Jheronimus van Aken

Jheronimus van Aken
Angebliches Portrait Boschs (um 1516)

Hieronymus Bosch /je'ɾonimus bɔs/ (eigentlich Jeroen Anthoniszoon van Aken /jə'rʊn ɑn'toniːzoːn vɑn 'aːkən/); * um 1450 in ’s-Hertogenbosch; † August 1516 ebenda) war ein Maler des ausgehenden Mittelalters an der Schwelle zur Neuzeit. Er hat ein bis heute faszinierendes und nachwirkendes Gesamtwerk hinterlassen, das sich in der Interpretation jeder einfachen Deutung entzieht. Einige wenige seiner rätselhaften Darstellungen sind entschlüsselt, da Bosch aber keine schriftlichen Aufzeichnungen zu seinen Werken hinterlassen hat, hat er so manches Geheimnis mit ins Grab genommen.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Namen

Hieronymus Bosch entstammte der Malerfamilie van Aken, dessen Herkunftsname darauf verweist, dass die direkten Vorfahren in der väterlichen Linie aus Aachen stammen. Vier Generationen von Malern sind nachgewiesen: der Urgroßvater Thomas van Aken war als Maler in Nimwegen tätig. Der Großvater Jan van Aken zog um 1426 von Nimwegen in die aufstrebende Stadt ’s-Hertogenbosch. Seinen sozialen Aufstieg krönte er 1462 mit dem Erwerb eines steinernen Hauses direkt am Marktplatz. Hierher verlagerte er auch seine zuvor schon betriebene Malerwerkstatt. Vier der fünf Söhne Jans, darunter Hieronymus' Vater Anthonius van Aken, wurden ebenfalls Maler. Anthonius hatte fünf Kinder: zwei Töchter (eine hieß Herberta) und die drei Söhne Goeswinus oder Goessen van Aken, Jan van Aken und, als fünftes Kind, Jheronimus van Aken (Hieronymus). Die Söhne folgten alle der Familientradition und erhielten ihre Malerausbildung zumindest zeitweise in der väterlichen Werkstatt. Außerdem arbeiteten hier noch zwei Söhne Goessens, der als ältester Sohn die Werkstatt nach dem Tod des Vaters weiterführte. Hieronymus benannte sich nach seiner Heimatstadt, die auch Den Bosch genannt wird.

Leben

Hieronymus Bosch wurde erstmals 1474 urkundlich erwähnt. 1481 heiratete Bosch die Patriziertochter Aleyt Goyaert van de Mervenne, die ein Haus sowie ein Landgut in die Ehe einbrachte. Das verhalf Bosch zu einer größeren Unabhängigkeit. 1488 trat er der religiösen Bruderschaft „Unserer-Lieben-Frau“ bei, erst als äußeres, dann als geschworenes Mitglied des elitären, inneren Zirkels (etwa 60 Personen). Diese geschworenen Brüder kamen in der Regel aus der höchsten (aristokratischen bzw. patrizischen) städtischen Schicht und waren alle Geistliche verschiedenen Weihegrades. Fast die Hälfte davon waren (meist weltliche) Priester, die teilweise auch zugleich Notare waren. Ferner gab es unter ihnen Ärzte und Apotheker sowie auch einige wenige Künstler (Musiker, ein Architekt und nur einen Maler: Bosch). Die Bruderschaft pflegte Kontakt zu den höchsten Kreisen des Adels, der Geistlichkeit und der städtischen Eliten in den Niederlanden. Neben dieser politisch-gesellschaftlichen Seite war sie gleichermaßen religiös ausgerichtet und wurde von den Dominikanern betreut. Man traf sich einmal im Monat zum Mahl, zweimal die Woche zur Messe, Johannes-, Marien- und andere Festtage wurden unter anderem durch geistliche Spiele und Prozessionen begangen. In den Reihen der Brüder und durch ihre Kontakte zum Hof fand Bosch seine Auftraggeber.

Die Welt des Hieronymus Bosch

Hieronymus Bosch lebte im ausklingenden Mittelalter, einer Zeit des ökonomischen Aufbruchs, der fürstlichen Machtpolitik und der Forderung nach religiöser und sittlicher Erneuerung. Bosch unterzieht alle Stände einer Kritik, nicht nur den Klerus. Die Inquisition und die Hexenverfolgung spielten noch keine Rolle.

