Piasten

Piasten
Der Weiße Königsadler wurde erstmals 1295 Przemysł II.
Der schwarze Herzogadler von Sagan, Niederschlesien
Das Wappen Wladislaus II. (Oppeln) aus Armorial de Gelre, Oberschlesien

Die Piasten (nach ihrem legendären Stammvater Piast) waren eine Herrscherdynastie in Masovien, Polen und Schlesien, die zwischen dem 10. und 17. Jahrhundert zahlreiche Herzöge und Könige stellte. Sie sollen dem Stamm der Polanen entstammen, der erstmals im Jahr 1000 genannt wurde.[1] 1370 starben die Piasten in der Hauptlinie in Polen aus.

Die Bezeichnung „Piasten-Dynastie“ wurde von dem polnischen Historiker Adam Naruszewicz erst im 18. Jahrhundert geprägt; der tatsächliche Geschlechtername ist weder lateinisch noch polnisch überliefert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erstes Herrschaftszentrum der Piasten war 940 eine Befestigung in Giecz. Kurz darauf übernahm das nahegelegene Gnesen diese Funktion. Die geschriebene Geschichte Polens begann mit Herzog Misaca, später Mieszko I. genannt, seiner Taufe 966 und der Entwicklung eines ersten Staatsgebildes auf dem Gebiet des polnischen Landschaftsteils Großpolen (Posen-Gnesen-Kalisch) unter den Piasten. Der Name „Polani“ ist erst ab 1015 belegt.[2]

Die bis dahin eigenständigen Masowischen Piasten starben 1526 aus und Masowien wurde mit Polen vereint, die dem Böhmischen Reich, bzw. dem Kaiserreich zugehörigen Schlesischen Piasten starben 1675 in männlicher Linie aus.

Durch Eroberungen waren zeitweilig Schlesien, Pommern, Masowien, Böhmen, Ruthenien, die Slowakei und die beiden Lausitzen Teil des Herrschaftsgebiets der Piasten.

Die Nachbarschaft dieses Polens zum Heiligen Römischen Reich bedingte eine teilweise gespannte Koexistenz, in der vereinzelte Piasten (zum Beispiel Mieszko I., Kasimir I. der Erneuerer, Władysław I. (Herman) durch Treueide oder Tributpflicht gegenüber den römisch-deutschen Kaisern, Ehen mit Vertretern des deutschen Hochadels (Salier, Ottonen) und andere Verträge ihr Staatswesen vor äußeren Eingriffen schützen wollten. In einem etwa 1080 erwähnten päpstlichen Auszug wird ein Dagome Iudex vom Jahre 991/2 genannt, wo, wie man annimmt, Mieszko I. das Reich der Polen in päpstliche Obhut (Peterspfennig) übergab. Die Titel der später sogenannten Piasten schwankten, je nach Machtposition, zwischen Herzog und König. Weitere einflussreiche Nachbarn des piastischen Polen waren damals das Königreich Böhmen unter den Přemysliden, das Königreich Ungarn unter den Árpáden und den Anjou, das Reich der Kiewer Rus sowie ab dem späten 13. Jahrhundert der Deutsche Orden und das Großfürstentum Litauen.

Mit dem Tod von Bolesław III. Schiefmund 1138 brach in Polen der Partikularismus, der für fast 150 Jahre die Geschicke Polens bestimmen sollte, aus. Polen zerbrach in eine Vielzahl zeitweilig einander bekriegender piastischer Herzogtümer, wodurch die politische Stellung und Autorität Polens in Europa des 13. Jahrhunderts stark geschwächt wurde. Mit Bolesławs Tod wurde das Senioratsprinzip rechtlich wirksam und scheiterte schon wenige Jahre nach dem Tod des polnischen Souveräns. Es kam zum Streit zwischen den Söhnen, die Polen in kleine Herrschaftsbereiche zerfallen ließen. Die jeweiligen Beherrscher Krakaus, der Hauptstadt der Senioratsprovinz Kleinpolen, waren "Seniorherzöge", die ihnen unterstellten Familienmitglieder „Juniorherzöge“. Einige dieser Territorialfürsten – besonders Mieszko III., Władysław III. Dünnbein, Leszek I. der Weiße und die schlesischen Sprosse der Dynastie (siehe: Schlesische Piasten) – bestiegen den Krakauer Thron mehrere Male und wurden auch mehrmals abgesetzt.

