Heinrich Günther von Thulemeyer

Heinrich Günther von Thulemeyer

Heinrich Günther Thulemar (* 1642 in Lippstadt, Fürstentum Lippe; † 9. September 1714 in Frankfurt am Main; ab 1698 von Thulemeyer, auch Thulemeier oder Thülemarius) war ein deutscher Jurist, Historiker und Polyhistor.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Thulemar/Thulemeyer entstammt einer einst im Fürstentum Lippe ansässigen Familie, die mit dem Horner Ratsherrn Gadecke Thulemeier um 1560 erstmals urkundlich erwähnt ist. Er soll angeblich der Sohn des Bremer Stadtphysicus Conrad Thulemeyer (1625-1683), später Hof-Leibarzt des Landgrafen Wilhelm VI. von Hessen-Kassel, und der Anna Margarethe Kotzenberg (1624-1683/1700) gewesen sein.[1]

Er besuchte in Bremen das Gymnasium und studierte anschließend bei Johann Strauch II. an der Universität Jena. Im Jahr 1680 wurde er als Professor der Geschichte und Eloquenz an die Universität Heidelberg berufen.[2] Wegen seiner juristischen Studien wurde er auch zum ao. Professor der Rechtswissenschaften und zum Rat am kurpfälzischen Ober-Hof- und Ehegericht bestellt.

Nach der (ersten) Zerstörung Heidelbergs durch die Franzosen im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688) siedelte Thulemeyer im Jahr 1689 in die Reichsstadt Frankfurt am Main um und machte dort eine glänzende Karriere. Kaiser Leopold I. ernannte ihn zum kaiserlichen Rat, der dänische König Christian V. zum königlich dänischen Rat, Herzog Johann Wilhelm von Sachsen-Eisenach zum Geheimrat, der Fürst Johann Franz Desideratus von Nassau-Siegen zum Regierungspräsidenten und die Äbtissin Charlotte Sophia von Kurland vom Herforder Stift zum Kanzler. Sie ernannte ihn am 29. Mai 1697 zum Residenten, nachdem der Stadtrat dies gefordert hatte.[3]

Am 11. Dezember 1698 wurde er in Wien unter dem Namen Heinrich Günther Thulemar in den Reichsadelsstand erhoben mit der Namensmehrung „von Bornthal“.[4]

Er war ab 1697 hessischer Reichstagsgesandter.[5] Außerdem verfasste er staatsrechtliche Abhandlungen. Durch seine häufigen Reisen verbrauchte er allerdings nicht nur sein eigenes, sondern auch das Vermögen seiner Ehefrau, einer geborenen Schönmann aus Frankfurt. In seiner Not bemühte er sich um den Posten eines Reichshofrats oder Reichskammergerichtsbeisitzers, was ihm versagt wurde. So wandte sich Thulemeyer im Jahr 1713 in seiner Not an Marschall Claude-Louis-Hector de Villars, den Befehlshaber der französischen Rheinarmee, und bot den Franzosen an, in die Dienste von König Ludwig XIV. zu wechseln.

Für diesen Verrat – einer seiner Briefe an die Franzosen wurde abgefangen – warf man ihn ins Gefängnis und begründete dies, da die politisch-motivierten Gründe nicht ausreichten, mit unbeglichenen Schulden und dem Verdacht auf Wechselfälschung. Sein Fluchtversuch am 11. November 1713 misslang. Mit Rücksicht auf sein Alter und seine Gebrechlichkeit verwandelte der Frankfurter Stadtrat die Haft in Hausarrest. Wenige Monate später starb Thulemeyer.

Werke

Thulemeyer war ein Universalgelehrter, der Abhandlungen über staatsrechtliche Fragen ebenso leicht schrieb wie über deutsche, schweizerische, türkische und tatarische Verfassungsgeschichte. Er schrieb über die Familiengeschichte der Karolinger ebenso wie über die Entstehung des Hosenbandordens, über antike Statuen oder hebräische Münzen (De variis siclis et talentis hebraeorum ..., Erfurt 1676).

Er war Herausgeber juristischer Sammlungen und eines für einige Zeit maßgeblichen Werkes über die Goldenen Bulle.

Auswahl

  • Die Goldene Bulle, Erweiterter Nachdruck der Ausgabe Frankfurt 1697, Armin Wolf (Hg.), Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1978, ISBN 3-201-01064-2 bzw. ISBN 9783201010641

Literatur

Einzelnachweise

  1. Nach den Möller'schen Familiennachrichten von 1788 soll Conrad Thulemeyer, Stadtphysicus in Bremen, sein Vater gewesen sein. Das ist bei dessen Geburtsjahr 1625 in Relation zu dem seines vermeintlichen Sohnes Heinrich Günther (* 1642) nur schwer denkbar. Außerdem soll nach der Internet-Datei des Mormonen-Archivs (Utah, USA) Conrad Thulemeyer erst am 3. Oktober 1653 in Bremen seine Ehefrau Anna Margarethe Kotzenberg geheiratet haben, die zuvor seit 1647 mit Gerhard Remus verheiratet war. Somit kann Heinrich Günther Thulemeyer nicht beider Sohn sein. Allerdings: Heinrich Günther soll lt. ADB in Bremen das Gymnasium besucht haben. Mit Bremen wäre eine örtliche Beziehung zu Conrad Thulemeyer gegeben.
  2. Johann Friedrich Hautz, Karl Alexander Reichlin-Meldegg: Geschichte der Universität Heidelberg. Nach handschriftlichen Quellen nebst den wichtigsten Urkunden, Verlag J. Schneider, 1862, Seite 191.[1]
  3. Frankfurtisches Archiv für ältere deutsche Literatur und Geschichte, Verlag Gebhard und Körber, Frankfurt (Main) 1812, Seite 374 [2]
  4. Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XIV, Seite 426, Band 131 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 2003, ISBN 3-7980-0831-2 (formal falsche ISBN).
  5. Lupold von Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten im 17. und 18. Jahrhundert, Verlag Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2003, Seite 322, ISBN 3884430912 bzw. ISBN 9783884430910 [3] Hier heißt es allerdings, Thulemar/Thulemeyer sei bis 1715 Reichstagsgesandter gewesen. Das ist falsch, da er bereits 1714 gestorben ist.

Weblinks


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