Hans Erwin von Spreti-Weilbach

Hans Erwin von Spreti-Weilbach
Hans Erwin von Spreti-Weilbach (um 1933).

Hans Erwin Karl Ernst Martin Graf von Spreti-Weilbach (* 24. September 1908 in Karlsruhe; † 30. Juni 1934 in Stadelheim, manchmal auch Hans Joachim Graf von Spreti-Weilbach)[1] war ein deutscher Politiker (NSDAP) und in führender Funktion bei der Sturmabteilung (SA).

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Jugend und Ausbildung

Hans Erwin von Spreti-Weilbach entstammte dem jüngeren Haus (Weilbach) des Adelsgeschlecht der Spreti. Sein Vater war der Kaufmann und Oberstleutnant Martin Johann Nepomuk Joseph Franz de Paula von Spreti-Weilbach (2. April 1867 auf Schloss Unterweilbach; 18. April 1950 ebendort), seine Mutter Anita Freiin von und zu Aufseß (26. November 1873 in Nürnberg; 17. April 1962 in Unterweilbach). Spreti hatte zwei Brüder, die im Ersten Weltkrieg umkamen, und eine Schwester, Martina von Spreti-Weilbach (1902-1998), verheiratete Braun von Kress, verwitwete Freifrau Kress von Kressenstein.

Nachdem die Familie 1910 nach Weilbach übergesiedelt war, wurde Spreti dort zunächst von einer Hauslehrerin unterrichtet, um anschließend von 1920 bis 1922 das Theresien-Gymnasium und danach bis 1927 das Neue Realgymnasium in München zu besuchen. Das Abitur legte er schließlich im März 1928 an der Dr. Harangs Privatschule in Magdeburg ab. Anschließend absolvierte er ein Landwirtschaftspraktikum, um im Wintersemester 1929 mit dem Studium der Landwirtschaft an der damaligen „Königlichen Akademie für Landwirtschaft und Brauerei“ in Weihenstephan, welche ein Jahr später in die Technische Hochschule München eingegliedert wurde, zu beginnen. Zwei Semester seines Studiums verbrachte er in Kiel. Er beendete sein Studium schließlich im August 1932 mit der Prüfung zum Diplom-Landwirt in Weihenstephan.[2]

Karriere in der SA

1930 schloss Spreti-Weilbach sich der NSDAP (Mitgliedsnummer 341.877) und ihrer Kampfformation, der SA, an. 1931 kam er in die engere Umgebung des kurz zuvor aus Bolivien zurückgekehrten und von Hitler zum Stabschef der SA ernannten Ernst Röhm. Am 5. Januar 1932 wurde er zum SA-Sturmführer ernannt und als SA-Führer zur besonderen Verwendung der SA-Standarte 2 (SA-Gruppe Hochland) zugeteilt, der er bis zum 13. April 1932 formal angehörte. Vom 1. Juli 1932 bis zum 1. Mai 1933 war er als SA-Führer zur besonderen Verwendung in der Obersten SA-Führung tätig.

Laut Andreas Dornheim war Spreti-Weilbach bereits 1932 neben Georg Bell, Julius Uhl und Karl Leon Du Moulin-Eckart einer der vier engsten Mitarbeiter Röhms.[3] Im März 1932 war Spreti-Weilbach neben Röhm das Ziel eines – letztlich nicht verwirklichten – Mordvorhabens aus den Reihen seiner eigenen Partei: Walter Buch, der oberste Parteirichter der NSDAP, und sein Schwiegersohn Martin Bormann planten zu dieser Zeit die NSDAP von der politischen Hypothek der öffentlichen Skandale im Zusammenhang mit Röhms Homosexualität durch dessen Beseitigung zu befreien. Außer Röhm sollten auch einige Männer aus seinem direkten Umfeld, darunter Spreti-Weilbach, ermordet werden.[4] Der Graf geriet nicht nur wegen seiner engen Zusammenarbeit mit Röhm, sondern vor allem auch aufgrund seiner homosexuellen Beziehung zu seinem Stabschef, dessen Geliebter er war,[5] ins Visier der Verschwörer. Spreti-Weilbach flüchtete nach Bekanntwerden des Mordkomplotts zusammen mit Röhm vorübergehend nach Berlin. Nach Ansicht der sozialdemokratischen Münchener Post war „der Zweck dieser Umlegeaktion die Beseitigung der prominentesten 175er im Braunen Haus“.[6]

Nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ wurde Spreti am 1. April 1933 in den Rang eines SA-Sturmbannführers erhoben. Kurz darauf, am 1. Mai 1933, wurde er „seiner [bisherigen] Dienststellung enthoben unter Stellung zur Verfügung der Obersten SA-Führung mit der Erlaubnis zum Weitertragen des bisherigen Dienstanzuges mit dem hierfür vorgeschriebenen Abzeichen“. Stattdessen war er vom 1. Mai bis zum 31. Oktober als SA-Führer z.b.V. bei der SA-Gruppe Schlesien tätig. Am 1. November 1933 kehrte Spreti als 1. Adjutant des Chefs des Stabes der SA, d.h. Ernst Röhms, in den Stab des Obersten SA-Führers zurück. In dieser Stellung, die er bis zu seinem Tod am 30. Juni 1934 beibehielt, wurde er schließlich noch am 1. März 1934 zum SA-Standartenführer befördert. Parteiorganisatorisch war er zu dieser Zeit der NSDAP-Ortsgruppe „Braunes Haus“ zugeteilt.

