Maschinenkanone

Maschinenkanone
Beispiel einer Maschinenkanone. Hier: M 61 „Vulcan“

Maschinenkanonen (auch Schnellfeuerkanonen genannt) sind automatische Schusswaffen. Munition der Maschinenkanone sind Granaten mit Führungsring, im Gegensatz zum Maschinengewehr, mit dem Mantelgeschosse verschossen werden. Das größere Kaliber stellte nur in der Anfangszeit der Maschinenkanone ein gültiges Unterscheidungskriterium zum Maschinengewehr dar. Geschütze der Artillerie mit Ladeautomat sind keine Maschinenkanonen; sie können als Schnellfeuergeschütz angesehen werden. Andererseits sind auch nicht alle Maschinenkanonen Selbstlader.

Inhaltsverzeichnis

Maschinenkanone (MK)

Der Begriff Maschinenkanone entstand zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, um eine terminologische Abgrenzung zu den Maschinengewehren zu erhalten. Das Unterscheidungsmerkmal ist das Geschoss, welches bei Maschinengewehren ein Projektil, bei Maschinenkanonen meist eine Granate ist. Ein Projektil wirkt im Ziel durch seine kinetische Energie, d. h. durch die Eigengeschwindigkeit beim Auftreffen auf das Ziel sowie durch die Eigenmasse. Eine Granate ist dagegen ein mit Sprengstoff gefüllter Hohlkörper mit verschiedenen Arten von Zündern. Dadurch ist die Geschosswirkung, neben der Geschwindigkeit beim Auftreffen auf das Ziel, vor allem auch vom Sprengstoffanteil der Granate abhängig. Die ersten Maschinenkanonen verschossen, bedingt durch unausgereifte Fertigungstechnologien, noch Projektile und keine Granaten. Mit der Einführung geeigneter Fertigungsverfahren konnten später auch Granaten kleineren Kalibers ab 20 mm hergestellt und verschossen werden.

Im Gegensatz zur Artillerie, welche ebenfalls Granaten verschießt, sind Maschinenkanonen automatische Schusswaffen mit einer weit höheren Kadenz als bei manuell oder mit einem Ladeautomaten wiedergeladenen Geschützen. Maschinenkanonen erreichen Kadenzen wie Maschinengewehre, wiederum reicht die Sprengkraft ihrer Munition nicht an die der größeren Artilleriegranaten heran.

Entwicklung

Es gibt verschiedene Bauarten von Maschinenkanonen, welche sich, neben dem Kaliber, durch die Anzahl der Rohre und dem einhergehend dem Prinzip des Selbstladevorgangs sowie von der Art des Antriebes unterscheiden.

Die ersten Maschinenkanonen waren schlichtweg im Kaliber vergrößerte Maschinengewehre, so z. B. die 20-mm-Bordmaschinenkanone für Flugzeuge, die Oerlikon FF bzw. deren Derivate. Man vergrößerte einfach das Kaliber gegenüber Maschinengewehren und verschoss zuerst großkalibrige Projektile und später mit Sprengstoff gefüllte Hohlkörper, die Granaten. Das Verschlussprinzip wurde weitestgehend von den Maschinengewehren übernommen. Die Zündung der Treibladung erfolgte entweder mechanisch über einen Schlagbolzen (frühe Versionen), analog zum Maschinengewehr, oder elektrisch durch einen elektrischen Impuls, um Fehlzündungen zu vermeiden bzw. zu minimieren. Die elektrische Zündung wird nur bei Maschinenkanonen, nicht aber bei Maschinengewehren verwendet. Die Bedienung der Maschinenkanone erfolgt entweder wieder mechanisch als manuelles Durchladen der Waffe – analog zum Maschinengewehr - oder, vor allem bei Fernbedienung in Flugzeugen oder Kampfwagen, durch elektrische oder pneumatische Hilfskraft. Dies deshalb, weil die Waffe nicht erreichbar bzw. die geforderten Bedienkräfte, bedingt durch die starken Verschlussfedern, für einen Menschen zu hoch sind.

Die Entwicklung der Maschinenkanonen erreichte im Zweiten Weltkrieg eine technologische Grenze, da es mit den vorhandenen Verschlussmechanismen bzw. Selbstladevorgängen nicht möglich war, die Kadenz bei gleichbleibendem Kaliber noch weiter zu erhöhen. In Deutschland entwickelte man daraufhin gegen Ende des Krieges die Revolverkanone MG 213. Bei dieser Bauart rotiert eine Patronentrommel, analog der im Revolver, mit drei bis sechs Kammern im Verschlusssystem. Damit werden die Abläufe des Selbstladevorgangs räumlich voneinander getrennt; d. h. das Einführen der Patrone in den Verschluss, das Abfeuern sowie das Ausstoßen der Hülse geschehen in einer Kammer, nacheinander, und wiederholen sich in den anderen Kammern analog. Dadurch ist für jeden einzelnen Vorgang mehr Zeit, während die Kadenz wesentlich erhöht werden kann. Eine Revolverkanone hat jedoch nur einen Lauf, sodass bei Dauerfeuer das Rohr in kurzer Zeit stark erhitzt. Die Waffe hat meist einen eigenen, gasbetriebenen Antrieb (siehe Gasdrucklader). Das Prinzip der Revolverkanone hat sich nach dem Krieg dennoch in vielen Bereichen durchsetzen können. Neben dem Eigenantrieb gibt es, jedoch eher selten anzutreffen, auch fremdangetriebene Revolverkanonen.

