; † 22. November 2000 in Bremen) war eine deutsche Volkswirtin und Politikerin (SPD). Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 1.1 Ausbildung und Beruf 1.2 Politik …   Deutsch Wikipedia

  • Kleine Burg — Gymnasium Kleine Burg Schultyp Gymnasium Gründung 1863 Ort Braunschweig Bundesland Niedersachsen Staat Deutschland …   Deutsch Wikipedia

  • Der Kleine und der müde Joe — Filmdaten Deutscher Titel: Die rechte und die linke Hand des Teufels Originaltitel: Lo chiamavano Trinità Produktionsland: Italien Erscheinungsjahr: 1970 Länge: 110 Minuten Altersfreigabe …   Deutsch Wikipedia

  • Gymnasium Kleine Burg — Schulform Gymnasium Gründung 1863 Ort …   Deutsch Wikipedia

  • Pippin der Kleine — Pippin der Jüngere (auch Pippin III. oder Pippin der Kurze; * 714; † 24. September 768 in Saint Denis bei Paris) war ein fränkischer Hausmeier, später König der Franken (751–768). Er war der Sohn Karl Martells und Chrotrudes sowie der Vater Karls …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Kl — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Gabriele Münter — Gabriele Münter, 1900 Gabriele Münter (* 19. Februar 1877 in Berlin; † 19. Mai 1962 in Murnau am Staffelsee) war eine Malerin des Expressionismus, daneben zeichnete sie und betätigte sich auf dem Gebiet der Druckgrafik. Sie war Mitglied der Neuen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”