- Alexei Petrowitsch Bestuschew-Rjumin
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Alexei Petrowitsch Graf Bestuschew-Rjumin (russisch: Алексе́й Петро́вич Бесту́жев-Рю́мин, * 2. Juni 1693 in Moskau; † 21. April 1766 in Sankt Petersburg) war ein Feldmarschall der russischen Armee und russischer Reichskanzler unter Zarin Elisabeth. Er beeinflusste 20 Jahre lang maßgeblich die Außenpolitik Russlands und dessen Verhältnis zu seinen Bündnispartnern und Gegnern, insbesondere Preußen und Frankreich.
Inhaltsverzeichnis
Ausbildung und erste diplomatische Erfolge
Bestuschew-Rjumin wurde am 2. Juni 1693 in Moskau als Sohn des späteren russischen Botschafters im Herzogtum Kurland und Semgallen, Pjotr Bestuschew, in eine adelige Novograder Familie geboren. Der sprachbegabte und an Forschung interessierte Bestuschew-Rjumin wurde gemeinsam mit seinem Bruder Mikhail in Kopenhagen und Berlin erzogen und ausgebildet. Im Jahre 1712 stellte ihn Peter der Große während des Utrechter Kongresses in die Dienste seines Schwagers Boris Kurakin. Er sollte dort und auch im Jahre 1713 in Diensten des Kurfürsten von Hannover die Kunst der Diplomatie erlernen. Der Kurfürst und spätere König von Großbritannien Georg I. nahm Bestuschew-Rjumin im Jahre 1714 mit nach London und ernannte ihn zu seinem Gesandten und schickte ihn zur Akkreditierung kurzfristig zurück nach Sankt Petersburg. Bestuschew-Rjumin blieb vier Jahre lang im Dienst des Königs, dieser Zeitraum legte den Grundstein für seine erfolgreiche Karriere als Diplomat.
Nach seiner Rückkehr nach Russland im Jahre 1718 wurde er in unbezahlter Stellung oberster Kammerherr der späteren Zarin Anna. Im Anschluss wurde er 1721 zum russischen Gesandten in Kopenhagen ernannt, er sollte dort George I. von Großbritannien daran hindern, die Staaten im Norden Europas gegen Peter den Großen von Russland in einen Krieg gegen Russland zu vereinen. Während des Friedens von Nystad, der den 21 Jahre andauernden Konflikt zwischen Schweden und Russland beendete, wurde der Zar auf ein Medaillon aufmerksam, das Bestuschew-Rjumin geprägt und entworfen hatte. Dies gefiel ihm so sehr, dass er Bestuschew-Rjumin ein handschriftliches Dankesschreiben und ein in Brillanten gefasstes Portrait seiner selbst zukommen ließ. Ebenfalls zu dieser Zeit entdeckte der vielseitig interessierte Bestuschew-Rjumin ein Eisenpräparat, tinctura toniconervina Bestuscheffi, das als Elixir d'Or am französischen Hof bekannt wurde.
Rückkehr nach Russland
Der Tod des Zaren Peter am 8. Februar 1725 gefährdete die blendenden Zukunftsaussichten Bestuschew-Rjumins und er blieb für weitere 10 Jahre in Kopenhagen, obwohl er gerne nach Russland zurückgekehrt wäre. Dies wurde bis 1739 von seinen Rivalen und Feinden am russischen Hof verhindert. Erst die Zarin Anna ernannte ihn zum Geheimrat und er bekam die Gelegenheit auf Fürsprache Ernst von Biron. Nach dem Fall Artemi Petrowitsch Wolynskis konnte er diesem auf seinen Posten als Kabinettsminister folgen. Er unterstützte Biron bei dem Versuch, die Herrschaft Annas aufrechtzuerhalten, aber als dies scheiterte, war seine Position wieder stark gefährdet. Nach dem Sturz Birons wurde er als dessen Anhänger 1740 verhaftet.
Vizereichskanzler Russlands
Bestuschew-Rjumin erhielt von der Kaiserin Elisabeth sofort nach ihrer Amtseinsetzung am 6. Dezember 1741 eine weitere Chance sich als Diplomat zu beweisen, sie setze ihn auf freien Fuß, holte ihn zurück an den Hof, erhob ihn in den Grafenstand und ernannte ihn zum Reichsvizekanzler. Zu dieser Zeit beurteilte Bestuschew-Rjumin Frankreich als natürlichen Feind Russlands, die Interessen beider Länder am Osmanischen Reich, sowie Schweden und Polen standen sich gegenüber. Die Russen befürchteten einen Eingriff der Franzosen in die drei an Russland angrenzenden Länder, daher betrachtete Bestuschew-Rjumin die Feinde der Franzosen automatisch als Freund Russlands, die mit Frankreich verbündeten Staaten wurden von ihm als Feind gesehen. In diesem Verständnis wurden Großbritannien und Österreich zu Alliierten Russlands, während das von Friedrich II. geführte Preußen, das sich am Österreichischen Erbfolgekrieg beteiligte, als Gegner betrachtet wurde. Als Folge dieser Auffassung arbeitete Bestuschew-Rjumin an einer Allianz zwischen Russland, Österreich, Großbritannien, und Sachsen um sich dem französisch-preußischen Bündnis entgegenstellen zu können.
