Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik

Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik
Gebäudeansicht

Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (KWI), wurde 1926 in Berlin-Dahlem als Einrichtung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft gegründet und 1927 eröffnet.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Schon 1922 hatten prominente Genetiker die Einrichtung einer „Reichsanstalt für menschliche Vererbungslehre und Bevölkerungskunde“ gefordert. 1938 erhielt es die Außenstelle für Tuberkuloseforschung in Beetz/Mark Brandenburg.

Das Institut wollte sich bewusst von „politischen Eiferern und Dilettanten in der Rassenhygiene-Bewegung“ absetzen (Weingart et al. 1992: 245). Es war gegliedert in drei Abteilungen; die für Anthropologie leitete Eugen Fischer, die für menschliche Erblehre Otmar von Verschuer und die für Eugenik Hermann Muckermann.

In der Zeit des Nationalsozialismus spielte das Institut eine besondere Rolle bei den Forschungen zur Rassentheorie. Während sich der erste Direktor Eugen Fischer, bei der Vorbereitung gesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Rassenpolitik engagierte, förderte sein Nachfolger Otmar von Verschuer aktiv die Menschenversuche von Josef Mengele im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Eine Gedenktafel am Eingang erinnert daran.

Großzügige Finanzierung erfuhr das Institut durch die amerikanische Rockefeller-Stiftung von 1932 bis 1935 für die Zwillingsforschung durch von Verschuer.[1]

1943 wurde das KWI kriegsbedingt nach Beetz/Mark und Rottmannshagen bei Stavenhagen sowie nach Lübbecke/Westfalen teilverlagert. 1945 erfolgten weitere Verlagerung des Institutes von Berlin-Dahlem nach Solz bei Bebra.

Mitarbeiter

Direktoren

  1. 1927-1942 Eugen Fischer, 1943-1967 Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied
  2. 1942-1948 Otmar Freiherr von Verschuer, zuvor 1934-1935 Wissenschaftliches Mitglied bzw. 1935-1942 Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied

Kuratorium

  1. 1933-?? Arthur Julius Gütt

Weitere Wissenschaftliche Mitglieder

  1. 1934-1948 Fritz Lenz
  2. 1941-1945 Hans Nachtsheim

Weitere wissenschaftliche Mitarbeiter

  1. 1941-1945 Karin Magnussen
  2. 1942-1943 Siegfried Liebau
  3. Erwin von Helmersen
Gedenktafel zur Erinnerung an die NS-Verbrechen

Schließung

Nach Kriegsende 1945 wurde das Institut nicht weitergeführt. Nur die in Berlin verbliebene Abteilung für experimentelle Erbpathologie wurde 1953 als Max-Planck-Institut für vergleichende Erbbiologie und Erbpathologie in die Max-Planck-Gesellschaft übernommen. Im Jahr 1964 entstand hieraus das Max-Planck-Institut für molekulare Genetik. Das Gebäude gehört heute zum Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, eine Gedenktafel neben dem Eingang erinnert an die einstige Nutzung.

Aktenlage

Der größte Teil der Institutsregistratur wurde auf Veranlassung von Otmar von Verschuer zerstört bzw. unzugänglich gemacht. Wenige vorhandene Akten übernahm das „Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft“ 1983 von der „Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft“ sowie 1988 und 1992 aus Privatbesitz.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Benno Müller-Hill: Das Blut von Auschwitz und das Schweigen der Gelehrten. In: Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Hg. Doris Kaufmann, Wallstein Verlag, S. 190

Literatur

  • Hans-Peter Kröner: Von der Rassenhygiene zur Humangenetik. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik nach dem Kriege (= Medizin in Geschichte und Kultur 20). Gustav Fischer, Stuttgart u. a. 1998, ISBN 3-437-21228-1 (Zugleich: Münster, Univ., Habil.-Schr., 1995).
  • Carola Sachse (Hrsg.): Die Verbindung nach Auschwitz. Biowissenschaften und Menschenversuche an Kaiser-Wilhelm-Instituten. Dokumentation eines Symposiums (= Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus 6). Wallstein-Verlag, Göttingen 2003, ISBN 3-89244-699-7.
  • Hans-Walter Schmuhl: Grenzüberschreitungen. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik 1927–1945 (= Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus 9). Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-799-3.
  • Peter Weingart, Jürgen Kroll, Kurt Bayertz: Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland (= Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft 1022). 3. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001 ISBN 3-518-28622-6.

Weblinks

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