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Bonsai ist eine alte fernöstliche Art der Gartenkunst, bei der Sträucher und Bäume in kleinen Gefäßen zur Wuchsbegrenzung gezogen und ästhetisch durchgeformt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Begriffsbestimmung
- 2 Der Bonsai
- 3 Die Schale
- 4 Aufstellung des Bonsai
- 5 Geschichte
- 6 Stilkunde des Bonsai
- 7 Die Werkzeuge
- 8 Siehe auch
- 9 Literatur
- 10 Weblinks
Begriffsbestimmung
Das japanische Wort 盆栽 bonsai „Anpflanzung in der Schale“ kommt aus chin. 盆景, pénjĭng „Landschaft in der Schale“ (盆, pén „Schale“, 景, jĭng „Landschaft, Szene“). Das Wort bonsai besteht aus den beiden Wörtern bon „Schale“ und sai „Pflanze“.
Nach altem chinesischen Verständnis ist Bonsai die Kunst, eine Harmonie zwischen den Naturelementen, der belebten Natur und dem Menschen in miniaturisierter Form darzustellen: Die belebte Natur wird hierbei meist durch einen Baum dargestellt. Die Naturkräfte vertritt – nach einem anderen Ausdruck für Landschaft 山水, shānshuĭ „(wörtlich) Berg und Wasser“ – ein Stein und feiner Kies (der traditionell in Gärten Wasser symbolisiert). Der Mensch wird in Form seines Werks, einer Pflanzschale, dargestellt. Nur der Einklang dieser drei Elemente macht einen gelungenen Bonsai aus.
Der Bonsai
Im Westen wird unter Bonsai im allgemeinen nur der Bonsai-Baum verstanden. Bonsai als Natur- und Weltanschauung wird damit auf bloß Formales und Ästhetisches reduziert.
Der Bonsai-Baum ist ein in einem Pflanzgefäß gezogenes Bäumchen, das durch Kulturmaßnahmen (Formschnitt, Wurzelschnitt, Blattschnitt, Drahtung) klein gehalten wird und in künstlerischer Gestaltung in eine gewünschte Wuchsform gebracht wird. Diese folgt den Prinzipien des Wabi und Sabi der Zen-Kultur und den – teils konfuzianisch, teils taoistisch beeinflussten – Baumdarstellungen der klassischen chinesischen Malerei. In Japan werden Bonsai im Garten oder in der Tokonoma, einer gestalterisch hervorgehobenen Nische im Zimmer aufgestellt. Bonsaibäume können bei guter Pflege viele hundert Jahre alt und sehr wertvoll werden.
Gehölzarten für Bonsai
Für Bonsai eignen sich alle verholzenden, kleinblättrigen bzw. kleinnadligen Baum- und Straucharten gut.
Traditionell werden Kiefern, Wacholder, Ahorne (Dreispitz-Ahorn, Acer buergerianum, und Fächer-Ahorn, Acer palmatum), asiatische Ulmenarten (besonders die Chinesische Ulme, Ulmus parviflora), Azaleen, Fruchtbäume wie Kulturapfel oder Japanische Aprikose (Prunus mume) verwendet.
Auch wenn Bonsai immer mit Japan oder China in Verbindung gebracht werden, kann man auch einheimische Bäume als Bonsai verwenden. In unseren Breiten nimmt man vorwiegend einheimische Gehölze, die an unser Klima angepasst sind, aber auch winterharte Pflanzen aus Japan und anderen Ländern. Besonders beliebt sind kleinblättrige Ahornarten – unter ihnen die rotblättrigen japanischen Ahornsorten – Kiefern, Fichten, Buchen und Wacholder. Dies ist sogar empfehlenswerter, weil diese schon auf unser Klima eingestellt sind und dadurch ganzjährig im Freien stehen können. Allerdings sollten Bonsai vor starken Frösten geschützt werden, indem sie z. B. im Boden eingesenkt oder mit einer Mulchschicht bedeckt werden.
