- Justizvollzugsanstalt München
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Justizvollzugsanstalt München
– JVA München –Staatliche Ebene Land Stellung der Behörde Justizvollzugsanstalt Aufsichtsbehörde(n) Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Hauptsitz München Behördenleitung Michael Stumpf, Leitender Regierungsdirektor Anzahl der Bediensteten 636 (512 Beamte + 124 sonstige Dienstkräfte) Website www.justizvollzug-bayern.de Die Justizvollzugsanstalt München in der Stadelheimer Straße im Münchner Stadtteil Giesing gehört mit 14 Hektar zu den größten Justizvollzugsanstalten in Deutschland. Im Volksmund auch Stadelheim genannt, ist ein „Stadelheimer“ umgangssprachlich ein Vorbestrafter. Als Wortwitz wird auch der Spitzname „St. Adelheim“ verwendet, der sich geschrieben nur durch einen Punkt unterscheidet, ausgesprochen aber „Sankt Adelheim“ ergibt.[1]
Inhaltsverzeichnis
Zahlen
Die insgesamt fünf Gebäude des Geländes (Nord-, Süd-, West-, Ost- und Neubau[2]), inklusive der offenen Vollzugsanstalt in der Leonrodstraße, besitzen eine Gesamtkapazität von 1379 Haftplätzen, die in Notständen auf 2100 erweitert werden kann. Die höchste Auslastung der JVA-Gebäude bestand am 9. November 1993 mit 1969 Gefangenen. In Stadelheim werden größtenteils männliche Gefangene ab 16 Jahren inhaftiert. Hinzu kommen der Jugendarrest, die Frauenabteilung und die mittlerweile geschlossene Neudeck, die zusammen weitere 124 Gefangene aufnehmen konnten. Die durchschnittliche Belegung betrug im Jahre 2001 1581 Inhaftierte und lag damit deutlich oberhalb der regulären Häftlingskapazität. Im Jahre 2001 waren 596 Personen in der JVA Stadelheim beschäftigt, davon 506 Beamte und 90 Angestellte.
Außenstellen
Der Jugend- und Frauenstrafvollzug findet seit 2009 in einem Neubau, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hauptgelände statt. Dort stehen Haftplätze für 150 Frauen, 46 männliche- und 14 weibliche Jugendliche zur Verfügung. Das Gebäude, das im Rahmen des Public-Private-Partnership errichtet und betrieben wird (Auftrag für Planung, Bau, Finanzierung, Betrieb und die Unterhaltung der Ver- und Entsorgungsanlagen einschließlich der Energielieferung ist/war Aufgabe der privatwirtschaftlichen Vertragspartner).[3]. Die Einweihung fand am 26. Mai 2009 statt.[4]. Grundstückseigentümer des großen Areals (Stadelheimer Straße 4 bis 6, ca. 8.850 m²) ist seit 8. Dezember 1994 der Freistaat (zuvor Bundeseigentum).[5] Für den Vollzug von Freigängern gibt es eine Außenstelle in der Leonrodstraße mit 45 Plätzen.[6]
Bis 2009 war der Strafvollzug für Frauen und Jugendliche in der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Neudeck im Stadtteil Au untergebracht.
Geschichte
Die dauernde Überbelegung der Münchner Gefängnisse Anger, Baaderstraße und Lilienberg, sowie bauliche Mängel führten 1892 zu Überlegungen ein neues Zentralgefängnis zu errichten. So entstand 1894 auf dem ehemaligen Gut Stadelheim in Giesing, vor den Toren Münchens, der sogenannte Nordbau, als erster Bauabschnitt für 465 Gefangene. Sieben Jahre später, 1901, eröffnete der Südbau. Ab April 1901 wurden hier die Hinrichtungen ausgeführt. Beide Bauten stehen heute unter Denkmalschutz.
Insgesamt wurden in Stadelheim mindestens 1049 Gefangene hingerichtet, wovon nur 13 auf die Zeit zwischen 1895 und 1927 entfallen (darunter diejenige Eugen Levinés 1919). Der Großteil der Hinrichtungen wurde in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 ausgeführt. Unter den mindestens 1035 Getöteten dieser Zeit fanden sich unter anderem Ernst Röhm († 1934) und die Mitglieder der Weißen Rose († 1943).
Bei der Niederschlagung der Münchner Räterepublik Anfang Mai 1919 kam es im Gefängnis Stadelheim zu zahlreichen widerrechtlichen Tötungen durch die siegreiche Soldateska. Nach dem Zeugnis von Ernst Toller, der in Stadelheim inhaftiert wurde, stand am Gefängnistor in weißer Kreideschrift zu lesen: "Hier wird aus Spartakistenblut Blut- und Leberwurst gemacht, hier werden die Roten kostenlos zu Tode befördert".[7]
Rundfunksender
Stadelheim war von 1926 bis 1932 Standort des Zentralsenders des Bayerischen Rundfunks. Am 1. März 1926 nahm er den Probebetrieb und am 1. April 1926 den endgültigen Betrieb auf. Als Antenne verwendete der neben der Haftanstalt gelegene Sender eine an zwei 100 Meter hohen, freistehenden Stahlfachwerktürmen befestigte T-Antenne. Als Sender kamen ein Röhrensender und ein Maschinensender der Firma Carl Lorenz AG zum Einsatz. Allerdings bereitete der Betrieb des Maschinensenders zahlreiche technische Probleme.
