Haus der Barmherzigkeit

Haus der Barmherzigkeit
Das Haus der Barmherzigkeit in der Seeböckgasse 30a, Wien-Ottakring

Das gemeinnützige Haus der Barmherzigkeit zählt zu den größten privaten Betreuungseinrichtungen von schwer pflegebedürftigen Menschen in Österreich. In den geriatrischen Pflegekrankenhäusern werden hochbetagte, chronisch kranke sowie jüngere Patienten mit fortgeschrittener Multiple Sklerose oder im Wachkoma intensiv betreut. Schwer mehrfachbehinderte Menschen (mit hohem basalen Unterstützungsbedarf) werden von HABIT-Haus der Barmherzigkeit Integrationsteam in Wohngemeinschaften und Tageszentren begleitet und gefördert.

Inhaltsverzeichnis

Historische Einrichtung

Als erstes Haus wurde am 23. Juli 1875 das Geriatrische Pflegekrankenhaus in Währing im heutigen 18. Wiener Gemeindebezirk in der Vinzenzgasse eröffnet. Das Haus der Barmherzigkeit in der Vinzenzgasse verfügte über 23 Betten. Gestiftet wurde das Spital von der „Bruderschaft von der Allerheiligsten Dreifaltigkeit zur Pflege armer Unheilbarer“, bei der sich katholische Privatmänner unter Führung von Franz Eipeldauer[1] sozial engagierten.

Die Pflege übertrugen sie dem Orden der „Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul“.

Von Anfang an wurden bisher als unheilbar geltende Kranke nicht nur pflegerisch, sondern auch medizinisch versorgt. Dieser Umstand machte das Haus der Barmherzigkeit später zum Vorbild für ähnliche Institutionen im In- und Ausland und zur „Geburtsstätte der Geriatrie“. So wurde 1904 das Versorgungsheim Lainz nach dem Vorbild des Haus der Barmherzigkeit gegründet. Dieses besuchte 1908 der aus Wien stammende und am New Yorker Mount Sinai Hospital arbeitende Arzt Ignatz Leo Nascher. Er prägte anhand dieser Institutionen den Begriff „Geriatrie“.

Zahlreiche Persönlichkeiten besuchten das Haus in der Vinzenzgasse:

Kaiser Franz Joseph I. (1900), Kardinal Dr. Theodor Innitzer und Fürstin Elsa von Liechtenstein (1935), Fürstin Gina von Liechtenstein (geborene Georgina von Wilczek (1970), Kardinal Franz König und Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger (1975), Papst Johannes Paul II. (1983), Fürstin Marie von Liechtenstein (geborene Marie Kinsky von Wchinitz und Tettau (2004), Kardinal Dr. Christoph Schönborn und Bürgermeister Dr. Michael Häupl (2005).

Am 12. Oktober 2006 verließ die letzte Patientin die Vinzenzgasse und zog in das neue Haus der Barmherzigkeit in der Tokiostraße um.[2]

Einrichtungen

  • Haus der Barmherzigkeit Seeböckgasse: Geriatrisches Pflegekrankenhaus in 1160 Wien-Ottakring: 350 Bewohner (Architekt: archoffice)
  • Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße: Geriatrisches Pflegekrankenhaus in 1220 Wien-Donaustadt: 270 Bewohner, Architekt Gustav Peichl[3]
  • Haus der Barmherzigkeit Clementinum: Pflegeheim in 3062 Kirchstetten (Niederösterreich): 110 Bewohner
  • Haus der Barmherzigkeit Poysdorf: Pflegeheim mit Hausgemeinschaften in 2170 Poysdorf: 120 Bewohner
  • Haus der Barmherzigkeit Stephansheim: Pflegeheim in 3580 Horn:100 Bewohner
  • HABIT-Haus der Barmherzigkeit Integrationsteam mit 14 Wohngemeinschaften und 4 Basalen Tageszentren in Wien und Niederösterreich

Betreuung

Im Mittelpunkt der interdisziplinären Langzeit-Betreuung steht der chronisch kranke bzw. mehrfachbehinderte Mensch mit seinen Wünschen und Bedürfnissen.

