Hubert Mohr

Hubert Mohr

Hubert Mohr (* 3. Mai 1914 in Altenhundem) ist ein deutscher Pallottiner und Historiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hubert Mohr legte 1934 sein Abitur ab und trat noch im selben Jahr in die Gesellschaft apostolischen Lebens der Pallottiner ein. Von 1935 bis 1941 studierte er an der Ordenshochschule Limburg und der Universität Münster Philosophie und Katholische Theologie. 1940 wurde er zum Priester geweiht. Am Zweiten Weltkrieg nahm Mohr von 1941 bis 1944 als Sanitäter teil. Im April 1944 desertierte er und war anschließend bis 1949 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Dort arbeitete er beim Nationalkomitee Freies Deutschland mit. 1947 wurde er Lektor an der Antifa-Schule in Krasnodar und blieb es bis zu seiner Entlassung. 1949 kehrte er nach Deutschland in die Sowjetische Besatzungszone zurück und wurde exkommuniziert, gleichzeitig jedoch auch Lehrer für Geschichte und Russisch an einer Oberschule in Sachsen. Von 1950 bis 1957 arbeitete Mohr zunächst als Mitarbeiter, dann als Hauptreferent am Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut (DPZ) in Ost-Berlin. Seit 1956 war er auch Leiter des Referats für das Fernstudium der Geschichtslehrer am DPZ.

Schon früh war er auch nebenberuflich als Dozent an den Abenduniversitäten der SED-Bezirksleitungen in Dresden und Potsdam tätig. 1951 wurde er Dozent am Institut für Lehrerbildung „Edwin Hoernle“ in Radebeul. Seit 1957 wurde Mohr mit der Wahrnehmung einer Dozentur für Allgemeine und deutsche Geschichte des Mittelalters an der Pädagogischen Hochschule Potsdam betraut. Im November 1960 promovierte Mohr bei Walther Eckermann und Eduard Winter zum Thema Das „Katholische Apostolat“. Ein Instrument des politischen Klerikalismus in Westdeutschland. Dargestellt am Beispiel der Geschichte vom katholischen Apostolat (SAC) und der Schönstatt-Bewegung. Seit 1961 nahm er eine Professur in Potsdam wahr. Die Habilitation folgte 1964 bei denselben Gutachtern zum Thema Die Entwicklung des katholischen Ordenswesens im imperialistischen Deutschland. Seit Februar 1965 hatte er einen Lehrauftrag für Allgemeine Geschichte des Mittelalters in Potsdam, 1968 wurde er zum Professor mit vollem Lehrauftrag. Von 1969 bis zu seiner Emeritierung 1979 war er Professor am Lehrstuhl. Zwischen 1965 und 1972 fungierte Mohr zusätzlich als Prorektor für Prognose und Wissenschaftsentwicklung. Ende der 1980er Jahre war er Mitglied des Präsidiums der Historiker-Gesellschaft der DDR, seit 1982 deren Ehrenmitglied.

Mohrs wissenschaftliche Veröffentlichungen fanden seit den 1960er Jahren international Anerkennung und Beachtung. So wurde er mit „Das katholische Apostolat“ im „Dizionario degli Istituti di perfezione“ (Bd. 1, 1974, Seite XV, Introduzione von Giancarlo Rocca, Edizioni Paoline) namentlich erwähnt - eine seltene Ehre, die einem Marxisten in dieser Vatikan-Publikation zuteil wurde. Anerkennung und Beachtung fanden ebenso seine wissenschaftlichen Bearbeitungen und Übersetzungen. Mohr übernahm in den 1970er Jahren für den Akademie-Verlag die Übersetzung und wissenschaftliche Bearbeitung der zweibändigen Ausgabe des Buches von J.R.Grigulevic „Ketzer-Hexen-Inquisitoren (13.-20.Jahrhundert)“ (Moskau 1970, Berlin 1976, 2. Auflage 1980, 1988, 1995, Taschenbuch 2000), inzwischen ein Standardwerk zur Geschichte der Inquisition. Es folgte die wissenschaftliche Bearbeitung der Übersetzung des Buches von Aaron J. Gurjewitsch „Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen“ (Moskau 1972, Verlag der Kunst Dresden 1978, München 1980). 1984 erschien im Urania-Verlag das von ihm übersetzte und bearbeitete Buch von J.R.Grigulevic „Die Päpste des 20. Jahrhunderts“ (Moskau 1981; Leipzig-Jena-Berlin 1984).