In den USA entwickelte man nach dem Krieg die auf der MG 213 aufbauende Revolverkanone M39. Die Entwicklung der Maschinenkanone wurde danach jedoch auf das Gatling-Prinzip umgestellt. Da hier jede Patronenkammer über einen eigenen Lauf verfügt, entfällt der oben erwähnte Nachteil des Überhitzens des Laufes, und man erreichte damit eine nochmals höhere Kadenz als bei den Revolverkanonen: Bis zu 6.000 Schuss pro Minute bei der amerikanischen M61 Vulcan oder sogar 10.000 Schuss pro Minute bei der sowjetischen/russischen GSch-6-23. Gatling-Kanonen werden meist z. B. durch Elektro- oder Hydraulikmotoren angetrieben. Ausnahmen bilden hier die meisten russischen Gatling-Kanonen, die Gasdrucklader sind.

Terminologie

Die verschiedenen Begriffe rund um die Maschinenkanone sind missverständlich, z. T. bedingt durch falsch interpretierte englische Begriffe, sowie durch keine eindeutige technologische Abgrenzung der Waffen untereinander.

  • Maschinenkanone

Oberbegriff für alle automatischen Kanonen ab Kaliber 15 mm bzw. 20 mm, unabhängig von der Bauart. Eine Schnellfeuerkanone ist eine andere Bezeichnung für eine Maschinenkanone, meint jedoch dasselbe.

Beispiele für klassische MK: Oerlikon FF, MK 108, MK 30

Spezielle Bauart einer Maschinenkanone mit einer sich drehenden Patronentrommel mit drei bis sechs Kammern, jedoch nur einem Rohr. Meist gasbetriebener Eigenantrieb (Gasdrucklader). Höhere Kadenz als die klassischen Maschinenkanonen, welche auf Basis der Maschinengewehre entwickelt wurden.
Beispiele: MG 213, Mauser BK-27
Wörtlich übersetzt: Kettenkanone. Eine durch einen Motor und eine Kette fremdangetriebene Maschinenkanone. Kein eigener Gasantrieb. Alle Selbstladevorgänge über eine Kette synchronisiert. Jedoch wieder nur ein Rohr – eine Chain Gun ist keine Gatling-Gun. Vornehmlich in schweren Kampffahrzeugen oder Kampfhubschraubern eingesetzt.
Beispiel: M242 Bushmaster, M230 Chain Gun
Eine nach dem Gatling-Prinzip funktionierende automatische Maschinenkanone. Die Waffe hat mindestens drei sich drehende Rohre. Noch höhere Kadenz als mit der Revolverkanone. Meist fremdangetrieben. Ebenfalls vornehmlich in schweren Kampffahrzeugen oder Kampfhubschraubern eingesetzt.
Beispiele: Minigun, M61 Vulcan, Grjasew-Schipunow GSch-6-23
  • Automatische Granatwerfer (auch Maschinengranatwerfer oder Granatmaschinenwerfer)

Ein automatischer Granatwerfer ist keine Maschinenkanone. Mit einem automatischen Granatwerfer werden Granaten mit relativ niedriger Mündungsgeschwindigkeit in einer mehr oder weniger flachen ballistischen Flugbahn in das Ziel befördert. Die Wirkung im Ziel basiert rein auf der Spreng- bzw. Durchschlagskraft des Sprengkopfes. Einsatz auch für Infanterie möglich.

Beispiele: HK GMW, MK-19

Einsatz

Mit dem sprengstoffgefüllten Geschoss erreicht eine Maschinenkanone eine erheblich bessere Geschosswirkung als ein Maschinengewehr und ist somit vor allem für den Einsatz gegen gepanzerte Fahrzeuge, tief fliegende Flugzeuge oder Hubschrauber sowie gegen Gebäude bzw. befestigte feindliche Stellungen geeignet.

Maschinenkanonen werden als schwere Bordbewaffnung für Kampfflugzeuge bzw. Kampfhubschrauber, als Bordmaschinenkanone in gepanzerten Fahrzeugen, als Flugabwehrkanone, als leichtes Schiffsgeschütz sowie z. T. auch als lafettierte Infanteriewaffe eingesetzt.