Das „Goldene Zeitalter der Piasten“ endete, als 1370 die königliche und gleichzeitig jüngste Linie der Piasten, die vom jüngsten Sohn des Bolesław III. abstammte, mit König Kasimir III. dem Großen erlosch. Die masowische Linie erlosch 1526, die schlesische und zugleich älteste Linie blühte und regierte jedoch weiter, wenn auch ab 1348 außerhalb Polens. Davon starb der Teschener Zweig im Jahre 1625 aus. Der letzte legitime männliche Nachkomme des Geschlechts, Augustus Graf von Liegnitz, starb 1678, drei Jahre nach seinem Neffen, dem letzten regierenden Herzog von Liegnitz, Brieg und Wohlau Georg Wilhelm. Dessen Schwester Charlotte starb 1707 und ruht in der Klosterkirche in Trebnitz neben dem Sarkophag ihrer Ahnin, der Hl. Hedwig von Schlesien.

Die letzten Piasten leben heute in Bayern, in der 69. Generation.

Zählt man die in Oberschlesien vertretene Linie der Freiherren von Hohenstein, die allerdings aus einer unehelichen Verbindung hervorgegangen sind, zu den Piasten, dann war der Urenkel des Teschener Fürsten Adam Wenzel († 1617), Ferdinand II. Freiherr von und zu Hohenstein († 3. April 1706), auch ein männlicher Piast. Dies ist jedoch umstritten, da er nicht als legitimer Spross der Piasten angesehen wird. Georg-Wilhelm I. (Liegnitz-Brieg-Wohlau) hatte ein uneheliches Kind mit Dorthea Thugendreich von Streit im Feld, Martin von Streit im Feld oder auch Streitenfeld geb. 21. Januar 1676, Nachkommen der Grafen und Freiherrn von Streit. Diese Linie ist noch existent und führte die älteste Linie fort.

Nach dem Tod des letzten Piasten-Königs Kasimir III. 1370 regierte Ludwig I., König von Ungarn aus der Dynastie der Anjou, einer Nebenlinie der Kapetinger, Sohn der Elisabeth von Polen, Tochter Władysławs des Ellenlangen und leiblicher Schwester Kasimirs III. des Großen, das Land bis 1384. Aufgrund der gemeinsamen Bedrohung durch den Ordensstaat verbündete sich Polen mit Litauen. Die jüngere Tochter Ludwigs, Hedwig (polnisch: Jadwiga) wurde zum regierenden polnischen „König“ gekrönt. Sie heiratete den Großfürsten Jagiello von Litauen und beide Reiche wurden ab 1386 in einer Union durch das Haus der Jagiellonen regiert.

Herrscher aus dem Hause der Piasten

Legendär: Piast, Ziemowit, Leszek, Ziemomysl

Liste piastischer Herrscher Polens

*) Aus der böhmischen Dynastie der Přemysliden, mit den Piasten auf der Spindelseite verwandt. Wenzel II. heiratete eine Tochter von König Przemysł II.

GL – großpolnische Linie (Großpolen in Posen, Kalisz und Gnesen), Nachkommen Mieszkos III. des Alten.
JL – jüngste Linie (Masowien, Kujawien, Kleinpolen, Sieradz und Łęczyca), Nachkommen Kasimirs II. des Gerechten.
ÄL – älteste Linie (Schlesien), Nachkommen Władysławs II. des Vertriebenen.

Liste bedeutender kujawisch-masowischer Herzöge aus dem Hause der Piasten

Liste bedeutender schlesischer Herzöge aus dem Hause der Piasten

Siehe Liste der Herzöge von Schlesien

Sonstiges

Andere häufig vorkommende Formen der slawischen Namen der Piastenfürsten in der deutschen Historiographie:

  • Boleslaw – Boleslaus, auch Bolko;
  • Leschko – Lech – Leszek;
  • Mieszko – Mecislaus oder Meczislaus;
  • Przemysl(aw) – Primislaus;
  • Wladyslaw – Ladislaus – Vladislaus – Wladislaus

Literatur

Weblinks

Einzelbelege

  1. Mühle (2011); S. 14.
  2. Manfred Alexander: Kleine Geschichte Polens; Reclam-Verlag, Stuttgart 2008; S.17

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