Große Stadtschule Wismar

Große Stadtschule Wismar
Große Stadtschule Wismar
(Geschwister-Scholl-Gymnasium)
Weblogo
Weblogo nach Bearbeitung des Schul-Emblems
Schulform Gymnasium
Gründung 1541
Ort Wismar
Land Mecklenburg-Vorpommern
Staat Deutschland
Koordinaten 53° 53′ 38,4″ N, 11° 27′ 58,7″ O53.89399611.466304Koordinaten: 53° 53′ 38,4″ N, 11° 27′ 58,7″ O
Schüler 380 (Stand: März 2008)
Lehrer 31 (Stand: Februar 2009)
Leitung Herr Sass
Website www.scholl-wismar.com

Die Große Stadtschule ist ein Gymnasium im historischen Kern der Hansestadt Wismar. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam es die zusätzliche Bezeichnung Geschwister-Scholl-Gymnasium, um der Opfer der Nationalsozialisten –  insbesondere des Widerstandes der Geschwister Hans und Sophie Scholl – zu gedenken.

Schüler der Klassenstufen 7 bis 12 besuchen die Große Stadtschule. Durch den Wegfall der 5. und 6. Klassen sowie das Abitur nach zwölf Jahren wird sich die Anzahl der Schüler in den nächsten Jahren weiter verringern.

Eine Besonderheit der Schule ist ihre lange Tradition, die bis in das Hochmittelalter zurückreicht: 1251/1252 wurde hier auf Initiative des Landesfürsten Johann I. von Mecklenburg ein Franziskanerkonvent errichtet. In den folgenden Jahrhunderten ist das Gebäude einige Male renoviert und schließlich sogar neu konstruiert worden. Der Schulbetrieb begann 1541 nach der Reformation, zunächst (für drei Jahre) in Form einer „Kinderschule“, dann als evangelisch-lutherische Lateinschule, und folgte jeweils den gesellschaftlichen Bedingungen bis heute.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zeit der Franziskaner

Auf Einladung des Landesfürsten und Stadtherrn von Wismar, Johann I. von Mecklenburg Theologus, kamen die Franziskaner 1251/1252 nach Wismar. Die geistliche Verbindung zu dem landesfürstlichen Haus und nahestehenden Adligen war in der ersten Zeit des Bestehens besonders eng: Die Gattin von Heinrich I. von Mecklenburg, und große Gönnerin des Ordens, Fürstin Anastasia von Pommern, ließ sich (1317) ebenso in der Franziskanerkirche bestatten wie etliche ihrer Kinder und befreundete Adlige. Fürst Heinrich I., genannt der Pilger, brachte für die Wismarer Franziskanerkonventskirche aus dem Heiligen Land die Reliquie des Heiligen Kreuzes mit; nach ihr erhielt die Kirche das Hauptpatrozinium des „Heiligen Kreuzes“.

Der Konvent errang im Laufe des Mittelalters eine wichtige Stellung im geistlichen Leben der Stadt. Für seelsorgliche und geistliche Tätigkeiten erhielten die Franziskaner von den Bürgern Stiftungsgelder, Memorien und Spenden. In der Kirche unterhielten etliche geistliche Bruderschaften Kapellen und Altäre. Die schreibkundigen Franziskaner wurden für Rechtsangelegenheiten (Beurkundungen) als Schreiber oder Zeugen eingesetzt. Viele der Wismarer Ordensbrüder entstammten Wismarer Bürgerfamilien. Engen Kontakt hatten die Brüder zu Beginen und armen Menschen. Der 1427 von den Anhängern des Neuen Rates auf dem Marktplatz hingerichtete Bürgermeister Hinrik van Haren, der unter dem Lübecker Bürgermeister Tidemann Steen den Verlust der Wismarer Flotte vor Kopenhagen hinnehmen musste, wurde ebenfalls in der Kirche der Grauen Mönche beerdigt.

Entstehung der Großen Stadtschule

Im Zuge der Reformation predigten spätestens seit 1524 in Wismar zwei Franziskaner aus dem Katharinenkloster Lübeck, Heinrich Never und Clemens Timme, evangelische Lehren. 1527 zogen sie ihr Ordenskleid aus und wurden evangelische Prädikanten. Heinrich Never blieb Vorsteher (Guardian) des Franziskanerkonvents, dessen Kirche 1527 geschlossen wurde. Die Brüder durften wohnen bleiben, doch konnte kein neues Konventsmitglied zuziehen. Der Konvent war faktisch aufgehoben.

