Gladiatorengattungen

Gladiatorengattungen
Darstellung verschiedener Gladiatorengattungen auf einem Mosaik (Leptis Magna, ca. 80–100 v. Chr.)

In den römischen Arenen kämpften eine Reihe unterschiedlicher Gladiatorengattungen, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelten. Der Reiz der Kämpfe lag auch darin, unterschiedliche Gladiatorengattungen gegeneinander antreten zu lassen. Ursprung und Ablauf der Gladiatorenkämpfe sind im Artikel Gladiator beschrieben.

Die meisten Kenntnisse über die Waffen der Gladiatoren sind den Ausgrabungen in Pompeji zu verdanken, wo viele Ausrüstungsgegenstände aus einer Gladiatorenkaserne gefunden wurden, die heutzutage im Museo Archeologico Nazionale in Neapel aufbewahrt werden. Ergänzt werden die Kenntnisse durch erhalten gebliebene kleine Statuetten und Darstellungen von Gladiatoren auf Grabsteinen, Fresken, Reliefs, Mosaiken und Öllampen.

Inhaltsverzeichnis

Die ursprüngliche Ausrüstung

Die ersten Gladiatoren, welche bei Totenfeierlichkeiten oder bei Begräbnissen vornehmer Römer auftraten und nach dem Scheiterhaufen bustum auch noch bustuarii genannt wurden, hatten noch eine einfache Ausrüstung. Jeder trug einen Schild, ein Schwert und war durch Helm und Beinschienen geschützt. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich mehrere Gladiatorengattungen, die sich in ihrer Ausrüstung und Kampfweise erheblich voneinander unterschieden.

Die Gattungen der republikanischen Zeit

Die frühen Gladiatorengattungen dürften mit ähnlichen Waffen gekämpft haben wie die von Rom besiegten Völker, auf deren Namen sich die einzelnen Gattungen beziehen. Später musste ein beispielsweise als Gallier kämpfender Gladiator aber nicht mehr unbedingt auch aus Gallien kommen. Die genaue Ausrüstung dieser frühen Gattungen ist aber aufgrund der Quellenlage unklar und kann nur vermutet werden.

Schaukampf Summa Rudis (Schiedsrichter), Provocator gegen Murmillo, Römerfest in Xanten, 2003

Samnit

Livius berichtet in seinem Werk Ab urbe condita (9, 40), dass die mit den Römern verbündeten Campaner Fechter, welche bei ihren Gastmählern auftraten, mit den Waffen der besiegten Feinde, in diesem Fall der Samniten, ausgestattet waren. Laut Livius waren sie mit einem buschgeschmückten Helm galea cristata, einem hohen Schild und einer linken Beinschiene versehen. Die Bildlage zeigt jedoch diese Fechter, im Gegensatz zu vollständig ausgerüsteten samnitischen Kriegern, ohne Brustblech spongia und Tunika.

Gallus

Über die Ausrüstung des unter dem Namen Gallier gallus kämpfenden Gladiators ist noch wenig bekannt. Man weiß zwar, wie gallische Krieger ausgerüstet waren, nur dürfte die Ausrüstung dieses Gladiators bald nur noch wenig mit der eines gallischen Kriegers gemein gehabt haben.

Die Gattungen der Kaiserzeit

Augustus reformierte das Gladiatorenwesen und so tauchen Gattungen wie Samnit und Gallier in der Kaiserzeit auch überhaupt nicht mehr auf. Er übernahm aber auch schon ältere Gattungen, wie den Provocator, Thraex und Murmillo.

Eques

Murmillo gegen Thraex

Die equites eröffneten mit ihrem Kampf die Gladiatorenspiele. Sie waren mit einem Krempenhelm mit Visier, einem flachen Rundschild, einer Lanze und einem Kurzschwert gladius bewaffnet. Im Unterschied zu allen anderen Gladiatorengattungen, welche nur mit einem Lendenschurz subligaculum bekleidet waren, trugen sie Tuniken. Sie begannen den Kampf zu Pferd, stiegen dann ab und setzten den Kampf mit den Schwertern fort. Auf bildlichen Darstellungen sind sie zumeist in der Endphase des Kampfes dargestellt, also vom Pferd abgestiegen und zu Fuß mit Schwertern kämpfend.

