Hellmut Ritter

Hellmut Ritter
Büste von Hellmut Ritter neben dem Fariduddin-Attar-Mausoleum in Nischapur, Iran

Hellmut Ritter (* 27. Februar 1892 in Hessisch Lichtenau; † 19. Mai 1971 in Oberursel; auch Helmuth Ritter geschrieben) war ein deutscher Orientalist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn des reformierten Pfarrers Gottfried Theodor Ritter besuchte das Gymnasium in Gütersloh. Seine Brüder waren der Historiker Gerhard Ritter und der Theologe Karl Bernhard Ritter. Nach seinem Studium bei Carl Brockelmann und Paul Kahle in Halle und Carl Heinrich Becker in Straßburg von 1910 bis 1913, war er ein Jahr als Assistent von Aby Warburg an der Universität Hamburg tätig und von 1914 bis 1918 Dolmetscher für Arabisch, Türkisch und Persisch bei deutschen Truppenverbänden im Irak und in Palästina. Zudem war er Mitarbeiter von 1914 bis 1919 am Lehrstuhl von Carl Heinrich Becker, wo er 1919 sich habilitierte. Er nahm danach eine Professur an der Hamburger Universität an, wo er in den folgenden Jahre mehrere Schriften verfasste.

1925 wurde er wegen § 175 verurteilt und zu einer Zuchthausstrafe verurteilt. [1] Ritter ging danach 1926 im Auftrag der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft DMG nach Istanbul, wo er die Leitung der dortigen Nebenstelle übernahm. Dort förderte er die islamwissenschaftliche Forschung durch eine verstärkte Nutzung der in Istanbul befindlichen Handschriftensammlungen und des zentralen Archivs des Osmanischen Reiches und sorgte dafür, dass die bislang nur marginal vertretenen Disziplinen Turkologie, Osmanistik und Türkeikunde verstärktes Interesse in Deutschland fanden. Ab 1935 lehrte Ritter auch als Professor für Orientalische Philologie an der Universität Istanbul, wo er darauf bestand, dass seine Schüler jährlich eine neue Sprache erlernten. Ritter war Vorsitzender des Orientalischen Instituts Istanbul. Sein Nachfolger wurde sein ehemaliger Assistent und Student, der türkische Orientalist Ahmed Ateş.

Während der Zeit des Nationalsozialismus verblieb Ritter in Istanbul. Er lehnte das NS-Regime entschieden ab. [2]

1949 kehrte er nach Deutschland zurück und übernahm 1953 eine Professur am Orientalischen Seminar an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, wo er 1956 emeritiert wurde. Sodann zog er wieder nach Istanbul und nahm seine Lehrtätigkeit an der Universität Istanbul wieder auf. Zu seinen Schwerpunkten gehörte jetzt auch die Erforschung des Turoyo, einer ostaramäischen Sprache. Einer seiner bekanntesten Schüler ist Fuat Sezgin, der Gründer des Institutes für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften.

Im Alter von 77 Jahren beendete Helmut Ritter 1969 seine berufliche Tätigkeit und kehrte nach Deutschland zurück. Er verstarb 1971 in Oberursel.

Werke

  • Über die Bildersprache Nizami's. 1927.
  • Al-Hasan Ibn Musa an-Naubahti. Die Sekten der Schia, hrsg. von Helmut Ritter. 1931. 115 S. arab. Text.
  • Karagös. Türkische Schattenspiele, hrsg. üb. und erl. von Helmut Ritter. Istanbul 1941. XIX, 337 S. dt. und türk. Text, Ill.
  • Ahmad Ghazzali: Aphorismen über die Liebe, hrsg. von Hellmut Ritter. 1942. VII dt. Text und 106 S. arab. Text.
  • Philologika XIII. Arabische Handschriften in Anatolien und Istanbul. In: Oriens 2, 1949, 236-314.
  • Asrar al-balagha, the mysteries of eloquence. 1954.
  • Das Meer der Seele. 1955.
  • Die Geheimnisse der Wortkunst (Asrar al-balagha) des 'Abdalqahir al-Curcani. Aus dem Arabischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Hellmut Ritter. 1959. 33* u. 479 S. dt. Text.
  • Abu-Hamid Muhammad Ibn-Muhammad al- Gazzali: Das Elixir der Glückseligkeit. 1959.
  • Abu l-Hasan 'Ali Ibn Isma'il al-As'ari: Die dogmatischen Anhänger der Lehren des Islam, hrsg. von Hellmut Ritter. 1963. XXXIII, 677 S. arab. Text.
  • Turoyo. Band I. 1967.
  • von Fariduddin Attar, Hellmut Ritter (Übersetzer): Geschichten und Aphorismen des persischen Dichters und Mystikers. 1995. ISBN 3928395114

Nachlass

Ein Teil des Nachlasses von Hellmut Ritter wird als Depositum im Hessischen Staatsarchiv Marburg (Bestand 340 Ritter b) aufbewahrt.[3]

Literatur

  • Thomas Lier: Hellmut Ritter in Istanbul 1926-1949. Die Welt des Islams, Volume 38, Number 3, 1998, pp. 334-385(52)
  • Hellmut Ritter in: Neue Deutsche Biographie 21.Bd., Duncker & Humblot, Berlin 2003, 660f.
  • Hellmut Ritter und die DMG in Istanbul Istanbul: Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 1997, 6-16 (Pera-Blätter Nr.15)
  • Stauth, Georg & Birtek, Faruk (Hg): Istanbul. Geistige Wanderungen aus der "Welt in Scherben" Transcript, Bielefeld 2007 ISBN 9783899424744 ISBN 3899424743 (vor allem über Traugott Fuchs und Hellmut Ritter)

Dokumentarfilm

  • Hayal (BRD/Türkei 1990, u.a. mit Merlyn Solakhan, Manfred Blank) ist ein Dokumentarfilm über das Karagözspiel sowie Leben und Werk Ritters, der den größten Teil seines Arbeitslebens in Istanbul zugebracht hat und dem wir fast alles verdanken, was wir heute über das Karagözspiel wissen.

Einzelnachweise

  1. Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann, Seite 588
  2. ebenda
  3. Übersicht über den Bestand Familienarchiv Ritter (340 Ritter b) Hessisches Archiv-Dokumentations- und Informations-System. Abgerufen am 3. Juli 2011

Weblinks


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