Holtensen (Wennigsen)

Holtensen (Wennigsen)
Holtensen
Wappen von Holtensen
Koordinaten: 52° 16′ N, 9° 38′ O52.2655555555569.633611111111182Koordinaten: 52° 15′ 56″ N, 9° 38′ 1″ O
Höhe: 82 m ü. NN
Fläche: 5,7 km²
Einwohner: 1.190 (30. Sep. 2010)
Eingemeindung: 1970
Postleitzahl: 30974
Vorwahl: 05109

Holtensen ist eine etwa 1190 Einwohner (September 2010) zählende Ortschaft der Gemeinde Wennigsen in der Region Hannover.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Während des Siebenjährigen Krieges: Karte (mit Bredenbeck und Linderte) vom Lager der französischen Truppen unter Richelieu und Clermont bei Holtensen 1757 und 1758; Kupferstich von Jakobus van der Schley
Die Kirche in Holtensen

Ortsgründung

Holtensen wurde wahrscheinlich in der Niedersächsischen Rodungszeit 500 - 800 nach Christus gegründet. Die erste urkundliche Erwähnung war im Jahr 1226, damals noch als „Holthusen“, was vermutlich auf ein Dorf im Wald (Hus am Holte - Haus am Holze) hinweist. Grundherren waren damals die Edelherren Konrad und Dietrich „von Spole“. Deshalb hieß der Ort früher auch „Spolholtensen“[1]. Sie waren Lehensträger des Herzogs von Sachsen, später wurden sie in einer Urkunde aus 1246 als Lehensträger des Herzogs von Braunschweig angeführt.[2] Allerdings wurde bereits im Jahre 1120 die Kirche des Dorfes, die dem heiligen Georg geweiht war, urkundlich erwähnt. Diese wurde dann 1329 als Pfarrkirche für die umliegenden Dörfer Evestorf und Bredenbeck sowie die später wüst gefallenen Dörfer Wennigerode (Wennigrehr) und Sattendorpe (Sattendorf) eingerichtet.

Neuzeit

Im Siebenjährigen Krieg beherbergte Holtensen nach der Schlacht von Hastenbeck die Französische Armee unter Marschall Richelieu. Ein Heerlager, das von Bredenbeck bis Linderte reichte, wurde am 10. August 1757 aufgeschlagen. Rund 40.000 Mann haben dort campiert, bevor sie das kampflos übergebene Hannover plünderten. Der älteste publizierte Ortsplan geht auf die Lagepläne der Franzosen zurück.[3]

Basse und das Holtenser Gewerbe

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte Holtensen einen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich auch auf die umliegenden Ortschaften auswirkte. Basis waren Mühle, Sägewerk und Fabrik, die der Unternehmer Heinrich Basse aufgebaut hatte. Die am Ortsausgang nach Bredenbeck gelegenen Gewerbebetriebe wurden von den Holtensern als „Bassedorf" bezeichnet, was für ihre Größe und Eigenständigkeit stand.[4] Das 1895 - 1900 gebaute Sägewerk brachte Basse zur Erfindung zahlreicher Patente auf Basis eines von ihm patentierten Sperrholzes. Dazu gehörte eine elastische Husarenlanze und ab 1910 ein aus querverleimtem Sperrholz gefertigter Flugzeugpropeller, der höhere Drehzahlen erlaubte als die bis dahin üblichen Massivholzpropeller. Die Erfindungen machten ihn zum Lieferanten der Preußischen Armee und der Königlich-Preußischen Fliegertruppe. Aufgrund dieser Stellung und zur besseren Vermarktung der Mühlenerzeugnisse eröffnete er eine Großbäckerei mit einem von ihm patentierten Brot (Patentiertes Bassenbrot, eine Art des Kommissbrotes), die die Kasernen in Hannover belieferte. Die erhaltene Mühle (jetzt Wohnhaus) sowie eine Scheune, in der die Katholische Kirche untergebracht ist, zeugen davon. Aufgrund seiner Stellung als Staatslieferant konnte Basse bei den Preußische Staatseisenbahnen die Einrichtung eines Bahnhofes an der nach Hameln führenden Bahnstrecke Hannover–Altenbeken erwirken, Vorläufer des heutigen S-Bahn-Haltepunkts „Holtensen/Linderte“. Das Gesuch erfolgte 1901, nachdem die Bahnstrecke nach Hameln bereits 30 Jahre in Betrieb war. Eröffnet wurde der Haltepunkt am 1. Juni 1906. Täglich rollten bis zu 40 Pritschengefährte mit Waren von Basse zur Station.[5]

Zweiter Weltkrieg

Holtensen zählte zum südlichen Luftverteidigungsring um Hannover. Flak- und Beleuchtungsstellungen standen auf einer Anhöhe vor Vörie sowie auf dem Süllberg. Am 9. Oktober 1943 wurde ein Jagdbomber der USAAF abgeschossen, der am Gelände der Dorfkirche abstürzte. Kirchdach und -fenster wurden stark beschädigt. An der Einschlagstelle wurde ein Bunker errichtet, der bis heute existiert, jedoch verschlossen ist.[6] Zum Gedenken der Toten der Weltkriege steht ein Denkmal an der Kirche.