Verhaftung und Tod

Am 30. Juni 1934 wurde Spreti-Weilbach im Zuge der unter der Propagandabezeichnung „Röhm-Putsch“ bekannt gewordenen politischen Säuberungsaktion der Nationalsozialisten vom Frühsommer 1934 verhaftet und erschossen. Über den Ablauf kursieren zwei unterschiedliche Versionen:

Die populäre Version besagt, Spreti-Weilbach habe bereits seit Ende Juni 1934 als Begleiter Röhms im bayerischen Kurort Bad Wiessee geweilt. Dort sei er am frühen Morgen des 30. Junis gemeinsam mit anderen versammelten Mitgliedern der SA-Führungsriege um Röhm von einem Aufgebot der Bayerischen Politischen Polizei unter der persönlichen Führung Hitlers festgenommen, nach München transportiert und dort ins Gefängnis Stadelheim gebracht worden. Ein ungewöhnliches Detail in einigen Berichten dieser Version ist die Behauptung, dass Spreti-Weilbach von Hitler selbst „dingfest gemacht“ und mit einer Nilpferdpeitsche attackiert und übel zugerichtet worden sei.[7]

Wolfram Selig zufolge, der sich auf Mitteilungen von Spreti-Weilbachs Schwester stützte, wurde dieser nicht in Wiessee verhaftet, sondern in Gewahrsam genommen, als er am 30. Juni nach der Rückkehr aus seinem Urlaub, auf dem Weg nach Wiessee, am Münchener Bahnhof eintraf. Seine Verhaftung soll von Emil Maurice angeordnet worden sein.[8]

Unabhängig von den Umständen der Verhaftung kam Spreti-Weilbach schließlich nach Stadelheim, wo er noch am frühen Abend des 30. Junis zusammen mit fünf weiteren SA-Führern (Hans Hayn, Edmund Heines, Hans Peter von Heydebreck, Wilhelm Schmid und August Schneidhuber) auf persönliche Anordnung Hitlers von einem SS-Kommando erschossen wurde.[9] Am 20. Juli 1934 quittierten seine Eltern den Eingang einer Urne, die angeblich die Asche Spreti-Weilbachs enthielt. Diese wurde später im Familiengrab der Spreti-Weilbachs in Weilbach beigesetzt.[10]

Der Justizwachmeister Zink, der die Exekutionen miterlebte, beschrieb diese dem in Stadelheim einsitzenden Journalisten Erwein von Aretin, der sie später als Bericht veröffentlichte:

„Als nächstes kam der junge Graf Spreti, der erregt gegen den Vorgang zu remonstrieren suchte, und von dem SS-Führer barsch zur Ruhe gewiesen wurde. Auch er erhielt sein Urteil vorgelesen, starb aber, wie auch alle folgenden, mit dem Rufe: Ich sterbe für Deutschland, Heil Hitler!“[11]

Noch kurz vor seiner Erschießung gelang es ihm auf einer Visitenkarte einen Abschiedsgruß an seine Familie niederzuschreiben:

„Vergeßt mich nicht! Auch ich fiel fürs Vaterland. Hans Erwin“

Beförderungen

  • 1933: SA-Obersturmbannführer
  • 1. März 1934: SA-Standartenführer (Führerbefehl 23)

Archivalien

  • Parteikorrespondenz (Bundesarchiv PK Film L 373 "Sprenger, Gustav - Spriessler, Hermann", Bilder 2163-2168)

Einzelnachweise

  1. Andreas Dornheim: Röhms Mann fürs Ausland, S. 231, Fußnote 206; Siehe auch: Heinrich von Spreti: Die Spreti. Geschichte des altadeligen Hauses Spreti, Privatdruck, München 1995, S. 178 ff.
  2. Andreas Dornheim: Röhms Mann fürs Ausland, S. 231.
  3. Andreas Dornheim: Röhms Mann fürs Ausland, S. 119.
  4. Andreas Dornheim: Röhms Mann fürs Ausland, S. 71f.
  5. Moritz Pirol: Hahnenschreie, Bd. 2, 2000, S. 285. ISBN 3-8311-0823-4; in Ernst Röhm: Geschichte eines Hochverräters, 1933, S. 20 heißt es zudem andeutungsvoll: „In den trauten Räumen des Kavaliers Spreti haben wir die Jahre hindurch uns immer wieder von der Arbeit und manchem Ärger erholt.“
  6. Münchner Post vom 13. April 1932; siehe auch Burkhard Jellonnek: Homosexuelle unterm Hakenkreuz, 1990, S. 72.
  7. Rudolf Olden: Hitler, Hildesheim 1981, ISBN 3-8067-0873-8, S. 318. Siehe auch Gerald Reitlinger: The SS, Alibi of a Nation. 1922-1945, New York 1957, S. 64.
  8. Wolfram Selig: „Ermordet im Namen des Führers. Die Opfer des Röhm-Putsches in München“, in: Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus, S. 344f.
  9. John W. Wheeler-Bennett, Hans Steinsdorff: Die Nemesis der Macht. Eine Deutsche Armee in der Politik, 1918-1945; Droste, 1954; S. 345.
  10. Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann – Ein biographisches Lexikon, Hamburg 2001. ISBN 3-518-39766-4.
  11. Michaelis: Ursachen und Folgen, Bd. X, S. 176.

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