- Kaupthing
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Kaupthing Bank Unternehmensform Aktiengesellschaft Gründung 22. Februar 1982 Unternehmenssitz Reykjavík, Island Unternehmensleitung Sigurður Einarsson
Mitarbeiter 3.207 (30. Juni 2008) Bilanzsumme 6.604 Mrd. ISK (30. Juni 2008) Branche Kreditinstitut Website Die Kaupthing Bank ist die größte isländische Bank und die sechstgrößte in den nordischen Ländern. In ihrem Heimatland tritt sie als Kaupþing Banki hf. auf (hf. = Hlutafélag = Aktiengesellschaft). Das Unternehmen verfügt über Vertretungen in Großbritannien, Schweden, Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Luxemburg, der Schweiz, Deutschland, Österreich sowie in den USA und im Nahen Osten. Die Bank hat ihren Stammsitz in Reykjavík und beschäftigt etwa 3200 Mitarbeiter.
Am 9. Oktober 2008 wurde Kaupthing verstaatlicht. Am 31. Oktober stellte der isländische Einlagensicherungsfonds die Zahlungsunfähigkeit der Kaupthing Bank fest und somit den Entschädigungsfall.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Kaupþing Bank wurde 1982 gegründet. Bereits vier Jahre später war sie eines der Gründungsunternehmen der Isländischen Börse (Iceland Stock Exchange). 2003 wurde die Bank mit der 1930 gegründeten Búnaðarbanki Íslands fusioniert und ging an die Börse. Die Kaupthing Bank ist an der Isländischen- und der Stockholmer Börse gelistet. Am 9. Oktober 2008 wurde die Bank auf der Grundlage des wenige Tage zuvor erlassenen Notstandsgesetzes verstaatlicht.
Unternehmen
Die Kaupthing Bank hf. ist eine Universalbank und bietet Unternehmen und Privatpersonen Finanzdienstleistungen an, die von geschäftsbezogenen Leistungen über Kapitalmarktdienste bis zur Vermögensverwaltung sowie Private Banking und Investment Banking reichen.
Im August 2007 gaben die NIBC Bank mit Sitz in Den Haag und die Kaupthing Bank bekannt, dass Kaupthing NIBC für 2,99 Milliarden Euro übernehmen wolle – mit Ausnahme der verlustreichen Investitionen der NIBC in den US-amerikanischen Subprime-Markt für Hypothekenkredite.[1] Aufgrund der Finanzkrise ab 2007 scheiterten die Übernhameverhandlungen schließlich im Januar 2008.[2]
Seit Ausbruch der internationalen Kreditkrise im Sommer 2007 und eines rund 35-prozentigen Wertverlustes der Isländischen Krone innerhalb weniger Monate werden die isländischen Banken als besonders exponiert betrachtet.[3][4] Die internationalen Ratingagenturen senkten daher die Bonitätsnoten für die Kaupthing Bank gleich mehrmals.[5] Nach der Verstaatlichung der Kaupthing Bank und der Einfrierung der ausländischen Kundenkonten senkte Fitch Ratings am 9. Oktober 2008 das Rating auf D (erfolgter Zahlungsausfall).[6] Moody’s, das die Kaupthing Bank trotz der bekannten Schwierigkeiten noch bis am 8. Oktober 2008 mit A1 bewertete, senkte das Rating am 10. Oktober 2008 auf Caa1 bzw. auf C (in Zahlungsverzug) für die nachrangigen Schulden.[7]
Am 9. Oktober stellte die Kaupthing Bank alle Auszahlungen an ihre Kunden sowie die Liquiditätsversorgung für ihre Vertretungen im europäischen Ausland ein.[8]
Stärker als über direkte Kundeneinlagen refinanzierte sich die Kaupthing Bank jedoch hauptsächlich über die Ausgabe von Anleihen an den internationalen Finanzmärkten sowie durch Aufnahme von Darlehen im Interbankenmarkt. So unterzeichnete die Kaupthing Bank zuletzt im Juni 2008 einen Darlehensvertrag mit RZB, Bank of America, BayernLB und Lloyds TSB über ein Darlehen von 275 Millionen Euro.[9] Laut Halbjahresbericht 2008 hatte die Kaupthing Bank per Mitte 2008 ausstehende Kredite im Umfang von insgesamt 2.883 Milliarden Kronen, wovon 1.898 Milliarden Kronen in Form von Anleihen, sowie Kundeneinlagen in der Höhe von 1.848 Milliarden Kronen.[10]
Kaupthing Edge
Unter der Bezeichnung Kaupthing Edge trat die Kaupthing Bank in mehreren europäischen Ländern bis zum 8. Oktober 2008 als Onlinebank auf und bot ein Tagesgeldkonto sowie diverse Festgeldkonten. Sie präsentierte sich als Direktbank mit einem höheren Zinsniveau im Vergleich zu anderen Banken und Direktbanken.[11] Im ersten Halbjahr hat die Bank in Deutschland, England, Österreich, Schweiz und Skandinavien 140.000 Neukunden mit Einlagen von über 2,7 Mrd. Euro gewonnen.[12] Seit 9. Oktober 2008 sind alle Konten bei allen ausländischen Niederlassungen eingefroren.
