- Göttinger 7
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Die Göttinger Sieben (Göttinger "7") waren eine Gruppe Göttinger Professoren, die 1837 gegen die Aufhebung der Verfassung im Königreich Hannover protestierten und deshalb entlassen wurden; manche von ihnen wurden darüber hinaus des Landes verwiesen.
Inhaltsverzeichnis
Beteiligte
Die Namen dieser sieben Professoren der Georg-August-Universität waren:
- Wilhelm Eduard Albrecht, Staatsrechtler
- Friedrich Christoph Dahlmann, Historiker
- Heinrich Ewald, Orientalist
- Jacob Grimm, Germanist
- Wilhelm Grimm, Germanist
- Georg Gottfried Gervinus, Literaturhistoriker
- Wilhelm Eduard Weber, Physiker
Geschichte
Siehe auch: Hannoverscher Verfassungskonflikt
Nach langwierigen Verhandlungen trat 1833 im Königreich Hannover eine Verfassung, das „Staatsgrundgesetz“, in Kraft. Daran mitgewirkt hatte der Staatsrechtler und Historiker Christoph Friedrich Dahlmann, der als Vertreter der Universität Göttingen in der Zweiten Kammer der Ständeversammlung saß. Hannover gehörte damit zur Gruppe der vergleichsweise liberalen konstitutionellen Staaten des Deutschen Bundes. Mit dem Tod König Wilhelm IV. von Großbritannien und Hannover am 20. Juni 1837 endete die 123-jährige Personalunion zwischen beiden Staaten. In Hannover übernahm Wilhelms Bruder Ernst August I. die Regierung.
Schon unmittelbar nach seinem Regierungsantritt erklärte dieser am 5. Juli 1837, dass er sich nicht an das Staatsgrundgesetz, das ohne seine Zustimmung zustande gekommen sei, gebunden fühle und eine Veränderung anstrebe. Er hob die relativ freiheitliche Verfassung, die seine Vorgänger nur vier Jahre zuvor erlassen hatten, zum 1. November wieder auf.
Dahlmann versuchte daraufhin erneut, die gesamte Universität zur Opposition gegen diesen Staatsstreich zu bewegen, und verfasste eine Protestation. Dahlmann, der zu den treibenden Kräften der Verfassungsbefürworter zählte, versuchte zunächst, den Senat der Universität zum Widerstand gegen diese Bestrebungen des Königs zu bewegen. Der Versuch scheiterte an dem Wunsch seiner 41 Kollegen, während der gleichzeitigen Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum der Georgia Augusta jeden öffentlichen Konflikt zu vermeiden.
Es fanden sich nur sechs andere Professoren zur Unterschrift bereit: der Jurist Wilhelm Eduard Albrecht, der Theologe und Orientalist Georg Heinrich August Ewald, der Historiker Georg Gottfried Gervinus, die Germanisten Jacob und Wilhelm Grimm und der Physiker Wilhelm Weber. Ihre eigentliche Sprengkraft entwickelte diese Schrift in dem Moment ihrer Veröffentlichung, vermutlich durch Gervinus. Hunderte von Studenten stellten innerhalb weniger Tage einige tausend Abschriften her und versandten sie in ganz Deutschland.
Am 18. November reichten die Göttinger Sieben schriftlich Protest ein.
Professorenentlassung
Jetzt sah sich der König, um sein Gesicht als noch „junger“ Landesherr zu wahren, zu hartem Durchgreifen genötigt: Am 4. Dezember wurden die sieben Professoren vor dem Universitätsgericht vernommen und bereits am 14. Dezember ihrer Ämter enthoben. Dahlmann, Gervinus und Jacob Grimm mussten wegen Verbreitung der Schrift außerhalb des Königreiches binnen drei Tagen Göttingen verlassen und wurden des Landes verwiesen. Diese wurden dann 1840 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. empfangen, der politisch Verfolgte teilweise rehabilitierte. Den übrigen, so die Anweisung, sei nach ihrer Entlassung der Aufenthalt in Göttingen weiterhin gestattet. Gleichzeitig zeigte sich der große Solidarisierungseffekt in der Bevölkerung, die den drei Ausgewiesenen ihr Gehalt aus Spendengeldern zahlte. Spätestens hier wurde erkennbar, dass der Liberalismus als Massenbewegung nun nicht mehr länger durch Beschlüsse und Verordnungen unterdrückt werden konnte.
