- Kathedrale Notre-Dame (Lausanne)
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Die Kathedrale Notre-Dame ist die ehemalige Bischofskirche des Bistums Lausanne und heutige reformierte Hauptkirche der Stadt Lausanne im schweizerischen Kanton Waadt. Sie gilt als bedeutendes Bauwerk der Gotik in der Schweiz und beeinflusste massgeblich die weitere Entwicklung der gotischen Baukunst in der Region.
Inhaltsverzeichnis
Baugeschichte
Die Maria als Unserer Lieben Frau (französisch: Notre Dame) geweihte Kathedrale ist die Nachfolgekirche der seit dem 6. Jahrhundert bestehenden Kirche, die dem heiligen Thyrsus geweiht war und später den Namen Saint-Maire trug. Der karolingische Bau wurde um 1000 durch eine romanische Kirche ersetzt. Doch bereits wenige Jahrzehnte später begann man wieder mit einem Neubau.
Es können drei Bauphasen unterschieden werden:
- ab etwa 1170 wurde der Chorumgang im Osten errichtet
- von ca. 1190 an erfolgte unter dem sogenannten Meister von Lausanne der Bau von Chor, Vierung mit Laternenturm, Querhaus und einem Grossteil des Langhauses
- um 1215 begann der Baumeister Jean Cotereel mit der Vollendung des Langhauses und dem Bau des westlichen Abschlusses der Kirche
Um 1225 bis 1235 fügte man das wegen seines Figurenschmucks und der erhaltenen Polychromie bemerkenswerte Portail peint an die südliche Aussenwand des Langhauses an. Im Jahr 1275 schliesslich wurde die Kathedrale Notre-Dame in Anwesenheit des Papstes Gregor X. und des Königs Rudolf von Habsburg geweiht.
Architektur
Die Kathedrale von Lausanne folgt dem typischen Schema einer gotischen Basilika: An die zweitürmige Westfront (nur ein Turm wurde ausgeführt) schliesst sich das dreischiffige Langhaus an, das in der - durch einen quadratischen Laternenturm - erhöhten Vierung das Querhaus kreuzt. Den östlichen Abschluss bildet der Chor mitsamt Umgang. Trotz der verschiedenen Bauphasen wirkt der Bau stilistisch -etwa in der Wandgliederung- recht einheitlich. Einige Besonderheiten sind jedoch zu erwähnen:
So wurde die vom Chorumgang vorgegebene Längsachse der Kirche in den folgenden Bauphasen leicht verschoben. Weiter werden die ersten beiden Jochen (Wandabschnitte) des Langhauses gemeinsam von einem sechsteiligen Gewölbe überspannt, während im weiteren Verlauf jedes Joch ein vierteiliges Kreuzrippengewölbe erhält. Dieser Wechsel ist ein Kennzeichen des Übergangs von der frühen zur Hochgotik, der sich damit in der Lausanner Kathedrale abbildet.
Die Stützen des Langhauses sind ungewöhnlich uneinheitlich gestaltet. Neben Bündelpfeilern finden sich auch die traditionelleren massigen Rundpfeiler. Auch ihnen sind bis zum Gewölbe hinaufreichende Dienste beigestellt, die sich jedoch nicht fest mit dem Pfeiler verbinden, sondern eher beziehungslos neben diesem stehen.
Auffällig ist auch das westlichste Joch des Langhauses. Es ist weiter als die anderen und besitzt besonders kräftige Stützen. Diese sollten ursprünglich einen einzelnen Turm in der Flucht des Mittelschiffs tragen. Nachdem diese Lösung zu Gunsten einer Zweiturmfront verworfen wurde, diente das westliche Langhausjoch als Durchlass für eine Strasse, die an dieser Stelle den Kirchenbau kreuzte. Erst im 16.Jh., unter Bischof Aymon de Montfalcon, wurde der Durchgang geschlossen.
In die Amtszeit dieses Bischofs fällt auch die Errichtung des Westportals im Flamboyantstil (1515-1532), dessen reicher Figurenschmuck jedoch im 20.Jh. vollständig erneuert werden musste. Kurz hinter dem Eingang ist noch die Einfassung des ursprünglichen Portals erkennbar.