Das Werk

„Der verlorene Sohn“ (1490-1505)

Erhalten geblieben sind von Boschs Werken nur die Gemälde auf Holztafeln (wenngleich zu jener Zeit bereits auch textile Bildträger benutzt wurden) und einige Zeichnungen auf Papier. Neben der Liebfrauenbruderschaft arbeitete er für die städtische Elite und den niederländischen Hochadel. Zu seinen bedeutendsten Auftraggebern gehörte der regierende Fürst der Niederlande Erzherzog Philipp der Schöne und sein Hof. Triptychen wie „Der Heuwagen“ und „Der Garten der Lüste“ waren mit ihren Motiven eindeutig nicht für einen Altar gedacht, sondern zur Belehrung und Unterhaltung eines höfischen Publikums.

Die Symbole

Hieronymus Bosch verwendete in vielen seiner Bilder immer wieder dieselben Symbole, deren Bedeutung heute teils durch Texte überliefert ist, teils sich durch das Vergleichen seiner Werke mit anderen ergibt.

  • Der Bär steht für die Todsünde „Zorn“
  • Die Kröte – sie hockt meistens auf einer Person – steht für „Verdorbenheit“ (hockt sie auf dem Geschlechtsteil, wird dies als Anspielung auf die Todsünde „Wollust“ gesehen, hockt sie auf der Brust oder im Gesicht, kann dies auch eine Anspielung auf die Todsünde „Hochmut“ (Hoffart, Dünkel) sein.
  • Der Trichter, zumeist einer Person umgekehrt auf den Kopf gestülpt, steht für „Gemeinheit, betrügerische Absicht“ (der Träger des Trichters hat sich gegen den Himmel, das Auge Gottes abgeschirmt).
  • Die „Knochenschuhe“ weisen ihren Besitzer als bösen Menschen aus.
  • Der Pfeil signalisiert ebenfalls „das Böse“, manchmal steckt er den Personen quer im Hut oder in der Mütze, manchmal durchstößt er die Körper, manchmal steckt er im Anus einer halbnackten Person (was auch eine Anspielung auf „Verdorbenheit“ ist).
  • Der Krug steht häufig in Kombination mit einem Stock, manchmal ist er direkt darauf gespießt. Es ist eine sexuelle Anspielung, die auf „Wollust“ hinweist.
  • Gleiches gilt für das Fass mit dem Spund, auch häufig in Kombination mit einem Stock vorzufinden.
  • Der Dudelsack ist eine Anspielung auf die Todsünde „Wollust“.
  • Die Eule kann in christlichen Bildern nicht im antik-mythologischen Sinn als Symbol der Weisheit interpretiert werden. Bosch hat die Eule in vielen Bildern untergebracht, er setzt sie dabei manchmal in den Kontext zu Personen, die sich heimtückisch verhalten oder einer Todsünde verfallen sind. Deshalb wird vielfach angenommen, dass sie als Nachttier und Raubvogel für das Böse steht und Torheit, geistige Blindheit und die Unbarmherzigkeit alles Irdischen versinnbildlicht.
  • Die Deutung von Symbolen hängt sehr von ihrem jeweiligen Bildkontext ab, sodass positive Symbole, wie der Schwan, der im Zusammenhang mit Maria Reinheit und Keuschheit bedeutet, in anderen Bildkontexten das Gegenteil bedeuten kann. So ziert er auf einer Fahne ein Haus, das durch andere Symbole eindeutig als Bordell ausgewiesen ist.

Dämonen und Fabelwesen

Triptychon „Der Garten der Lüste“: rechte Tafel

Faszinierend und erschreckend zugleich sind bei vielen Bildern Boschs die eingearbeiteten dämonischen Figuren und Fabelwesen. Immer wieder sind menschliche Wesen mit Tierköpfen von Fischen, Vögeln, Schweinen oder Raubtieren ausgestattet, hässliche Gnome und Monster bevölkern die Bilder. Ihnen gemein ist, dass sie zu denen gehören, die wehrlose Menschen quälen oder sie der Verdammnis zuführen.

Die Abbildung von Fabelwesen war im Mittelalter nichts Ungewöhnliches, sie kamen in den so genannten Bestiarien vor. Das Bestiarium entwickelte sich aus dem „Physiologus“, einem aus Alexandria / Ägypten stammenden Volksbuch, das im frühen Mittelalter seinen Weg nach Europa fand und übersetzt wurde. Bestiarien sind allegorische Tierbücher, die wirkliche und fantastische Tiere beschreiben und ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Eigenheiten typologisch herauszustellen suchen. Sie dienten als didaktische Medien für Belehrungen in Moral und Religion und waren sehr beliebt, da die Menschen exotische Tiere von anderen Kontinenten nur über diese Bücher kennenlernen konnten. Aber es fanden auch mythische Tiere wie das Einhorn oder der Drache Eingang in solche Werke.

