HMS Petard

HMS Petard
HMS Petard
Schiffsdaten
Kiellegung: 26. Dezember 1939
Stapellauf: 22. März 1941
Indienststellung: 15. Juli 1942
Außerdienstellung: Juni 1962
Verbleib: 1967 abgewrackt
Technische Daten
Verdrängung: 1540 ts
Länge: 105 m
Breite: 10,6 m
Tiefgang:
Antrieb:
Geschwindigkeit: kurzzeitig 36 Knoten
Reichweite:
Besatzung: 211
Bewaffnung: 4 10,2 cm Geschütze
8 Torpedorohre
100 Wasserbomben
mehrere mittlere und leichte Flugabwehrkanonen

Die HMS Petard (G 56) war ein britischer Zerstörer aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie war das einzige alliierte Kriegsschiff, das Unterseeboote aller drei Achsenmächte versenkte. Ihr größter Erfolg war jedoch die Erbeutung deutscher Unterlagen, die es den Briten ermöglichten, bis zum Ende des Krieges den Funkverkehr der deutschen U-Boote mitzulesen.

Inhaltsverzeichnis

Indienststellung

Die HMS Petard war einer von acht Zerstörern der P-Klasse, die kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs von der Royal Navy in Auftrag gegeben worden waren. Sie wurde 1942 in Dienst gestellt. Der erste Kommandant der HMS Petard war Lieutenant Commander S. H. Beattie, der später berühmt wurde, als er mit dem ehemals amerikanischen Zerstörer HMS Campbeltown die Schleusentore des Docks von St. Nazaire rammte. Er wurde jedoch bald von Lieutenant Commander Mark Thornton abgelöst.

Vorbemerkungen zur Enigma

Im Zweiten Weltkrieg verschlüsselte das deutsche Militär seinen Funkverkehr mit Hilfe einer Chiffriermaschine mit Namen Enigma (nähere Beschreibung siehe dort). Nach der Vorarbeit polnischer Kryptanalytiker (siehe Marian Rejewski) waren die Briten (um Alan Turing) schon bald nach Kriegsbeginn in der Lage, große Teile des deutschen Funkverkehrs zu entziffern, was für sie von unschätzbarem Wert war. Die größte Bedrohung für Großbritannien war nämlich die Schlacht im Atlantik, wo deutsche U-Boote die Insel von ihren Versorgungsrouten abzuschneiden drohten. Im Februar 1942 wurde bei den Atlantik-U-Booten eine neue, verbesserte Enigma mit der Bezeichnung M4 eingeführt, die statt der üblichen drei Walzen mit vier Walzen arbeitete und deshalb kryptographisch deutlich stärker war. In der Folge konnten die Alliierten den Funkverkehr der U-Boote nun plötzlich nicht mehr mitlesen („Black-out“) und deren Positionen und Pläne blieben ihnen verborgen, während sie den Funkverkehr der meisten anderen Wehrmachtseinheiten weiterhin entziffern konnten. So stiegen die alliierten Schiffsverluste im Jahre 1942 rapide an und es gingen Handelsschiffe mit einer Tonnage von insgesamt 7,8 Millionen Tonnen verloren, im Vergleich zu 4,3 Millionen Tonnen im Vorjahr und 1,2 Millionen Tonnen im Folgejahr.

Die Versenkung von U 559

Ende Juli 1942 verließ die HMS Petard mit einem Geleitzug Großbritannien in Richtung Mittlerer Osten; danach fuhr sie durch den Suezkanal ins Mittelmeer. Am Morgen des 30. Oktober 1942 war sie zusammen mit vier weiteren Zerstörern im östlichen Mittelmeer unterwegs, als von einem Flugzeug ein U-Boot gesichtet wurde. Die Schiffe liefen sofort zu der angegebenen Stelle. Es gelang ihnen tatsächlich, mit Hilfe ihrer ASDIC-Geräte das feindliche Boot (es handelte sich um U 559) zu orten und mit Wasserbomben anzugreifen. Doch erst nach Einbruch der Dunkelheit musste das beschädigte U-Boot auftauchen; die Besatzung ging von Bord (von den 45 Mann wurden 38 gerettet). Mehrere Besatzungsmitglieder der HMS Petard schwammen zu dem U-Boot, stiegen in den Turm hinunter und begannen, geheime Unterlagen nach oben zu reichen, obwohl das Wasser immer höher stieg. Als das Boot schließlich sank, gelang es zweien der britischen Seeleute nicht mehr, dieses zu verlassen. Es handelte sich um den Ersten Offizier der HMS Petard, Lieutenant Francis Anthony Blair Fasson und Able Seaman Colin Grazier. Sie wurden posthum mit dem Georgskreuz ausgezeichnet, das eigentlich für Zivilisten vorgesehen war. Eine Auszeichnung mit dem Viktoriakreuz wurde erwogen, aber wieder verworfen. Offizielle Begründung dafür war, dass zum Zeitpunkt ihres Todes die Kampfhandlungen bereits beendet waren. In Wirklichkeit wollte man jedoch verhindern, dass durch die Verleihung des Viktoriakreuzes die Aufmerksamkeit der deutschen Spionage auf den Vorfall mit U 559 gelenkt werden könnte. Ein weiterer britischer Seemann, der überlebte, erhielt die Georgsmedaille.

