- Kennedy-Thorndike-Experiment
-
Das Kennedy-Thorndike-Experiment sollte nachweisen, ob die Änderung der Geschwindigkeit des Beobachters in verschiedenen Inertialsystemen einen Einfluss auf die Ausbreitung des Lichtes hat. Damit sollte die Existenz der Zeitdilatation der Speziellen Relativitätstheorie bzw. die Gültigkeit der ursprünglichen Kontraktionshypothese nachgeprüft werden.[1] [2] [3] Das 1932 von R. J. Kennedy und E. M. Thorndike durchgeführte Experiment lieferte in Übereinstimmung mit der Speziellen Relativitätstheorie ein Nullresultat und bestätigte, dass neben der Längenkontraktion auch die Zeitdilatation angenommen werden muss. Während in diesem Experiment die Zeitdilatation also indirekt nachgewiesen wurde, erfolgte der erste direkte Nachweis durch das Ives-Stilwell-Experiment (vgl. Tests der speziellen Relativitätstheorie).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
→ Hauptartikel: Geschichte der speziellen Relativitätstheorie
Das Kennedy-Thorndike-Experiment ist eine Variante des Michelson-Morley-Experiments (1887). Mit Letzterem sollte die Existenz einer Relativbewegung zwischen Erde und Äther (Ätherwind) festgestellt werden, doch das Ergebnis war negativ. Um diesen negativen Ausgang zu erklären, wurde von George Francis FitzGerald (1889) und Hendrik Antoon Lorentz (1892) die Existenz einer Längenkontraktion postuliert. Diese ursprüngliche Kontraktionshypothese musste aufgrund der Experimente von Rayleigh und Brace (1902, 1904) und des Trouton-Noble-Experiments (1903) durch die Hinzunahme der Zeitdilatation zur Lorentz-Transformation erweitert werden, und zwar im Rahmen der 1904 formulierten lorentzschen Äthertheorie (LET, inzwischen überholt) und Albert Einsteins 1905 formulierten und bis heute gültigen Speziellen Relativitätstheorie (SRT, in der kein Äther mehr vorkommt). Dies wurde durch das Kennedy-Thorndike-Experiment bestätigt, für dessen Erklärung die Kontraktionshypothese alleine unzureichend war, und die komplette Lorentz-Transformation (inkl. Zeitdilatation) angewendet werden muss. (Außer durch die spezielle Relativitätstheorie kann dieses Experiment auch durch einen vollständig mitgeführten Äther oder die Emissionstheorie erklärt werden, jedoch sind diese beiden Theorien bereits durch andere Experimente widerlegt worden, und müssen nicht mehr berücksichtigt werden.)
Das Experiment
Um nachzuweisen, ob die Zeitdilatation neben der Längenkontraktion notwendig ist, änderten Kennedy und Thorndike (1932) das Michelson-Morley-Experiment insofern ab, indem sie einen Arm des Interferometers sehr viel kürzer als den anderen machten. Der Längenunterschied betrug 16 cm, eine größere Differenz schied aus experimentellen Gründen (die Kohärenz der Lichtquelle musste gesichert bleiben) aus. Außerdem drehten Kennedy und Thorndike das Interferometer nicht, sondern beobachteten mögliche Veränderungen in den Interferenzmustern aufgrund einer Änderung des Geschwindigkeit der Erde in den jeweiligen Armen des Interferometers (da sich die Richtung und der Betrag der Umlaufgeschwindigkeit um die Sonne ändert) über einige Monate. Gäbe es nur die Längenkontraktion, verschieben sich auch die Interferenzstreifen und das Ergebnis würde positiv ausfallen. Bei Änderung der Geschwindigkeit im längeren Arm (Längendifferenz ) von zu ergäbe sich eine relative Verschiebung der Interferenzmuster aufgrund der Längenkontraktion von (die Wellenlänge des Lichtes sei , c ist die Lichtgeschwindigkeit):
für Geschwindigkeiten v, w, die sehr viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit c sind. Nur wenn sich die Frequenz im Sinne der Zeitdilatation im selben Verhältnis ändert, wäre das Ergebnis negativ, das heißt es würde keine Verschiebung beobachtet. Um eine solche Verschiebung über mehrere Monate feststellen zu können, wurde das Interferometer extrem stabil gebaut und die Interferenzmuster wurden für spätere Vergleiche photographiert. Die Tests wurden über mehrere Monate hinweg ausgeführt. Als keine signifikante Verschiebung festgestellt werden konnte, schlossen die Experimentatoren, dass die ursprüngliche Kontraktionshypothese alleine nicht ausreicht und somit die Zeitdilatation tatsächlich existiert.