Im Zuge von fünf Visitationen bis 1571 zog der Stadtrat die kostbaren Inventare des Konvents vollständig ein. 1541 richtete er eine „Kinderschule“ ein, die nur drei Jahre Bestand hatte. Später wurde der Name „Große Stadtschule” für die dort eingerichtete evangelisch-lutherische Lateinschule eingeführt.

16. bis 19. Jahrhundert

Bis 1587 hatten ausschließlich Geistliche die Aufsicht über die Große Stadtschule, danach gewann der Stadtrat Einfluss über die Schulgeschäfte, die enge Verknüpfung zur Kirche blieb jedoch auch weiterhin bestehen.

In der Zeit zwischen 1675 und 1723 kam es infolge politischer Ereignisse und Zustände beinahe zur Auflösung der Schule. Von 1723 bis 1727 war Hermann Samuel Reimarus ihr Rektor.

Um 1746/47 wurde der Bau eines geplanten Kirchengangs abgebrochen. Die Mittel, die durch den Verkauf von Ziegelsteinen eingenommen wurden, stellten die Grundlage für eine Sanierung des Kirchengebäudes.

Im Verlauf der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verfiel das humanistisch-reformatorische Haus. Die Stadtschule wurde aber im 19. Jahrhundert wieder aufgebaut: als neuhumanistisches Gymnasium mit Bürgerschule.

Wegen Baufälligkeit wurde es im 19. Jahrhundert notwendig, die Kirche abzureißen und die Baumaßnahmen am Kleinen sowie Großen Schlafhaus abzubrechen. 1891/1892 begann der Neubau der heutigen Großen Stadtschule.

20. Jahrhundert

Während des Ersten Weltkrieges wurde 1915 eine Sporthalle an der Stelle der ehemaligen Kirche errichtet.

Nachdem die Schule 1923 vollständig verstaatlicht worden war, beeinflusste die NSDAP den Schulbetrieb ab der „Machtergreifung“ 1933 maßgeblich. Als Reaktion gründete der Oberstudiendirektor Dr. Rudolf Kleiminger im Mai 1933 den Verein Altschülerschaft der Großen Stadtschule zu Wismar. Ziel war es, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Vereinsmitglieder stärken und eine Gegenkraft zum Nationalsozialismus zu bilden – in Wahrung der humanistischen Tradition des Hauses.

1938 reformierten die Nationalsozialisten das höhere Schulwesen nach ihren ideologischen Zielen. Die bis dahin unter der Bezeichnung Staatliches Gymnasium mit Oberrealschule geführte Schule hieß fortan Große Stadtschule, staatliche Oberschule und Gymnasium zur Seestadt Wismar.

Da Wismar während des Zweiten Weltkriegs unter Bombenangriffen zu leiden hatte, wurde der Schulbetrieb zeitweise ausgelagert, vorwiegend in das nahe gelegene Neukloster. Das Schulgebäude fungierte in diesen Zeiten teilweise als Lazarett.

Bis zur Gründung der DDR 1949 blieb die Schule ein Gymnasium. Dann erfolgte die Umbenennung und Umstrukturierung in eine Erweiterte Oberschule, die EOS Geschwister Scholl.

Mit der Schulreform, die mit der Wende 1989 begann, erhielt die Große Stadtschule ihren jetzigen Namen Große Stadtschule, Geschwister Scholl Gymnasium. Seit der Feier zum 450-jährigen Bestehen der Schule 1991 findet regelmäßig ein dreitägiges Altschülertreffen in der Hansestadt Wismar statt.

Die Zukunft der Großen Stadtschule

Momentan befinden sich einige Baumaßnahmen, unter anderem in der Peripherie des Schulgebäudes, in der Vorbereitung. Im Oktober 2006 begannen die Bauarbeiten im und am Alten Rektorenhaus unter Leitung des Wismarer Architekten Thomas Jansa, um die Musik- und Kunstfachräume dorthin zu verlagern. Im selben Gebäude ist auch ein Schülercafé mit angebautem Wintergarten entstanden.

Im Jahr 2006 wurde die Aula der Großen Stadtschule aufwändig renoviert.

