Kristijonas Donelaitis

Kristijonas Donelaitis

Christian Donaleitis, auch Kristijonas Donelaitis (er selbst nannte sich Christian Donalitius, * 1. Januar 1714 in Lasdinehlen bei Gumbinnen; † 18. Februar 1780 in Tollmingkehmen) war protestantischer Pfarrer einer deutsch-litauischen Gemeinde im ostpreußischen Tollmingkehmen (Preußisch-Litauen), wo er 37 Jahre in deutscher und in litauischer Sprache predigte. Er schrieb Gedichte in Deutsch und war Verfasser des ersten schöngeistigen Werks in litauischer Sprache. Er lernte ebenfalls Griechisch, Hebräisch, Französisch.

Zweisprachiges Denkmal für Donelaitis auf dem Friedhof zu Bitėnai (Bittehnen), Kreis Pagėgiai (Pogegen) (im früheren Memelland)
Seitliche Ansicht des Denkmals

Als Sohn eines Kölmers (Freibauern), welcher frühzeitig starb, besuchte er als Pauperschüler (armer Stipendiat) die renommierte Domschule (Kneiphof) in Königsberg. Er hatte einen Bruder, Friedrich, welcher Goldschmied und Juwelier in Königsberg wurde. Ein weiterer Bruder, Michael, erbte den Besitz des verstorbenen Vaters und ein Bruder Adam wurde Huf- und Waffenschmied.

In Königsberg studierte er unter pietistischen Professoren Theologie und besuchte das vom preußischen König gegründete Litauische Seminar unter Dr. Albert Schulz zur Erhaltung litauischer Sprache, an dem die zukünftigen Pfarrer der vielfach neugegründeten Orte in litauischsprachigen Gemeinden Preußens ausgebildet wurden.

Er war einige Jahre Cantor und er war auch als Mechaniker sehr fleißig. Er baute Pianos und schliff Glas für Thermometer und Barometer. Er heiratete Anna Regina, die Tochter des Stadtrichters Ohlefant aus Goldap. Die Ehe blieb kinderlos. Sein Hauptwerk Metai (dt. Jahreszeiten) entstand als Gelegenheitsdichtung, vermutlich zunächst zur Ausgestaltung seiner Predigten.

Nach vielen Jahren Sammlung und Bearbeitung veröffentlichte erst 1818 Ludwig Rhesa die hinterlassenen litauischen Dichtungen zusammen mit deutscher Übersetzung in gekürzter Fassung. 1865 gab der Linguist August Schleicher in St. Petersburg bei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften schließlich die Originalverse des Christian Donalitius als erste vollständige Ausgabe mit einem Glossar heraus. Während der Zarenzeit bis 1917 wurde Schleichers Veröffentlichung u. a. als Lehrbuch des Litauischen an russischen Gymnasien und Universitäten verwendet. Ferdinand Nesselmann in seinem Werk ein paar Jahre nach Schleicher's beanstandete einige litauische Übersetzungen. Im heutigen Litauen blieb Christian Donalitius bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts relativ unbekannt, gilt als Kristijonas Donelaitis dort jetzt aber als Begründer der litauischen Nationalliteratur.

Noch vor Klopstock in seinem Messias schrieb Donelaitis in Hexametern. Vor ihm gab es in Preußen neben Wörterbüchern und Grammatiken litauische Texte nur aus religiöser Veranlassung (Bibeln, Gebet- und Gesangbücher) und in einigen Eidesformeln. Die UNESCO nahm Metai 1977 in die Bibliothek der Literaturmeisterwerke Europas auf. Von Donelaitis sind auch einige Gedichte in deutscher Sprache überliefert.

Donelaitis war tatsächlich ein Pionier. Im Vorwort des deutschen Auflage 1966 schreibt der Übersetzer Hermann Buddensieg, dass Donelaitis der Erste innerhalb der westlichen Kultur sei, der ein belletristisches Werk über gewöhnliche Menschen geschrieben habe".

Inhaltsverzeichnis

Rezeption in Deutschland

Durch den preußischen Kultusminister Wilhelm von Humboldt angeregt, veröffentlicht der Königsberger Professor Ludwig Rhesa Donelaitis' Werk erstmals. Jakob Penzel schreibt im August 1818 in einer Würdigung des Dichterpfarrers in der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung:

"Er war ein großer Freund der Gartenkunst, schliff optische Gläser, verfertigte Thermometer und Barometer, die in ganz Preußen berühmt waren, baute Forte-Pianos, auf denen er selbst vortrefflich spielte; aber noch mehr Reiz als Musik hatte für ihn die verschwisterte Dichtkunst. Unter seinen nachgelassenen Papieren finden sich hebräische, griechische, lateinische, französische und deutsche Gedichte. Aber sein Meisterwerk bleibt das hier zum ersten Mal abgedruckte Gedicht über die vier Jahreszeiten. Der Dichter, dem Dichten so sehr zum Naturbedürfnis geworden war, dass er auch oft mit seinen Freunden in Versen correspondirte...."

Weniger enthusiastisch ist die Aufnahme bei seinen preußisch-litauischen Landsleuten. Friedrich Kurschat urteilt 1876:

"Christian Donalitius Littauische Dichtungen..... sind zwar in ganz littauischer Ausdrucksweise geschriebene episch-idyllische Erzählungen, aber beim Volk nicht beliebt, weil darin das alltägliche prosaische Volksleben (in Hexametern) dargestellt wird, zum Theil aber in übertriebenen Formen und verzerrten Bildern, woran das Volk kein Wohlgefallen findet."