Unter den erbeuteten Unterlagen befanden sich unter anderem das aktuelle Kurzsignalheft sowie der Wetterkurzschlüssel für 1942. Alle wurden auf schnellstem Wege nach Bletchley Park gebracht, und schon am 13. Dezember konnten wieder erste Funksprüche der deutschen U-Boote entziffert werden. Ab September 1943 konnten die Briten schließlich den gegnerischen Funkverkehr fast ebenso schnell lesen wie die Deutschen selbst. Dies ermöglichte es den Alliierten, ihre Geleitzüge um die deutschen U-Boot-Ansammlungen herumzuleiten sowie gezielt Jagd auf deutsche U-Boote zu machen. Dadurch konnte der Krieg in Europa deutlich früher gewonnen werden, als dies ohne die Aktion der HMS Petard möglich gewesen wäre. Aufgrund der hohen Geheimhaltung war dies jedoch selbst den Besatzungsmitgliedern des Zerstörers noch Jahrzehnte nach dem Krieg nicht bewusst.

Weitere Einsätze im Mittelmeer

Nach der Versenkung von U 559 wurde die HMS Petard weiterhin im Mittelmeer eingesetzt, vor allem für Geleitschutzaufgaben. In der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember 1942 war sie zusammen mit einem griechischen Zerstörer nach Malta unterwegs, als der Ausguck ein U-Boot sichtete. Da man damit rechnete, es könne eventuell ein britisches sein, wurde es mit einer Signallampe angeblinkt. Als es jedoch zwei Torpedos auf die Zerstörer abschoss und tauchte, wurde es mit Wasserbomben angegriffen. Daraufhin kam es wieder an die Oberfläche, wo die Maschinenkanonen der HMS Petard schwere Verluste unter der aussteigenden Besatzung verursachten. Schließlich sank das U-Boot; es hatte sich um die italienische Uarsciek gehandelt. Die Überlebenden wurden von den beiden Zerstörern aufgenommen.

Bis November 1943 blieb die HMS Petard im Mittelmeer, wo sie bei der Unterstützung des alliierten Versuchs, die italienische Inselgruppe Dodekanes in der Ägäis zu besetzen, von deutschen Sturzkampfflugzeugen und Torpedobombern mehrmals angegriffen wurde.

Einsätze im indischen Ozean und im Pazifik

Mit einer großen Seestreitmacht lief die HMS Petard durch den Suezkanal nach Süden. Am 12. Februar 1944 stieß sie zusammen mit ihrem Schwesterschiff HMS Paladin als Geleitsicherung zu einem Verband aus fünf Truppentransportern sowie dem Kreuzer HMS Hawkins. Am gleichen Nachmittag wurde der Truppentransporter Khedive Ismail von zwei Torpedos getroffen und sank schnell. Den beiden Zerstörern gelang es, das U-Boot, es war das japanische I-27, zum Auftauchen zu zwingen (es war mit 108 Metern Länge und einer Wasserverdrängung von knapp 2200 Tonnen sogar größer und schwerer als die HMS Petard). Bei dem Versuch, das gegnerische Boot zu rammen, wurde die HMS Paladin beschädigt. Da die Granaten der Zerstörer keine Wirkung zeigten, schoss die HMS Petard nacheinander sieben Torpedos auf das U-Boot ab, von denen erst der letzte traf und es versenkte. Neben der japanischen Besatzung kamen nach offiziellen Angaben 1297 Menschen ums Leben, die sich auf der Khedive Ismail befunden hatten, darunter 72 Frauen. Nur 260 Schiffbrüchige konnten gerettet werden. Die Verluste waren auch deshalb so hoch, weil sich der Kommandant der HMS Petard gezwungen sah, Wasserbomben mitten zwischen Schiffbrüchige zu werfen, da er das gegnerische U-Boot genau darunter vermutete.

Nach weiteren Einsätzen im Pazifik kehrte der Zerstörer am 16. August 1944 nach Portsmouth zurück. Dort wurde er bis zum Januar 1945 komplett überholt und erhielt u. a. neue Geschütze und eine verbesserte Radarausrüstung. Bereits bei ihrem ersten Einsatz erlitt die HMS Petard jedoch eine Beschädigung am Propeller und erlebte das Kriegsende in Europa im Trockendock in North Shields am Tyne. Danach wurde sie nach Ceylon beordert, von wo aus sie gegen die Japaner sowie gegen indonesische Unabhängigkeitskämpfer eingesetzt wurde.

Die HMS Petard in der Nachkriegszeit

Im Mai 1946 war die HMS Petard schließlich wieder in England. Im September des gleichen Jahres wurde sie der Reserveflotte zugeteilt. In den folgenden Jahren wurde sie mehrmals reaktiviert, umgebaut, mit neuen Kennnummern versehen und wieder eingemottet - unter anderem trug sie in dieser Zeit auch die Bezeichnungen D 56 (D steht für destroyer=Zerstörer) bzw. F 26 (für Fregatte). Schließlich wurde sie im Jahre 1967 in Bowness abgewrackt.

Literatur

  • Stephen Harper: Kampf um Enigma, Ullstein Verlag 2004, ISBN 3-548-25778-X
  • John Costello und Tery Hughes: Atlantikschlacht, Lübbe Verlag 1978, ISBN 3-404-65038-7

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