Im Zuge der Verbreitung der Bonsaikultur auch im westlichen Kulturkreis wurden die Bonsaitechniken auch auf verholzende Zimmerpflanzen übertragen, so dass hier heute zwischen Indoor und Outdoor unterschieden wird. Die Kultur von Indoors ist problematisch, da man ihnen die dringend benötigten Lebensbedingungen (durchgehend 2000–3000 Lux 12 Stunden am Tag, Luftfeuchte bei 70–90 Prozent bei einer Temperatur von etwa 15–30 °C) in normalen Haushalten kaum bieten kann und die Pflanzen daher dahinvegetieren oder eingehen. Schwierig ist z. B. die Zimmerkultur des Fukientees (Ehretia, im Handel oft als Carmona-Bonsai bezeichnet) und des Junischnees (Serissa foetida). Einzig kleinblättrige Arten der Gattung Ficus haben sich als so robust und anpassungsfähig erwiesen, dass sie problemlos als Indoor-Bonsai gehalten werden können. Sie gelten heute als die typischen Anfängerpflanzen.
Bonsai können aus Sämlingen, aus Jungpflanzen und aus in der Natur gesammelten Pflanzen (Yamadori) geformt werden. Oft eignen sich auch Baumschulpflanzen oder Containerpflanzen aus dem Gartencenter. Genetisch unterscheiden sich Bonsai-Bäume nicht von gewöhnlichen Pflanzen, allein durch die Kulturmaßnahmen behält der Bonsai-Baum seine charakteristische Größe.
Findlinge / Yamadori
Neben der Vermehrung aus Samen oder Stecklingen bietet sich auch das Ausgraben von Bäumen, so genannten Findlingen, an. Besonders wild aussehende Bäume (zum Beispiel aus dem Hochgebirge) werden Yamadori genannt. Ein Übersiedeln eines alten Gewächses kann sich aber aufwändig gestalten und erfordert Erfahrung.
Bevor man sich einen Findling aneignet, muss unbedingt die Erlaubnis des Besitzers eingeholt werden oder umweltschutzrechtliche Aspekte geklärt werden. Einen Baum ohne Erlaubnis des Besitzers auszugraben ist illegal und kann somit strafrechtlich und auch zivilrechtlich verfolgt werden.
Miniatur-Bonsai / Mame
Mame Bonsai sind nur wenige Zentimeter groß, meist bis zu 20. Diese Art von Bonsai erfordert langjährige Erfahrung, da es wesentlich schwerer ist, einen Bonsai zu Pflegen, bei dem ein Blatt z. B. einen ganzen Ast ersetzen muss. Meistens kann man diese Form von Bonsai nicht sehr lange in dieser Größe halten.
„Kaufhaus“-Bonsai
Seit einigen Jahren werden auch in Blumengeschäften, Kaufhäusern und Baumärkten Indoor-Bonsai angeboten. Dem niedrigen Preis entsprechend weisen diese Bäume in der Regel starke ästhetische Kompromisse auf, z. B.
- Um einen starken Stamm zu erreichen, wurde ein Baumschul-Baum gekappt und der oberste Ast als Stamm weiter geführt. Bei billigen Exemplaren ist dies unharmonisch ausgeführt; das Astwerk verbirgt kaum die Schnittstelle.
- Durch zu seltene Nachführung der Drahtung weisen die Äste Einbuchtungen oder gar Narben auf.
- Es kommt vor, dass Drähte eingewachsen sind.
- Gelegentlich handelt es sich gar nicht um „echte“ Pflanzen, sondern um Nachbildungen.
