- Hans Fritzsche
-
Hans Georg Fritzsche (* 21. April 1900 in Bochum; † 27. September 1953 in Köln) war ein deutscher Journalist und bekleidete verschiedene Funktionen im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Durch seine wöchentliche Reportage „Hier spricht Hans Fritzsche“ war Fritzsche den deutschen Rundfunkhörern bekannt. Seine Sendungen dienten auch als Inspiration für den niederländischen Propagandasprecher Max Blokzijl.[1]
Fritzsche gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Personen und wurde am 1. Oktober 1946 in allen Anklagepunkten freigesprochen.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Seit September 1932 war Fritzsche Leiter des „Drahtlosen Dienstes“, einer Agentur der Reichsregierung unter Franz von Papen. Am 1. Mai 1933 trat er in die NSDAP ein und wurde im selben Jahr Leiter des Nachrichtenwesens in der Presseabteilung des Reichspropagandaministeriums von Joseph Goebbels, wo er bis 1945 mehrmals befördert wurde: 1938 wurde er zunächst zum Stellvertreter, später zum Leiter der Abteilung „Deutsche Presse“ ernannt, ab 1942 leitete er die Rundfunkabteilung und verbreitete Durchhalteparolen.[2]
Am 2. Mai 1945 unterzeichnete Fritzsche als vermutlich rangältester, in der Stadt verbliebener, Regierungsbeamter die Kapitulationserklärung für Berlin.
Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher saß Fritzsche auf Betreiben der Sowjetunion auf der Anklagebank und mit ihm sozusagen die Rundfunkstimme des Deutschen Reiches. Goebbels konnte wegen seiner Selbsttötung bei Kriegsende nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Die Nürnberger Richter sprachen Fritzsche von den Anklagepunkten „Verschwörung gegen den Weltfrieden“, „Verbrechen gegen das Kriegsrecht“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ frei, weil sie seine Behauptung, er sei selbst ein gutgläubiger Getäuschter gewesen, nicht widerlegen konnten. In dem erst nach Protesten aus der Bevölkerung in Bayern eingeleiteten Entnazifizierungsverfahren wurde Fritzsche zu neun Jahren Arbeitslager verurteilt, zusammen mit einem auf Lebenszeit verhängten Verbot, sich jemals wieder publizistisch zu betätigen.
Nach einer Amnestie kam Fritzsche bereits 1950 frei und arbeitete unter anderem als Werbeleiter in der rheinisch-westfälischen Industrie und zuletzt für eine französische Kosmetikfirma[3]. Unter dem Namen seiner Frau Hildegard Springer veröffentlichte er zwei Bücher („Es sprach Hans Fritzsche“ und „Das Schwert auf der Waage“). Das 1953 erschienene Buch „Das Schwert auf der Waage“ ist ein Bericht über das Zellenleben der Nürnberger Angeklagten. Jedem der 20 Mitangeklagten widmete er ein einfühlsam geschriebenes Kapitel. Zur eigenen Person ist zu lesen, dass Hermann Göring einen „feierlichen Schwur“ leistete, dass er, Fritzsche, nicht gewusst habe, was sich unter dem Stichwort „Endlösung der Judenfrage“ wirklich verbarg. Seine Frau, die hier als Autorin auftrat, war selbst im Propagandaministerium tätig gewesen. Sie hatten erst 1951 geheiratet. 1953 starb er an den Folgen einer Krebsoperation.
In den frühen 1950er Jahren gehörte Fritzsche dem Naumann-Kreis an, einer Gruppe exponierter Nationalsozialisten, die das Ziel hatten, die FDP in eine NS-Kampfgruppe umzuwandeln. Er selbst gehörte der FDP zwar nicht an, war aber an den Vorbereitungen zum sogenannten Deutschen Programm beteiligt, das Wolfgang Diewerge für Friedrich Middelhauve entworfen hatte.[4]
Literatur
- Max Bonacker, Goebbels’ Mann beim Radio. Der NS-Propagandist Hans Fritzsche (1900–1953). Dissertation. Universität Hamburg 2006. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58193-5. (Rezension von U. Rombeck-Jaschinski)
- Norbert Frei (Hrsg.): Hitlers Eliten nach 1945. DTV, München 2003, ISBN 3-423-34045-2.