Einlagensicherung
Die Bank ist dem isländischen Einlagensicherungsfonds angeschlossen. Dieser Fonds schützt nach Angaben der Bank die Einlagen jedes einzelnen Kunden – auch in Deutschland – bis zu einer Höhe von 20.887 Euro zu 100 %, dieser Betrag sei von dem isländischen Staat garantiert und unabhängig vom Kurs der Krone.[13] Der isländische Staat müsste einspringen, wenn das Geld im Fonds nicht ausreicht, hat sich allerdings auf den Standpunkt gestellt, nur an isländische Bürger zu zahlen, da die ausländischen Verbindlichkeiten dermaßen groß seien, dass sie zum Staatsbankrott von Island führen würden, wenn sie bedient werden müssten.[14] Seit dem 10. Oktober 2008 verlinkt die Kaupthing Edge auf ihrer Webseite zum isländischen Einlagensicherungsfonds.
Deutschland
Die isländische Muttergesellschaft Kaupthing Bank hf. ist seit März 2008 mit einer Niederlassung in Frankfurt am Main vertreten. Bis Anfang Oktober hatte die Bank 50.000 deutsche Kunden mit Einlagen von 500 Millionen Euro nach Angaben von FTD. Seit 8. Oktober 2008, 16:40:10 Uhr kann kein Kunde mehr über sein Geld verfügen. Am 9.Oktober 2008 hat die isländische Finanzaufsichtsbehörde FME (Fjármálaeftirlitið) anstelle der Aktionäre die Kontrolle der Bank auf Bitten der Bank hin übernommen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verhängte am selben Tag ein Moratorium, ein Zahlungs- und Veräußerungsverbot über die deutsche Niederlassung der Kaupthing Bank, um einen überstürzten, ungeordneten Abzug der Einlagen zu verhindern. Nach BaFin-Angaben sind Guthaben von 30.800 Deutschen in einer Gesamthöhe von 308 Mio. Euro betroffen.[15][16][17] Am 31. Oktober stellte der isländische Einlagensicherungsfonds die Zahlungsunfähigkeit der Kaupthing Bank rückwirkend zum 9.Oktober 2008 hin fest[18]. Damit besteht für deutsche Kunden der Bank eine Entschädigungsmöglichkeit [19], die nach isländischen Vorschriften auf eine Höhe von 20.887 € begrenzt ist [20]. Die Staatsgarantie der deutschen Regierung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel am 5. Oktober 2008 vorstellte, greift nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums nicht.[12] Nach Auskunft der BaFin haftet für das Geld auch keine deutsche Einlagensicherung. Am 22. November 2008 verkündete Finanzminister Steinbrück, dass allen deutschen Kunden der Kaupthing Bank ihre Einlagen erstattet werden. Die Bundesregierung hat nach Gesprächen mit Island eine Lösung gefunden. Island wird ein Kredit in Höhe der deutschen Einlagen gewährt.[21] Die Kunden werden allerdings nicht direkt über den deutschen Staat entschädigt, sondern müssen ihr Geld bei dem isländischen Einlagensicherungsfonds beantragen. Der Auszahlungsprozess kann sich daher noch unbestimmte Zeit verzögern.[22] Der isländische Präsident Ólafur Ragnar Grímsson erklärte nach den Unruhen wegen der Staatspleite in einem Interview gegenüber der Financial Times Deutschland am 10. Februar 2009, es sei den isländischen Steuerzahlern nicht zu vermitteln, dass sie jetzt auch noch für die Verluste deutscher Sparer aufkommen müssten. Ausländische Anlegern könnten nicht erwarten, dass Island die ganze Last der Finanzkrise trage. [23][24] Am Freitag den 17.04.2009 sagte die isländische Premierministerin Johanna Sigurdardottir, dass die Kaupthing Bank genügend Vermögen besitze, um den deutschen Sparern ihre Gelder auszuzahlen. [25]. Dieses wurde auch am gleichen Tag auf der Website der Kaupthing Edge Bank veröffentlicht.[26]
Großbritannien, Schweden, Niederlande
In Großbritannien hat sich die Regierung im ähnlich wie Kaupthing gelagerten Fall der Icesave, einer Tochter der isländischen Landsbanki, entschlossen, geschädigten Anlegern, die Bürger von Großbritannien sind, ihre Einlagen durch Vergabe von Krediten an Island zu sichern. Konkret ist geplant, Island einen Kredit von drei Mrd. Pfund (rund 3,8 Mrd. Euro) zu gewähren, damit britische Sparer ihre Guthaben bei der angeschlagenen isländischen Icesave-Bank zurückbekommen.[27]
Auch Schweden und die Niederlande wollen an Island zweckgebundene Kredite vergeben, um den Verlust von Einlagen ihrer Sparer bei isländischen Banken zu verhindern.