Die jüngste deutschsprachige Nachdichtung stammt von Hermann Buddensieg (1970). Mitte der 1960er Jahre setzte sich Johannes Bobrowski (1917-1965) in dem Roman Litauische Claviere mit Donelaitis auseinander. 1976 hatte die Oper gleichen Namens von Rainer Kunad in Dresden Premiere.

METAI (Die Jahreszeiten)

In der Übersetzung von Ludwig Passarge, 1894

III. Die Freuden des Frühlings

PAVASARIO LINKSMYBĖS
Jau saulelė vėl atkopdama budino svietą
Ir žiemos šaltos trūsus pargriaudama juokės.
Šalčių pramonės su ledais sugaišti pagavo,
Ir putodams sniegs visur į nieką pavirto.
Tuo laukus orai drungni gaivindami glostė
Ir žoleles visokias iš numirusių šaukė.
Krūmai su šilais visais išsibudino keltis,
O laukų kalnai su kloniais pametė skrandas.
Vislab, kas rudens biaurybėj numirė verkdams,
Vislab, kas ežere gyvendams peržiemavojo
Ar po savo keru per žiemą buvo miegojęs,
Vislab tuo pulkais išlindo vasarą sveikint.


Wiederum stieg die Sonne herauf und weckte die Welt auf,
Lachte der Werke des kalten Winters und warf sie in Trümmer.
Leicht mit dem Eise zerrann, was der Frost phantastisch erbaute,
Und der schäumende Schnee verwandelte rings in ein Nichts sich.
Lauer schon wehten die Lüfte und brachten Labung den Fluren,
Weckten zur Auferstehung die Blumen aus traurigen Gräbern.
Büsche und Heiden, alles erwachte zum fröhlichen Leben,
Höhe und Tiefe der Ackerflur zog rasch sich den Pelz aus.
Alles, was weinend erstarb in des Herbstes starrendem Wehen,
Alles, was tief versteckt in den Teichen den Winter verbrachte,
Oder was unter den Stümpfen des Waldes den Winter verschlafen,
Alles das kroch in Scharen heraus, zu begrüßen den Frühling.
.......


IV. Die Arbeiten des Sommers

........
Dieser nichtsnutzige Plautschun, ein Jahr ist's her, dass beim Kaspar
Eingeladen zur Talk, er sich so sinnlos betrunken,
Dass er bei dunkler Nacht, im Feld sich verirrend, das Wetzzeug,
Das noch neue, verlor, samt seiner schartigen Sense,
Und in der Frühe des Morgens erst kam nach Hause geschlichen.
Als er sodann den ganzen Tag im Schlafe gelegen,
Fiel's ihm nicht ein, das verlorne Gerät auf dem Felde zu suchen,
Bis im folgenden Jahr die Wachtel wieder ins Heu rief.
Sieh, da vermisste Plautschun die Sense zugleich mit dem Wetzzeug,
Lief wehklagend umher bald hierhin, bald dorthin, bis schließlich
Er in unmäßiger Wut einen birkenen Knüttel erfasste,
Und fast zu Tod schlug die Frau samt den Kindern, der Unhold.
Als er sich ausgerast, unmenschlich fluchend und tobend,
Sattelt' in seiner Manier er den elenden Klepper, den Einohr,
Ritt dann nach Königsberg stracks, sich eine Sense zu kaufen.
Aber hier gab es so viel der herrlichen Dinge zu schauen,
Die er mit offenem Maul anstaunte, als bäurischer Dämel,
Dass er alles vergaß, die neue Sense, das Wetzzeug.
Aber den Klepper auch hatte er dort vertrunken beim Mikas;
Und so kam er zu Fuß nach vierzehn Tagen nach Hause,
Wo er die Wiese, halb niedergetreten - 's ist Schande zu sagen -
Murrend und kriechend bloß mit der Sichel zu mähen versuchte.
Aber die Nachbarn hatten schon alle den Roggen geerntet,
Manche aßen sogar schon die frischgebackenen Fladen.


Originalauszug dieser Textstelle mit sprachlichen Erläuterungen auf Englisch: [1]

Gedicht in deutscher Sprache

Der Gott der Finsternis

Der Gott der Finsterniß, der abgefeimte Teufel,
Erbauet gern den Thor durch eingehauchte Zweifel,
Und dieser ranzt sogleich den Unflath in ein Buch;
Zum Leyd der Redlichen, und seinem eignem Fluch.
Die Hölle freuet sich bey diesen Kindesnöthen,
Und jauchzet, wenn sie sieht den Trost des Glaubens tödten,
Drauf fährt die Pestilenz, mit der verdammten Schrift,
Aus des Verlegers Hand in alle Welt wie Gift.

Werke

  • Die Jahreszeiten. Ein litauisches Epos. Nachdichtung und Geleitwort von Hermann Buddensieg, Leipzig, Insel, 1970
  • Sämtliche Dichtungen Mit litauisch-deutschem Glossar herausgegeben von Schleicher, St. Petersburg 1865
  • Das Jahr in vier Gesängen, ein ländliches Epos aus dem Litauischen von Christian Donalleitis Königsberg, 1818, herausgegeben von Ludwig Rhesa

Es gibt mehrere Übersetzungen der "Jahreszeiten". Mindestens zwei englische, 1967 und 1985. Zwei deutsche, 1869 und 1966 (die letzte wieder publiziert 1970). Und eine schwedische 1991.

Literatur

  • Adalbert Bezzenberger: Die litauische Literatur. In: Bezzenberger, A. u. a.: Die osteuropäischen Literaturen und die slavischen Sprachen. Berlin und Leipzig: Teubner 1908 Reihe: Die Kultur der Gegenwart. Teil 1 Abt. IX

Weblinks


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