Einzelnachweise
- ↑ René Kok, Max Blokzijl – Stem van het Nationalsocialisme, S. 59
- ↑ Reichsrundfunk 1944-45, Heft 13/14 Okt. 1944 Fritzsche: Rundfunk im totalen Krieg
- ↑ Brauers, Die FDP in Hamburg 1945 bis 1953, Seite 631
- ↑ Fritzsche prüfte Werbekraft. In: Die Welt. 7. Februar 1953.
Weblinks
- Literatur von und über Hans Fritzsche im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Marc Zirlewagen: Hans Fritzsche. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 29, Nordhausen 2008, ISBN 978-3-88309-452-6, Sp. 665–669.
- Besprechung von Bonackers Biographie Hans Fritzsche – Goebbels’ Mann beim Radio im Blatt Akademische Blätter, einer seit 1881 existierenden Zeitung, die von einem rechtskonservativen Verband von Studentenverbindungen, dem VVDST, herausgegeben wird.
- Interview mit Max Bonacker und Besprechung seiner Biographie von Hans Fritzsche im Deutschlandfunk
Angeklagte in den Nürnberger HauptkriegsverbrecherprozessenGöring | Heß | Bormann (Verbleib damals unbekannt) | v. Ribbentrop | Ley (Suizid vor Prozessbeginn) | v. Papen | Keitel | Jodl | Raeder | Dönitz | Kaltenbrunner | Speer | Sauckel | Schacht | Funk | Krupp v. Bohlen und Halbach (prozessunfähig) | Frank | Seyß-Inquart | Rosenberg | v. Neurath | Frick | Streicher | Fritzsche | v. Schirach
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Hans Fritzsche — Hans Fritzsche. Hans Fritzsche. Hans Fritzsche. ( … Wikipedia Español
Hans Fritzsche — Hans Georg Fritzsche né le 21 avril 1900 à Bochum décédé le 27 septembre 1953 à Cologne fut un journaliste nazi allemand qui termina sa carrière comme responsable des nouvelles au ministère de la propagande. Bi … Wikipédia en Français
Hans Fritzsche — Infobox Politician honorific prefix = name = Hans Georg Fritzsche honorific suffix = imagesize = 160px caption = Fritzsche at the Nuremberg trials birth date = 21.04.1900 birth place = Bochum, Germany death date = 27.09.1953 death place = Cologne … Wikipedia
Fritzsche — ist ein Familienname, eine Form von Fritz oder Friedrich. Folgende Personen tragen den Familiennamen: Adolf Theodor Hermann Fritzsche (1818–1878), deutscher klassischer Philologe Annemarie Fritzsche (* 1942; verheiratete Seemann), deutsche… … Deutsch Wikipedia
Hans Michael Frank — Hans Frank, 1939 Hans Frank auf einer angeblichen Briefmarke des … Deutsch Wikipedia
Fritzsche — is a surname, and may refer to:* Carl Julius Fritzsche (1808 ndash;1871), German chemist * Gotthard Daniel Fritzsche (1797 ndash;1863), Australian theologian * Hans Fritzsche (1900 ndash;1953), * Karl Fritzsch (1903 ndash;1945), * Otto Fridolin… … Wikipedia
Hans Fritsche — ist der Name folgender Personen: Hans Fritsche (Politiker) (1832–1898), deutscher Jurist und Kommunalpolitiker Hans Fritsche (Fußballspieler) (* 1950), deutscher Fußballspieler und Sportjournalist Siehe auch: Hans Fritzsche (1900–1953), deutscher … Deutsch Wikipedia
Hans Frank — Hans Frank, photograph by Heinrich Hoffmann Governor General of the General Government In office 26 October 1939 – January 1945 … Wikipedia
Hans Frank — en 1939 Naissance 23 mai … Wikipédia en Français
Fritzsche, Hans — ▪ German journalist born 1899, Dresden, Ger. died Sept. 27, 1953, Cologne German journalist and broadcaster, a member of the Nazi propaganda ministry, whose nightly commentaries on Nazi radio throughout World War II climaxed in his… … Universalium