Es folgten bis in die 1990er Jahre hinein wissenschaftliche Beiträge in verschiedenen Publikationen zu kulturgeschichtlichen Themen. Der Wissenschaftler veröffentlichte aber auch Zeitzeugenberichte (z.B. „Seinem Gewissen folgend“ in: S. Schneider, Hrsg., Ich habe es erlebt, Frankfurt am Main 2005) und Gedichte (Jugendgedichte 2003, Russische Lyrik 2005).

Mohr arbeitete seit 1959 als inoffizieller Mitarbeiter unter den Decknamen IM Rottek für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Seit 1979 wurde er als „Experten-IM“ IME geführt. Er war Träger der Medaille für treue Dienste des MfS in Gold. 1997 wurde er durch ein vatikanisches Dekret laisiert. Damit war seine 1950 geschlossene Zivilehe anerkannt und er wurde wieder in die Katholische Kirche aufgenommen. Mohr war ein hoch dekorierter Wissenschaftler in der DDR. 1969 erhielt er den Nationalpreis der DDR III. Klasse, 1989 den Vaterländischen Verdienstorden in Silber. Sein Nachlass befindet sich im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam.

Schriften

  • Einführung in die Heimatgeschichte (Hrsg. mit Erik Hühns), DVW, Berlin 1959
  • Das katholische Apostolat. Zur Strategie und Taktik des politischen Katholizismus, Rütten & Loening, Berlin 1962 (Beiträge zur Geschichte des religiösen und wissenschaftlichen Denkens, Bd. 2)
  • Katholische Orden und deutscher Imperialismus, Akademie, Berlin 1965
  • Einführung in das Studium der Geschichte (Hrsg. mit Walther Eckermann), DVW, Berlin 1969
  • Byzanz und arabisches Kalifat. Darstellung für den Geschichtslehrer, Volk und Wissen, Berlin 1973 [2. Auflage 1976; 3. Auflage 1981; 4. Auflage 1984]
  • Restaurative Bewegungen in der BRD, Warnemünde 1985
  • Die russische Lyrik als Offenbarung der russischen Seele, NORA, Berlin 2005 ISBN 3-86557-042-9
  • Herz, du sollst von vorn beginnen ... Jugendgedichte, NORA, Berlin 2003 ISBN 3-936735-38-7
  • Wer in der Weltgeschichte lebt (Goethe). Aufsätze, RPress, Berlin 2004

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mohr (Familienname) — Mohr ist ein Familienname. Namensträger Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z …   Deutsch Wikipedia

  • Hubert Kiesewetter — (* 11. Juli 1939 in Dessau) ist ein deutscher Wirtschafts und Sozialhistoriker und Philosoph. Leben Seine Familie übersiedelte auf Anweisung der US Behörden Ende Juni 1945 von Dessau nach Auerbach an der Bergstraße in Hessen, wo sein Vater Erwin… …   Deutsch Wikipedia

  • Hubert Schmitz — (* 15. April 1955) ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler. Hubert Schmitz spielte von 1976 bis 1988 als Profifussballer in der ersten und zweiten Bundesliga. Als Mittelfeldspieler erzielte er in 98 Bundesligaspielen 14 Tore. In der… …   Deutsch Wikipedia

  • Hubert Lanz — Pour les articles homonymes, voir Lanz. Hubert Lanz Naissance 22 mai 1896 Entringen Décès 15 août 1982 (à 86 ans) Munich …   Wikipédia en Français

  • Hans Mohr — (* 11. Mai 1930 in Altburg) ist ein deutscher Biologe und Pflanzenphysiologe sowie ein Vertreter einer biologischen Wissenschaftstheorie. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 2.1 Über Mohr s Wissenschaftstheorie …   Deutsch Wikipedia

  • Herbert Mohr-Mayer — (born September 22, 1933) is a German jeweller who was president of Victor Mayer Co. from 1965 to 2005. He continued the legacy of the Russian jeweller Peter Carl Fabergé. He was born to the jeweller Edmund Mohr and his wife Maria Mayer in… …   Wikipedia

  • Liste der Biografien/Mo–Moj — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Sauerländer Persönlichkeiten — Die Liste umfasst diejenigen Persönlichkeiten, die im Sauerland geboren oder tätig waren oder es noch sind. Zur regionalen Abgrenzung dient die Definition der Region im Artikel Sauerland. Danach gehören zum Sauerland die Kreise Olpe,… …   Deutsch Wikipedia

  • Bonzelerhammer — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Bruchhausen (Lennestadt) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”