Da die Sendeantenne sehr schnell den Anforderungen nicht mehr genügte, wurden im Herbst 1926 die beiden Stahltürme durch zwei 75 Meter hohe Holzfachwerktürme ersetzt. In der Nacht vom 22. zum 23. November 1930 knickte ein Sturm beide Türme ab, wobei auch einige Gebäude beschädigt wurden. Noch am gleichen Tag wurde der Sendebetrieb mit einer Notantenne, die zwischen den Turmstümpfen gespannt wurde, wieder aufgenommen. Als Ersatz für die zerstörten Türme baute man zum Jahreswechsel 1930/31 zwei Holztürme in größerem Abstand zu den Gebäuden, die eine T-Antenne trugen.
Nach der Inbetriebnahme der Sendeanlage Ismaning am 3. Dezember 1932 diente der Sender Stadelheim noch als Reservesender für den Sender Ismaning. Er dürfte im November und Dezember 1933 zum letzten Mal regulär in Betrieb gewesen sein, als der Sender Ismaning wegen Umbauarbeiten stillgelegt wurde.
Zwischenfälle
Am 22. August 1986 nahm ein Häftling einen Rechtsanwalt als Geisel, der im Besprechungszimmer der JVA auf einen Mandanten wartete. Der Anwalt konnte befreit werden, wurde jedoch durch eine selbstgebastelte Bombe des Geiselnehmers verletzt. Aufgrund ungenügender Sicherheitsmaßnahmen in der JVA erhielt er ein Schmerzensgeld vom Freistaat Bayern.
Gedenkstätte
Eine Gedenkstätte, gestaltet durch den Bildhauer Wilhelm Breitsameter, wurde 1974 errichtet und kann von Gruppen nach Anmeldung besucht werden. Am 65. Jahrestag der Hinrichtung (22. Februar 2008) von Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst in Stadelheim wurde die Gedenkstätte erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.[8]
Prominente Inhaftierte
- Ludwig Thoma verbüßte 1906 eine sechswöchige Haftstrafe wegen Beleidigung der Sittlichkeitsvereine.
- Kurt Eisner, nach dem Januarstreik 1918 verhaftet, ab Sommer bis zum 14. Oktober des Jahres in Stadelheim
- Anton Graf von Arco auf Valley, der Mörder Kurt Eisners
- Gustav Landauer wurde am 2. Mai 1919 hier getötet.
- Eugen Leviné wurde am 5. Juni 1919 hier getötet.
- Ernst Toller, inhaftiert 1919–1924
- Adolf Hitler wurde vom 24. Juni bis 27. Juli 1922 wegen Landfriedensbruchs inhaftiert.
- Ernst Röhm, ehemaliger SA-Stabschef, wurde am 1. Juli 1934 in Zelle 70 erschossen.
- Hans Scholl und Sophie Scholl (Weiße Rose) wurden am 22. Februar 1943 hier getötet.
- Alexander Schmorell (Weiße Rose) wurde am 13. Juli 1943 hier getötet.
- Friedrich Ritter von Lama, bekannter katholischer Journalist, saß wegen Anhörens von Radio Vatikan ein; am 9. Februar 1944 hier als Gefangener ermordet.
- Dieter Zlof, der Entführer von Richard Oetker, war bis zu seiner Verlegung zur Justizvollzugsanstalt Straubing hier inhaftiert.
- Konstantin Wecker, Musiker, 1995 U-Haft wegen Kokainkonsums
- MOK, Berliner Rapper, inhaftiert 2003/04
- Karl-Heinz Wildmoser Senior, Ex-Präsident des TSVs 1860 München
- Oliver Shanti, inhaftiert seit 2008
- John Demjanjuk, mutmaßlicher Kriegsverbrecher
- Kurt Huber, (Weiße Rose) wurde am 13. Juli 1943 hier getötet.
- Bebo Wager, (Revolutionäre Sozialisten) wurde am 12. August 1943 hier hingerichtet
- Breno Borges, Untersuchungshaft aufgrund dringenden Vedachts der schweren Brandstiftung (seit 24. September 2011)
Besonderheit: Kurt Eisner, Graf Arco-Valley, Adolf Hitler und Ernst Röhm waren zu unterschiedlichen Zeiten in Zelle 70 untergebracht.[9]
Weblinks
Commons: Justizvollzugsanstalt München – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ „Haftanstalt München-Stadelheim (Spitzname: St. Adelheim)“
- ↑ justizvollzug-bayern.de: JVA München
- ↑ www.justizvollzug-bayern.de 3. b) Neubauvorhaben. Aufgerufen am 13. Februar 2011.
- ↑ www.justiz.bayern.de Einweihung JVA München (PDF). Aufgerufen am 13. Februar 2011.
- ↑ www.justizvollzug-bayern.de Justizvollzugsanstalt München, Kurzbeschreibung. Aufgerufen am 13. Februar 2011.
- ↑ Justizvollzug in Bayern: Kurzbeschreibung der JVA München
- ↑ Ernst Toller, "Eine Jugend in Deutschland", Rowohlt Taschenbuch Verlag (Reinbek) 1963, S.126.
- ↑ C. Wessel: „Ort des Terrors - Ort des Erinnerns“, Artikel der SZ Nr. 47 vom 25. Februar 2008
- ↑ Allan Mitchell: Revolution in Bayern 1918/1919. Die Eisner-Regierung und die Räterepublik. Beck, München 1967, Anm. 57 auf S. 60.
48.09972222222211.591944444444Koordinaten: 48° 5′ 59″ N, 11° 35′ 31″ OKategorien:- Justizvollzugsanstalt (Bayern)
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