KZ Schömberg

KZ Schömberg

Das Konzentrationslager Schömberg, kurz KZ Schömberg, war ein Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof (als verwaltungsmäßigem Stammlager). Es befand sich am westlichen Rand der Schwäbischen Alb in der Nähe von Schömberg[1] in Württemberg, einer Stadt im heutigen Zollernalbkreis. Das Konzentrationslager Schömberg gehörte zu den sieben Lagern[2] des Unternehmens Wüste,[3] die den Zweck hatten, aus Ölschiefer Rohöl zu gewinnen, wobei Schömberg die Bezeichnung Wüste Werk 9 trug.[2]

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Es war bekannt, dass eine Schieferschicht, der sogenannte Posidonienschiefer (Lias epsilon) des Schwarzen Jura bitumenhaltig ist. Die Gewinnung von Rohöl galt jedoch als unwirtschaftlich,[4] da der damalige Preis für 1 Liter Öl bei zirka 2 Reichspfennige[5] lag, seine Herstellung aus Ölschiefer selbst unter Einsatz von KZ-Zwangsarbeitern zirka 1,50 Reichsmark betrug. Als aufgrund der Niederlage von Stalingrad sowie der Bombardierung der Hydrierwerke von Leuna[6] sich die Aussicht auf alternative Energiequellen für das Deutsche Reich zerschlagen hatte, suchte man in Deutschland angestrengt nach Alternativen. So bemühte man sich, im Rahmen des unter dem Decknamen Wüste geführten Projektes den in der Schwäbischen Alb als Bitumen vorhandenen Ölschiefer zur Gewinnung von Schwelöl zu nutzen.[7]

Um aus Ölschiefer Schwelöl gewinnen zu können,[8] entschied der im Berliner Reichsministerium für Bewaffnung und Munition ansässige Arbeitsstab von Geilenberg, insgesamt zehn Werke zu errichten. Freiherr von Krüdener war für dieses Projekt, das auch Mineralölsicherungsplan bzw. Geilenberg-Programm genannt wurde, verantwortlich.[9] Der Aufbau des Werkes in Schömberg unterstand der Organisation Todt.[2] Außerdem fiel dies in den Verantwortungsbereich der Deutschen Bergwerks- und Hüttenbau Gesellschaft mbH. [2] Die „Deutsche Ölschieferforschungs-Gesellschaft“ (DÖLF) betrieb das Ölschieferwerk zusammen mit der Deutschen Schieferölgesellschaft mbH. Die im Lager eingesetzten KZ-Häftlinge wurden von der SS zur Verfügung gestellt. Diese erhielt 4-5 Reichsmark pro Gefangenem und Arbeitstag.[4]

Das komplette Unternehmen Wüste lieferte 1500 Tonnen minderwertiges Schwelöl,[10] das nur in speziellen Motoren eingesetzt werden konnte.

Historie des Lagers

Das Lager wurde am 16. Dezember 1943 errichtet.[2] Es befand sich in der Nähe des Bahnhofs und wurde aus diesem Grunde auch als Bahnhofs-KZ bezeichnet. Im Lager waren Häftlinge meist jüdischen Glaubens interniert. Viele stammten aus Litauen, dem Warschauer Ghetto oder aus Ungarn. Es gab aber auch Sinti und Roma und aktive Widerstandskämpfer aus Polen, Skandinavien und Westeuropa.[4] Die bis zu 800 Häftlinge wurden aus den KZ-Stammlagern Natzweiler-Struthof und Auschwitz überstellt. Aber auch aus den übrigen Lagern der Wüste KZs Schörzingen, Frommern, Erzingen, Bisingen, Dautmergen und Dormettingen wurden Häftlinge nach Schömberg gebracht.[2]

Das KZ Schömberg besaß eine Besonderheit. Fast ausschließlich luxemburgische Häftlinge besetzten die Führungspositionen in der Häftlingshierarchie, da sie der deutschen Sprache mächtig waren.

Die ersten Häftlinge trafen Ende 1943 aus Natzweiler-Struthof ein, die in einigen bereits bestehenden Baracken interniert wurden. Dem Lager direkt benachbart entstand das Fabrikgelände.

Lageraufbau

Das KZ bestand aus vier Lagerblöcken. Um den Appellplatz angeordnet waren das Magazin, das Bad, eine Schusterei sowie die Küche des Konzentrationslagers. Außerdem existierte im Lager ein Krankenrevier. Die Organisation sah vor, dass 64 Häftlinge innerhalb des Lagers tätig waren.

Die Baracken besaßen Fenster, Fußböden und ein Abort, ein Verdienst des Lagerältesten Roger Hoffmann.[2]

Lagerführung

Das Kommando[2] des KZ Schömberg führte SS-Hauptscharführer Josef Seuß.[4] Er war zeitweise auch übergeordneter Kommandant sämtlicher Wüsten-KZs. Seuß wurde von den Häftlingen lediglich als „Zack-Zack“ bezeichnet. Er war bekannt dafür, trotz des Winters Kommandos „ohne Schuhe“ zu bilden.