Murmillo

Der murmillo ist eine sehr alte Gladiatorengattung und schon im 1. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen, sein Ursprung ist jedoch unklar. Der aus Thrakien stammende Spartacus kämpfte als Murmillo. Die Bewaffnung des Murmillos mit Kurzschwert gladius und großem gewölbtem Rechteckschild scutum gleicht der der Legionsinfanterie. Als Schutzkleidung hatte er einen Armschutz manica und eine bis kurz unter das Knie reichende Beinschiene nur am linken Bein. Er trug einen Helm mit Visier mit hohem geradem Kamm, der zusätzlich mit bunten Federn geschmückt war und aussah wie ein Fisch (mormylos = kleiner Fisch). Er kämpfte gegen den Thraex.

Hoplomachus gegen Thraex

Thraex

Diese Art des Kämpfers hatte eine Bewaffnung, die noch auf seinen thrakischen Ursprung hinweisen sollte. Der Thraex war mit einem Schwert mit gekrümmter Klinge sica und einem kleinen, gewölbten Rechteckschild parmula ausgestattet und trug einen Helm mit Visier, der von einem Helmkamm mit Greifenkopf gekrönt war. Als Schutzkleidung trug er am rechten Arm einen gesteppten Armschutz manica. An beiden Beinen trug er gesteppte Beinschützer, die weit über die Oberschenkel reichten. Darüber hatte er über das Knie reichende Beinschienen angelegt.

Hoplomachus

Als Alternative zur Paarung Murmillo gegen Thraex gab es die Paarung Murmillo gegen Hoplomachus. Der Hoplomachus ähnelte in Bewaffnung und Schutzkleidung dem Thraex, außer dass er statt dem kleinen gewölbten Rundschild mit einer verkümmerten Form des griechischen Hoplitenrundschildes und mit einer Stoßlanze hasta gerüstet war. Für den Nahkampf besaß er zusätzlich noch ein Kurzschwert gladius. In Ausnahmen konnte er auch gegen den Thraex kämpfen.

Secutor gegen Retiarius

Retiarius

Der Retiarius war ein sehr ungewöhnlicher Gladiator und erst seit der Regierungszeit des Kaiser Caligula (37–41 n. Chr.) belegt. Seine außergewöhnliche Bewaffnung bestand aus einem Wurfnetz rete, einem Dreizack tridens (auch fuscina genannt), sowie einem Kurzschwert gladius oder Dolch pugio. Er hatte keinen Schild und trug auch keinen Helm. Als einzige Schutzkleidung diente ihm der Schulterschirm galerus und eine Armschiene manica am linken Arm. Zuerst versuchte er das Netz über seinen Gegner zu werfen. Wenn es verworfen war, versuchte er, seinem Gegner mit dem Dreizack beizukommen und wenn ihm das nicht gelang, hatte er für den Nahkampf noch das Schwert. Sein Gegner war überwiegend der Secutor.

Pontarius

Der Pontarius war eine Spielart des Retiarius. Er verteidigte eine kleine Brücke pons mit zwei rampenartigen Aufgängen. Auf jeder Seite griff ein Secutor an und versuchte auf die Plattform zu kommen. Zusätzlich zu seiner üblichen Ausrüstung, dem Schulterschirm galerus und der Armschiene manica am linken Arm, besaß der Pontarius einen großen Vorrat an Wurfgeschossen, vermutlich Steinkugeln.

Secutor

Der Secutor (Verfolger) war ein auf den Kampf gegen den Retiarius spezialisierter Murmillo. Um dem Wurfnetz seines Gegners keinen Angriffspunkt zu bieten, trug er einen eiförmigen Helm der nur sehr kleine Augenlöcher besaß. Diese Sichteinschränkung schützte ihn auch davor, dass ihm der Retiarius die Augen ausstechen konnte. Seine Waffen waren Kurzschwert gladius sowie ein großer Rechteckschild scutum. War der Secutor einmal im Netz des Retiarius verfangen, so gab es für ihn fast kein Entkommen mehr. Verlor der Retiarius dagegen sein Netz, so konnte er sich des Secutors nur noch mit Hilfe seines Dreizacks erwehren. In der zweiten Hand führte der Retiarius dann seinen Dolch.

