Grauer Orden

Grauer Orden

Der Graue Orden war ein an Ostern 1934 gegründeter Bund der katholischen Jugendbewegung, der seine Arbeit trotz der durch die Gestapo erlassenen Verbote der bündischen Jugend bis 1945 fortführen konnte.

Der Graue Orden entstand Anfang 1934 aus Gruppen der Deutschmeister-Jungenschaft (ursprünglich aus dem Quickborn kommend) und des Bundes Neudeutschland.[1] Unter der Führung von Fritz Leist erfasste der Bund mehrere hundert Mitglieder in ganz Süd- und Westdeutschland. Da eines der Zentren des Bundes in Saarbrücken lag, konnte er seine Arbeit bis zur Rückgliederung des Saargebiets in das Deutsche Reich am 1. März 1935 weitgehend unbehelligt fortsetzen, Mitglieder der Freiburger Gruppe wurden aber bereits im Frühjahr 1934 von der Gestapo in Schutzhaft genommen. Während der Haftzeit verfasste Günther Schmich die kleine Schrift "Meister des Ordens". Zu der Freiburger Gruppe gehörte auch der damalige Forstassessor Hansjörg Oeschger, der als Bundesführer der katholischen Quickborn-Bewegung das Gründungstreffen mit organisiert hatte. Er stand unter Gestapo-Überwachung, wurde zeitweise verhaftet und sollte in ein Konzentrationslager eingeliefert werden, was nur durch seine Einberufung zur Wehrmacht vereitelt wurde.

In seinen Gruppen beschäftigt sich der Graue Orden unter anderem mit der von Romano Guardini angestoßenen liturgischen Bewegung. Im Vordergrund standen aber die für bündische Gruppen üblichen Betätigungen wie das gemeinsame Singen und die Großfahrten, die die Gruppen unter anderem nach Lappland und Montenegro führten. Ehemalige Mitglieder beschrieben den Grauen Orden als grundsätzlich unpolitisch; politische Fragen hätten im Gruppenleben keinen Platz gehabt.

Anfang 1938 verhaftete die Gestapo 18 führende Mitglieder des Grauen Ordens wegen „bündischer Umtriebe“, unter ihnen Leist und Willi Graf. Nach etwa drei Monaten wurden alle aufgrund einer nach der Annexion Österreichs ergangenen Amnestie entlassen. Obwohl sich Leist nach der Haftentlassung von einer Weiterführung des Bundes und der bündischen Jugend distanzierte, bestand der Graue Orden bis 1945 als Freundeskreis fort.

Nachdem sich Graf 1942 der Weißen Rose angeschlossen hatte, bat er bei Leist um die Unterstützung der Aktivitäten durch die Mitglieder des Grauen Ordens. Leist lehnte dies ab.

In der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs kamen die Aktivitäten des Grauen Ordens weitgehend zum Erliegen, lediglich brieflicher Kontakt wurde noch gehalten. Dies lag zum einen an der ab 1942 nochmals einsetzenden Verfolgung der bündischen Jugend, zu anderen aber an der sinkenden Zahl der Mitglieder, da ein großer Teil bereits im Krieg gefallen war.

Literatur

  • Peter Goergen: Willi Graf - Ein Weg in den Widerstand. Röhrig-Verlag, St. Ingbert 2009. ISBN 978-3-86110-458-2
  • Heiko Haumann, Dagmar Rübsam: Widerstand. In: Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau. Bd. 3: Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart. Theiss-Verlag, Stuttgart 1992, S. 339-351, hier S. 342f. ISBN 3-8062-0857-3

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Matthias von Hellfeld: Bündische Jugend und Hitler-Jugend. Zur Geschichte von Anpassung und Widerstand 1930-1939. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1987, ISBN 3-8046-8683-4, S. 140ff

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Annunziaten-Orden — Ordenszeichen Kette des Annunziatenordens …   Deutsch Wikipedia

  • Willi Graf — (2 January 1918 in Kuchenheim near Euskirchen; 12 October 1943 in Munich) was a member of the White Rose (Weiße Rose) resistance group in Nazi Germany.Willi Graf s family moved to Saarbrücken in 1922, where his father ran a wine wholesaler s. He… …   Wikipedia

  • Neudeutscher Hochschulring — Der Bund Neudeutschland ist eine nach dem Ersten Weltkrieg gegründete katholische Jugendbewegung. Sie gab sich 1923 auf Schloss Hirschberg im Altmühltal ein Programm, das sogenannte Hirschberg Programm. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte des Bundes… …   Deutsch Wikipedia

  • Willi Graf — Willi Graf. Willi Graf (2 de enero de 1918, Euskirchen 12 de octubre de 1943, Múnich) fue miembro de la resistencia alemana contra el Tercer Reich. Pertenecía al grupo Rosa Blanca. Su familia se mudó a Saarbrücken en 1922, uniéndose a los 11 años …   Wikipedia Español

  • Weisse Rose — Die Weiße Rose war der Name einer Widerstandsgruppe in München während der Zeit des Nationalsozialismus. Im Juni 1942 wurde die Gruppe gegründet und bestand bis zum Februar 1943. Die Mitglieder der Weißen Rose verfassten, druckten und verteilten… …   Deutsch Wikipedia

  • Willy Graf — Willi Graf (* 2. Januar 1918 in Euskirchen Kuchenheim; † 12. Oktober 1943 in München Stadelheim) war Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen …   Deutsch Wikipedia

  • White Rose — This article is about the German resistance movement. For other uses, see White Rose (disambiguation). Also see Weiße Rose (opera) and Sophie Scholl – Die letzten Tage Monument to the Weiße Rose in front of the Ludwig Maximilian University of… …   Wikipedia

  • 1934 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 19. Jahrhundert | 20. Jahrhundert | 21. Jahrhundert   ◄ | 1900er | 1910er | 1920er | 1930er | 1940er | 1950er | 1960er | ► ◄◄ | ◄ | 1930 | 1931 | 1932 | 1933 |… …   Deutsch Wikipedia

  • Bund Neudeutschland — Der Bund Neudeutschland ist eine nach dem Ersten Weltkrieg gegründete katholische Jugendbewegung. Sie gab sich 1923 auf Schloss Hirschberg im Altmühltal ein Programm, das sogenannte Hirschberg Programm. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte des Bundes… …   Deutsch Wikipedia

  • Hansjörg Oeschger — (* 11. März 1908 in Säckingen; † 24. November 1998 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Forstbeamter und Forstwissenschaftler. Als Oberforstrat arbeitete er in verschiedenen süddeutschen Forstämtern. Neben seiner Verwaltungstätigkeit war… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”