Moderne Experimente
Experimente vom Kennedy-Thorndike Typ werden bis heute in unterschiedlichen Variationen mit erheblich vergrößerter Präzision durchgeführt, und zwar unter Benutzung von Laser, Maser, kryogenischen optischen Resonatoren, etc.. Dazu gehören Hils und Hall (1990)[4], Braxmeier et al. (2002)[5], Wolf et al. (2004),[6] Tobar et al. (2009)[7] die eine maximale Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Apparatgeschwindigkeit von ergaben.
Neben diesen terrestrischen Varianten wurde eine Kenndedy-Thorndike-Messung durch Müller & Soffel (1995) mit Lunar Laser Ranging durchgeführt, D.h. es wurden Signale zwischen Erde und Mond ausgewertet. Auch dieses Experiment erbrachte ein negatives Resultat.[8]
Einzelbelege
- ↑ R. J. Kennedy, Thorndike, E. M.: Experimental Establishment of the Relativity of Time. In: Physical Review. 42, Nr. 3, 1932, S. 400–418. Bibcode: 1932PhRv...42..400K. doi:10.1103/PhysRev.42.400.
- ↑ Robertson, H. P.: Postulate versus Observation in the Special Theory of Relativity. In: Reviews of Modern Physics. 21, Nr. 3, 1949, S. 378-382. doi:10.1103/RevModPhys.21.378.
- ↑ Robert Resnick, Introduction to Special Relativity, Wiley 1968
- ↑ Hils, Dieter; Hall, J. L.: Improved Kennedy-Thorndike experiment to test special relativity. In: Phys. Rev. Lett.. 64, 1990, S. 1697–1700. doi:10.1103/PhysRevLett.64.1697.
- ↑ Braxmaier, C.; Müller, H.; Pradl, O.; Mlynek, J.; Peters, A.; Schiller, S.: Tests of Relativity Using a Cryogenic Optical Resonator. In: Phys. Rev. Lett.. 88, Nr. 1, 2002, S. 010401. doi:10.1103/PhysRevLett.88.010401.
- ↑ Wolf, P.; Tobar, M. E.; Bize, S.; Clairon, A.; Luiten, A. N.; Santarelli, G.: Whispering Gallery Resonators and Tests of Lorentz Invariance. In: General Relativity and Gravitation. 36, Nr. 10, 2004, S. 2351-2372. doi:10.1023/B:GERG.0000046188.87741.51. arXiv:gr-qc/0401017.
- ↑ Tobar, M. E.; Wolf, P.; Bize, S.; Santarelli, G.; Flambaum, V.: Testing local Lorentz and position invariance and variation of fundamental constants by searching the derivative of the comparison frequency between a cryogenic sapphire oscillator and hydrogen maser. In: Physical Review D. 81, Nr. 2, 2010, S. 022003. doi:10.1103/PhysRevD.81.022003. arXiv:0912.2803.
- ↑ Müller, J.; Soffel, M. H.: A Kennedy-Thorndike experiment using LLR data. In: Physics Letters A. 198, 1995, S. 71-73. doi:10.1016/0375-9601(94)01001-B.
