- Heidelberger Fass
-
Das Große Fass im Heidelberger Schloss ist eine von etwa 500.000 Menschen jährlich besichtigte Touristenattraktion im Heidelberger Schloss. Das heutige Fass ist das in zeitlicher Abfolge vierte derartige Riesenfass.
Inhaltsverzeichnis
Die vier Großen Fässer im Heidelberger Schloss
- Das Johann-Casimir-Fass 1591
- Das Karl-Ludwig-Fass 1664
- Das Karl-Philipp-Fass 1728
- Das Karl-Theodor-Fass 1751
Das erste Große Fass
Das erste große Fass im Heidelberger Schloss (Johann-Casimir-Fass) wurde unter Johann Casimir vom Küfer Michael Werner aus Landau 1589–1591 erbaut und hatte ein Fassungsvermögen von rund 127.000 Litern. Es wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, sein Holz verfeuert.
Im Halberstädter Jagdschloss Spiegelsberge wird ein etwa drei Jahre nach der Fertigstellung des ersten Heidelberger Fasses vom selben Küfer, Michael Werner aus Landau, erbautes, nur etwa 10 % größeres Fass aufbewahrt, das Gröninger Fass genannt wird. Dieses Fass ist bis heute dort erhalten und kann als jüngerer Bruder des weltberühmten Heidelberger Fasses betrachtet werden.
Anton Praetorius, Pfarrer im Ort Dittelsheim und späterer Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter, unternahm 1594 eine Reise nach Heidelberg in die Hochburg des reformierten Glaubens. Neben einer genauen Beschreibung der Ausmaße des Fasses pries er in seinem 1595 erschienenen Gedicht Vas Heidelbergense das Große Fass im Heidelberger Schloss als sichtbaren Beleg für die Überlegenheit des calvinistischen Glaubens.
Er widmete die Schrift dem reformierten Kurfürsten Friedrich IV., in dessen Amtszeit die Vollendung des ersten Großen Fasses fiel. Das weltweit einzige Exemplar des Gedichtes befindet sich in der Berliner Staatsbibliothek. Acht Seiten des erhaltenen Exemplares wurden gedruckt, die restlichen sieben Seiten sind handschriftlich überliefert. Die Buchstaben auf der Titelseite sind grafisch kunstvoll in Form eines großen Weinfasses angeordnet. Praetorius war der erste, der mit seinem Werk die Weltöffentlichkeit auf das Riesenfass der Neckarstadt aufmerksam machte und es auf den Weg zum Weltruhm brachte.
Auszug aus dem Gedicht:
- Mehr staunt, wer selber das ganze Werk
- Persönlich betrachtet; auch kann er
- Für wahrhaft jederzeit gelten und Zeuge sein.
- Viele kommen daher aus der Ferne
- Zu guten Freunden, um dieses Fass
- Sehen zu können, gleichwie ich selbst kürzlich tat.
- Und fürwahr, dieses Werk ist bei Gott wert, dass man’s
- Besichtigt, wenn sich eine passende Gelegenheit ergibt.
- Solch ein Gefäß mit so großer Gabe des Weinstocks, glaub’ ich,
- Gibt’s nicht, soweit der riesige Erdkreis reicht.
- Vergeblich erreicht die Kunde vom Fass die ungläubigen Ohren.
- Denn keiner vermag es zu glauben, wenn er’s nicht hat geschaut.
- Hier leuchtet die Güte, hier die Majestät, hier die höchste Macht
- Des ewigen Gottes überall heller.
(Übersetzung aus dem Lateinischen von Burghard Schmanck)
Das zweite Große Fass
Kurfürst Karl Ludwig ließ 1664 unter Leitung des Heidelberger Kellermeisters Johannes Meyer ein neues Fass bauen, das 195.000 Liter fasste und einen Tanzboden erhielt. Es überstand die Zerstörung des Schlosses im Pfälzer Erbfolgekrieg in den Jahren 1689 und 1693. Wegen fortschreitenden Zerfalls wurde 1702 eine Reparatur durchgeführt ohne grundlegende Verbesserung des Zustands des Fasses.
