Heinrich Bornkamm

Heinrich Bornkamm

Heinrich Bornkamm (* 26. Juni 1901 in Wuitz, Kreis Zeitz; † 21. Januar 1977 Heidelberg[1]) war ein deutscher evangelischer Theologe mit dem Schwerpunkt in der Lutherforschung. Er war Bruder des Theologen Günther Bornkamm.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Bornkamm war seit 1927 Professor für Kirchengeschichte an der Universität Gießen. 1932 wurde er vom letzten freien Gesamtsenat zum Rektor der Universität Gießen für das Jahr Oktober 1933 bis Oktober 1934 gewählt. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er 1933 auf Vorschlag der hessischen Regierung vom Reichsstatthalter zum Rektor ernannt. Gleichzeitig war Bornkamm Obmann der Hochschullehrer im NS-Lehrerbund. Bornkamm trat der völkisch orientierten, antisemitischen Glaubensbewegung der Deutschen Christen bei, die er aber nach der berüchtigten Sportpalastkundgebung der DC am 13. November 1933 bald wieder verließ.[2] Unter dem Eindruck einer Fakultätsprüfung in Gießen, bei er den Vorsitz geführt hatte, schrieb der deutsch-christliche Landesbischof Ernst Ludwig Dietrich im Februar 1934 an August Jäger, Staatskommissar und Leiter der Kirchenabteilung im preußischen Kirchenministerium, sowie Rechtswalter des Reichsbischofs Ludwig Müller: „Unter den Professoren befindet sich Bornkamm, den man schon längst kaltstellen mußte, da er uns die ganze theologische Jugend verdirbt.“[3] Im Frühjahr 1934 trat Bornkamm der SA-Reserve bei,[1] aus der er im Dezember 1934 wieder austrat.

1935 wurde er nach Leipzig versetzt und Ordinarius an der dortlichen Universität. In den Jahren seiner Leipziger Tätigkeit geriet er in schwere Auseinandersetzungen mit dem sächsischen Reichsstatthalter und NS-Gauleiter Martin Mutschmann wegen der Schließung der theologischen Fakultät zu Beginn des Herbstsemesters 1939.[4] Trotzdem bezeichnete Bornkamm noch 1939 Adolf Hitler als ein „Geschenk an unser Geschlecht“ und sprach von der „staatsmännischen Größe des Führers“.[5][6] Es ist jedoch zu beachten, daß Bornkamm sich deutlich von deutsch-christlichen Gedanken und kirchenpolitischen Maßnahmen abhob.[7]

Von 1936 an war Bornkamm Präsident des Evangelischen Bundes. Aus einem Briefwechsel zwischen Martin Bormann und dem Auswärtigen Amt von 1942 geht hervor, dass der Evangelische Bund inzwischen als höchst unzuverlässig galt, weil er die nationalsozialistische Geisteshaltung bekämpfen würde.[8]

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Bornkamms Schrift Vom christlichen zum nationalen Sozialismus (Diesterweg, Frankfurt a.M. 1935) in der Deutschen Demokratischen Republik auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[9]

Bornkamm lehrte von 1948 bis 1969 als Professor für Kirchengeschichte an der Universität Heidelberg. Er wurde erneut Präsident des Evangelischen Bundes und Vorsitzender der Akademie der Wissenschaften.[1]

Als führendem Lutherforscher, der Kirchengeschichte als Universalgeschichte verstand, wurde ihm von den theologischen Fakultäten Berlin, Debrecen/Ungarn, Uppsala/Schweden und Montpellier/Frankreich die Würde eines Ehrendoktors verliehen. Außerdem erhielt er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

Schriften (Auswahl)

  • Die Sendung der deutschen Universität in der Gegenwart. Rede bei Antritt des Rektorates der Ludwigs-Universität Gießen am 8. Nov. 1933. Armanen, Leipzig 1934. Reihe: Volk im Werden
  • Vom christlichen zum nationalen Sozialismus. Diesterweg, Frankfurt 1935 (Er begrüßt den Nationalsozialismus)
  • Luther und das Alte Testament. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1948
  • Die Staatsidee im Kulturkampf. München 1950
  • Luthers geistige Welt. Bertelsmann, Gütersloh 1959
  • Das Jahrhundert der Reformation. Gestalten und Kräfte. Göttingen 1961
  • Luther im Spiegel der deutschen Geistesgeschichte. Mit ausgewählten Texten von Lessing bis zur Gegenwart. Göttingen 1970 - 2. neu bearb. und erw. Auflage.
  • Luther. Gestalt und Wirkungen ; Gesammelte Aufsätze. Gütersloher Verlagshaus, 1975
  • Martin Luther in der Mitte seines Lebens. Das Jahrzehnt zwischen dem Wormser und dem Augsburger Reichstag Aus dem Nachlass hg. von Karin Bornkamm. Vandenhoeck & Ruprecht, 1979

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 66.
  2. Kurt Meier: Die theologischen Fakultäten im Dritten Reich, Berlin und New York, 1966, S.153 und Walter Fleischmann-Bisten: Protestanten auf dem Wege, Bensheimer Hefte 65, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986 S.136f.
  3. Kurt Meier, Der evangelische Kirchenkampf, Bd. I, Halle-Göttingen 1976, Anmerkung 723.
  4. Kurt Meier, Fakultäten, S. 449f.
  5. Zitate bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch Verlag 2005, S. 66.
  6. Heinrich Bornkamm: Was erwarten wir von der deutschen evangelischen Kirche der Zukunft?, Berlin 1939, S. 56.
  7. Giessener Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Hans Georg Gundel u.a., Marburg 1982, S.92.
  8. Fleischmann-Bisten, a.a.O.,S. 163.
  9. Ministerium für Volksbildung der Deutschen Demokratischen Republik: Liste der auszusondernden Literatur. Dritter Nachtrag, Berlin: VEB Deutscher Zentralverlag, 1953, Transkript Buchstabe B, Seiten 12-30. Abgerufen am 6. November 2010

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