Karkemiš

Karkemiš
36.82944444444438.015
Karkemiš (Türkei)
Karkemiš
Karkemiš

Karkemiš oder Karkamiš (Karkemisch, Karchemisch; assyrisch Qarqamiš; ägyptisch Qarqamescha) war eine Stadt der Mitanni und Hethiter.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Stadtbild

Karkemiš liegt in der türkischen Provinz Gaziantep, direkt an der syrischen Grenze. Der dazugehörende Landkreis heißt ebenfalls Karkamış. Heute ist Karkemiš ein ausgedehntes Ruinenfeld am rechten Ufer des Euphrat. Auf der Akropolis von Karkemiš wurde eine türkische Militärbasis errichtet, deshalb ist der Zugang momentan beschränkt. Der heutige Ort auf türkischer Seite ist Karkamış, der Nachbarort in Syrien heißt Dscharabulus (Jerablus). Im Altertum beherrschte Karkemiš eine wichtige Furt durch den Euphrat, was seine Bedeutung für die Hethiter bei der Kontrolle Syriens erklärt.

Sollte auf dem hohen Burghügel ein Palast oder wie im nordwestsyrischen Tell Ain Dara ein Tempel gestanden haben, so wurde er bereits in römischer Zeit abgetragen. Südlich unterhalb der ehemaligen Zitadelle umschloss eine runde Mauer den inneren Stadtbereich und eine zweite Umfassungsmauer eine wesentlich größere Außensiedlung, deren Ost-Westausdehnung über 600 Meter betrug. Die heutige Landesgrenze verläuft quer durch die ehemalige Stadt. Zur Türkei gehören der Burghügel und die wesentlichen Gebäudereste unmittelbar südlich, während der größte Teil der Unterstadt auf syrischem Gebiet liegt. Die Gebäudereste der Innenstadt sind weniger bedeutend als die dort ausgegrabenen Skulpturen. Von den Bauwerken wurden ein Tempel mit Treppenaufgang, zwei große Torbauten und ein Hilani-Haustyp identifiziert.[1]

Geschichte

Die Stätte war seit neolithischer Zeit bewohnt, wie Scherben von ca. 3000 v. Chr. und Gräber von ca. 2300 v. Chr. dokumentieren. Die Stadt wird auch in Dokumenten der Ebla-Archive aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. erwähnt.

Nach einer babylonischen Urkunde gab es schon um 1720 v.Chr. Könige von Karkemiš. Der Hethiterkönig Hattušili I. (um 1640–1620) kämpfte vergeblich um die Stadt. Bereits der altägyptische König Thutmosis I. marschierte mit seiner Armee im vierten oder fünften Regierungsjahr bis nach Nordmesopotamien und ließ in Karkemiš eine Siegesstele errichten.[2] Unter Thutmosis III. (1490-1436) gehörte Karkemiš zum Großreich der Ägypter, im 15. Jahrhundert v. Chr. war sie Teil von Mittani. Zur Zeit von Hattusili III. hatte Karkemis unter den Überfällen der Turiräer, einem mitannischen Reststaat zu leiden.[3] Unter Hethiterkönig Šuppiluliuma I. (1370–1335) wurde Karkemiš, nach der Vernichtung von Mittani, Residenz hethitischer Vizekönige (Sekundogenitur), welche von hier aus die Besitzungen in Syrien kontrollierten. Nach der Zerstörung des Hethiterreiches um 1200 v. Chr. wurde Karkemiš selbstständig und unter assyrischem Druck schlossen sich weitere hethitische Nachfolgestaaten wie Sam'al und Kizzuwatna (Kilikien) Karkemiš an, welches in den folgenden Jahrhunderten seine größte Bedeutung erlangte. Im 10. Jahrhundert tauchte Karkemiš in den assyrischen Quellen oft unter der Bezeichnung Hatti auf. Der aus der Zeit von Tiglat-pileser I. bekannte König Ini-Teššup II. von Hatti mag daher auch Karkemiš beherrscht haben.