Das dritte Große Fass
Erst 1724 und 1727/28 wurde unter Kurfürst Karl Philipp eine Rundumerneuerung durchgeführt, die das dritte Fass zum Ergebnis hatte. Es fasste 202.000 Liter und war damit rund 4.700 Liter größer geworden. Doch das Fass wurde immer wieder undicht, so dass schon 1740 von der Hofkammer ein Neubau geplant wurde.
Das vierte Große Fass
Das vierte Fass wurde 1751 unter Kurfürst Karl Theodor vollendet und hatte ein Fassungsvermögen von 221.726 Litern. Heute fasst es noch 219.000 Liter nach Eintrocknung des Holzes. Es wurde nur dreimal gefüllt, weil es nie dicht war. Als Attraktion für die Besucher des Schlosses blieb es jedoch erhalten. Es wurde durch ein großes Loch in der Decke aufgefüllt. Durch dieses Loch führte man einen Schlauch ins Fass darunter und pumpte den Wein so in das Fass, damit man nicht aufs Fass klettern musste. Dieses Fass kann man heutzutage im Heidelberger Schloss sehen.
Perkeo - der Fasswächter
Auf das Große Fass schaut die Statue des Fasswächters Perkeo, Symbol des Weingenießers. Der Legende nach hatte der Kurfürst Karl Philipp einen nur rund einen Meter großen, aber 100 kg schweren Zwerg aus Tirol mitgebracht, ihn zum Hofnarren gemacht und ihn gefragt, ob er das Große Fass allein austrinken könne. Der soll, wie auf alles andere, geantwortet haben: „Perché no?“ (was auf italienisch bedeutet: warum nicht?). Daraus ist dieser Name des Fasswächters Perkeo entstanden.
Wein soll das einzige Getränk gewesen sein, das Perkeo seit seiner Kindheit zu sich genommen habe. Als er im hohen Alter erstmals krank wurde, riet ihm sein Arzt dringlich von Weingenuss ab und empfahl ihm, Wasser zu trinken. Trotz großer Skepsis nahm Perkeo diesen Rat an und starb am nächsten Tag.
Perkeo war ein bedauernswertes Geschöpf und musste – wie Victor Hugo erwähnt – täglich fünfzehn Flaschen Wein trinken, sonst wurde er ausgepeitscht.
Das Heidelberger Fass in der Literatur
Das Heidelberger Fass wird in Heinrich Heines Buch der Lieder (im Gedicht Die alten, bösen Lieder) sowie in Jules Verne's Fünf Wochen im Ballon, Washington Irving's The Specter Bridegroom, Mary Hazelton Wade's Bertha, bei Mark Twain in A Tramp Abroad sowie in Herman Melville's Moby Dick erwähnt.
Weblinks
- Das Große Fass
- Anton Praetorius und das 1. Große Fass im Heidelberger Schloss (mit Literaturhinweisen und farbiger Abbildung)
- Lateinischer Text des Auszugs aus dem Gedicht von Anton Praetorius
- Anton Praetorius und das Große Fass
Literatur
- Andreas Cser/Stefan Wiltschko: Das Große Fass im Schloss Heidelberg. Neckargemünd-Dilsberg, 1999, ISBN 3-931033-26-0
- July Sjöberg (bearb.): Das große Fass zu Heidelberg - ein unbekanntes Kapitel kurpfälzischer Kunstgeschichte. Neckargemünd-Dilsberg, 2004, ISBN 3-931033-33-3
- Hartmut Hegeler/Stefan Wiltschko: Anton Praetorius und das 1. Große Faß von Heidelberg. 2. erw. Auflage 2007, Verlag Traugott Bautz ISBN 978-3-88309-405-2
- Andreas Cser/Stefan Wiltschko: Die vier großen Fässer im Schloss Heidelberg. Zur Bau-, Kunst-, Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte. Neckargemünd-Dilsberg, 2007
- Walter Laufenberg: Der Zwerg von Heidelberg - Perkeo, Hofnarr auf dem Schloß der Pfälzer Kurfürsten, Taschenbuch-Neuauflage vom Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2008, broschiert 224 Seiten, ISBN 978-3-89735-539-2
Wikimedia Foundation.