Hemd

Hemd
Anzughemd

Ein Hemd (von ahd. Hemedi, „Haut“) ist ein Kleidungsstück mit Hals- und Armöffnungen, das in verschiedenen Längen und mit verschiedenen Ärmel-, Ausschnitt- und Kragenformen auftreten kann. Hemden können an der Vorderseite geschlossen oder durchgehend offen sein.[1]

Inhaltsverzeichnis

Hemdformen

Hemden im weiteren Sinne wurden und werden sowohl als Über- als auch als Untergewänder getragen. Beispiele sind

Schnitttechnisch gehören auch Jacken, Mäntel mit Ärmeln, Westen und ähnliches zu den Hemdartigen Kleidungsstücken.[2]

Im engeren Sinne wird in der westlichen Welt heute unter dem Begriff Hemd sowohl Oberkleidung wie Hemdbluse und Smokinghemd als auch Unterwäsche wie Unterhemd und Nachtwäsche wie das Nachthemd verstanden.

Entstehungsgeschichte

Entstanden ist das Hemd aus dem Bestreben, den Oberkörper ganz zu bedecken. Bereits um 925 v. Chr. trugen die Hebräerinnen ein bis auf den Boden reichendes, weißes Hemd aus Leinen. Bei den Völkern des Abendlandes wurde das Hemd mal als Unter-, mal als Oberkleid für Frau und Mann verwendet. Seit dem 16. Jahrhundert ist es in der heutigen Weise bekannt und wird als Tagesgewand gebraucht. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war der angeknöpfte hohe Stehkragen („Vatermörder“) zur formellen Kleidung üblich. Die durchgehende Knopfleiste wurde beim Hemd um 1900 eingeführt (Patent seit 1871), so dass das Hemd nicht mehr über den Kopf gezogen werden muss. Frackhemden und gelegentlich auch Smokinghemden besitzen zwei Leisten mit Knopflöchern. Man kauft die zugehörigen Hemdenknöpfe extra und knöpft sie in das Hemd ein, ähnlich wie Manschettenknöpfe an den Ärmelmanschetten. Diese Hemdenknöpfe bestehen üblicherweise aus Silber mit Halbedelsteinbesatz oder Perlmutteinlage. Beknopfungen in der Herrenbekleidung werden allgemein links auf rechts geknöpft, im Gegensatz zur Damenbekleidung.

Verwendete Materialien

Das klassische, vom Altertum bis ins 19. Jahrhundert übliche Material ist Leinen. Als im Zuge der industriellen Revolution Baumwolle billiger wurde als Leinen, setzte sich diese immer mehr durch. Im 20. Jahrhundert kamen Seide und Kunstfasern hinzu. Spezielle chemische Ausrüstungen der Baumwolle führen zu pflegeleichten, bügelleichten oder sogar bügelfreien Hemdenstoffen. Besonders hochwertige Hemden bestehen aus Sea-Island-Baumwolle mit zweifädigem Vollzwirngewebe („two ply“), herausnehmbaren Kragenstäbchen (Messing statt Kunststoff), eingestickten Initialen (Monogramm) und echten Perlmuttknöpfen.

Modeeinflüsse

Businesshemd mit sog. Haifischkragen, aus Baumwolle, Vollzwirngewebe/2-ply

Lange Zeit galt ein reinweißes Hemd als Statussymbol des Herrn, da es anzeigte, dass sich sein Träger nicht mit körperlich anstrengender oder gar schmutziger Arbeit befasste und er sich täglich ein frisch gewaschenes Hemd leisten konnte. Zum Schutz der Ärmel insbesondere bei Schreibarbeiten mit der Feder oder später dem Füllfederhalter wurden früher im Büro Ärmelschoner getragen, die über die Hemdenärmel gezogen wurden. Ärmelhalter sind heute kaum noch gebräuchliche, verstellbare Gummibänder, die die Ärmel am Oberarm halten und so für die richtige Ärmellänge sorgen sollen. Erst im 20. Jahrhundert konnten sich farbige Hemden (meist Blautöne) und gestreifte Hemden (Candy-, Bengal-, Hairline-Streifen) durchsetzen. Hier gilt, je breiter die Streifen, desto legerer der Anlass, zu dem das Oberhemd getragen wird. Kragenhöhe und Länge der Kragenschenkel werden durch die Mode bestimmt. Bei besonders hohen Kragen werden zwei vordere Schließknöpfe verwendet. Sofern überhaupt vorhanden, wird bei der Rückenfalte zwischen der Kellerfalte, Charachellefalte, offener Rückenfalte und links/rechts getrennten Bewegungsfalten unterschieden. Neben der Manschette wird der Ärmelschlitz bisweilen mit einem kleinen zusätzlichen Knopf geschlossen. Besonders elegante Hemden verzichten häufig auf die Brusttasche(n).