Diese außenpolitische Entscheidung wurde von seiner Regentin kaum akzeptiert, sie selbst hegte eine Aversion gegen ein Bündnis mit Österreich und Großbritannien, die sich gegen ihre Inthronisation ausgesprochen hatten. Gleichzeitig stammten etliche ihrer persönlichen Freunde aus Frankreich und Preußen. Diese beteiligten sich an verschiedenen Intrigen, um Bestuschew-Rjumin zu stürzen. Trotz dieser Anfeindungen gelang es Bestuschew-Rjumin mit Hilfe seines Bruders Mikhail seine politischen Vorstellungen nach und nach durchzusetzen.
Im Jahre 1741 brach ein Krieg zwischen Russland und Schweden aus, am 11. Dezember 1742 schloss Bestuschew-Rjumin ein Verteidigungsbündnis zwischen Großbritannien und Russland, nachdem er zuvor den Vorschlag Frankreichs, sich als Vermittler in dem Konflikt zu betätigen, vehement abgelehnt hatte. Am Ende des überaus aggressiv geführten Krieges war Schweden der Zarin völlig hilflos ausgeliefert. Bestuschew-Rjumin bestand bei den Verhandlungen zum Frieden von Åbo 1743 darauf, dass Schweden das Gebiet Finnlands komplett an Russland abtreten sollte, um die Expansionsbemühungen Peters des Großen zu vollenden. Die französischen Delegierten intervenierten und richteten eine Petition an Elisabeth, die auf ihre Beziehungen zum Haus Holstein abzielte. Daraufhin akzeptierten die Schweden den Vorschlag Elisabeths, Adolphus Frederick von Schweden, den Herzog von Holstein, als zukünftigen König anzuerkennen und im Gegenzug einen schmalen Streifen Land am Kymijoki an die Russen abzutreten.
Bestuschew-Rjumin konnte auch die Unterzeichnung eines russisch-preußischen Bündnisses im März des Jahres 1743 nicht verhindern, allerdings gelang es ihm, den Vertrag politisch zu entwerten, in dem er ihn von den vorgeschlagenen Beteiligungen an Fredericks Eroberungen in Schlesien ausnahm. Darüber hinaus fiel das Ansehen des preußischen Königs am russischen Hof, nicht zuletzt durch Bestuschew-Rjumins Bemühungen, zunehmend und er nutzte die Gelegenheit, um eine Allianz mit Österreich vorzubereiten, indem er dem Vorfrieden von Breslau zustimmte.
Reichskanzler Russlands
Die von den Holsteinern, Franzosen und Preußen unterstützten Verschwörer um Natalja Fjodorowna Lopuchina überzeugten Elisabeth, dass der österreiche Botschafter und zeitweilig auch seine Kaiserin an einer Intrige beteiligt waren, deren Ziel die Wiedereinsetzung Iwans IV. als Zar sein sollte. In der Folge schien der Fall Bestuschew-Rjumins, unter anderem auch durch das Eingreifen des Franzosen Jacques-Joachim Trotti, Marquis de la Chétardie, unaufhaltsam. Nur durch die Unterstützung Worontsows, eines engen Vertrauten der Zarin, der ähnliche politische Überzeugungen wie Bestuschew-Rjumin hegte, konnte sein Sturz verhindert werden. Nachdem er eine französische Verwicklung in eine Intrige nachweisen konnte, gelang es ihm wieder, in die Gunst der Zarin zu gelangen und sie ernannte ihn am 15. Juli 1744 zum russischen Großkanzler. Noch vor Ende des Jahres wurde Elisabeth von Holstein ausgewiesen, dies und der Sturz des Grafen Jean Armand de Lestocqs festigten seine Stellung.
Bestuschew-Rjumin brachte 1746 ein Bündnis mit Österreich zustande und erneuerte es 1756, was zur Teilnahme Russlands am Siebenjährigen Krieg führte. Als eine zeitweilige Unpässlichkeit der Kaiserin ihn deren baldigen Tod befürchten ließ, rief er im Einverständnis mit Großfürstin Katharina die russische Armee unter Apraxin umgehend aus Preußen zurück. Die Kaiserin erholte sich wieder und Bestuschew-Rjumin wurde 1758 des Hochverrats für schuldig gesprochen, aller seiner Würden entsetzt und in das ihm gehörende Dorf Gorelowo bei Moskau verbannt.
Erst Katharina II. holte Bestuschew-Rjumin im Jahre 1762 wieder an den Hof und ernannte ihn zum Feldmarschall. Eine entscheidende politische Rolle nahm er jedoch nicht mehr wahr. Er starb am 21. April 1766 in Sankt Petersburg.
Literatur
- Detlef Jena, Rainer Lindner: Die russischen Zaren in Lebensbildern. Styria, 1996, ISBN 3-222-12375-6.
- Georg Schreiber: Der Krone Glanz und Last. Ueberreuter, Wien/Heidelberg 1978, ISBN 3-8000-2179-X.
- Stewart P. Oakley: War and Peace in the Baltic, 1560–1790. Routledge, 1992, ISBN 0-415-02472-2.
- Virginia Rounding: Catherine the Great: Love, Sex and Power. Macmillan, 2007, ISBN 0-312-32887-7.
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