Dass Bosch Bestiarien kannte und schätzte, spiegeln einige seiner Bilder wieder. Immer wieder tauchen dort reale, in Europa bekannte oder aus exotischen Lebensräumen stammende Tiere auf. Die Weiterentwicklung von Fabelwesen zu furchterregenden Kreaturen geht aber im wesentlichen auf Bosch zurück. Er wollte das Böse in den Menschen sichtbar machen.

Er griff dabei die Traditionen der Marginalien aus der Buchmalerei seiner Zeit auf, die Fabelwesen, aber auch andere Themen wie das Topos der „verkehrten Welt“ oder reine Ornamentik kannten.

Das geheimnisvolle Gesicht

Soweit Hieronymus Bosch den abgebildeten Figuren detailliertere Gesichtszüge verlieh, blieben diese – mit Ausnahme von Jesus Christus – oft nur Fratzen, die das Böse in den Menschen sichtbar machten. Doch taucht in manchen Bildern und Triptychen immer wieder ein Gesicht auf, das für Bosch offenbar eine Bedeutung hatte: Es ist auf der oktogonalen Tafel in Rotterdam „Der Verlorene Sohn (auch Der Landstreicher genannt)“ sowie „Der verlorene Sohn/Der Pilger “ auf dem Außenflügel des „Heuwagen-Triptychons“ in Madrid zu sehen, Ähnlichkeiten werden zwischen diesem und dem Gesicht des „Baummenschen“ (Triptychon „Der Garten der Lüste“) ausgemacht. Die Abbildung spiegelt eine schmale, ebenmäßige Gesichtsform mit einer langen Nase wider, der Blick scheint nachdenklich, abgeklärt. Auf dem linken Flügel des Triptychons Die Versuchung des Heiligen Antonius hilft (neben zwei Mönchen) eine weltlich gekleidete Person Antonius über eine Brücke – es ist dasselbe Gesicht, nur etwas älter. Und schließlich: Auf dem Bild „Johannes auf Patmos“ sitzt neben dem Heiligen ein echsenähnliches Tier und dieses, ebenso wie ein kleiner geflügelter Dämon am unteren Rand des Bildes „Tod eines Geizhalses“, trägt die beschriebenen Gesichtszüge.

Ungeklärt ist, um wen es sich dabei handelt. Manche vermuten darin eine Selbstdarstellung Hieronymus Boschs, andere einen Auftraggeber. Letztere Vermutung kann man aber wegen der Kombination des Gesichts mit monsterähnlichen Körperteilen bei „Johannes auf Patmos“ als undenkbar zurückweisen – welcher Auftraggeber lässt sich schon mit Echsenbeinen abbilden?! Von Hieronymus Bosch wiederum gibt es ein einziges Porträt, eine Zeichnung von unbekannter Hand aus dem 16. Jahrhundert. Seine dort ausgewiesenen Gesichtszüge entsprechen aber auf den ersten Blick der von ihm so oft gemalten Person nicht, außer man datiert die erwähnte Zeichnung Boschs in letzte Lebensjahre.

Offensichtlich war es Hannema (De Verloren Zoon van Jheronymus Bosch, Jaarsverlag Museum Boymans, 1931), der die Hypothese einführte, dass die Person ein Selbstbildnis Boschs sein könnte. Manche Autoren sprechen von einem spirituellen Selbstbildnis (zit. nach Marijnissen/Ruyffelaere, Hieronymus Bosch, Antwerpen 2002, S. 412, dort auch weitere Verweise)

Da die überlieferten Abbildungen des Malers nicht als authentisch gesichert gelten, ließe sich darüber spekulieren, ob es vielleicht doch er selbst ist, der sich in seinen Bildern verewigt hat. Möglicherweise handelt es sich auch um sein „zweites Ich“, so, wie er sich innerlich sieht, nachdenklich und abgeklärt. Es könnte sich aber auch um einen Freund handeln, der ihm bei der Abfassung seiner Bilder und Triptychen beratend zur Seite gestanden hat. Dieses Geheimnis wird man seinen Werken wohl nie entreißen können.

