John Birch Society

John Birch Society

Die John Birch Society (JBS) ist eine rechtsgerichtete amerikanische Organisation[1]. Sie wurde am 9. Dezember 1958 in Indianapolis mit dem Ziel gegründet, die vermeintlichen wachsenden Gefährdungen der amerikanischen Verfassung zu bekämpfen, womit im Besonderen die vermutete Infiltration durch die Kommunisten gemeint war. Führend unter den zwölf Gründungsmitgliedern war Robert Welch, Jr. (1899–1985), ein ehemaliger Geschäftsmann aus der Süßwarenbranche. Derzeitiger Sitz der Organisation ist Appleton, Wisconsin. Die JBS wurde nach John Birch benannt, einem von chinesischen Kommunisten ermordeten amerikanischen Missionar, den die JBS als erstes amerikanisches Opfer im Kalten Krieg bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Verschwörungstheorien

Ein zentrales Merkmal des politischen Denkens der JBS sind Verschwörungstheorien. Gleich eine ihrer ersten öffentlichen Aktivitäten war die Kampagne „Get US out!“ des Jahres 1959 – gemeint war die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen, die als eine Verschwörung zur Errichtung einer neuen Weltordnung und als Unterminierung der nationalen Souveränität der Vereinigten Staaten verstanden wurden. Die JBS bezichtigte sogar so entschiedene Antikommunisten wie Harry S Truman, Dwight D. Eisenhower und John Foster Dulles, Werkzeuge einer kommunistischen Verschwörung zu sein. Weitere Beispiele für das konspirationistische Denken sind etwa Welchs These, der Krebstod des republikanischen Senators Robert A. Taft 1953 sei auf ein Röhrchen Radium zurückzuführen, das in das Polster seines Sitzes gesteckt worden sei oder die 1963 verbreitete Behauptung, in Mexiko seien 35.000 chinesische Soldaten stationiert, die sich auf einen Angriff auf San Diego vorbereiteten.

Die Theorien der John Birch Society unterscheiden sich von anderen Verschwörungstheorien der Rechten dadurch, dass als Drahtzieher zumeist Kommunisten und die Illuminaten vermutet werden, die angeblich in einer gemeinsamen Traditionslinie stünden. Als einen Beweis führt die Website der John Birch Society die Tatsache an, dass der Illuminatenorden an einem 1. Mai gegründet wurde, der 1889 zum internationalen Kampftag der Arbeiterklasse erklärt wurde und dass das angeblich Beltane-Fest der vorchristlichen Kelten auf dasselbe Datum fällt, dient als weiterer Beleg für den unchristlichen Charakter des kommunistisch-illuminatischen Geheimbundes. 1968 glaubte der JBS-Vorsitzende Welch, die Welt darüber aufklären zu müssen, dass

der Kommunismus nicht, wie er vorgibt, die Bewegung der unterdrückten Massen ist, die sich gegen die herrschende Klasse erheben, die sie ausbeutet. Das Gegenteil ist der Fall.

Hierbei stützen sich die Publikationen der JBS stark auf das Werk von Nesta Webster, einer der British Union of Fascists angehörenden antisemitischen Konspirologin. Die Mitglieder der Verschwörung, die insgeheim sowohl die kommunistische Bewegung als auch große Teile der freien Welt kontrollieren würden, nannte Welch seit 1966 die Insider: Diese seien im 19. Jahrhundert von Cecil Rhodes und anderen Köpfen der europäischen Hochfinanz gebildet worden und würden heute über das Council on Foreign Relations, eine informelle Denkfabrik, massiv Einfluss auf die Entscheidungen der nationalen Regierungen ausüben.

Bei aller gedanklichen Nähe zu den Verschwörungstheorien der Nationalsozialisten, die ebenfalls eine geheime Identität von internationalem Kommunismus und internationalem Finanzkapital herbeiphantasierten, glaubt die John Birch Society aber nicht, dass hinter dieser Weltverschwörung „die Juden“ stecken würden. Im Gegenteil, Antisemitismus wird strikt abgelehnt. Einzelne antisemitische Stimmen, die in den sechziger Jahren innerhalb der JBS laut wurden, erklärte Robert Welch in einem Interview wiederum verschwörungstheoretisch: Sie seien das Werk von agents provocateurs, die die JBS im Auftrag ihrer Feinde zu unterwandern und bloßzustellen trachteten. In einigen Schriften der JBS wird der gesamte Antisemitismus als Komplott und Ablenkungsmanöver dargestellt, mit dem die in Wahrheit für alles Übel der Welt verantwortlichen Geheimgesellschaften den Verdacht von sich ablenken wollten.