Österreich
Die isländische Muttergesellschaft Kaupthing Bank hf. ist seit 4. September 2008 mit einer Zweigstelle in Wien vertreten.
Am 9. Oktober 2008 hat Österreichs Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) der österreichischen Zweigstelle mit sofortiger Wirkung die Entgegennahme von Kundengeldern untersagt und alle Spareinlagen auf österreichischen Konten dieser Bank eingefroren.[28]
Beginnend am 29. Oktober 2008 wurde die Spareinlagen der österreichischen Kunden auf die Referenzkonten überwiesen. Am 31. Dezember 2008 hat die Zweigniederlassung Österreich alle ihre Tätigkeiten eingestellt.[29]
Schweiz
In der Schweiz war die Kaupthing Bank seit Juni 2008 über ihre luxemburgische Tochtergesellschaft Kaupthing Bank Luxembourg S.A. aktiv. Diese unterhält in Genf eine Zweigniederlassung.
Von der Zugangssperre sind in der Schweiz rund 1.700 Sparer mit Einlagen von insgesamt 35 Millionen Schweizer Franken betroffen. Die Eidgenössische Bankenkommission setzte diesbezüglich zwei Untersuchungsbeauftragte ein, die die finanziellen Verhältnisse des Instituts klären. Darüber hinaus hat sie der Bank zum Schutz der Sparer sämtliche Auszahlungen über 5.000 Franken untersagt.[30] Im Rahmen des Schweizer Einlegerschutzes haben Ende Oktober 2008 Kunden, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, den festgelegten Höchstbetrag von 30.000 Franken ausbezahlt bekommen. Die Auszahlung von Einlagen von mehr als 30.000 Franken, inklusive Zinsen, hängt gemäss den Angaben der EBK und den eingesetzten Untersuchungsbeauftragten von der Entwicklung der Situation in Island, dem Ergebnis der zwischen Luxemburg, Belgien und Island geführten Diskussionen und vom Ausgang des laufenden Verfahrens am Hauptsitz der Bank in Luxemburg ab.[31]
Weblinks
- Offizielle Webseite der Kaupthing Bank (engl.)
- Offizielle Webseite Kaupthing-Edge
- Hilfe & Informationsportal für Geschädigte
- Kaupthing Edge - Hilfeforum für Geschädigte
- BaFin: Fragen und Antworten zur Kaupthing Bank, Niederlassung Deutschland
Einzelnachweise
- ↑ Isländer kaufen NIBC-Bank; Handelsblatt vom 15. August 2007
- ↑ J. C. Flowers erlebt mit HRE und HSH Desaster; Handelsblatt vom 9. Februar 2009
- ↑ Frankfurter Allgemeine, 9. April 2008: Islands Banken unter Druck
- ↑ Frankfurter Allgemeine, 5. Mai 2008: Kaupthing Bank - Die Großbank, die Island über den Kopf wuchs
- ↑ historischer Ratingverlauf
- ↑ Fitch Ratings, 9. Oktober 2008
- ↑ Moody’s, 10. Oktober 2008
- ↑ Spiegel Online
- ↑ boerse-express.com
- ↑ Halbjahres-Geschäftsbericht 2008
- ↑ Finanz-Journal, 4. September 2008
- ↑ a b Handelsblatt: „Kaupthing Sparern droht Milliardenschaden“
- ↑ http://www.kaupthingedge.de/lisalib/getfile.aspx?itemid=701
- ↑ http://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/kaupthing-sparer-zwischen-allen-stuehlen;2060060
- ↑ ftd: „Nach Verstaatlichung Kaupthing Kunden droht 308 Millionen Schaden“
- ↑ Süddeutsche Zeitung: „Bafin sperrt Kaupthing-Konten“
- ↑ pr-inside
- ↑ http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_319840
- ↑ BaFin: Fragen und Antworten zur Kaupthing Bank, Niederlassung Deutschland
- ↑ finanz-krise.info: Kaupthing - Entschädigung bis zu 20.887 € pro Konteninhaber in Aussicht gestellt
- ↑ SpiegelOnline: Deutsche Kaupthing-Kunden bekommen ihr Geld zurück
- ↑ SpiegelOnline: Deutsche Kaupthing-Kunden könnten Monate auf ihr Geld warten
- ↑ http://www.ftd.de/politik/international/:Krisland-Deutsche-Kaupthing-Anleger-vor-Totalverlust/472253.html
- ↑ http://www.zeit.de/online/2009/07/island-kaupthing-entschaedigung
- ↑ [http://www.reuters.com/article/rbssFinancialServicesAndRealEstateNews/idUSLH62517620090417
- ↑ [http://www.kaupthingedge.de/Kaupthing-Edge/Letzte-Nachrichten
- ↑ http://www.n-tv.de/1041458.html
- ↑ Pressemitteilung der österreichischen Finanzmarktaufsicht
- ↑ Kaupthing Bank hf Zweigniederlassung Österreich, Informationen über Schliessung der Zweigniederlassung Österreich
- ↑ Tages Anzeiger, 10. Oktober 2008
- ↑ Tages Anzeiger, 28. Oktober 2008
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