Werke (Auswahl)

Die Versuchung des Heiligen Antonius, linke Tafel

Hauptartikel: Bilder von Hieronymus Bosch, Hieronymus Boschs Triptychen

Forschung

In der Vorbereitung der umfassenden Rotterdamer Bosch-Ausstellung im Jahr 2001 untersuchte Prof. Peter Klein (Universität Hamburg) die von Bosch und seiner Werkstatt als Maluntergrund benutzten Eichentafeln mit der Analysemethode der Dendrochronologie. Die Ergebnisse sorgten für Aufsehen: Einige bislang Bosch zugeschriebene Werke mussten aus dem Gesamtwerk ausgeschieden werden. Die Tafeln bestanden aus Holz von Bäumen, die zum Teil erst Jahrzehnte nach Boschs Tod gefällt worden waren. Zu den ihm zu Unrecht zugeschriebenen Bildern gehört auch „Die Hochzeit zu Kana“ – die Jahresringe des Baumes, aus dem die Tafel gemacht wurde, erwiesen, dass er erst 1554 und somit 38 Jahre nach Boschs Tod gefällt wurde.

Rezeption und Verarbeitung

Garten der Lüste - Mitteltafel

Die Maler des nördlichen Manierismus,

werden einer Gruppe von niederländischen/flämischen Malern zugeordnet, die die Tradition von Hieronymus Bosch und seiner fantastischen Malerei, besonders seiner Antoniusversuchungen, fortführten.

Der Garten der Lüste ist in Arno Schmidts Dialogroman Abend mit Goldrand das vielfach und vieldeutig referenzierte Hauptkunstwerk.

Literatur

  • Hans Belting: Hieronymus Bosch Prestel Verlag, München 2002. ISBN 3-7913-2644-9
  • Blondé, Bruno/Vlieghe, Hans. The social Statue of Hieronymus Bosch, in: Burlington Magazin 131, 1989, Heft 2, S. 699f.
  • Hieronymus Bosch: Der Garten der Lüste Prestel Verlag, München 2003. ISBN 3-7913-2662-7
  • Hieronymus Bosch. Verloren im Paradies, du 750 Heft 10, Okt. 2004, Niggli, Zürich, ISBN 3-03717-008-5
  • Dijck, Godfried C. M. van. De Bossche optimaten: geschiedenis van de Illustere Lieve Vrouwebroederschap te’s-Hertogenbosch (Bijdragen tot de geschiedenis van het Zuiden van Nederland; 27), 1318-1973, Tilburg 1973. [Untersuchung zu Boschs Lebensumwelt]
  • Dijck, Godfried C. M. van. Op zoek naar Jheronimus van Aken alias Bosch: De feiten, Zaltbommel 2001. [Untersuchung zu Boschs Lebensumwelt anhand von Urkunden u.a.]
  • Roger H. Marijnissen/Peter Ruyffelaere: Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk. Köln 2002, 516 S., über 200 meist farb. Abb. auf Kunstdruck, ISBN 3-88059-971-8.
  • Jos Koldeweij/Paul Vandenbroeck/Bernard Vermet: Hieronymus Bosch. Das Gesamtwerk. Belser Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-7630-2390-9
  • Jos Koldeweij/Bernard Vermet/Barbera van Kooij: Hieronymus Bosch. New Insights Into His Life and Work. NAi Publishers, Rotterdam 2001, ISBN 90-5662-214-5.
  • Charles de Tolnay: Hieronymus Bosch. Holle Verlag, Baden-Baden 1973.
  • Wilhelm Fraenger: Bosch, Verlag der Kunst Dresden, 1975
  • Fritsche, Ulrich: Hieronymus Bosch: Das ausgewogene Welt-Bild, Verlag Hazeka, ISBN 3-9805217-0-2
  • John Vermeulen: Der Garten der Lüste. Roman über das Leben des Hieronymus Bosch. diogenes Verlag, Zürich. ISBN 3-257-23383-3 [biografisch und allgemeinhistorisch stark verzerrend]
  • Larry Silver: " Hieronymus Bosch", Hirmer Verlag München 2006. ISBN 978-3-7774-3135-2
  • Rosemarie Schuder: Hieronymus Bosch, Union Verlag Berlin 1975, Best.Nr. 699 529 3
  • Autorenkollektiv: Hieronymus Bosch, aus der Reihe "Große Meister", Karl Müller Verlag Erlangen 1993,
  • Unverfehrt, Gerd. Hieronymus Bosch: Studien zu seiner Rezeption im 16. Jahrhundert, Berlin 1980 (Diss. Göttingen 1974).
  • Unverfehrt, Gerd. Wein statt Wasser: Essen und Trinken bei Jheronimus Bosch, Göttingen 2003.

Weblinks


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