Ein Vergleich des Bauwerks etwa mit der fast zeitgleich entstandenen Kathedrale von Chartres oder aber Notre-Dame in Paris (Ende 12.Jh.) kann seine Stellung innerhalb der Entwicklung des gotischen Stils veranschaulichen.
Ausstattung
Altäre
Von der reichen mittelalterlichen Ausstattung der Kathedrale -u.a. zahlreiche Nebenaltäre- hat nur wenig die Reformation überdauert.
Fenster
Bedeutend ist die Fensterrose im Querhaus, die aus dem frühen 13. Jahrhundert stammt. Ihr von dem sogenannten Meister der Rose von Lausanne geschaffenes Bildprogramm umfasst nicht weniger als eine Darstellung der damals bekannten Welt: Erde und Meer, Luft und Feuer, Jahreszeiten, Monate und Sternzeichen, sowie Ungeheuer, die am Rande der Welt lauern. Die übrigen Glasmalereien wurden von Künstlern des 19. (Alfred Gérente) und 20. Jahrhunderts (Ernest Biéler, Louis Rivier und Marcel Poncet) geschaffen.
Chorgestühl und Kanzel
Das grosse Chorgestühl des 13.Jh. blieb nur teilweise erhalten und befindet sich heute nicht mehr in der Kathedrale. Ein zweites Chorgestühl, von 1509 an unter Bischof Aymon de Montfalcon angefertigt, ist in der Kapelle St-Maurice zu sehen (im Unterbau des nicht ausgeführten nördlichen Turms). Die Kanzel an einem der nördlichen Langhauspfeiler stammt ebenfalls aus dem 16.Jh.
Wandmalerei
An einigen Stellen (Kapelle nahe der Fensterrose, Eingangsbereich) finden sich farbige Wandmalereien. Die farbige Fassung des gesamten Innenraumes in Grau- und Ockertönen entspricht dem Urzustand des Bauwerks.
Orgel
Hauptartikel: Orgel der Kathedrale Notre-Dame in Lausanne
Die Orgel der Kathedrale wurde 2003 von der Firma Charles Brenton Fisk erbaut.
Restaurierung
Das Baumaterial der Kathedrale ist Molasse, ein weicher Sandstein. Seine geringe Widerstandskraft hat dazu geführt, dass an der Kathedrale seit ihrer Fertigstellung praktisch permanent Restaurierungsarbeiten durchgeführt werden müssen.
Seit dem 18.Jh. sind diese Arbeiten recht gut dokumentiert. Zu dieser Zeit wurde auch der komplette Abbruch der Kirche zu Gunsten eines Neubaus diskutiert. Im 19.Jh. bat man den französischen Gotik-Spezialisten Viollet-le-Duc um Hilfe. Nach seinen Plänen wurde ab 1874 eine umfassende, etwa 60 Jahre andauernde Restaurierung des gesamten Bauwerks vorgenommen. Einige der hierbei ausgeführten Veränderungen wurden im 20.Jh. zu Gunsten grösserer Authentizität wieder "derestauriert". Auch zu Beginn des 21.Jh. halten die Bemühungen um den Erhalt des Bauwerks unvermindert an.
Sonstiges
Als Kantor an der Kathedrale von Lausanne wirkte ab 1545 Guillaume Franc.
Literatur
- Ellen J. Beer: Die Rose der Kathedrale von Lausanne und der kosmologische Bilderkreis des Mittelalters. Benteli, Bern 1952 (Berner Schriften zur Kunst Bd. 6)
- Die Kathedrale von Lausanne und ihr Marienportal im Kontext der europäischen Gotik. Hg. v. Peter Kurmann u.a. De Gruyter, Berlin [u.a.] 2004 (Scrinium Friburgense Bd. 13)
- Sophie Donche Gay: Les vitraux du XXe siècle de la cathédrale de Lausanne. Payot, Lausanne 1994.
Weblinks
Commons: Lausanne Cathedral – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Infos zur Baugeschichte der Kathedrale (französisch)
- Infos zu den Orgeln der Kathedrale, Konzertdaten (französisch)
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