Geriatrie: In den geriatrischen Pflegekrankenhäusern wird Pflege und Medizin rund um die Uhr sowie Therapie angeboten. Die wichtigsten angewendeten Pflegekonzepte sind: Bezugspflege, Aktivierende Pflege, Validation (nach Naomi Feil), Basale Stimulation und Kinästhetik. Die medizinischen Schwerpunkte liegen auf Innere Medizin mit allgemeiner Geriatrie, Palliativmedizin, geriatrische Rehabilitation sowie Gerontoneurologie und neurologische Rehabilitation. Bei Aufnahme des Patienten wird ein umfassendes geriatrisches Assessement durchgeführt. In der Therapie kommen Physiotherapie, physikalische Therapie, Ergotherapie, Diätetik, Musiktherapie, Psychotherapie, klinische Psychologie, Logopädie, Kunsttherapie und Tiertherapie zum Einsatz.

Betreuung von Menschen mit mehrfachen Behinderungen: HABIT (Haus der Barmherzigkeit Integrationsteam) betreut Menschen mit schweren Behinderungen und hohem basalen Unterstützungsbedarf in familienähnlichen Wohngemeinschaften und Tageszentren. In der täglichen Betreuungsarbeit werden folgende Konzepte angewendet: Lebensqualität durch pädagogisches und pflegerisches Handeln, nachvollziehbarer Alltag, unterstützte Kommunikation, sprachbegleitende Gebärdensprache, Basale Stimulation und pädagogisch integrierte Pflege.

Qualität

2005 erhielt die Wachkoma-Station des geriatrischen Pflegekrankenhauses Seeböckgasse als erste in Österreich das ISO-Zertifikat 9001:2000. Ein Jahr später zertifizierte das geriatrische Pflegekrankenhaus Seeböckgasse. Ab 2007 sind alle Einrichtungen des Haus der Barmherzigkeit nach dem Qualitätsmanagementsystem zertifiziert. 2008 erhält das Haus der Barmherzigkeit Clementinum das Nationale Qualitätszertifikat für Alten- und Pflegeheime sowie das Umweltzertifikat Ökomanagement Profi, eine Auszeichnung für die Umsetzung von klima- und umweltrelevanten Maßnahmen. Ab 2009 sind zudem das Haus der Barmherzigkeit Seeböckgasse und Tokiostraße nach ISO 14001:2004 zertifiziert.

Lehre

Gemeinsam mit der Donau-Universität Krems entwickelte das Haus der Barmherzigkeit den „Masterlehrgang für Geriatrie“. Seit 2009 ist das Haus der Barmherzigkeit Lehrkrankenhaus der MedUni Wien. In einem Praktikum der Lehrveranstaltung "Soziale Kompetenz" in den geriatrischen Pflegekrankenhäusern Seeböckgasse und Tokiostraße erfahren die Studenten den empathischen Umgang mit schwer kranken oder mehrfachbehinderten Menschen.

Auszeichnungen

  • 2002: Österreichisches Spendengütesiegel, Spendenabsetzbarkeit ab 2009
  • 2003: "Effie in Silber" in der Kategorie Soziales
  • 2003: "Fundraising Award" des Fundraising Verband Austria
  • 2004: "Human-Award" als humanster Arbeitgeber
  • 2007: "Effie in Gold" in der Kategorie Soziales[4]
  • 2009: Nominierung für den Staatspreis "Knewledge 2009"
  • 2011: "ADGar"

Rezeption

Ivan Cankars Roman: Hiša Marije Pomočnice (deutsch: Das Haus der Barmherzigkeit; ISBN 3-85435-257-3) hat die Anstalt als Handlungsort.