Hemdenarten

Heutzutage wird zwischen dem Herrenhemd und der Bluse (Hemdbluse) für die Frau unterschieden. Die Skibluse ist geschlechtsneutral. Beim Militär ist das Feldhemd, ein jackenähnliches, robustes, längeres Hemd, üblich.

Zu den Standardhemden kommt noch die Gesellschaftskleidung. Smokinghemden sind mit einem Stehkragen mit kleinen abgeknickten Flügeln, dem sogenannten „Vatermörder“ oder mit einem normalen Umlegekragen (Kentkragen) ausgestattet. Sie haben im unter dem Frack resp. Smoking sichtbaren Ausschnitt eine steife aufgenähte Hemdbrust, die wie die Umschlagmanschetten meistens aus Piqué gefertigt sind. Diese Hemden werden teilweise mit sogenannten Frackknöpfen (englisch Studs) verschlossen.

Aus der Sportbekleidung kommt das kurzärmelige Polohemd, das mittlerweile in der Freizeitmode weit verbreitet ist. Eine nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa aufgekommene Mode war das Hawaiihemd. Als ursprüngliche Arbeitshemden werden Flanellhemden (auch „Karohemden“) heute noch als Freizeitkleidung getragen.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das sogenannte Schlupfhemd getragen, welches vorn nicht vollständig offen war. In diese Hemden musste man – ähnlich wie beim Polohemd – hineinschlüpfen.

Kragenstäbchen

Kragenstäbchen aus Silber für Kentkragen

Bei hochwertigen Hemden werden die Kragenflügel durch herausnehmbare Kragenstäbchen (collar bones) verstärkt. Diese sind gewöhnlich aus Kunststoff oder aber Metallen wie Weißblech oder Messing. Sehr hochwertige Ausführungen können hingegen auch aus Horn, Perlmutt, edlem Holz, Sterling-Silber oder fossilem Mammutelfenbein gefertigt sein. Die Kragenstäbchen sollten dabei vor der Wäsche unbedingt entnommen werden. So werden die Kragenspitzen geschont und die Kragenstäbchen gehen nicht im Inneren der Waschmaschine verloren.

Manschetten

Am gebräuchlichsten ist die Sportmanschette, deren Weite bei manchen Modellen und Labels mittels zweier Knöpfe zu verstellen ist. Andere Varianten sind die Umschlagmanschette, die mit einem gesonderten Manschettenknopf verschlossen werden muss und die Kombimanschette, welche sowohl mit Knöpfen oder auch mit Manschettenknöpfen getragen werden kann. Eine Sonderform der Manschette stellt die Neapolitanische Manschette dar. Sie ist eine normale 2-Knöpfige Manschette, bei der die Knöpfe durch eine zweite Stofflage teilweise verdeckt werden.

Umschlagmanschette

Hemdengrößen bei Konfektionshemden

In Deutschland wird bei der Größe nur die Kragenweite in Zentimetern angegeben. Die Ärmellänge wird im Handel gegebenenfalls zusätzlich mit Kurzarm oder Langarm angegeben, die genaue Länge kann jedoch je nach Hersteller variieren. Bei Herrenhemden haben meist zwei aufeinanderfolgende Kragenweiten den gleichen Schnitt des Oberkörpers, zum Beispiel 39/40, 41/42 und so weiter.

Im angelsächsischen Bereich wird die Hemdengröße durch die Kombination zweier Zahlen in Zoll (englisch: Inch) definiert. Die erste Zahl gibt die Kragenweite, die zweite die Armlänge an.

Maßhemd

Es gibt das reine Maßhemd, welches, von einem handvermessenen oder per 3-D-Laserscan im Computer erfassten Modell des Trägers ausgehend, analog dem Maßanzug geschneidert wird. Daneben gibt es auch die Möglichkeit, bei vorkonfektionierten Hemden die Kragen- und Ärmellänge anzugeben sowie eine Brusttasche zu wünschen oder nicht. Die Ärmellänge misst sich ausgehend von der Wirbelsäulenmitte über die Schulter, den Arm bis zur Hand. Der Ärmel darf nicht zu knapp sein, die Manschetten sollen ein wenig aus dem Jackenärmel herausschauen (als Unterwäsche dient das Hemd, auch am Kragen, dem Schutz der teureren Jacke). Einige Hersteller bieten auch die Aufarbeitung ihrer Hemden an, bei der die besonders verschleißintensiven Manschetten sowie der Hemdkragen ausgetauscht werden.