Schnitt und weitere Gestaltungsmaßnahmen
Der regelmäßige Schnitt sorgt für einen kompakten Wuchs. Das Entfernen der Pfahlwurzel fördert die Verzweigung des Wurzelballens, sodass sich ein gleichmäßiger Wurzelansatz bildet. Außer durch die traditionelle Methode des „Zurückschneidens und Wachsenlassens“ kann man die Äste auch durch Spanndrähte formen (traditionell wurden Palmfaserschnüre verwendet), neueren Datums ist die Methode der Drahtung. Dazu werden der Stamm, die Äste oder die Zweige (je nachdem, welchen Teil des Baumes man korrigieren möchte) spiralig mit speziellem (eloxierten) Aluminium- oder weichgeglühtem Kupferdraht umwickelt und vorsichtig in Form gebogen.
- Grundschnitt oder Erhaltungsschnitt, dabei spricht man lediglich vom Zurücknehmen einzelner aus der Gestaltungsform hinauswachsender Triebe.
- Blattschnitt: Wird besonders in starkwüchsigen Zonen des Baumes angewandt, um die Wachstumsbalance auszugleichen – ein künstlicher Herbst wird vorgetäuscht, die danach hervorsprießenden Triebe weisen meist kleinere Blätter auf; außerdem wird durch die neuen Triebe die Feinverzweigung gefördert. Zum Schutz der Knospe wird dabei in der Blattachse der Stiel stehen gelassen. Beim Austrieb der Knospe fällt der Stiel von alleine ab.
- Entrinden (auch künstliches Altern genannt) von Stamm- oder Astpartien (in der Fachsprache Shari beziehungsweise Jin genannt).
- Anplatten von Ästen oder Zweigen. Vorzugsweise am Stamm der Ausgangspflanze.
Um eine filigrane Verzweigung beziehungsweise eine ausreichende Dichte der Astpolster zu gewährleisten, muss der Baum regelmäßig beschnitten werden. Auch der Standort spielt eine wesentliche Rolle, denn ein Baum, der beispielsweise an einem zu dunklen Standort aufgestellt wird, wird im wesentlichen Langtriebe, die sogenannten Strecktriebe hervorbringen. In den meisten Fällen gibt es so gut wie keine Kompromisse in Bezug auf die Lichtbedürfnisse der einzelnen Arten. Wird häufiger wenig geschnitten, wird entsprechend weniger Wachstum angeregt, als wenn seltener, aber dafür mehr geschnitten wird. Der jeweilige Neuaustrieb hängt auch wesentlich von der Jahreszeit ab. Werden alte Zweige entfernt (man spricht dann vom mehrjährigen Holz), werden besonders sogenannte schlafende Knospen zum Austrieb angeregt, was wiederum eine Erneuerung aus dem Inneren der Baumkrone bewirkt. Der Baum wird insgesamt vitaler und bleibt gesund.
Die Schale
Was für das Bild der Rahmen, ist für den Bonsai die Schale. Sie stellt also einen weiteren wesentlichen Bestandteil des Gesamtkunstwerks Bonsai dar, und muss entsprechend zu jedem Baum individuell und sorgfältig ausgesucht werden. In manchen Fällen wird eine Schale auch extra für einen Baum in Handarbeit hergestellt. Für würdevolle alte Kiefern im aufrechten Stil bieten sich beispielsweise rechteckige Schalen in unglasierten Erdtönen an, für blühende oder zart gebaute Bäume würde man eher runde oder ovale Formen in hellen Tönen wählen. Kaskaden und Halbkaskaden wachsen in tieferen Schalen, da sonst das optische Gleichgewicht nicht stimmt und der Baum zu kippen scheint. Für Literatenformen werden oft runde Schalen (sogen. Trommelschalen) benutzt.
Aufstellung des Bonsai
Zur traditionellen Ausstellungssituation in der Tokonoma gehören: Ein Rollbild im Hintergrund, das den Baum um eine weitere Dimension ergänzt (zu Kiefern passen ruhige Bergmotive, zu Ahornen auch Tierszenen), ein Tischchen oder eine lackierte Baumscheibe sowie eine „Akzentpflanze“, die als Kontrapunkt fungiert und das Thema der Szene vertieft und unterstützt (meist Gras, Bambus, kleinwüchsige Stauden in einem flachen Schälchen).
