JVA Hövelhof

JVA Hövelhof
Pforte der Justizvollzugsanstalt

Die Justizvollzugsanstalt Hövelhof liegt am Ostrand der Gemeinde Hövelhof im Kreis Paderborn. Sie war früher bekannt als „Lager Staumühle“. Von drei Seiten umschließt der unter britischer Verwaltung stehende Truppenübungsplatz Senne das Gelände der Justizvollzugsanstalt, welches früher ebenfalls zu diesem Bereich gehörte.

Es handelt sich um eine Jugendstrafanstalt des offenen Vollzugs mit 232 Plätzen und einer räumlich getrennten, geschlossenen Pflegeabteilung mit 31 Plätzen. Die Anlage umfasst 50 Hektar. In der Anstalt befinden sich verschiedene Betriebe, in denen die Gefangenen arbeiten: Elektrowerkstatt, Gärtnerei, Schreinerei, Schlosserei, Bauunterhaltung, Formsteinbau und Küche.

Geschichte

Als das „Lager Staumühle“ im Jahre 1948 als erste offene Jugendstrafanstalt in Deutschland eingerichtet wurde, hatte es schon eine recht bewegte Geschichte.

Knapp sechs Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges war die Zahl der auf deutscher Seite gemachten Kriegsgefangenen erheblich angestiegen. Das veranlasste die Heeresleitung auch, innerhalb ihres Truppenübungsplatzes, 6 Kilometer von der Ortschaft Sennelager entfernt, im Januar 1915 für Kriegsgefangene das „Lager Staumühle“ zu errichten.

Die für den Lagerbau erforderlichen Materialien wurden teilweise unter sehr schwierigen Bedingungen von den Kriegsgefangenen nach Staumühle transportiert. Nach und nach entstand so eine kleine Barackensiedlung, die jedoch nicht nur den Kriegsgefangenen aus Belgien, England, Frankreich und Russland als Unterkunft diente, sondern zu einem Teil auch von den Soldaten der Reserve-Infanterie-Regimenter 255 und 256 bewohnt wurden. Daneben aber gab es auch noch einen Wohnbereich für Offizieranwärter.

Obwohl offiziell der Erste Weltkrieg am 14. November 1918 durch den Waffenstillstand beendet wurde, waren die Unterkünfte im Lager noch bis 1919 durch Truppenangehörige bewohnt. Danach blieben die Baracken allerdings lange Zeit verschlossen.

Das Lager Staumühle schien in Vergessenheit geraten zu sein, zumal das Leben auf dem alten Gelände des Truppenübungsplatzes ausgestorben war. So vergingen die Jahre, bis 1925 der Begründer des Deutschen Jugendherbergswerkes, Richard Schirrmann, für seine Jugendherbergen Einrichtungsgegenstände benötigte. Im Rahmen seiner Aufkäufe kam er auch nach Staumühle und gleich reifte in ihm der Plan, hier ein Kinderdorf einzurichten. So entstand auf dem Gelände des ehemaligen Truppenbereiches und Kriegsgefangenenlagers das „Kinderdorf Staumühle“, in dem annähernd 6.500 Kinder aus dem damaligen besetzten Ruhrgebiet Erholung fanden. Diese Aktion „Jugenderholung im Kinderdorf Staumühle“ fand 1931 ihren Abschluss.

Im gleichen Jahr begannen die Vorarbeiten für einen freiwilligen Arbeitsdienst, der es arbeitslosen jungen Männern aus ganz Deutschland ermöglichte, ihre Zeit nutzbringend zu gestalten. Dieser freiwillige Arbeitsdienst wurde gemeinsam von dem damaligen Leiter der Betheler Anstalten Friedrich von Bodelschwingh und dem Diözesanverband der katholischen Arbeiter-Vereine Paderborn eingerichtet. Über 1.800 junge Männer fanden durch diese Einrichtung in Staumühle Arbeit und Unterkunft. Staumühle wurde als Musterlager in ganz Deutschland bekannt.

Allerdings musste dieser freiwillige Arbeitsdienst nach der Machtübernahme durch die NSDAP schon im Januar 1933 aufgelöst werden, da das ehemalige Gelände des Truppenübungsplatzes wieder in Benutzung genommen werden sollte.

Auf dem Staumühler Gelände wurden nach 1933 eine Bezirksführerschule und eine Wehrsportanlage eingerichtet. Später, nach 1935, erfolgte noch der weitere Ausbau der Truppenunterkünfte. Aus dieser Zeit stammen auch die beiden Doppelkasernen, die heute noch als Haftunterkünfte dienen. Auch die Versorgungsgebäude wie Küche, Revier und Krankenstation sind in einem ehemaligen Versorgungstrakt verblieben und werden für den Vollzugsbereich nach wie vor genutzt.

Während des Zweiten Weltkrieges waren in Staumühle ständig Soldaten der unterschiedlichsten Waffengattungen stationiert. Außerdem entstand erneut zwischen 1941 und 1945 ein Kriegsgefangenenlager für Angehörige der sowjetischen Armee. Dieses Kriegsgefangenenlager wurde durch den Einmarsch britischer Truppen im Mai 1945 aufgelöst. An gleicher Stelle entstand nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches fast übergangslos ein Internierungslager für sogenannte „Goldfasane“ für die gesamte britische Besatzungszone.

Eine Vielzahl Baracken wurden zusätzlich aufgestellt. Zeitweise waren bis zu 12.000 Männer und Frauen im Internierungsbereich untergebracht. Die Auflösung dieses Internierungslagers erfolgte im Juli 1948. Der gesamte Komplex, einschließlich des vorhandenen Inventars, wurde der Justizverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Auflage übergeben, eine offene Jugendstrafanstalt nach dem bewährten Vorbild englischer Borstals einzurichten.

Als ein Zeichen guter deutsch-englischer Zusammenarbeit entstand in wenigen Monaten die offene Strafanstalt für junge Gefangene, das „Lager Staumühle bei Paderborn“, die heute unter dem Namen „Justizvollzugsanstalt Hövelhof“ bekannt ist.

Weblinks

51.8197222222228.72057Koordinaten: 51° 49′ 11″ N, 8° 43′ 14″ O


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