Die wichtigsten Kragenformen

  • Der Klapp- oder Umlegekragen (Kentkragen) ist die heute meistverbreitete Form und nur mäßig gespreizt.
  • Der Cutaway-Kragen (Haifischkragen beziehungsweise Haikragen) ist ein modisch hoher Kragen, breit gespreizt (bis zu 160°-Winkel) und daher gut für besonders große Krawattenknoten (Windsorknoten) geeignet. Im Allgemeinen ist er mit Kragenstäbchen versehen.
  • Der New Kent-Kragen ist eine Variation aus Kentkragen und Cutaway-Kragen und ist ungefähr im 120-140°-Winkel gespreizt. [3]
  • Der Button-Down-Kragen ist ein sportlich weicher Knöpfkragen ohne Kragenstäbchen und geht aus den 1950er Jahren der US-amerikanischen Firma Gant zurück. Die Kragenschenkel werden dabei am Hemd angeknöpft. Diese Kragenart wird im Allgemeinen nicht zum Anzug oder zweireihigen Sakko getragen. Im Weiteren wird klassischerweise zu diesem Kragentyp keine Krawatte getragen, da das Button-Down-Hemd ein typisches Freizeithemd ist und nicht für geschäftliche Anlässe gedacht ist.
  • Der Tabkragen hat eine enge Spreizung und wird immer mit Krawatte getragen. Die weichen Kragenenden ohne Kragenstäbchen werden mit knöpfbarem oder Druckknopfverschluss unter dem dazu passenden schmalen Krawattenknoten zusammengehalten.
  • Der Nadel-Kragen (Pin-Collar) ist heute nur noch wenig verbreitet. Die Kragenecken werden bei dieser Form mit einer speziellen Kragennadel zusammengehalten. Seltener wird er auch mit abgerundeten Kragenenden (sogenannter Clubkragen) angetroffen.
  • Der Stehkragen ist die älteste Kragenform und wird nur noch bei festlichen Frackhemden getragen (siehe Vatermörder).
  • Der Trelegant-Kragen ist ein stufenlos regulierbarer Kragen „ohne obersten Knopf“. Er ist patentrechtlich durch das Versandhaus Walbusch geschützt, wird mittlerweile jedoch auch von anderen Herstellern angeboten.
  • Der Spitzkragen ist eine seit längerer Zeit nicht mehr gebräuchliche Kragenart mit sehr enger Spreizung (spitzer 45°-Winkel). Er wurde mit schmalem Krawattenknoten oder Fliege getragen und mittlerweile vom Cutaway-Kragen abgelöst. Der Kragen kann durch Umnähen der Kragenenden gespreizt und so zu einem Haifischkragen umgearbeitet werden.
  • Der Winchesterkragen (auch „Kontrastkragen“) ist ein weißer Kragen, der zu Hemden mit farbigem, häufig gestreiftem Körper, getragen wird. In der Regel sind auch die Manschetten weiß.
  • Auch der Windsorkragen gehört zu den Cutaway-Kragenformen (englische Bezeichnung).

In Amerika benutzt man den Begriff Keaton collar, also Keaton-Kragen. Der US-amerikanische Designer Ralph Lauren beispielsweise greift ihn in seiner Purple-Label-Kollektion auf.

Accessoires

Hemden werden oft mit Accessoires versehen: zum Beispiel Halstuch, Krawatte, Krawattennadel, -klammer oder -ring (selten), Kragenklammer, Schleife, Krawattenschleife oder Bolotie. Die Ärmelenden (Manschetten) werden entweder einfach geknöpft oder mit schmuckvollen Manschettenknöpfen zusammengehalten.

Weblinks

 Commons: Hemden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Hemd – Zitate
Wiktionary Wiktionary: Hemd – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Christian F. Feest, Alfred Janata: Technologie und Ergologie in der Völkerkunde Band 2. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1989, S. 176-185.
  2. Christian F. Feest, Alfred Janata: Technologie und Ergologie in der Völkerkunde Band 2. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1989, S. 183-185.
  3. http://www.frag-vati.de/tipp/p/show/category_id/5/article_id/516/Der-Hemdkragen-ein-Ueberblick.html

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