Lagerältester war Roger Hoffmann. Er war bemüht, ohne Schläge und Grausamkeit, das Lagerleben zu organisieren. Seit er das Amt übernahm, reduzierte sich die Zahl der Toten wesentlich. Viele Gefangene sprachen davon, dass durch seine Hilfe das Lagerleben überhaupt nur erträglich wurde.[2]

Häftlinge berichten von extremer Brutalität des Blockführers Gleich sowie des Rapportführers Seith. So existieren Aussagen von Hoffmann, die besagen, dass von beiden Häftlinge in Hundezwinger mit bissigen Tieren gesperrt und Gefangene vor den Augen sämtlicher anderer Insassen erhängt wurden.

Situation der Gefangenen

Die Situation im Lager war katastrophal,[2] da man den Häftlingen keine Seife bzw. Duschen zur Verfügung stellte. Trotz der extrem schmutzigen Arbeit wurde den Zwangsarbeitern keine Möglichkeit zum Wechsel der Wäsche geboten. Ungeziefer breitete sich im Lager aus. Verbandsmaterial aus Papier wurde nur an die Führungsschicht der Häftlinge ausgegeben und einmal pro Woche gewechselt.

An Tuberkulose erkrankte Häftlinge wurden mit Spritzen, die mit Formaldehyd gefüllt waren, getötet. Es wurde geschildert, dass einige Gefangene nach dem Aufsuchen der Toilette nicht mehr zurückkehrten.

Die Zahl der im Lager ums Leben gekommenen Häftlinge ist nicht bekannt, überstieg aber mit Sicherheit einige Hundert.[2]

Trotz des extrem strengen Winters 1944/45 gab es für viele Häftlinge keine Schuhe, die Gefangenen hungerten und aßen oft Abfälle. Diebstahl war für viele die einzige Möglichkeit, zu überleben. Korruption war üblich.

Die Häftlinge mussten trotz unzureichender Versorgung schwerste körperliche Arbeit verrichten. Sie wurden zu Barackenbauarbeiten, zum Errichten von Zäunen und Straßen herangezogen. Außerdem waren sie beim Schieferabbau tätig, verlegten Feldbahnschienen oder arbeiteten in der Schwefelanlage. Zusätzlich wurden sie beim Beladen der Eisenbahnwagons mit Steinen, Zementrohren bzw. Sand und Kies eingesetzt.

Im Lager brach Fleckfieber aus, an dem zahlreiche Häftlinge starben.

Ein für die Versorgung der Erkrankten zuständiger Mithäftling sagte im Rastatter Prozess[11] aus, dass es täglich zwischen einem und vier Toten gab.

Auflösung des Lagers

Am 17. April 1945 wurde das Lager aufgelöst.[2] Die meisten Häftlinge wurden in das Dachauer Außenlager Allach gebracht, einige begannen auch einen Todesmarsch Richtung Bodensee. Sie wurden hierbei in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen befreit.

KZ-Friedhof und Gedenkstätte

Ehrenfriedhof bei Schömberg

Nach Kriegsende wurden Gruben im Schönhager Loch mit Massengräbern entdeckt.[12] In den 75 Gräbern waren pro Grab zwischen zwei und 53 Leichname verscharrt worden. Nach ihrer Exhumierung hat man sie auf einem KZ-Ehrenfriedhof an der Verbindungsstraße zwischen Schömberg und Dautmergen bestattet. Hier ruhen 1777 Tote aus den Wüsten-KZs Dautmergen, Dormettingen und Schömberg.

Eine im April 2008 eröffnete Gedenkstätte Dautmergen-Schömberg erinnert an das Schicksal der KZ-Insassen.[13] Auf sie beziehen sich oben angegebenen Koordinaten.

Einzelnachweise

  1. http://www.kreisgebiet.de/kreis-zollernalb/schoemberg.htm
  2. a b c d e f g h i j k l http://www.tos.info/fileadmin/media/MDL/gebetsleitfadenmdl.pdf
  3. Michael Grandt: Unternehmen „Wüste“ – Hitlers letzte Hoffnung. Silberburg-Verlag, Tübingen 2002, ISBN 3-87407-508-7.
  4. a b c d http://www.freitag.de/2002/24/02241801.php
  5. http://www.laehnemann.de/auschwitz/seite16.htm
  6. http://www.geschichte-mitteldeutschland.de/18.html
  7. http://www.energiekrise.de/news/forum/html-docs/oelschiefer/blendinger_nco.html
  8. http://www.ginkgo-web.de/projekte/posi/posi.html
  9. http://www.planet-schule.de/wissenspool/bg0030/spuren_der_ns_zeit/wissen/das_unternehmen_wueste_konzentrationslager_am_fusse_der_schwaebischen_alb.html
  10. http://www.lias-epsilon.de/texte/grau-rot.html
  11. http://www.projekte-regional.de/bilder/schriftenreihe2007.pdf
  12. http://www.alemannia-judaica.de/schoemberg_kz_friedhof.htm
  13. http://nrwz-online.de/nrwz///v4/region/00020478/
48.2210498.7506

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