Holomorpher Funktionalkalkül

Holomorpher Funktionalkalkül

Der holomorphe Funktionalkalkül ist eine grundlegende Methode aus der mathematischen Theorie der Banachalgebren. Grob gesprochen werden bei diesem Funktionalkalkül Elemente einer \C-Banachalgebra in holomorphe Funktionen, die in einer Umgebung des Spektrums des Elementes definiert sind, eingesetzt, wodurch das Einsetzen in Polynome verallgemeinert wird.

Inhaltsverzeichnis

Konstruktion

Es sei A eine \mathbb C-Banachalgebra mit Einselement e. Ist a\in A, so ist das Spektrum σ(a) nicht-leer (siehe Satz von Gelfand-Mazur). Sei weiter f:U\rightarrow {\mathbb C} eine in einer offenen Umgebung U von σ(a) definierte holomorphe Funktion. Zwar lässt sich a nicht direkt in f einsetzen, aber die Cauchysche Integralformel liefert eine Darstellung der Funktionswerte von f, bei der eine solche Einsetzung dennoch durchgeführt werden kann.

Der rot dargestellte Zyklus schließt das blau dargestellte Spektrum ein.

Es gibt einen Zyklus \Gamma=\gamma_1 + \ldots + \gamma_n einfach geschlossener Wege, die ganz in U verlaufen und das Spektrum einschließen. Die cauchysche Integralformel lautet \textstyle f(z) = \frac{1}{2\pi i}\int_\Gamma\frac{f(\zeta)}{\zeta - z}d\zeta für Punkte z innerhalb von Γ, und darin kann man tatsächlich das Banachalgebren-Element einsetzen. Man kann zeigen, dass das Integral

\frac{1}{2\pi i}\int_{\Gamma} f(\zeta)(\zeta e - a)^{-1} d\zeta

im Sinne der Normtopologie konvergiert. Da \Gamma \cap \sigma(a) = \emptyset, ist der Ausdruck ea) − 1 im Integranden definiert und \zeta \mapsto f(\zeta)(\zeta e - a)^{-1} ist eine stetige Funktion \Gamma\to A. Weiter kann man zeigen, dass dieser Wert nicht von der speziellen Wahl von Γ abhängt. Daher bezeichnet man den Wert dieses Integrals in suggestiver Schreibweise mit f(a).

Für ein Kompaktum K sei {\mathcal H}(K) die Menge der in einer Umgebung von K definierten holomorphen Funktionen. Sind f und g zwei solche Funktionen , so kann man f\,+\,g und f\cdot g auf dem Durchschnitt der Definitionsbereiche von f und g erklären. Damit wird {\mathcal H}(K) zu einer {\mathbb C}-Algebra. Mit obigen Definitionen erhalten wir damit eine Abbildung \Phi_a:{\mathcal H}(\sigma(a))\rightarrow A,\,\, f\mapsto f(a). Diese Abbildung heißt der holomorphe Funktionalkalkül von a.

Die Forderung, dass A ein Einselement hat, ist keine wesentliche Einschränkung, denn man kann nötigenfalls ein Einselement adjungieren und den Funktionalkalkül in der vergrößerten Banachalgebra anwenden.

Eigenschaften

Der holomorphe Funktionalkalkül Φa zu einem Element a\in A hat folgende Eigenschaften.

  • \Phi_a:{\mathcal H}(\sigma(a))\rightarrow A ist ein Homomorphismus, d.h. es gelten die Formeln (f+g)(a)\,=\,f(a)+g(a), (f\cdot g)(a)=f(a)\cdot g(a).
  • Hat f\in {\mathcal H}(\sigma(a)) in einer Umgebung des Spektrums eine Potenzreihendarstellung f(z)=\sum_{n=0}^\infty \lambda_nz^n, so gilt f(a) = \sum_{n=0}^\infty \lambda_na^n als absolut konvergente Reihe in A.
  • Ist f\in {\mathcal H}(\sigma(a)) und g\in {\mathcal H}(\sigma(f(a))), so gilt (g\circ f)(a) = g(f(a)).
  • Es gilt der spektrale Abbildungssatz: \sigma(f(a)) \,=\, f(\sigma(a)) für alle f\in {\mathcal H}(\sigma(a)).

Man kann sich also vorstellen, die Banachalgebren-Elemente tatsächlich in holomorphe Funktionen einzusetzen; die naheliegenden algebraischen Operationen verhalten sich wie erwartet.

Anwendung

Als eine typische Anwendung des holomorphen Funktionalkalküls beweisen wir folgenden Satz:

Für eine \mathbb C-Banachalgebra A mit Einselement e sind äquivalent:

Da σ(p) = {0,1} für eine Projektion p mit 0 \not= p \not= e offensichtlich unzusammenhängend ist, muss nur gezeigt werden, dass es eine von 0 und e verschiedene Projektion gibt, wenn ein a\in A unzusammenhängendes Spektrum hat. Da σ(a) unzusammenhängend ist, gibt es offene Mengen U und V in \mathbb C, so dass U\cap \sigma(a) \not= \emptyset, V\cap \sigma(a) \not= \emptyset, \sigma(a)\subset U\cup V und U\cap V = \emptyset. Die Funktion f, die auf U gleich 1 und auf V gleich 0 ist, ist als lokal konstante Funktion holomorph, also ein Element aus {\mathcal H}(\sigma(a)). Dann gilt nach dem spektralen Abbildungssatz σ(f(a)) = f(σ(a)) = {0,1} und daher 0 \not= f(a) \not= e. Da f = f\cdot f folgt f(a) = (f\cdot f)(a) = f(a)\cdot f(a). Daher ist f(a) eine Projektion der gesuchten Art.

Diese Aussage kann zum Schilowschen Idempotentensatz verschärft werden, was den tiefer liegenden holomorphen Funktionalkalkül mehrerer Veränderlicher erfordert.

Literatur


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