Einzelnachweise

  1. Gedenkstunde als Mahnung in News vom 23. Okt. 2002, abgerufen am 18. Dez. 2009
  2. Haus der Barmherzigkeit Historie der Vinzenzgasse
  3. Peichl&Partner Realisierung Haus der Barmherzigkeit Tokiostrasse 2003-2006
  4. Haus der Barmherzigkeit Werbe-Auszeichnung EFFIE in Gold 2006 für Walther Salvenmoser

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Haus der Kirche — Die Dreikönigskirche, Blick von der Königstraße Die Dresdner Dreikönigskirche ist ein Sakralbau in der Inneren Neustadt. Sie dient einerseits als Zentrum einer Kirchengemeinde, andererseits wird sie unter dem Namen Haus der Kirche auch als… …   Deutsch Wikipedia

  • Schwestern der Muttergottes von der Barmherzigkeit — Die Kongregation der Schwestern der Muttergottes von der Barmherzigkeit ist eine römisch katholische Ordensgemeinschaft, die im 19. Jahrhundert für moralisch vernachlässigte Mädchen und Frauen gegründet wurde. Geschichte Am 1. November 1862 wurde …   Deutsch Wikipedia

  • Der König ist tot, lang lebe der König! — Der britische Monarch oder Souverän (engl. sovereign) ist das Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Bis zum Ende des Mittelalters regierten die britischen Monarchen als alleinige Herrscher. Ihre Macht wurde… …   Deutsch Wikipedia

  • Haus-Ritterorden vom Hl. Georg — Der Hausritterorden vom Heiligen Georg (kurz: Georgsorden) war als bayerischer Ritterorden wohl der bekannteste unter allen 13 Ritterorden, die nach dem Heiligen Georg benannt worden waren. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Organisation 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Herr ist mein Hirte — Der 23. Psalm, auch als Hirtenpsalm oder Psalm vom guten Hirten bezeichnet, gehört zu den bekanntesten Bibeltexten. Obwohl seine Bilder in der altorientalischen Viehzüchtergesellschaft wurzeln, vermag er offensichtlich auch heutige Menschen… …   Deutsch Wikipedia

  • Gedenkstein in der Diakonissenanstalt „Bethesda“ — Das Kreiskrankenhaus Radebeul war zu DDR Zeiten das für die sächsische Stadt Radebeul zuständige Krankenhaus, nach dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen aus der Diakonissenanstalt „Bethesda“. Heute steht die sich im Stadtteil Niederlößnitz… …   Deutsch Wikipedia

  • Steinernes Haus (Niederlößnitz) — Das Kreiskrankenhaus Radebeul war zu DDR Zeiten das für die sächsische Stadt Radebeul zuständige Krankenhaus, nach dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangen aus der Diakonissenanstalt „Bethesda“. Heute steht die sich im Stadtteil Niederlößnitz… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Pfarren im Stadtdekanat 16 (Erzdiözese Wien) — Das Stadtdekanat 16 ist ein Dekanat im Vikariat Wien Stadt der römisch katholischen Erzdiözese Wien. Es umfasst sieben Pfarren im 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring mit 31.613 Katholiken (Stand 2004). Die Flötzersteig Kirche der Pfarre Starchant …   Deutsch Wikipedia

  • Der Renner — ist das einzige erhaltene deutschsprachige Werk Hugo von Trimbergs. In seinem ersten Teil beschreibt der Dichter die sieben Hauptsünden, ihre Untersünden und die von ihnen gefährdeten Personengruppen. Im zweiten Teil setzt er sich mit dem Weg der …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Pfarren im Stadtdekanat 22 (Erzdiözese Wien) — Das Stadtdekanat 22 ist ein Dekanat im Vikariat Wien Stadt der römisch katholischen Erzdiözese Wien. Es umfasst 13 Pfarren im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt mit rund 70.000 Katholiken[1]. Pfarren mit Kirchengebäuden und Kapellen Pfarre… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”