Green-Bank-Formel

Green-Bank-Formel

Die Drake-Gleichung dient zur Abschätzung der Anzahl der technischen, intelligenten Zivilisationen in unserer Galaxis, der Milchstraße. Sie wurde von Frank Drake, einem US-Astrophysiker, entwickelt und im November 1960 auf einer Konferenz in Green Bank, USA, vorgestellt; sie ist daher auch als Green-Bank-Formel bekannt. Die Formel wird häufig bei Überlegungen in Bezug auf die Suche nach extraterrestrischem Leben herangezogen.

Inhaltsverzeichnis

Vorbetrachtung

Auf Schwefel und Silizium basierendes Leben wird in der Gleichung nicht berücksichtigt, da nicht genau vorhersehbar ist, ob überhaupt und unter welchen Bedingungen solches Leben entstehen kann. Die Drakeschen Betrachtungen beziehen sich auf Leben, das sich unter bestimmten Bedingungen bezüglich der Verhältnisse von Stickstoff, Kohlenstoff und weiteren Unsicherheitsfaktoren entwickelt. Die Spezies Mensch gilt als Beweis, dass es funktionieren kann. Das System und der Planet, auf dem sich solches Leben entwickeln soll, muss nach dieser Theorie bestimmte astronomische und physikalisch-chemische Voraussetzungen erfüllen.

Es werden sonnenähnliche Einzelsterne der zweiten oder dritten Generation gesucht. Nur in ihrer Umgebung gibt es genügend gesteinsbildende schwere Elemente. Nur sie haben eine Lebensdauer von mehreren Milliarden Jahren, um der Evolution hinreichend Zeit zu geben, und nur sie brennen gleichmäßig. Strahlungsausbrüche (Superflares) würden jedes Leben vernichten. Sterne mit mehr Masse werden nicht so alt, leichtere Sterne liefern zu wenig Energie. Das System muss eine ausreichende Distanz vom galaktischen Zentrum haben, da dort ein schwarzes Loch existiert und es eine hohe Sternendichte gibt. Dadurch können die Planetenbahnen gestört werden. Die Umlaufbahn muss eine Rotationsperiode haben, die kurz genug ist, um eine gleichmäßige Bestrahlung zu gewährleisten. Die Rotationsachse darf nicht zu stark geneigt sein, damit es keine großen jahreszeitlichen Unterschiede gibt. Die Planetenmasse muss groß genug sein, um eine Atmosphäre zu halten; ist sie zu groß, entsteht ein Treibhauseffekt. Luftdruck und Ozonschicht müssen harmonisieren. Es muss ein planetares Magnetfeld zum Schutz vor kosmischen Teilchen (kosmische Strahlung, Sternwinde) geben. Es wird eine Plattentektonik benötigt, die die Bildung von Landmassen ermöglicht. Es muss ein geochemischer Karbonat-Silikat-Zyklus als langfristiger Thermostat existieren, um Sonneneinstrahlung zu kompensieren. Es müssen radioaktive Nuklide im Kern existieren, die für genügend Hitze und innere Dynamik sorgen. Es müssen Ozeane in einem ausgewogenen Verhältnis existieren. Ein Mond in der richtigen Umlaufbahn muss für eine stabile Neigung der Rotationsachse und somit für stabiles Klima sorgen. Die Umlaufbahnen aller Planeten müssen stabil und geordnet sein, damit sie sich nicht gegenseitig behindern und ein orbitales Chaos verursachen. Ein Gasriese wie bei uns Jupiter wird als „Türsteher“ benötigt, um Kometen abzufangen oder abzulenken. Einige Meteoriteneinschläge sind als Evolutionsbeschleuniger nötig, zu viele verhindern die Entstehung von Leben. Weiterhin muss es Klimagebiete geben, in denen eiweißfreundliche Temperaturen von -25 bis +60 °C herrschen und es muss Wasser in flüssiger Form vorhanden sein.

Gleichung

N = R_* \cdot f_p \cdot n_e \cdot f_l \cdot f_i \cdot f_c \cdot L

N gibt die mögliche Anzahl der technischen intelligenten Zivilisationen in unserer Galaxie an.