Heute konzentriert sich die JBS neben den weiterhin vertretenen Verschwörungstheorien auf den Kampf gegen Beschränkungen des Waffenbesitzes und für eine isolationistische Außenpolitik der USA.

Medien und Mitgliederzahlen

Publikationsmedium war das Magazin American Opinion. Dieses wurde durch das alle zwei Wochen erscheinende The New American ersetzt. Im März 1961 wurde die Anzahl der Mitglieder auf 60.000 bis 100.000 geschätzt (die offizielle Mitgliederzahl wird von der Organisation geheim gehalten). Seit den 1960er Jahren verliert sie zwar an Bedeutung für die konservativen Bewegung in den USA, jedoch unterhält sie nach eigenen Angaben bis heute in allen 50 Bundesstaaten der USA funktionierende Strukturen. 1995 schätze man immerhin noch 55.000 Mitglieder. Einige Mitglieder waren im amerikanischen Abgeordnetenhaus vertreten.

Die John Birch Society in Literatur und Populärkultur

Eingang fand die Organisation auch in Literatur und Popkultur. Beispiele dafür sind:

  • Im Roman The Crying of Lot 49 von Thomas Pynchon wird auf die bekannte konservative JBS angespielt. Die „Peter Pinguid Society“ treibt den Antikommunismus der JBS auf die Spitze: sie bekämpft den Kapitalismus, da er im Sinne von Karl Marx unweigerlich zum Kommunismus führe.
  • Der Roman Illuminatus! von Robert Shea und Robert Anton Wilson enthält zahlreiche Parodien auf die Verschwörungstheorien der JBS.
  • Die JBS taucht in der Comic-Serie Freak Brothers als Feinde der drogensüchtigen Protagonisten auf.
  • Bob Dylan schrieb den Song Talkin' John Birch Paranoid Blues, veröffentlicht auf The Bootleg Series Volumes 1-3 (Rare & Unreleased) 1961–1991.

Einzelnachweise

  1. Seymour Martin Lipset, Three Decades of the Radical Right, in: Daniel Bell und David Plotke (Hrsg.), The Radical Right, Transaction Publ, New York 2001, S. 421ff u.ö.

Literatur

JBS-nahe Literatur

  • Gary Allen und Larry Abraham: None Dare Call It Conspiracy. GSG & Associates Publishers, Seal Beach Rossmoor CA 1972, ISBN 0-945001-29-0.
  • G. Edward Griffin: The Life and Words of Robert Welch. Founder of the John Birch Society. American Media, Thousand Oaks CA 1975, ISBN 0-912986-07-7.
  • John Birch Society: The White Book of the John Birch Society for 1964. John Birch Society, Belmont MA 1964.
  • John F. McManus: The Insiders. John Birch Society, Belmont, MA 1983.
  • Robert Welch: The Blue Book of the John Birch Society. John Birch Society, Boston MA 1961.
  • Robert Welch: The Politician. Belmont Publishing, Boston MA 1964.
  • Robert Welch: The New Americanism and Other Speeches. Western Islands, Boston MA 1966.

Kritische Literatur

  • J. Allen Broyles: The John Birch Society. Anatomy of a Protest. Beacon Press, Boston MA 1964.
  • Lester De Koster: The Citizen and the John Birch Society. A Reformed Journal monograph. William B. Eerdmans, Grand Rapids MI 1967.
  • Benjamin R. Epstein und Arnold Forster: The Radical Right. Report on the John Birch Society and Its Allies. Vintage Books, New York NY 1966.
  • Gene Grove: Inside the John Birch Society. Fawcett, Greenwich CT 1961.
  • Jean V. Hardisty: Mobilizing Resentment. Conservative Resurgence from the John Birch Society to the Promise Keepers. Beacon, Boston MA 1999, ISBN 0-8070-4322-2.
  • George Johnson: Architects of Fear. Conspiracy Theories and Paranoia in American Politics. Tarcher u. a., Los Angeles CA u. a. 1983, ISBN 0-87477-275-3.
  • Daniel Pipes: Verschwörung. Faszination und Macht des Geheimen. Gerling Akademie Verlag, München 1998, ISBN 3-932425-08-1.

Weblinks


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