Die Protestaktion, der Protestbrief, fand in ganz Deutschland Verbreitung und förderte eine liberale Gesinnung. Jacob Grimm begründete später seine Entscheidung zu dem Protest in einer Rechtfertigungsschrift:
„Die Geschichte zeigt uns edle und freie Männer, welche es wagten, vor dem Angesicht der Könige die volle Wahrheit zu sagen; das Befugtsein gehört denen, die den Mut dazu haben. Oft hat ihr Bekenntnis gefruchtet, zuweilen hat es sie verderbt, nicht ihren Namen. Auch die Poesie, der Geschichte Widerschein, unterläßt es nicht, Handlungen der Fürsten nach der Gerechtigkeit zu wägen. Solche Beispiele lösen dem Untertanen seine Zunge, da wo die Not drängt, und trösten über jeden Ausgang.“
– Jacob Grimm: Über meine Entlassung. 1838
In der Frankfurter Nationalversammlung 1848 hatte Jacob Grimm einen Ehrenplatz inne, Albrecht, Dahlmann und Gervinus waren Mitverfasser der gesetzgebenden Initiativen. Der Ruf der Göttinger Universität litt noch lange Zeit an der Entlassung dieser hervorragenden Lehrer.
Auswirkungen des Protestes
Die unmittelbaren Wirkungen des Protestes blieben zunächst jedoch lokal und individuell begrenzt: Die Stadt und ihre Bürger nahmen daran so gut wie keinen Anteil. Der von Teilen des liberalen Bürgertums erhoffte Aufstand gegen den Staatsstreich des Königs blieb aus. Das publizistische Echo und das öffentliche Aufsehen, das diese Ereignisse in Deutschland und Europa erregten, war aber gewaltig. Die Langzeitwirkungen sind unübersehbar und nehmen mit zunehmender zeitlicher Entfernung vom eigentlichen Ereignis eher noch zu. Mögen auch die Motive jeweils unterschiedlich und vielschichtig gewesen sein (bei Dahlmann, der an der Ausarbeitung des Staatsgrundgesetzes mitgewirkt hatte, war sicher auch persönliche Betroffenheit im Spiel): Die Tatsache, dass die Sieben ihren Eid auf die Verfassung über die Treue zu ihrem Landesherrn stellten und dafür einschneidende persönliche Nachteile in Kauf nahmen, beförderte in hohem Maße die Entwicklung des Konstitutionalismus und Liberalismus in Deutschland und war daher eine wichtige Voraussetzung für die Revolution von 1848 und das „Professorenparlament“ der Paulskirche. Der publizistische Widerhall, den ihr Mut, ihre Standhaftigkeit und Zivilcourage überall in Europa fand, trug entscheidend zur Schaffung einer liberalen Öffentlichkeit in Deutschland bei.
Für die Stadt und Universität Göttingen waren der Umgang mit dem Protest und besonders die Entlassung der Sieben zunächst allerdings von schwerem Nachteil, da ihr Ansehen in der bürgerlichen, vor allem akademischen Öffentlichkeit steil sank. Es wurde immer schwieriger, angesehene Professoren nach Göttingen zu rufen, und folglich zogen auch die Studenten andere Universitäten vor. Im Wintersemester 1847/48 erreichte ihre Zahl mit nur noch 582 Immatrikulierten einen erschreckenden Tiefstand.
Gedenken
In unmittelbarer Nähe zum niedersächsischen Landtag am Leineschloss in Hannover wurde am Platz der Göttinger Sieben den Göttinger Sieben ein großes Bronzedenkmal gesetzt, das von dem italienischen Künstler Floriano Bodini (1933–2005) geschaffen wurde. In Göttingen trägt der zentrale Campus der Georg-August-Universität Göttingen ebenfalls den Namen Platz der Göttinger Sieben.
Siehe auch
Literatur
- Ulrich Hunger: Die Georgia Augusta als hannoversche Landesuniversität. Von ihrer Gründung bis zum Ende des Königreichs. In: Ernst Böhme, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluß an Preußen - Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648–1866). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36197-1, S. 197ff. (Göttingen. Geschichte einer Universitätsstadt. Band 2).
- Jörg H. Lampe: Politische Entwicklungen in Göttingen vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Vormärz. In: Ernst Böhme, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluß an Preußen - Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648–1866). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36197-1, S. 45–137, speziell 91ff. (Göttingen. Geschichte einer Universitätsstadt. Band 2).
- Miriam Saage-Maaß: Die Göttinger Sieben - demokratische Vorkämpfer oder nationale Helden?. V&R unipress, Göttingen 2007, ISBN 978-3-89971-368-8
Weblinks
- Beschreibung Göttinger Sieben
- Ausstellungsprojekt zu den Göttinger Sieben
- Interaktives 360 Grad Panorama der Göttinger Sieben-Skulptur in Hannover
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