Bildungsangebot

Frontansicht der Großen Stadtschule (Frühling 2006)

Die Große Stadtschule ist seit dem Schuljahr 2004/2005 eine Ganztagsschule. Die Schulleitung verpflichtete sich damit, auch nachmittags ein Rahmenprogramm für Schüler (Arbeitsgruppen, Projekte) zu schaffen. Diese Leistung kommt in erster Linie den jüngeren Jahrgängen (Orientierungsstufe) mit niedrigeren Stundenzahlen zugute.

Fremdsprachen

Wie an den meisten anderen Gymnasien wird Englisch als erste Fremdsprache von der 5. Klasse an unterrichtet. Derzeit haben alle Schüler mit dem Übergang in die Sekundarstufe I (7. bis 10. Klasse) die Wahl zwischen lateinischer, französischer, schwedischer und russischer Sprache. Eine dieser Fremdsprachen muss sofort, eine weitere kann mit dem Beginn der 10. Klasse optional hinzugewählt werden.

Freizeit

Der Nachmittag ist nach dem Unterricht mit verschiedenen Arbeitsgemeinschaften ausgestaltet. Damit wird die Schule den Anforderungen an eine Ganztagsschule gerecht. Die Kinder und Jugendlichen können dabei frei unter vielen Hobby- und Bildungsaktivitäten wählen. Zur Wahl stehen unter anderem Fotografie, Hausaufgabenbetreuung und teilweise zweisprachiger Unterricht. Schüler der Oberstufe können selbst Arbeitsgemeinschaften (AGs) gründen und betreuen.

Eine weitere Schülergruppe bildet den Klubrat, der sich um den Schulklub im Kellergeschoss der Schule kümmert. Dort finden gelegentlich Veranstaltungen statt. Bei diesen Treffs nehmen häufig Ehemalige der Schule teil, um den Kontakt zu ihren Mitschülern zu erhalten.

Initiativen und Veranstaltungen

Die Große Stadtschule ist eine der drei austragenden Schulen des Wirtschafts-Simulationsspiels WIWAG. Der Gemeinschaftsinitiative gehören neben berufsausbildenden Standorten in Schleswig-Holstein auch das Lübecker Katharineum und die dortige Thomas-Mann-Schule an. Im Oktober 2006 haben die 36 teilnehmenden Schüler wieder die Große Stadtschule besucht, um ein fiktives Unternehmen innerhalb einer Woche zum Erfolg zu führen. Des Weiteren zeichnet sich die Schule durch zahlreiche Aktivitäten aus.

Eine Tradition der Schule ist es außerdem, die feierliche Übergabe der Hochschulreifezeugnisse in der Kirche St. Nikolai abzuhalten. Zu diesem Anlass werden die engagiertesten und fleißigsten Schüler der einzelnen Fachgebiete sowie nach Endnoten, unter anderem mit dem Dr.-Kleiminger-Preis oder dem Ållebergpreis, prämiert.

Bräuche, die hier gepflegt werden, sind die Durchführung eines Abistreichs und -balls sowie die Feier des Karnevalbeginns – organisiert durch den Jahrgang 11.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Große Stadtschule Wismar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Christian Düberg: Unsere Gelehrtenschule: motivirter Antrag im bürgerschaftlichen Ausschuß zu Wismar mit Hinblick auf die Lage des Vaterlandes. Beck, Wismar 1866
  • Rudolf Kleiminger: Geschichte der Großen Stadtschule zu Wismar von 1541–1945. Schmidt und Klaunig, Kiel 1991, ISBN 3-88312-087-1
  • Die Kirche der Grauen Mönche mit einem Lageplan des ehem. Grauen Klosters. In: Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. II. Band: Die Amtsgerichtsbezirke Wismar, Grevesmühlen, Rehna, Gadebusch und Schwerin. Schwerin 1898, Neudruck Schwerin 1992, ISBN 3-910179-06-1, S. 168ff.
  • Gustav Willgeroth: Die Lehrer der Gr. Stadtschule zu Wismar von ihren ersten Anfängen 1541 bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. In: Jahrbuch des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 98, Schwerin 1934, S. 157–206, Digitalisat
  • Ingo Ulpts: Die Bettelorden in Mecklenburg. Ein Beitrag zur Geschichte der Franziskaner, Klarissen, Dominikaner und Augustiner-Eremiten im Mittelalter. Werl 1995 (Saxonia Franciscana 6).

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