- Interferone
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Interferon (IFN, von engl. to interfere eingreifen, sich einmischen) ist ein Protein oder Glykoprotein, das eine immunstimulierende, vor allem antivirale und antitumorale Wirkung entfaltet (siehe auch Zytokine). Es wird als körpereigenes Gewebshormon in menschlichen und tierischen Zellen, v.a. von Leukozyten (weiße Blutkörperchen, z. B. T-Lymphozyten), Monozyten und Fibroblasten gebildet.
Inhaltsverzeichnis
Einteilung in Gruppen
Alpha-Interferon
Alpha-Interferon (IFN-α; auch „Leukozyten-IFN“, früher Interferon Typ 1) ist ein Protein aus 166 Aminosäuren. Es gibt 23 bekannte Varianten, die meisten davon sind nicht glykosyliert.
Alpha-Interferon kann von vielen Zelltypen gebildet werden, als Antwort auf die Erkennung viraler oder bakterieller Nukleinsäure. Das Binden der Alpha-Interferone an ihren spezifischen Rezeptor bewirkt eine Aktivierung der Rezeptor-assoziierten Januskinasen durch Phosphorylierung, welche nachfolgend die „signal transducer and activator of transcription“ STAT-Proteine phosphorylieren und damit aktivieren (JAK-STAT-Signalweg). Aktivierte STAT-Proteine dimerisieren (Homo- oder Heterodimer), translozieren in den Zellkern und aktivieren die Genexpression von „Interferon-stimulierten Genen“, indem sie an bestimmte Erkennungssequenzen dieser Gene binden. Ein Beispiel für die Signaltransduktion über Alpha-Interferon ist die Aktivierung von JAK1 und TYK2 (beides Janus-Kinasen am Rezeptor); diese phosphorylieren STAT1 und 2, die als Heterodimer zusammen mit IRF-9 (interferon regulatory factor 9) einen Komplex bilden (ISGF3: interferon stimulated gene factor 3). Dieser bindet an einem spezifischen Element der „Interferon-stimulierten Gene“ namens „interferon stimulated response element“ (ISRE) und aktiviert die Genexpression.
Alpha-Interferon aktiviert umliegende virusinfizierte sowie nichtinfizierte Zellen. In diesen Zellen werden folglich Proteine gebildet, welche einerseits eine weitere (Virus-)Proteinsynthese in jenen Zellen hemmen und andererseits den Abbau von viraler und zellulärer RNA bewirken. Vermehrt werden MHC-Klasse-I-Moleküle sowie Proteasomen gebildet, welche virusinfizierte Zellen durch T-Lymphozyten (Immunabwehr) leichter angreifbar machen. Alpha-Interferon aktiviert NK-Zellen (natürliche Killer-Zellen), welche der Virus- und Tumorabwehr dienen.
Beta-Interferon
Beta-Interferon (IFN-β; auch „Fibroblasten-Interferon“) ist ein Glykoprotein aus 166 Aminosäuren. Es wird von virusinfizierten Fibroblasten (Zellen des Bindegewebes) und vermutlich auch von allen anderen Zellen gebildet. Beta-Interferon bindet an den gleichen Rezeptor wie Alpha-Interferon und hat ähnliche Wirkungen.
Gamma-Interferon
Gamma-Interferon I (IFN-γ; „Immun-Interferon“, früher Typ II-Interferon) ist ein Glykoprotein aus 143 Aminosäuren. Es liegt in aktiver Form als Heterodimer vor.
Gamma-Interferon wird von TH1-Zellen (Subpopulation der T-Helfer Zellen, CD4+ und CD8-, Teil der adaptiven Immunabwehr) nach Kontakt mit einem Makrophagen gebildet, welcher Bakterien phagozytiert hat.
Gamma-Interferon hat eine aktivierende Wirkung auf Makrophagen, indem es eine bessere Verschmelzung von Phagosomen mit Lysosomen sowie die Produktion des bakteriziden Stickstoffmonoxids und reaktiver Sauerstoffradikale fördert. Außerdem induziert es antimikrobielle Peptide, 1α-Hydroxylase in Makrophagen und überführt 25(OH) Vitamin D3 in 1,25(OH)2Vitamin D3 ohne Produkthemmung der 1α-Hydroxylase.
Tau-Interferon
Tau-Interferon (IFN-τ) wird vom Rinder-Embryo vor dem 11./12. Tag vom Trophoblasten gebildet. Dies führt zur maternalen Erkennung der Trächtigkeit und zur Hemmung der Prostaglandin-Synthese durch das Endometrium der Mutterkuh. Ohne die Bildung von IFN-τ führt die Bildung von Prostaglandin zur Auflösung des Gelbkörpers und damit zum Abbruch der Trächtigkeit.