Eingemeindung

Im Rahmen der Gebietsreform wurde Holtensen - bis dahin auch „Pottholtensen“[1] genannt - Teil der Gemeinde Wennigsen (Deister). Die Eingemeindung erfolgte durch Beschluss des Wennigsen-Gesetzes durch den Niedersächsischen Landtag zum 1. Januar 1970.

Infrastruktur

Verkehr

S-Bahnhaltepunkt Holtensen/Linderte

Die Bundesstraße 217 verläuft durch den Ort. Der an der Bahnstrecke Hannover–Altenbeken befindliche S-Bahn-Haltepunkt „Holtensen/Linderte“ der S 5 bietet eine schnelle Verbindung mit Hameln im Süden und dem Hauptbahnhof Hannover sowie dem Flughafen Langenhagen im Norden.

Örtliche Einrichtungen

  • Im Ortskern ist ein kommunaler Kindergarten vorhanden.
  • Ein Trägerverein betreibt das örtliche Dorfgemeinschaftshaus, das zahlreichen Vereinen als Anlaufstätte dient. Er betreibt zudem den Bücherturm. Es handelt sich um eine Einrichtung in einem historischen Trafoturm, in der Medien frei getauscht werden können.
  • Die Dorfgemeinschaft unterhält einen landschaftlichen Erkundungspfad, die Doppel-Acht, der im Zuge der Gartenregion Hannover 2009 angelegt wurde.
  • Der Holtenser Sportverein verfügt über einen Sportplatz.

Kirchen

Eine evangelische und eine katholische Kirche bestehen im Ort. Die evangelische Kirche bildet eine eigene Kirchengemeinde, die Holtensen, Bredenbeck und Evestorf umfasst. Kernort der Gemeinde ist die Holtenser Kirche. Diese ist ein Baudenkmal und beherbergt z.B. das traditionelle Kronsberger Krippenspiel, das in Holtensen alljährlich aufgeführt wird. Die katholische Kirche war zunächst Teil der Bennigser Gemeinde und gehört nun zu St. Bonifatius Gehrden. Diese ist untergebracht auf dem Areal der ehemaligen Basse'schen Mühlen an der Landesstraße nach Bredenbeck. In Holtensen liegt einer von vier Friedhöfen im Wennigser Gemeindegebiet, dieser wurde um 1850 eingerichtet.

Wirtschaft

Holtensen verfügt über ein Gewerbegebiet an der B 217. Dieses ist das zweitgrößte in der Gemeinde Wennigsen. Dort sind Einzelhandel, Nahrungs- und Genussmittelgewerbe sowie klein- und mittelständische Betriebe angesiedelt. Eine Erweiterung des Gewerbegebietes um fünf Hektar nach Westen ist im kommunalen Flächennutzungsplan vorgesehen. An der Gemarkungsgrenze zu Evestorf liegt die kommunale Kläranlage. Im Ortskern liegt eine Bankfiliale.

Natur und Umwelt

Holtensen liegt innerhalb des Calenberger Landes eingebettet im Naturraum Calenberger Lößbörde zwischen Deister, Süllberg und dem Vörier Berg. Die Holtensen umgebende Gemarkung ist im Südwesten Teil des Landschaftsschutzgebietes LSG H51. Großflächige Renaturierungsmaßnahmen des Landkreises Hannover haben zur Wiederbegrünung alter Tonkuhlen südlich des Vörierer Berges geführt.

In Holtensen auf dem Vörier Berg wurden seinerzeit als Versuchsanlage um 1985 die ersten kommerziell betriebenen Windenergieanlagen im niedersächsischen Binnenland errichtet.

Holtensen nimmt an der Aktion „Gartenregion Hannover“ mit einem Naturerlebnispfad teil.

Wappen

Das Wappen zeigt zweigeteilt oben auf Rot einen goldenen Löwen, unten auf Silber einen roten Kessel. Dieser symbolisiert Holtensens Ursprung als Töpferdorf.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Ilse Gottwald et al.: Wennigsen 1200-2000 - Ein Lebenslauf, Wennigsen, 1999
  • Fritz Gevecke: Aus alter Zeit. Rund um die Dorfkirche mit Gedanken an die Ritter von Holthusen Gerd J. Holtzmeyer Verlag Braunschweig, 1984. ISBN 3-923722-07-9
  • Carl-Hans Hauptmeyer: Holtensen. Gemeinde Wennigsen. Dorfgeschichte als Beitrag zur Ortserneuerung. Hrsg. vom Heimatbund Niedersachsen. Hannover, 1982. ISBN 3-9800677-0-X

Weblinks

Quellen

  1. a b 750 Jahre Wennigsen 1200–1950, Herausgegeben vom Vorbereitenden Ausschuss für die 750-Jahrfeier der Gemeinde Wennigsen, Gedruckt 1950 bei den Buchdruckwerkstätten Hannover, S. 9
  2. Hauptmeyer (siehe Literatur), 1982, S. 41
  3. Du Bois, Camps topographiques de la Campagne de 1757 en Westphalie, Den Haag, 1760 (Irrtümlich wird Holtensen in der Quelle als „Holsenstein“ bezeichnet.)
  4. Hauptmeyer (siehe Quellen), 1982, S. 167
  5. Gevecke (siehe Quellen), 1984, S. 38f.
  6. Gevecke (siehe Quellen), 1984, S. 36f.

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