Auf der jährlich in Tokio stattfindenden Kokufu-ten, der größten Bonsai-Schau Japans, werden seit 1933 die besten Bäume des Landes prämiert. Schon die Einladung zur Ausstellung gilt als große Ehre.
Geschichte
Die heute bekannten Bonsai sind häufig im japanischen Stil gestaltet, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts herausbildete. Doch die Bonsaikunst ist viel älter und entstammt der Gartenkunst des Kaiserreiches China.
China
In der frühen Han-Dynastie (206–220 n. Chr.) wurden bereits künstliche Landschaften mit Seen, Inseln und bizarren Felsformationen in Palastgärten der Kaiser nachgestaltet, auch die Topfpflanzen-Kultur war bereits bekannt. Der Mythologie nach lebte in dieser Zeit der Zauberer Jiang-Feng, der die Fähigkeit besaß, ganze Landschaften mit Felsen, Wasser, Bäumen, Tieren und Menschen verkleinert auf ein Tablett zaubern zu können. In dieser Zeit entstand offenbar die Kunst des Penjing – auch wenn einige der Bäume zwei und mehr Meter hoch waren und in großen Schalen im Garten gepflegt wurden.
In der Tang-Dynastie (618–907) findet sich die älteste bekannte Darstellung eines Penjing, einer Miniaturlandschaft mit grazilen Bäumchen und Felsen, in den Grabkammern des Prinzen Zhang Huai. Diese Epoche galt als sehr kunstsinnig, Poeten und Maler wandten sich insbesondere der Natur zu.
Die Song-Dynastie (960–1279) brachte die Penjing-Kultur zu einer ersten Blüte. Als besonders beliebt galten nun knorrige Bäume, vor allem Kiefern, die aus Baumwurzeln gezogen wurden. Parallel dazu bildete sich die Kunst des Suiseki heraus, das ohne Bäume auskommt und schön geformte Steine auf wassergefüllten Tabletts platziert. So werden Eindrücke von Küstenlinien oder dramatischen Felslandschaften im Hochgebirge hervorgerufen. Das zeitgenössische Buch Yunlin Shipu zählt 116 Steinarten auf, die zur Gestaltung verwendet werden können.
In der Yuan-Dynastie (1280–1368) waren Miniatur-Penjing besonders beliebt. Der Grundsatz, „im Kleinen zugleich das Große“ zu erblicken (He-Nian, ein Dichter, verfasste eine Reihe Gedichte über die „winzigen“ Penjing des Mönches Yun Shangren, daraus das Zitat), wurde in den darauffolgenden Jahrhunderten zu einem wichtigen Leitsatz.
Seit Ende der Ming-Dynastie (1368–1644) werden Einzelbäume und Schalenlandschaften vermutlich erstmals als penjing bezeichnet. In dieser Zeit wurde eine Reihe von Büchern verfasst. Die damals sehr populäre chinesische Landschaftsmalerei gab der Penjing-Kunst neue Impulse. Man bezeichnete sie als „dreidimensionale Gemälde“, „stumme Gedichte“ oder „lebende Skulpturen“, meist waren sie etwa einen halben Meter groß, so dass sie noch auf einem Teetischchen platziert werden konnten – dann galten sie als besonders kostbar.
In der Qing-Dynastie (1644–1911) drangen Bonsai allmählich in die vornehmen Familien des Landes vor, die nicht selten einen eigenen Penjing-Gärtner anstellten. In Suzhou fand alljährlich ein Wettbewerb um die schönsten Bäume des Landes statt. Dabei zeigte sich, dass die unterschiedlichen Regionen verschiedene Stilrichtungen entwickelt hatten:
- Lignan-Stil (Guangzhou)
- Shanghai-Schule
- Suzhou-Schule
- Yangzhou-Schule
- Sichuan-Schule
Japan
Im 10./11. Jahrhundert brachten buddhistische Mönche die Bonsaikunst nach Japan. Dort entwickelte sich der Bonsai-Stil lange Zeit parallel zu China.