Therapie mit Interferon
Alpha-Interferon
Alpha-Interferon wird seit mehreren Jahren zur Therapie der chronischen Hepatitis B- und der akuten und chronischen Hepatitis C-Infektion eingesetzt. Therapeutisch kommt bei diesen Erkrankungen ein gentechnisch hergestelltes Alpha-Interferon (Interferon alpha-2a oder Interferon alpha-2b) zum Einsatz, das dreimal pro Woche subkutan injiziert werden muss. Mittlerweile sind leicht veränderte, sogenannte pegylierte Interferone erhältlich, die aufgrund einer längeren Halbwertszeit nur einmal pro Woche verabreicht werden müssen. Neben dem therapeutischen Einsatz der Alpha-Interferone in der Therapie der Virushepatitis werden Interferone dieser Gruppe auch in der Krebstherapie eingesetzt, und zwar zur Therapie der Haarzellleukämie, von T-Zell-Lymphomen der Haut, des Kaposi-Sarkoms und der CML. Die antitumorale Wirksamkeit der Alpha-Interferone beruht zum einen auf einer antiproliferativen Wirkung, d. h., die Tumorzellen werden in ihrer gesteigerten Teilungsaktivität gehemmt, und zum anderen sowohl auf der Aktivierung von natürlichen Killerzellen, die Tumorzellen selbst abtöten können, als auch auf der Differenzierungsinduktion. Weiterhin wird Alpha-Interferon bei der Therapie der Myeloproliferativen Syndrome (MPD), wie Polycythaemia vera und der essentiellen Thrombozythämie eingesetzt, wobei die Wirkung auf dem suppressiven Effekt auf das Knochenmark beruht.
Beta-Interferon
Beta-Interferon wird zur Behandlung der Multiplen Sklerose und schwerer Viruserkrankungen eingesetzt.
Gamma-Interferon
Gamma-Interferon findet als Medikament gegen Osteopetrose und Tumoren (mit z.Z. geringerem Erfolg) Einsatz.
Nebenwirkungen der Interferontherapie
Nebenwirkungen einer Interferontherapie sind grippale Symptome wie Fieber (evtl. mit Schüttelfrost), Müdigkeit und Gelenkschmerzen. Infolge des suppressiven Effekts auf das Knochenmark kommt es zu Leukopenie und Thrombopenie. Die Verschlechterung der Leberfunktion ist besonders gefährlich bei einer bereits bestehenden Leberinsuffizienz. Selten können Autoimmunerkrankungen der Leber oder Schilddrüse auftreten. Auch psychische Veränderungen wie Depressionen oder verstärkte Aggressionsneigung können vorkommen. In vielen Fällen ist eine Zuordnung von Nebenwirkungen nicht sicher abzuschätzen, da z.B. Alpha-Interferon im Falle einer Therapie der Hepatitis C standardmäßig in Kombination mit Ribavirin (Nukleosidanalogon) eingesetzt wird.
Entwicklung
Darstellung und Synthese im industriellen Maßstab
1957 wurde Interferon durch den Briten Alick Isaacs und den Schweizer Jean Lindenmann am National Institute for Medical Research in London entdeckt [1]. Sie stellten fest, dass embryonale Hühnerzellen in der Gewebekultur nach Inkubation mit innaktivierten Influenza-Viren eine Substanz, die von ihnen als Interferon bezeichnet wurde, in die Gewebekukultur abgaben, die diese und andere Hühnerzellkulturen vor der Zerstörung durch die Viren schützten. Im Jahr 1979 gelang im Labor von Charles Weissmann in Zürich die Übertragung von menschlichen Interferon-Genen in Bakterien (rekombinante DNA). Damit wurde die Herstellung von reinem Interferon in beliebigen Mengen möglich.
Zulassungen
Datum Handelsname Wirkstoff Hersteller Indikation 1983 Fiblaferon® IFN beta Rentschler Schwere Viruserkrankungen / 2003 SARS 04/1987 Roferon A® IFN alpha-2a Roche Krebs 1989 Polyferon® IFN gamma (rekombinant) Rentschler Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis) 12/1992 Imukin® IFN gamma-1b Boehr. Ing. Chronische Granulomatose 11/1995 Betaferon® IFN beta-1b Bayer Schering Pharma Multiple Sklerose 03/1997 Avonex® IFN beta-1a Biogen Multiple Sklerose 05/1998 Rebif® IFN beta-1a Merck Serono Multiple Sklerose 02/1999 Inferax® IFN alphacon 1 Yamanouchi Hepatitis C 03/2000 Intron A® IFN alpha-2b MSD Sharp & Dohme Hepatitis B/C, Malignes Melanom 02/2002 PegIntron® pegyliertes IFN alpha-2b MSD Sharp & Dohme Hepatitis C 06/2002 Pegasys® pegyliertes IFN alpha-2a Roche Hepatitis B/C 10/2007 CinnoVex® Biogeneric IFN beta-1a CinnaGen Multiple Sklerose 06/2008 Extavia® IFN beta-1b Novartis Multiple Sklerose (identisch mit Betaferon®) Literatur
Joachim Hilfenhaus: Interferon - biologische Aktivitäten und Gewinnung, Chemie in unserer Zeit, 15. Jahrg. 1981, Nr. 3, S. 71-77, ISSN 0009-2851
Einzelnachweise
- ↑ Isaacs A, Lindenmann J. Virus interference. I. The interferon. Proc R Soc Lond B Biol Sci. 1957; 147:258-267.
Siehe auch
Weblinks
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