Faktoren

R * mittlere Sternentstehungsrate pro Jahr in unserer Galaxie:
Die mittlere Sternentstehungsrate ist durch empirische Beobachtungen wie zum Beispiel durch das Hubble-Weltraumteleskop relativ gut abschätzbar und wird zwischen 4 und 19 veranschlagt[1]. Bei der Betrachtung ist zu beachten, dass ein Stern mittlerer Größenordnung benötigt wird. Sterne, die größer und leuchtstärker als die Sonne sind, verbrauchen ihre Energie bereits in weniger als einer Milliarde Jahre, so dass für die Entwicklung von Leben auf geeigneten Planeten nicht genug Zeit bleibt. Es wird deshalb nach Sternen gesucht, die mit unserer Sonne vergleichbar sind, da man davon ausgeht, dass die Entwicklung von Leben wie auf der Erde etwa eine Milliarde Jahre dauert. Etwa 70 Prozent der Sterne sind leuchtschwache rote Zwerge. Zwar haben diese Sterne eine Lebensdauer, die um eine Größenordnung höher ist als die der Sonne, dafür ist ihre Leuchtkraft, ihre Masse und Gravitationskraft wesentlich geringer wodurch die Habitable Zone sehr nah beim Zentralgestirn liegt und Planeten in dieser Zone demnach starken Gezeitenkräften ausgesetzt wären. Außerdem neigen rote Zwerge zu starken Änderungen der Sonnenaktivität was der Entwicklung von Leben wenig zuträglich wäre.

Weiterhin ist ca. jede zweite Entstehung ein Doppel- oder Mehrfachsternsystem. Es handelt sich hierbei um zwei oder mehr Sterne, die sich gegenseitig umkreisen, genauer gesagt um ihren gemeinsamen Schwerpunkt rotieren. Physikalische Simulationen haben gezeigt, dass Planeten in solchen Systemen eine äußerst instabile Bahn haben, und früher oder später in eine der Sonnen abstürzen oder gänzlich aus dem System hinausgeschleudert werden (Drei- und Mehrkörperproblem). Eine Ausnahme bilden Planeten, die von ihren Sonnen so weit entfernt sind, dass die Anziehungskraft der beiden Sterne auf den Planeten wie die eines einzelnen Sterns wirkt und der Planet dadurch wieder eine stabilere Bahn hat (Zweikörperproblem). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mehrfachsternsystem über längere Zeit Planeten hat, ist sehr gering. Wenn zwei Galaxien zusammenstoßen, geschieht das aufgrund der großen Zwischenräume zwar kollisionsfrei, jedoch verlieren sie dabei in der Regel so viel kosmisches Gas, dass in der dabei entstandenen Galaxie (meist Ringgalaxie) so gut wie keine Sterne mehr entstehen können.

fp Anteil an Sternen mit Planetensystem:
Wie viele Sterne in unserer Galaxie haben ein Planetensystem? Beobachtungen zeigen, dass ungefähr die Hälfte aller Sterne Planetensysteme wie unsere Sonne haben können. Seit 1995 wurden mit sehr empfindlichen Detektoren durch Messung der Radialgeschwindigkeit von sonnenähnlichen Sternen bereits 331 extrasolare Planeten entdeckt (Stand: Anfang Dezember 2008). Mit zunehmender Genauigkeit der Instrumente, neuen Methoden und besser auflösenden Teleskopen werden noch genauere Messungen möglich sein. Bisher können wir nur extrasolare Planeten finden, die sehr groß (mehrere Jupitermassen) und/oder sehr nahe an ihrer Sonne sind. In beiden Fällen gibt es voraussichtlich sehr unwirtliche Lebensbedingungen.

Die Größe der angenommenen Habitablen Zone oder Ökosphäre bei Sternen mit unterschiedlichen Massen.

ne Anzahl der Planeten in der Ökosphäre:
Die Ökosphäre ist der Bereich im Sonnensystem, in dem die physikalischen Bedingungen die Entstehung von Leben nicht von vornherein ausschließen. Ein Planet darf, je nach Sonnengröße, nicht zu nah und nicht zu weit von seinem Stern entfernt sein. Ist er zu weit weg, ist er einfach zu kalt; ist er zu nahe, ist er zu heiß und der Sonnenwind bläst die Atmosphäre weg. In unserem Sonnensystem befinden sich Venus, Mars und Erde in der Ökosphäre. 2007 wurden erstmals zwei Exoplaneten entdeckt, die sich in der habitablen Zone befinden könnten: HD 209458b, und der von seinen Entdeckern als erdähnlich bezeichnete Planet Gliese 581 c. Ob die Bedingungen dort aber wirklich lebensfreundlich sind, ist unter Wissenschaftlern umstritten.

fl Planeten mit Leben:
Auf wie vielen Planeten in der Ökosphäre entsteht Leben? Für diesen Faktor gibt es keine wissenschaftlich belegbaren Zahlen. Es gibt nur das Beispiel unseres Sonnensystems.

fi Planeten mit intelligentem Leben:
Wenn sich auf einem Planeten Leben entwickelt, so muss es sich nicht zu intelligentem Leben entwickeln. Auch für diesen Faktor gibt es keine wissenschaftlich belegbaren Zahlen. Es kann nur unser Sonnensystem als Beispiel herangezogen werden. Hier stellt sich auch die Frage, wie Intelligenz definiert ist.

fc Interstellare Kommunikation:
Wie viele der intelligenten Zivilisationen haben Interesse an Kommunikation mit anderen Individuen? Denn nur wenn sie Interesse an Kommunikation haben, besteht für uns die Möglichkeit, sie zu finden. Man geht davon aus, dass extraterrestrische intelligente Wesen auch auf die Suche nach Leben gehen.