In der Edo-Zeit erfuhr die Mode der Topfkultivierung von Pflanzen und Bäumen einen starken Aufschwung, nicht zuletzt durch das Vorbild des damaligen Shogun Tokugawa Iemitsu. Damals sammelte man vor allem Pflanzen, deren Blüten und Blätter auffällige Mutationen hervorgebracht hatten und so in der Natur nicht vorkamen. Viele dieser Bäume wiesen Krümmungen und Biegungen auf, die uns heute unnatürlich erscheinen („Oktopus-Stil“, einige Exemplare aus Iemitsus Sammlung sind bis heute erhalten). Diese seltenen Pflanzen wurden bald zu Spekulationsobjekten, ganz ähnlich wie beim holländischen Tulpenfieber.
Gegen Ende der Edo-Periode kam das Shogunat ins Wanken. Vor allem die Bunjin (jap. 文人, chin. wenren „Mann des Wortes“, wird aber meist mit „Literat“ übersetzt) taten sich von Kyōto und Ōsaka aus als Organisatoren von Demonstrationen und anderen anti-monarchistischen Aktionen hervor. Sie wandten sich auch gegen die sehr artifizielle Bonsai-Kultur dieser Zeit, und aufgrund ihrer Beschäftigung mit chinesischer Malerei und Literatur fanden sie zu einem neuen Stil, den Bunjingi (Der Name ist in Anlehnung an den „Literaten-Stil“ der chinesischen Kunst). Sie bevorzugten heimische Arten wie Kiefern und Ahorne und nahmen die Natur zum Vorbild für ihre Gestaltungen. In der damaligen kunsttheoretischen Literatur (beispielsweise im chinesischen Senfkorngarten, im Yuo Hikusai-gafu und im Kaishi-en-kaden) wurden die heute bekannten Stilformen wie Kengai und Chokkan bereits formuliert. Besonders in der Kaiserstadt Kyōto und in Ōsaka war der Stil bei Gelehrten sehr beliebt, und galt als antinational und avantgardistisch.
Während die Herrschenden eine Politik der Isolierung betrieben und eine Reise nach China bei Todesstrafe verboten war, formten sich die japanischen Gelehrten ihr eigenes kleines China aus Felssteinen und Pflanzen nach. Dabei wurden die Bäume immer stärker zum Ausdruck ihrer Vorstellung von einem Leben, in dem man seine Ideale kompromisslos verwirklichen kann.
Anfang der Meiji-Zeit entdeckte auch die Tokioter Oberschicht ihre Liebe zum Bonsai. Das Gestaltungsideal war jedoch nicht länger die Form natürlich wachsender Bäume, sondern ihre Nähe zur chinesischen Malerei. Bonsai wurden in Teehäusern ausgestellt und erreichten allmählich auch die unteren Schichten der Bevölkerung. Nach dem Sieg im Krieg gegen China und Russland verkörperten sie wieder den Geist des Revolutionären in einem Klima des von oben verordneten Nationalismus und avancierte endgültig zur Kunstform, die auch auf Ausstellungen gezeigt wurde. Man wollte „ein Kunstwerk schaffen, das natürlicher als die Natur selbst ist, wobei stets die Schönheit der Natur als Vorbild dient“. Gegen Ende der Meiji-Zeit formte sich das noch heute gültige Gestaltungsideal aus, wonach Bunjingi einen hohen, geschwungenen Stamm und wenig Äste aufweisen sollen.
1867 stellte Japan auf der Weltausstellung in Paris erstmals Bonsai einer westlichen Öffentlichkeit vor.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitete sich Bonsai als Hobby in der ganzen Welt.
Stilkunde des Bonsai
Die Stile des Bonsai leiten sich aus fast zweitausendjähriger Tradition ab, die heute noch relevant sind. Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelten sich die heutigen Gestaltungsformen für den Bonsai.