Retiarius gegen Scissor in einem Schaukampf, Römerfest in Xanten, 2003

Scissor

Dieser seltene Gladiatorentyp konnte auch als Gegner des Retiarius antreten. Er hatte genau wie der Secutor einen eiförmigen Helm mit Augenlöchern, er führte in seiner rechten Hand auch das Kurzschwert gladius und der rechte Arm wurde auch von einer Armschiene manica geschützt. Das Besondere an dem Scissor war aber, dass er keinen Schild scutum hatte, sondern dass sein linker Arm in einer kegelstumpfförmigen Röhre steckte, die den ganzen Unterarm bedeckte. Am Ende dieser Röhre war ein kurzer Schaft mit einer wiegemesserförmigen Klinge angebracht. Mit dieser Waffe konnte er das Netz des Retiarius zerschneiden oder dessen Dreizack parieren. Ebenso konnte er seinen Gegner mit sichelndem Hieb nahezu aufschlitzen. Da er seinen Körper nicht durch einen Schild decken konnte, trug er ein knielanges Kettenhemd lorica hamata oder einen Schuppenpanzer lorica squamata.

Zwei Provocatores auf einer Öllampe

Provocator

Der Provocator (Herausforderer) ist seit der späten Republik bekannt und kämpfte, wie die Equites, immer gegen seinesgleichen. Im 1. Jahrhundert vor und 1. Jahrhundert nach Christus trug er einen Helm, der einem Legionärshelm ähnelte. Erst im 2./3. Jahrhundert hatte er einen Helm ohne Kamm mit schräg abfallendem Nackenschirm, aber mit Visier. Er war mit einem mittelgroßen Rechteckschild scutum, einem latz- oder halbmondförmigem Brustblech pectorale und einem Kurzschwert gladius ausgerüstet. Als Schutz dienten ihm außerdem noch eine Beinschiene am linken Bein und am rechten Arm eine Armschiene manica.

Gladiatrix

Es gab vereinzelt auch Frauen, die in der Arena gekämpft haben, wenn es auch kaum verbreitet war. In welcher Ausstattung sie kämpften, ist nur auf einem Relief aus Halikarnassos (bei Bodrum, Türkei) bildlich dargestellt. Sie könnten in allen Gattungen gekämpft haben, aber die beiden dargestellten Gladiatorinnen gladiatrices tragen die Ausrüstung von Provokatoren.

Essedarius

Der Essedarius war eine weitere Gladiatorenart, die nur gegen ihresgleichen kämpfte. Der Name leitet sich von essedum, der Bezeichnung für einen keltischen Streitwagen her. Man nimmt an, dass die essedarii in ihren Ursprüngen den Kampf vom Streitwagen her eröffneten und dann, ähnlich wie die Equites, abstiegen und zu Fuß weiterkämpften. Der Essedarius war mit einer Armschiene manica am Schwertarm, einem Kurzschwert gladius, Gamaschen oder kurzen Bandagen an beiden Beinen ausgestattet. Außerdem trug er einen Helm, der in der früherer Zeit einem Legionärshelm und später dem Secutor-Helm ähnelte.

Weitere, unübliche Gattungen

Des Weiteren gab es Gladiatorengattungen, die seltener bezeugt sind.

Dimachaerus

Der Dimachaerus kämpfte mit zwei Dolchen und trug einen gepolsterten Leibschutz, Bandagen am Dolcharm und an den Beinen, zuweilen auch Beinschienen, aber keinen Helm. Seine weitere Ausrüstung und Existenz ist nicht gesichert, da er nur auf zwei Inschriften bezeugt ist.

Sein Name setzt sich aus den griechischen Wörtern für „Zwei“ (dio) und „Messer“ (machaera) zusammen.

Sagittarius

Der Sagittarius (Bogenschütze) ist nur auf einem Relief in Florenz dargestellt, wo zwei gepanzerte und behelmte Bogenschützen sich in einer Arena unter Beschuss nehmen.