Isotropie von c: Michelson-Morley-Experiment | Kennedy-Thorndike-Experiment | Mößbauer-Rotor-Experiment | Resonator-Experimente
Lorentzinvarianz: Hughes-Drever-Experiment | Moderne Tests der Lorentzinvarianz |Trouton-Noble-Experiment | Experimente von Rayleigh und Brace | Trouton-Rankine-Experiment |
Zeitdilatation: Ives-Stilwell-Experiment | Mößbauer-Rotor-Experiment | Zeitdilatation bewegter Teilchen
Sagnac/Fizeau: Sagnac-Experiment | Fizeau-Experiment
Relativistische Energie: Kaufmann-Bucherer-Neumann-Experimente | Teilchenbeschleuniger
Alternativen: Widerlegungen der Äthertheorie | Widerlegungen der Emissionstheorie
Allgemein: Testtheorien | Standardmodellerweiterung | Einweg-Lichtgeschwindigkeit
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Kennedy–Thorndike experiment — The Kennedy–Thorndike experiment ( Experimental Establishment of the Relativity of Time ), first conducted in 1932, is a modified form of the Michelson–Morley experimental procedure. The modification is to make one arm of the classical… … Wikipedia
Michelson–Morley experiment — Box plots based on data from the Michelson–Morley experiment The Michelson–Morley experiment was performed in 1887 by Albert Michelson and Edward Morley at what is now Case Western Reserve University in Cleveland, Ohio. Its results are generally… … Wikipedia
Michelson-Morley-Experiment — Wenn elektromagnetische Wellen an einen ruhenden Äther gebunden wären, müsste man die Eigenbewegung von Erde und Sonne als Ätherwind messen können. Das Michelson Morley Experiment war ein physikalisches Experiment, das von dem deutsch… … Deutsch Wikipedia
Michelson-Experiment — Wenn elektromagnetische Wellen an einen ruhenden Äther gebunden wären, müsste man die Eigenbewegung von Erde und Sonne als Ätherwind messen können. Das Michelson Morley Experiment war ein physikalisches Experiment, das von dem deutsch… … Deutsch Wikipedia
Ives-Stilwell-Experiment — Das Ives Stilwell Experiment war das erste Experiment, mit dem der transversale Dopplereffekt und somit die aus der speziellen Relativitätstheorie folgende Zeitdilatation direkt nachgewiesen werden konnte. Zusammen mit dem Michelson Morley… … Deutsch Wikipedia
Trouton-Noble-Experiment — Mit dem Trouton Noble Experiment versuchten Frederick Thomas Trouton und Henry R. Noble 1903 auf eine andere Art als beim Michelson Morley Experiment den Bewegungszustand der Erde relativ zum Äther zu messen. Der negative Ausgang des Trouton… … Deutsch Wikipedia
Fizeau-Experiment — Aufbau des Fizeau Experiments aus dem Jahr 1851 Das Fizeau Experiment wurde von Hippolyte Fizeau 1851 durchgeführt, um die relativen Lichtgeschwindigkeiten im bewegten Wasser zu messen. Nach der Aussage Albert Einsteins war das Experiment… … Deutsch Wikipedia
Michelson–Gale–Pearson experiment — The Michelson–Gale–Pearson experiment (1925) is a modified version of the Michelson Morley experiment and the Sagnac Interferometer. It measured the Sagnac effect due to Earth s rotation, and thus tests the theories of special relativity and… … Wikipedia
Hughes–Drever experiment — Hughes–Drever experiments (also clock comparison , clock anisotropy , mass isotropy , or energy isotropy experiments) are testing the isotropy of mass and space. As in Michelson–Morley experiments, the existence of a preferred frame of reference … Wikipedia
Trouton-Rankine-Experiment — Mit dem Trouton Rankine Experiment (1908) sollte festgestellt werden, ob die Längenkontraktion von einem mitbewegten Beobachter gemessen werden kann, wodurch eine Relativbewegung zum Äther (Ätherwind) bewiesen wäre. Das Experiment ging negativ… … Deutsch Wikipedia