L Lebensdauer einer technischen Zivilisation:
Als technische Zivilisation bezeichnet man eine Zivilisation, die in der Lage ist ein Radiosignal aus dem Weltraum zu empfangen und ein Signal in den Weltraum zu senden. Leben auf Planeten ist durch externe und interne Faktoren bedroht. Eine komplette Zerstörung kann durch Ereignisse ausgelöst werden, die in der Erdgeschichte schon mehrmals zu Massenaussterben geführt haben. Dazu zählen drastische Klimaveränderungen z. B. durch massive Vulkanausbrüche und Einschläge von Kometen oder Kleinplaneten. Denkbar wäre auch die Selbstzerstörung einer technischen Zivilisation und die Zerstörung einer technischen intelligenten Zivilisation durch eine andere Spezies wie z. B. einen Virus.

Da die Lebensdauer von Sternen begrenzt ist, ist auch die Lebensdauer einer Zivilisation im jeweiligen Sonnensystem begrenzt. Zivilisationen außerhalb von Sonnensystemen müssten auf ausreichende sonnenunabhängige Energiequellen umgestiegen sein; Perpetua mobilia sind jedoch nach den Gesetzen der Thermodynamik unmöglich; und weit entfernt von Sonnen gibt es kaum Energiequellen.

Unsicherheiten

Bestimmend für die Aussagekraft der Drake-Gleichung sind die Unsicherheiten der einzelnen Faktoren. Besonders zu den letzten vier Faktoren gibt es bestenfalls sehr weit streuende Vermutungen über den korrekten Wert. Dadurch wird die aus dem Produkt unsicherer Faktoren abgeschätzte Gesamtzahl intelligenter Zivilisationen extrem ungenau.

Die Drake-Gleichung bezieht sich nur auf unsere Galaxie, die Milchstraße, die eine Balkenspiralgalaxie ist. Diesem Balkenspiraltyp entsprechen nach heutigen Kenntnissen etwa 2/3 der allein im Universum befindlichen Galaxien. Unter der Voraussetzung, dass das heute beobachtbare Universum ca. 50-100 Milliarden Galaxien ähnlichen Typs beherbergt, müsste der Wert aus der Drake-Gleichung zudem mit einem entsprechenden Faktor multipliziert werden. Damit erhöht sich zwar die abgeschätzte Gesamtzahl möglicher Zivilisationen ganz erheblich, bleibt jedoch aufgrund bislang unzureichender Daten aus anderen Galaxien immer noch extrem ungenau. Die ermittelten Schätzwerte basieren zudem auf der Hochrechnung von vermuteten Ähnlichkeiten der Ausgangsdaten in allen Galaxien.

Modelle

Auf der oben genannten Green-Bank-Konferenz wurden für die Drake-Gleichung drei Modelle dargestellt.

  1. Gemäßigtes Modell: Eine Zivilisation in unserer Milchstraße.
  2. Optimistisches Modell: 100 Zivilisationen in unserer Milchstraße, 5000 Lichtjahre mittlerer Abstand zweier sendender Zivilisationen.
  3. Enthusiastisches Modell: 4.000.000 Zivilisationen in unserer Milchstraße, 150 Lichtjahre mittlerer Abstand zweier sendender Zivilisationen.

Carl Sagan, Astronom, Astrophysiker, Exobiologe und Sachbuchautor, kommt auf ca. 15 Zivilisationen.

Wenngleich diese Angaben angesichts der geschilderten enormen Unsicherheiten nicht widerlegt werden können, gehen verschiedene spätere Quellen von wesentlich kleineren Werten für das zweite und dritte Modell aus. Zum einen wird die Ökosphäre deutlich enger, wenn man hier schon die prinzipielle Möglichkeit komplexeren Lebens einbezieht. Zum anderen setzen die obigen Modelle voraus, dass mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann Leben entsteht, wenn über einen langen Zeitraum die Bedingungen hierfür günstig sind. Zu dieser Wahrscheinlichkeit gibt es auch erheblich zurückhaltendere Annahmen bis hin zu ca. 10 − 2000.

Siehe Auch

Quellen

  1. The Drake Equation Revisited: Part I. Astrobiology Magazine. Abgerufen am 2003-09-29.

Literatur

  • Frank Drake, Dava Sobel: Is Anyone Out There? The Scientific Search for Extraterrestrial Intelligence, Delacorte Pr., New York 1992, ISBN 0-385-30532-X
  • Robert T. Rood, James S. Trefil: Are We Alone? The Possibility of Extraterrestrial Civilizations, Scribner, New York 1981, ISBN 0-684-16826-X
  • Amir D. Aczel: Probability 1. Warum es intelligentes Leben im All geben muss, rororo Sachbuch. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2001. ISBN 3-499-60931-2

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