Die aufrechte Form
Chokkan
Moyogi
Kabudachi, Mehrfachstamm
Beim Kabudachi („Mehrfachstamm“) entspringt eine meist ungerade Anzahl von Bäumen einem gemeinsamen Stammfuß. Jeder Baum sollte unterschiedlich hoch und dick sein, der Hauptbaum ist am höchsten und am dicksten. Gemeinsam bilden alle Bäume optisch eine Einheit, deshalb spielen die Astanordnung und die Formung der gemeinsamen, spitzwinkligen Krone eine große Rolle. Jede aufrechte Stilform ist möglich, jedoch müssen alle Bäume in derselben Stilform gestaltet sein. Am häufigsten sind Moyogi, die frei aufrechte Form, und Chokkan, die streng aufrechte Form.
Sokan
Sokan („Zwillingsstamm“) ist eine Variante des Mehrfachstamms (Kabudachi) und heißt in Japan auch "Vater und Sohn".
Der erste Seitenast entspringt bei dieser Form sehr tief und bildet einen eigenen Baum, dessen Stamm deutlich niedriger und dünner ist als der des „Vaters“. Beide Bäume bilden optisch eine Einheit, deshalb spielen die Astanordnung und die Formung der gemeinsamen, spitzwinkligen Krone eine große Rolle. Alle aufrechten Stilformen sind möglich, jedoch müssen beide Bäume in derselben Stilform gestaltet sein. Am häufigsten ist Moyogi, die frei aufrechte Form.
Eine weitere Variante ist auch der Dreifachstamm oder „Vater, Mutter und Sohn“.
Netsuranagi
Netsuranagi („kriechende Form“) ist auch eine Variante des Mehrfachstamms.
Eine meist ungerade Anzahl von Bäumen entspringt einem gemeinsamen Stammfuß. Der Stamm jedes Baumes neigt sich im untersten Teil waagerecht über den Boden, ist an dieser Stelle in ihm verwurzelt und strebt erst dann nach oben. Jeder Baum sollte unterschiedlich hoch und dick sein, der Hauptbaum ist am höchsten und am dicksten. Gemeinsam bilden alle Bäume optisch eine Einheit, deshalb spielen die Astanordnung und die Ausformung der gemeinsamen, spitzwinkligen Krone eine große Rolle. Jede aufrechte Stilform ist möglich, jedoch müssen alle Bäume in derselben Stilform gestaltet sein. Am häufigsten sind Moyogi, frei aufrechte, und Chokkan, streng aufrecht.
Luftformen
Chu Shakan
Fukinagashi
Der Fukinagashi („Windgepeitschter Bonsai“) steht im stürmischen Wind. Die Vorbilder dieser Gestaltungsart sind Windflüchter, die sich beispielsweise an Küsten, in Steppenlandschaften oder auf Bergrücken befinden.
Üblicherweise werden die Äste und Zweige bei einem im windgepeitschten Stil gestalteten Bonsai fast ausschließlich in eine Richtung vom Stamm weg geführt. Die Neigungsrichtung des Stammes gibt dabei normalerweise die Richtung vor, in welche die Äste geformt werden.
Bonsai dieser Stilart sollen eine gewisse Tragik verkörpern, die im wesentlichen durch das Entstehen ihrer großen Vorbilder in der Natur begründet ist. Dies kann zum Beispiel durch die Technik des Entrindens noch unterstrichen oder verstärkt werden.
Ein Fukinagashi kann beispielsweise aus einem Bonsai mit einem geraden, oder noch besser bereits geneigten Stamm entstehen oder weiter gestaltet werden.
Han Kengai
Han Kengai (半懸崖, dt. Halbkaskade) neigt sich über den Schalenrand waagerecht nach vorn oder leicht nach unten, jedoch nicht unterhalb des Schalenbodens (das wäre ein Kengai). Der erste Hauptseitenast bildet auf dem höchsten Punkt des Bonsai eine kleine, jedoch nicht dominante, ungleichmäßig dreieckige oder runde Krone. Der Stamm verläuft von der Krone aus in lockeren Schwüngen nach unten. Die übrigen Hauptseitenäste geben der Gestaltung optische Tiefe.
