Konstruktive Kritik

Konstruktive Kritik

Kritik (französisch: critique; ursprünglich griechisch: κριτική [τέχνη], kritiké [téchne], abgeleitet von κρινειν krinein, „[unter-]scheiden, trennen“) bezeichnet „die Kunst der Beurteilung, des Auseinanderhaltens von Fakten, der Infragestellung“ in Bezug auf eine Person oder einen Sachverhalt.

Umgangssprachlich beinhaltet der Begriff zumeist das Aufzeigen eines Fehlers oder Missstandes, verbunden mit der impliziten Aufforderung, diesen abzustellen. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch bedeutet Kritik die Beantwortung der Frage nach den Bedingungen von etwas. In diesem Sinne meinte Immanuel Kant mit seiner Kritik der reinen Vernunft (1781) nicht eine Beanstandung reiner Vernunfterkenntnis, sondern er suchte nach den „Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis“ aus reiner Vernunft. Ebenso will die geschichtswissenschaftlicheQuellenkritik“ nicht ihre Quellen herabwürdigen, sondern fragt nach den Bedingungen, unter denen Quellen einen Wert für die historische Erkenntnisgewinnung haben.

Inhaltsverzeichnis

Allgemein

Kritik bezeichnet heute ganz allgemein eine prüfende Beurteilung nach begründetem Maßstab, die mit der Abwägung von Wert und Unwert einer Sache einhergeht. Unterschieden wird häufig nach der Art und Weise:

  • positive Kritik: ein Lob, die Anerkennung
  • negative Kritik: ein Tadel
  • konstruktive Kritik: eine Kritik, die auf Verbesserung des Gegenstandes abzielt (Siehe auch: Correctio Fraterna)
  • destruktive Kritik: eine Kritik, die auf die Vernichtung des Gegenstandes abzielt
  • Selbstkritik: die differenzierte Überprüfung eigenen Verhaltens und/oder eigener Anschauungen, in Hinsicht auf bestimmte Kriterien, wie z. B. ethische: "Bin ich wirklich tolerant?"

Einzelne Kritikfelder

Im Einzelnen kann sich Kritik beziehen auf:

Kultur und Gesellschaft

Die kulturphilosophische kritische Betrachtung der Gesellschaft selbst findet Platz unter anderem in der Kulturkritik und der Gesellschaftskritik.

Wissenschaft

In der (Geistes-)Wissenschaft ist sie eine Methode, um durch Kritisieren und Falsifizieren von Hypothesen sich einer Wahrheit anzunähern. Hauptvehikel des Kritischen Rationalismus (siehe auch Falsifikationismus).

Im Rahmen der Philosophie der Kritischen Theorie bezeichnet Kritik einen Vernunftgebrauch, der die Zweck-Mittel-Rationalität des traditionellen Vernunftgebrauchs transzendiert, um durch die Betrachtung des Bestehenden und des Möglichen eine Grundlage für die Gestaltung und Veränderung der Wirklichkeit zu schaffen.

Als Methode, lesbare einheitliche Texte aus Manuskripten oder Erstdrucken zu rekonstruieren, ist die Kritik ein immanenter Teil der Editionsphilologie, die wiederum ein Teilbereich der Literaturwissenschaft ist (siehe Textkritik oder für die Auseinandersetzung mit der Bibel die Literarkritik). Darauf baut die Quellenkritik in der Geschichtswissenschaft auf, die Entstehungskontext, Autor und Intention von Quellen festzustellen sucht.

Journalismus

Im Journalismus versteht man unter einer Kritik eine Darstellungsform, die Information und Meinung verbindet. Sie kann positiv oder negativ ausfallen. Eine Sonderform bildet die Rezension. Sie kann streng geisteswissenschaftlichen bzw. philologischen Ansprüchen genügen wollen oder als Teil des Feuilletons in den Medien, oft im Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen wie Aufführungen, Ausstellungen oder Buchveröffentlichungen, auf ein breiteres Publikum zielen. Man unterscheidet unter anderem zwischen Kunstkritik, Literaturkritik, Musikkritik, Theaterkritik, Filmkritik und Spielekritik. Sind die Medien selbst Gegenstand der Kritik, spricht man von Medienkritik.

Praxis der Kritik

Kritik ist nicht etwas allgemeines, sondern eine je bestimmte Tätigkeit der Reflexion auf einen Gegenstand der Reflexion, die getätigt wird von einem ganz bestimmten Ort. Diese Orte oder Positionen werden je nach erkenntnistheoretischem Kontext mit den Begriffen institutionalisierte Praxis, Diskurs, Epistem oder Institution bezeichnet.[1]

Kritik ist dann nicht mehr als Kritik erkennbar, wenn „sie nur noch als rein verallgemeinerbare Praxis dasteht.“[1] Hier grenzt sich Kritik von anderen Begriffen, etwa Krittelei,[2] ab.

Aufgaben der Kritik

Die Aufgabe von Kritik kann enger oder weiter gefasst werden. Enger gefasst dient Kritik der Bewertung eines Gegenstandes. Dagegen sehen Philosophen wie Foucault die Aufgabe der Kritik in einem weiter gefassten oder dem Beurteilen von Gegenständen überschreitendem Rahmen. Danach soll es die Hauptaufgabe der Kritik sein, das „System der Bewertung selbst“ kenntlich zu machen.[1]

Diese Unterscheidung erfolgt, weil Bewertungen einem bestimmten Normensystem (→Normativität) entsprechen und somit die Kritik und das Subjekt, das diese Bewertung vornimmt, sich einer vorgegebenen Norm unterwerfen. Dieses Normensystem kann zum Beispiel als „Wahrheit“ bezeichnet werden. Um dieser Unfreiheit der Unterwerfung zu entkommen, bietet Foucoult an, das System der Bewertung selbst zu hinterfragen und sich über Sinn und Zweck dieser „Wahrheiten“, „Diskurse“ etc. ein eigenständigeres Bild zu machen. Ziel ist es, den Zwangsmechanismen zu entkommen, die ein Subjekt dazu nötigen, sich formen zu lassen.[3]

Literatur

  • Theodor W. Adorno: Kulturkritik und Gesellschaft. In: Prismen, Frankfurt am Main 1976 (zur Praxis der Kritik siehe dort, S. 23).
  • Judith Butler: Was ist Kritik? Ein Essay über Foucaults Tugend. transform.epicp.net 05/2001.
  • Michel Foucault: Was ist Kritik? Berlin 1982.
  • Kurt Röttgers: Kritik. In: Geschichtliche Grundbegriffe: Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Band 3. Hrsg. von Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck. Klett, Stuttgart 1982, S. 651–675 (für diesen Artikel nicht ausgewertet).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Vgl. Judith Butler: Was ist Kritik? Ein Essay über Foucaults Tugend. transform.epicp.net 05/2001.
  2. Raymond Williams: Keywords. New York 1976, S. 75f.
  3. Vgl. Michel Foucault: Was ist Kritik? Berlin 1982.

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