- Grundsatz I
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Achtung: per Erlass vom 14. Dezember 2006 wurde der Grundsatz I per 1. Januar 2007 durch die Solvabilitätsverordnung abgelöst. Der folgende Text bezieht sich auf die Zeit vor dem 1. Januar 2007.
Der Grundsatz I (auch: Eigenmittel-Solvabilitätsgrundsatz) ist eine Fortentwicklung des Aufsichtsrechts für Banken durch die BAFin und ein wichtiger Bestandteil der Eigenmittelanforderungen an Kreditinstitute. Grundsatz I präzisiert §§ 10, 10a des Kreditwesengesetzes, indem er eine Risikobegrenzungsnorm definiert. Grundsatz I legt umfassend dar, nach welchen Kriterien im Regelfall die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung beurteilt wird.
Laut Grundsatz I müssen die Eigenmittel größer als die Summe aller Risiko-Anrechnungsbeträge (der Gesamtrisikoposition) sein.
In § 1 Abs. 12 KWG werden Handelsbuchrisikopositionen erfasst als Finanzinstrumente und darauf bezogene Absicherungsgeschäfte. Es handelt sich dabei um Adressenausfallrisiken und zins- und aktienkursbezogene Risiken.
Inhaltsverzeichnis
Risikobegrenzung
Nach den Vorschriften des Grundsatz I müssen die Kreditinstitute ihre Risiken quantifizieren und mit Eigenmitteln unterlegen. Ziel ist die Begrenzung von:
- Adressenausfallrisiken, Sachwertausfallrisiken bei allen Positionen des Anlagebuches (Bilanzaktiva, traditionelle und innovative außerbilanzielle Geschäfte)
- Liefer- und Abwicklungsrisiken nur bei Positionen des Handelsbuches
- Zinsänderungsrisiko und Aktienkursrisiko nur bei Positionen des Handelsbuches
- Fremdwährungsrisiko und Rohwarenrisiko bei allen Positionen, d.h. Positionen des Anlage- und des Handelsbuches
Eigenmittelanforderungen
Eigenmittelanforderungen = gewichtete Risikoaktiva * 0,08 + Anrechnungsbetrag Marktrisikoposition
- Gewichtete Risikoaktiva sind zu mindestens 8% mit haftendem Eigenkapital zu unterlegen.
- Der Anrechnungsbetrag für Marktrisikopositionen ist mit mindestens 2/7 Kernkapital und höchstens 5/7 Drittrangmittel zu unterlegen.
Maßnahmen bei unzureichendem Kernkapital:
- Kernkapital erhöhen
- Risikoaktiva-Anrechnungsbetrag senken
- Anrechnungsbetrag für Marktrisikopositionen senken
Risikogewichte
Es werden zwei Präferenzzonen unterschieden. Die Staaten die der OECD angehören bilden die Präferenzzone A, der Rest der Welt Präferenzzone B bei der Bestimmung der Risikogewichte. Alle Nichtbanken werden einheitlich mit 100% unterlegt.
Es erfolgt eine Ermittlung der Ausfallwahrscheinlichkeit anhand einer pauschalen Einteilung in drei Schuldnergruppen:
- Öffentliche Stellen
- Finanzdienstleistungs- bzw. Kreditinstitut (Institut)
- Sonstige
Im Fall von öffentlichen Stellen und Banken erhalten Forderungen aus Präferenzzone A ein niedrigeres Risikogewicht (20%) als Forderungen aus Präferenzzone B.
Bei Forderungen an Zentralregierungen der Präferenzzone A liegt das Risikogewicht bei 0%.
Zentralnotenbanken werden gegenüber Geschäftsbanken besser gestellt.
Die Eigenkapitalunterlegung ergibt sich dann als Bemessungsgrundlage * Bonitätsgewicht * 8 Prozent.
Regulierung von Risikoaktiva, insbes. Kreditrisiko
Grundsatz I schreibt die Eigenmittelunterlegung von Ausfallsrisiken aus Bilanzaktiva und außerbilanziellen Geschäften, die nicht im Handelsbuch erscheinen, vor. Die Regelungen entsprechen dem des Standardansatzes
Exposure at Default
- Bei Bilanzaktiva ist der Exposure at Default (EAD) der Buchwert zuzüglich der als haftendes Eigenkapital anerkannten Vorsorgereserven nach Wertberichtigung (Einzel- und Pauschalwertberichtigung).