Munitionsarten

Je nach Einsatz bzw. nach dem zu bekämpfenden feindlichen Zielen existieren diverse Munitionsarten.

Munition Bedeutung Übersetzt
AHEAD Advanced Hit Efficiency and Destruction Flugabwehrgeschoss mit Zeitzünder und Sub-Projektilen
AP Armour Piercing Hartkerngeschoss, kann auch APDS sein
API Armour Piercing Incendiary sprengstoffgefülltes panzerbrechendes Geschoss, mit Brandbeschleuniger
APDS Armour Piercing Discarding Sabot Unterkaliber-Hartkerngeschoss
APFSDS Armour Piercing Fin-Stabilized Discarding Sabot panzerbrechendes, flügelstabilisiertes Treibspiegelgeschoss
APHEI Armour Piercing High Explosive Incendiary sprengstoffgefülltes panzerbrechendes Geschoss, mit Brandwirkung (API ergänzt mit Sprengstoff)
FAPDS Frangible Armour Piercing Discarding Sabot sich im Ziel zerlegendes, panzerbrechendes Unterkalibergeschoss
HEDP High Explosive Dual Purpose Spreng-Brand-Geschoss mit panzerbrechender Wirkung
HEI High Explosive Incendiary Spreng-Brand-Geschoss, die Füllung hat einen Brandbeschleuniger
HVAPDS High-Velocity Armour-Piercing Discarding Sabot panzerbrechendes unterkalibriges Hochgeschwindigkeitsgeschoss
HVAP High Velocity Armour Piercing panzerbrechendes Hochgeschwindigkeitsgeschoss
SAP Semi Armour Piercing sprengstoffgefülltes panzerbrechendes Geschoss gegen leichte Panzerungen
SAPHEI Semi-Armour Piercing High Explosive Incendiary sprengstoffgefülltes halb-panzerbrechendes Geschoss, mit Brandwirkung
TP Training Projectile Übungsmunition
-T Tracer (als Zusatzangabe) Leuchtspurmunition, wird meist abwechselnd mit normaler Munition zugeführt

Zünder

Da es sich bei der Munition um Granaten handelt, benötigt man einen Zünder, der den Sprengsatz zündet. Je nach Munition werden verschiedene Zünderarten verwendet.

Als Zünder können alle gängigen Arten verwendet werden:

  • Aufschlagzünder, ggf. mit Verzögerung
  • Zeitzünder
  • Abstandszünder; zündet bei Erreichen einer vorbestimmten Distanz zum Ziel
  • Abstandszerlegezünder; kombinierter Abstands- und Zeitzünder
  • Kombinationen von allen Zünderarten sind ebenfalls möglich

Um die Sicherheit im Umgang mit Granaten zu erhöhen, sind die Zünder mit einer Sicherung versehen, welche den Zünder erst scharf macht nachdem die Granate abgefeuert und das Rohr verlassen hat. Dies wird unter anderem durch die Fliehkraft realisiert, da das Rohr einer Maschinenkanone mit Zügen versehen ist, welche die Granate zur Flugstabilisierung in Rotation versetzen. Nach verlassen des Rohrs deaktiviert die Fliehkraft die Sicherung der Granate und macht diese scharf.

Beispiele von MK

Name Land Antrieb Kaliber Kadenz Mündungs-
geschwindigkeit
Waffen-
gewicht
mm rpm m/s kg
Klassische Maschinenkanonen (aus dem Zweiten Weltkrieg)
Oerlikon FF Schweiz Rückstoßlader 20 520 600 24
Hispano MK.5 England Gaslader 20 750 840 42
MG 151/20 Deutschland Gaslader 20 780 810 42,5
MK 108 Deutschland Gaslader 30 650 540 58
Klassische Maschinenkanonen (Nachkriegsmodelle)
Grjasew-Schipunow GSch-301 Russland Gaslader 30 1.800 860 46
Rh 503 Deutschland Fremdantrieb 35/50 150-400 575/615
M39 Kanone USA Gaslader 20 1.500 1.030 81
Revolverkanonen (Nachkriegsmodelle)
Mauser BK-27 Deutschland Gaslader 27 1.700 1.025 102,5
ADEN England Gaslader 30 1.700 741 87,1
35/1000 Deutschland Gaslader 35 1.000 n/a n/a
Chain Gun
M242 Bushmaster USA Fremdantrieb 25 200 1.100 110
M230 Chain Gun USA Fremdantrieb 30 625 n/a 55,9
Gatling Kanonen
M61 Vulcan USA Fremdantrieb 20 6.600 1.050 112
Grjasew-Schipunow GSch-6-23 Russland Gaslader 23 10.000 745 76
GAU-8 Avenger USA Fremdantrieb 30 3.900 1.067 281
automatische Granatwerfer (keine MK)
HK GMW Deutschland N/A 40 350 245 30

Weblinks

 Commons: Maschinenkanone – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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