In der Natur treten Halbkaskaden oft in Felsennischen oder unter überhängenden Felsen auf. Sie müssen waagerecht oder leicht nach unten geneigt wachsen, um an das Sonnenlicht zu gelangen.
Die Halbkaskade wird in eine höhere Schale als die Bonsai in den aufrechten Stilformen gepflanzt, um der Gestaltung sowohl optisch als auch tatsächlich Stabilität zu verleihen.
Kengai
Charakterformen
Bankan
Bunjingi, Literatenform
Bunjingi ist die traditionelle japanische Bonsai-Stilform (siehe Geschichte: Japan).
Bonsai im Bunjingi-Stil zeichnen sich durch einen hohen, dünnen und meist elegant geschwungenen Stamm, wenig Äste und spärliche Belaubung aus.
Die Erscheinung beziehungsweise die Gestalt eines als Bunjingi gestalteten Bonsai muss sich nicht zwangsläufig auf ein Vorbild in der Natur beziehen, sondern kann vielmehr gleichgesetzt werden mit einer charaktervollen Persönlichkeit und der Poesie an sich. Besonders ästhetischen Bunjingi werden oft Gedichte oder Verse zugeordnet, beziehungsweise auch nur für einen einzelnen Baum ein Gedicht oder Vers geschrieben.
Unter Bonsaigestaltern und -künstlern gilt die Gestaltung eines Bunjingi als die Meisterschaft.
Ishizuke, Felsform
Sekijoku
Weitere Wuchsbesonderheiten
Hokidachi
Hokidachi („Besenform“) ist bei den europäischen Laubbäumen häufig anzutreffen und wird charakterisiert durch einen kurzen, geraden Stamm, von dem aus in ungefähr gleicher Höhe alle Äste sternförmig abgehen und sich gleichmäßig zu einer runden oder ungleichmäßig dreieckigen Krone verzweigen. Der Stammfuß ist gleichmäßig und ausgeprägt.
Häufig in dieser Stilform anzutreffende Bäume sind Zelkoven, Hainbuchen und Ahorne.
Nebari
Ikada
Yose-ue, der Wald
Die Werkzeuge
Zur Gestaltung und Formerhaltung bei Bonsai sind im Laufe der Zeit eine Vielzahl an spezialisierten Werkzeugen entstanden. Die gebräuchlichsten sind:
- Abmoosscheiben: werden z. B. mit feuchtem Sphagnum-Moos gefüllt und zum Abmoosen verwendet
- Astsäge: zum Entfernen größerer Äste, etwa bei frisch ausgegrabenen Yamadori
- Blattschneider: für Schnittarbeiten an feinen Zweigen sowie Triebspitzen (Pinzieren) sowie für den Blattschnitt
- Breite Schere: für Formschnitt (Silhouette) und kleinere Äste
- Drahtschneider: zum stückweisen Entfernen des Drahtes an eingedrahteten Astpartien
- Drahtzange: zum besseren Fügen besonders starker Drähte
- Erdschaufel: in verschiedenen Größen und teils mit eingebautem Sieb (wodurch zu feine Bestandteile, die die Durchlüftung des Substrates behindern könnten, ausgesiebt werden); dient dem punktuellen Befüllen der Bonsaischale beim Umtopfen
- Holz-/Bambusstab: zum Einbringen und Verfestigen der Erde beim Eintopfen. Damit wird sichergestellt, dass keine Hohlräume beim Eintopfen des Baumes entstehen
- Jinzange: zum Abziehen der Rinde bei Jin-/Shari-Gestaltung (künstliches Altern) oder auch zum Abwickeln von Draht
- Jinmesser: zum Einritzen der Rinde, welche dann mit der Jinzange abgezogen werden kann.