- Bei traditionell außerbilanziellen Geschäften ergibt sich der EAD aus dem Produkt aus dem Betrag und dem CCF (Credit Conversion Factor, Risikoklassenfaktor). Risikoklassenfaktoren betragen entweder 100 %, 50 % oder 20 %. Kreditzusagen sind anrechenbar.
- Bei innovativen außerbilanziellen Geschäften wird entweder die Laufzeitmethode oder die Marktbewertungsmethode angewandt:
- Die Laufzeitmethode darf nur bei Nichthandelsbuchinstituten verwendet werden. Die Berechnung erfolgt mit dem Produkt aus Kontraktvolumen und dem laufzeitbezogenen Anrechnungssatz
- Bei der Marktbewertungsmethode ergibt sich der EAD aus Current Exposure und dem Potential Exposure.
Die Höhe des Ausfallsrisikos wird nur sehr pauschal erfasst.
Regulierung von Marktrisiko
Zu den Marktrisiken zählen Fremdwährungsrisiko, Rohwarenrisiko sowie die Zinsänderungsrisiken und Aktienkursrisiken des Handelsbuchs. Das sind alle Finanzinstrumente einschließlich der Absicherungsgeschäfte und Garantien, die mit zins- und aktienkursbezogenen Risiken behaftet sind. Die Vorschriften der Eigenmittelausstattung gelten auch für reine Wertpapierfirmen. Die Handelsbuchrisikopositionen werden gesondert erfasst, damit für gleichartige Geschäfte dieselben Vorschriften gelten.
Als Anrechnungsbetrag wird der Betrag bezeichnet, der für Marktpreisrisikopositionen bzw. Risiken aus Optionsgeschäften tatsächlich an Eigenkapital vorgehalten werden muss.
Grundsatz I unterscheidet zwischen Staaten, Kreditinstituten (qualifizierte Aktiva) und Unternehmen in Bezug auf die Anrechnungssätze für die Eigenmittelunterlegung besonderer Kursrisiken. Öffentliche Stellen der Präferenzzone A sowie Derivate auf Zinssätze sind mit 0% zu unterlegen. Für die Kreditinstitute der Präferenzzone A sowie börsengehandelte Wertpapiere guter Bonität gelten folgende laufzeitabhängigen Vorschriften:
- Laufzeit unterhalb von 6 Monaten: Anrechnungssatz 3,125 % (x 8 % = 0,25 %)
- Laufzeit zwischen 6 Monaten und 2 Jahren: Anrechnungssatz 12,5 % (x 8 % = 1 %)
- Laufzeit über 2 Jahre: Anrechnungssatz: 20 % (x 8 % = 1,6 %)
- Sonstige: 8 %
Siehe Hauptartikel: Regulierung des Zinsänderungsrisiko
Siehe Hauptartikel: Regulierung des Aktienkursrisikos
Formen der Kreditbesicherung
Die erforderliche Unterlegung mit Eigenmitteln kann durch Kreditbesicherung gemindert werden. Dazu gehören Kredite, die mit einem Grundpfandrecht gesichert sind. Forderungen können bspw. mit Bürgschaften oder auch durch Hinterlegung von Wertpapieren gesichert sein. Dies führt zu niedrigeren Anrechnungssätzen. Insgesamt ist die Kreditbesicherung im Grundsatz 1 eingeschränkt.
Entstehung und Relevanz
In § 10 Kreditwesengesetz und im Grundsatz I sind die in der Bankenrechtsrichtlinie (2000/12/EG) und der Kapitaladäquanzrichtlinie (93/6/EWG) vorgegebenen europäischen Mindesteigenkapitalstandards in nationales Recht umgesetzt. Dabei haben auch die Regelungen der Basler Eigenkapitalempfehlung von 1988 (Basel I) weitgehend Eingang gefunden.
Grundsatz I gilt aktuell und mindestens noch bis Ende 2006 bei Instituten, die den einfachen Standardansatz (Basel II) 2007 einführen werden. Institute, die 2008 den aufwendigeren IRB-Ansatz (Basel II) anwenden wollen, können Grundsatz I noch bis Ende 2007 einsetzen.
siehe auch
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