Andabates

Der Andabates wird von Cicero erwähnt und taucht in der Kaiserzeit nicht mehr auf. Unklar ist, ob es sich um eine eigene Gattung handelte oder ob es einfach nur Gladiatoren der üblichen Gattungen waren, deren Augen auf irgendeine Art und Weise verbunden waren, sei es durch eine Augenbinde oder durch einen Helm ohne Augenlöcher. Dieser Gladiator war sehr stark auf sein Gehör angewiesen, da ihm mögliche Reaktionen des Publikums oder Atemgeräusche Aufschluss über den Standpunkt seines Gegners geben konnten.

Laquearius

Der Laquearius (Lassokämpfer), der flüchtende Menschen mit einem Lasso einfing, wird nur von Isidor von Sevilla erwähnt. Dies deutet aber eher auf Arenabedienstete bei Hinrichtungen hin als auf Gladiatorenkämpfe.

Paegniarius

Paegniarii (?) auf dem Mosaik von Nennig

Über diese Gladiatorengattung ist wenig bekannt. Der Paegniarius war nicht mit tödlichen Waffen ausgerüstet. Eine Szene auf einem Mosaik von Nennig wird häufig als Darstellung dieser Gladiatorengattung gedeutet. Die Kämpfer tragen dort eine Peitsche in der rechten Hand und ein am linken Arm angeschnalltes Holzbrett. Nach einer Schilderung bei Sueton ließ Kaiser Caligula Familienväter, die ein körperliches Gebrechen hatten, als Gladiatoren zur Unterhaltung in der Arena auftreten. Da es römische Darstellungen von kleinwüchsigen Gladiatoren aus unterschiedlichen Waffengattungen gibt, traten diese möglicherweise ebenfalls als Paegniarii mit stumpfen Waffen zur Unterhaltung in Erscheinung. Wahrscheinlich traten die Paegniarii bei den Vorkämpfen prolusio und bei Tierkämpfen auf.

Veles

Der Veles war wiederum eine Gattung, dessen Erwähnung sich nur bei Isidor von Sevilla, sowie auf einigen Inschriften mit der Abkürzung VEL findet. Der Name rührt von den am schlechtesten ausgerüsteten römischen Soldaten, velites (Plänkler) zur Zeit der punischen Kriege her, und man nimmt an, dass ihre Kampfweise diesem Soldatentyp entsprach.

Venator im Kampf gegen ein Wildschwein

Crupellarius

Der Crupellarius wird von Tacitus als gallischer Kämpfer erwähnt. Eine Bronzestatuette aus Frankreich könnte einen dieser vollgepanzerten Kämpfer darstellen.

Scaeva

Der Scaeva war ein Gladiator, der als Linkshänder kämpfte und er wurde als so wichtig erachtet, dass er extra aufgeführt wurde. Kaiser Commodus, der gerne als Gladiator in der Arena auftrat, focht als secutor scaeva. Standen sich zwei Linkshänder gegenüber, wurde von einem linkshändigem Kampf pugna scaevata gesprochen.

Venator

Der Venator kämpfte gegen wilde Tiere, er zählt aber nicht zu den eigentlichen Gladiatorengattungen.

Siehe auch

Literatur

  • Alan Baker: Gladiatoren – Kampfspiele auf Leben und Tod. Goldmann, München 2002, ISBN 3-442-15157-0.
  • Marcus Junkelmann: Das Spiel mit dem Tod – So kämpften Roms Gladiatoren. von Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-8053-2563-0 (Antike Welt, Sonderheft; Zaberns Bildbände zur Archäologie).
  • Marcus Junkelmann: Gladiatoren. Kämpfer der Arena. Tessloff Verlag, Nürnberg 2005, ISBN 3-7886-0422-0 (Was ist Was 82), (Speziell für Kinder und Jugendliche).
  • Eckart Köhne (Hrsg.): Gladiatoren und Caesaren. die Macht der Unterhaltung im antiken Rom. von Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-8053-2614-9.
  • Fik Meijer: Gladiatoren. Das Spiel um Leben und Tod. Artemis und Winkler, Düsseldorf u. a. 2004, ISBN 3-7608-2303-3 (eine sehr detaillierte Zusammenfassung der verschiedenen Aspekte des Gladiatorenwesens).
  • Thomas Wiedemann: Kaiser und Gladiatoren. die Macht der Spiele im antiken Rom. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2001, ISBN 3-534-14473-2.

Weblinks


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