- Konkavzange: zum Schneiden stärkerer Äste. Durch die Wölbung der Schneiden hinterlässt sie einen konkaven Schnitt, der Kallus (Wundgewebe) kann die Schnittstelle besser überwallen.
- Knospenzange: auch runde Konkavzange genannt. Selbe Funktion wie Konkavzange, eignet sich jedoch besser, wenn nur unter einem ungünstigen Schnittwinkel geschnitten werden kann.
- Schmale Schere: wegen des langen schmalen Halses für feine Schneidarbeiten, z. B. junge Triebe im Inneren der Krone.
- Sichelmesser: kann zum Lösen des Erdballens vom Schalenrand bei Umtopfarbeiten benutzt werden
- Spaltzange: zum Ausbrechen von Ast- und Stammpartien
- Wurzelhaken/-kralle: dient zum Lösen bzw. Zerlegen des Wurzelballens beim Umtopfen. Durch das Lösen des Ballens können die Wurzeln besser in die Länge gezogen und danach eingekürzt werden. Auch kann damit der Wurzelbereich direkt unter dem Stamm gelöst und später die frische Erde besser eingebracht werden
- Wurzelzange: zum Schneiden von (dickeren) Wurzeln
Siehe auch
Literatur
- Benz/Lesniewicz: Chinesische Bonsai, Penjing, Blv Verlagsgesellschaft, 1994 ISBN 3-405-14447-7
- Werner M. Busch: Bonsai aus heimischen Bäumen und Sträuchern, BLV Verlagsgesellschaft mbH, ISBN 3-405-14455-8
- Red Canzian: Bonsai, Unipart Verlag, Stuttgart, 2004 ISBN 3-8122-3394-0
- Horst Daute: " Bonsai", Blv Verlagsges. mbH, München, 1999 ISBN 3-405-15338-7
- Bernd-Michael Klagemann: Bonsai - Harmonie zwischen Mensch und Natur, bioverlag gesundleben, Hopferau, 1983, ISBN 3-922434-89-4
- Lesniewicz/Zhimin: Penjing, Miniaturbäume aus China, Heidelberg 1986
- John Yoshio Naka: Bonsai Technik Band 1, Verlag Bonsai Centrum Heidelberg, 1985 ISBN 3-924982-00-7
- John Yoshio Naka: Bonsai Technik Band 2, Verlag Bonsai Centrum Gessner, 2007 (neu aufgelegt) ISBN 3-924982-09-0
- Pius Notter: Bonsai Kunst und Technik, Basilus Verlag AG, Basel/Schweiz, 2. Auflage 1989, ISBN 3-85560-092-9
- Pius Notter: Ein Leben für den Baum, Die Kunst Bäume zu gestalten, ISBN 3-85681-309-8, Fischer Media Verlag, Münsingen-Bern/Schweiz
- Pius Notter/Georg Reinhard: Bonsai für Einsteiger, Pflege und Gestaltung, Fischer Media Verlag, Münsingen-Bern/Schweiz ISBN 3-85681-338-1
- Manfred Roth: Bonsai Meisterschule, Naturbuch-Verlag, Augsburg, ISBN 3-89440-290-3
- Wolf-D. Schudde: Dem Baum eine Stimme geben – Die Kunst der Bonsai-Gestaltung., Medien Verlag Wolf-D. Schudde, Düsseldorf, 1995
- Wolf-D. Schudde: European Bonsai – Auf dem Weg ins nächste Jahrtausend, Medien Verlag Wolf-D. Schudde, Düsseldorf, 1998
- Horst Stahl: Bonsai – Vom Grundkurs zum Meister, Doppelband Kosmos Verlag, 1992 ISBN 3-440-08875-8
- Yamada, Tomio: "Bunjin-Bonsai aus heutiger Sicht" in: Bonsai-Art Nr. 18
- Harry Tomlinson: Das BLV Bonsai Handbuch, BLV Verlagsges.mbH, München, 2004 ISBN 3-405-14850-2
- "Einheit von Felsen und Pflanze" in: Bonsai-Art [1] Nr.16
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