Hermann Lietz

Hermann Lietz

Hermann Lietz (* 28. April 1868 in Dumgenevitz; † 12. Juni 1919 in Haubinda) war ein deutscher Reformpädagoge und Begründer der Landerziehungsheime in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hermann Lietz war das Kind eines Landwirtes, der Umgang mit den Tieren und der Natur haben ihn nachhaltig geprägt. Zur Schule ging er auf Gymnasien in den Hansestädten Greifswald und Stralsund. Alkohol und Nikotin lehnte er konsequent ab, was auf seine Abneigung gegen "Unsitten der Klassenkneipen" in Greifswald zurückgeführt wird.

1888 nahm Lietz das Studium der Theologie, Philosophie, Geschichte und Germanistik in Halle auf und führte dieses 1891/1892 in Jena zu Ende. Anschließend promovierte er zum Dr. phil.. Während seines Studiums setzte er sich mit dem Antisemiten Paul de Lagarde auseinander, der lebenslang sein Vorbild blieb.

Seit 1892 als Lehrer tätig, befasste er sich zunehmend mit Reformfragen der Pädagogik, die durch einen Aufenthalt bei Cecil Reddie in Abbotsholme 1896/97 reiften. Daraus folgte 1898 die Gründung des Landerziehungsheims in Ilsenburg (Harz), 1901 die Hermann-Lietz-Schule Haubinda in Thüringen und 1904 die Hermann-Lietz-Schule Schloss Bieberstein in Hessen.

Weil seine Landerziehungsheime vorzugsweise von Kindern aus reichem Elternhaus besucht wurden, entschloss er sich 1914 zur Gründung eines Landwaisenheimes in Veckenstedt. Weitere Schulen wurden von seinen Nachfolgern im Schloss Ettersburg (1923), im Schloss Buchenau (1924), auf Spiekeroog in der Nordsee (1928) sowie im Schloss Hohenwehrda (1941) errichtet.

Nachdem Lietz anfänglich auch Kinder jüdischer Herkunft in seine Schulen aufgenommen hatte, führte er bereits vor dem 1. Weltkrieg eine deutsch-germanische bzw. indogermanische Abstammung als Aufnahmevoraussetzung ein. Nach dem Tod Rosa Luxemburgs ließ er 1919 auf seinen Heimen Flaggen hissen. Er warnte vor der „jüdischen Gefahr“. Den Zweck seiner Schulen sah er u.a. in der „Reinerhaltung der Rasse“.[1]

Lietz ist der Begründer der deutschen Landerziehungsheime; weitere wurden später von Gustav Wyneken, Paul Geheeb, Bertha von Petersenn (LEH für Mädchen) und Kurt Hahn gegründet. Der Ausgangspunkt der Landerziehungsheime ist die Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft. Besondere Beachtung fand der Ansatz der Landerziehungsheime zwischen 1933 und 1945, als diese Erziehungsform von Nationalsozialisten gefördert wurde.

Lietz war ein Verfechter der getrennt-geschlechtlichen Erziehung, jedoch wurden die von ihm gegründeten Heime später koedukativ. Seine Reformpädagogik lebt bis heute in den fünf bestehenden Hermann-Lietz-Schulen fort.

Seine bekannteste Schülerin war die NS-Ideologin Johanna Haarer mit ihren sehr weit verbreiteten und bis 1996 immer wieder aufgelegten Büchern, insbesondere Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind.

Veröffentlichungen

  • Reform der Schule durch Reformschulen. Kleine Schriften. Hg. von R. Koerrenz. Jena 2005 (Pädagogische Reform in Quellen Bd. 1)
  • Des Vaterlandes Not und Hoffnung. Veckenstedt 1919
  • Lebenserinnerungen. Weimar 1935
  • Freseni. Veckenstedt (Harz) o.J.
  • Emlohstobba. Roman oder Wirklichkeit? Bilder aus dem deutschen Schulleben der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft? Berlin 1897

Literatur

  • Ralf Koerrenz: Hermann Lietz : Grenzgänger zwischen Theologie und Pädagogik. Frankfurt am Main 1989
  • Ralf Koerrenz: Hermann Lietz. Lüneburg 1994 (Ed. Erlebnispädagogik)
  • Elisabeth Kutzer (Hrsg): Hermann Lietz. Zeugnisse seiner Zeitgenossen. Stuttgart 1968
  • Frank Wild: Askese und asketische Erziehung als pädagogisches Problem. Zur Theorie und Praxis der frühen Landerziehungsheimbewegung zwischen 1898 und 1933. Frankfurt 1997
  • Jürgen Oelkers: Was Bleibt von der Reformpädagogik?. FAZ.NET 16. März 2010

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Oelkers: Reformpädagogik – Eine kritische Dogmengeschichte. 3. Auflage, Weinheim/München 1996, S. 141ff.; Hermann Röhrs: Die Reformpädagogik – Ursprung und Verlauf in Europa. In: Ernst Lichtenstein, Hans-Hermann Groothoff: Das Bildungsproblem in der Geschichte des europäischen Erziehungsdenkens, Band XVI/Teilband 1. Hannover etc. 1980. S. 125ff.

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