717 v. Chr. kam die Stadt unter Sargon II. zu Assyrien. Im Sommer von 605 v. Chr. (oder nach manchen Quellen 607 v. Chr.) wurde in Karkemiš eine Schlacht zwischen der babylonischen Armee von Nebukadnezar II. und der ägyptischen Armee von Necho II. geschlagen (Schlacht bei Karkemiš). Diese Schlacht wird in der Bibel in Jer. 46,2 erwähnt. Necho wollte eine weitere Ausbreitung des babylonischen Reichs nach Westen verhindern und den Handelsweg über den Euphrat unterbrechen. Die Ägypter wurden jedoch durch einen unerwarteten Angriff der Babylonier besiegt und mussten Syrien später vollständig aufgeben.

Herrscher

  • Šarri-Kušuh, Sohn von Šuppiluliuma I., spätes 14. Jahrhundert
  • ...-Šarruma, Sohn von Šarri-Kušuh
  • Šahurunuwa, Sohn von Šarri-Kušuh
  • Ini-Teššup I., Sohn von Šahurunuwa
  • Talmi-Teššup, Sohn von Ini-Teššup I.
  • Kuzi-Teššup, Sohn von Talmi-Teššup, 12. Jahrhundert (nennt sich "Grosskönig")

...

  • ...-pa-ziti
  • Ura-Tarhunza, Sohn von ...-pa-ziti
  • Tuthalija

...

  • Ini-Teššup II. ?, 12./11. Jahrhundert (König von Hatti, genaue Platzierung unklar)

...

  • Suhi I.
  • Astuwatamanza, Sohn von Suhi I.
  • Suhi II., Sohn von Astuwatamanza
  • Katuwa, Sohn von Suhi II.

...

  • Astiruwa, spätes 9. Jahrhundert
  • Yariri (Eunuch ?)
  • Kamani, Sohn des Astiruwa
  • Astiru (?), Sohn von Satura
  • Pisiri

Grabungen

T. E. Lawrence und Leonard Woolley (rechts) in Karkemiš, Frühling 1913

George Smith lokalisierte 1876 die in biblischen, assyrischen und ägyptischen Texten erwähnte Stadt. Ausgrabungen wurden unter Leitung des Britischen Museums von 1911 bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 und danach 1920 durchgeführt. Diese Expeditionen legten wertvolle Überreste der assyrischen und neo-hethitischen Perioden frei. Dazu gehören neben den architektonischen Resten Basaltstatuen und Reliefs mit luwischen Hieroglyphen. Bis in die Tiefe der bronzezeitlichen Schichten drangen sie nicht vor. An den Ausgrabungen waren David George Hogarth, Reginald Campbell Thompson, Leonard Woolley und Thomas Edward Lawrence (Lawrence von Arabien) beteiligt. Es wird behauptet, dass die Grabungen nicht allein wissenschaftlichen, sondern auch militärischen Zwecken gedient hätten. Ein Teil der Fundstücke, darunter mächtige Orthostatenreliefs, sind im Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara zu sehen.

Literatur

  • Erhard Gorys: Handbuch der Archäologie - Ausgrabungen und Ausgräber - Methoden und Begriffe. Weltbildverlag, Augsburg 1989, ISBN 3-89350-120-7.
  • J. D. Hawkins, North Syria and South-East Anatolia. In: M. Liverani (Hrsg.): Neo-Assyrian geography. Università di Roma, Dipartimento di scienze storiche, archeologiche e antropologiche dell'Antichità , Rom 1995 (Quaderni di geografia storica. Bd. 5) S. 87-101.
  • Irene J. Winter: Carchemish ŠA KIŠAD PURATTI. Anatolian Studies 33, 1983, 177-197.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Antonio Sagona, Paul Zimansky: Ancient Turkey. (Routledge World Archaeology) Routledge, London/New York 2009, S. 299–302
  2. Hermann Alexander Schlögl: Das alte Ägypten. Beck, München 2008, ISBN 3-406-48005-5, S. 196.
  3. KBol 14

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