- Laienrichter
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Ein ehrenamtlicher Richter (auch Laienrichter genannt) benötigt nicht die Qualifikation eines Volljuristen. Er ist an einem Gerichtsverfahren auf Grund einschlägiger Lebenserfahrung (zum Beispiel Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeisitzer an den Arbeitsgerichten) unabhängig und mit vollem Stimmrecht beteiligt. Ehrenamtliche Richter sind beispielsweise im Strafprozess Geschworene oder Schöffen.
Geschichtlich betrachtet geht das Amt des ehrenamtlichen Richters (sie dürfen auch Juristen -aber nicht Notare oder Rechtsanwälte- sein; ebenfalls nicht zugelassen: Polizeivollzugsbeamte) auf die politische Aufklärung im 19. Jahrhundert und die Emanzipation des Bürgertums zurück. Ein Argument für die Beteiligung von ehrenamtlichen Richtern, die nicht Juristen sind, war und ist, dass sie für Einflussnahmen aus der Obrigkeit weniger zugänglich als Berufsrichter sein können und häufig ein von juristischen Überlegungen unabhängiges, stärker in der Lebenswirklichkeit verwurzeltes Vorverständnis mit in die Urteilsfindung einbringen. Ein Argument dagegen sind im Einzelfall die fehlenden juristischen Fachkenntnisse.
In privaten Schiedsgerichten können Richter (ohne Juristenzwang), die hier allerdings normalerweise nicht ehrenamtlich tätig werden, im so genannten „Schiedsverfahren nach Billigkeit“ (bei dem nicht nach geltendem Recht, sondern nach sachlichen Gesichtspunkten entschieden werden soll) auch als alleinige Entscheidungsinstanz auftreten.
Inhaltsverzeichnis
Situation in Deutschland
Die Bezeichnung „Laienrichter“ steht nicht im Gesetzestext und wird wegen der abwertenden Konnotation als nicht mehr zeitgemäß empfunden.
Der ehrenamtliche Richter übt als Vertreter des Volkes neben dem Berufsrichter „das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht“ aus (Definition aus § 30 GVG). In Strafsachen werden ehrenamtliche Richter als Schöffen, bei den Kammern für Handelssachen dagegen als Handelsrichter bezeichnet. Ehrenamtliche Richter sind daneben auch an Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichten vorgesehen sowie beim Truppendienstgericht (§§ 71, 74, 75 WDO) als Wehrdienstgericht.
Bis zur so gen. „Emminger-Verordnung“ im Jahre 1924 sah die deutsche Strafprozessordnung in Schwurgerichtssachen noch ein echtes Geschworenengericht vor, bei dem die Laienrichter (Geschworene) allein über die Schuldfrage entschieden und die Berufsrichter nur für die Verhandlungsleitung und die Strafzumessung zuständig waren. Heute kommt dem Namen Schwurgericht nur noch eine historische Bedeutung zu, sachliche Unterschiede zur sonst zuständigen „normalen“ großen Strafkammer des Landgerichts sind damit nicht mehr verbunden. Die Besetzung des Schwurgerichts besteht heute aus drei Berufsrichtern und zwei Laienrichtern (Schöffen, nicht mehr Geschworene).
Ein ehrenamtlicher Richter ist in Deutschland in gleichem Maße sachlich unabhängig wie ein Berufsrichter. Er hat seine Pflichten getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) und dem Gesetz zu erfüllen, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehung der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen. Auf diese Pflichten leistet er einen Eid. Er hat das Beratungsgeheimnis zu wahren.
Grundlegende Vorschriften sind die §§ 44 - 45a des Deutschen Richtergesetzes. Im übrigen bestimmen sich die Rechte und Pflichten der ehrenamtlichen Richter nach den für die einzelnen Gerichtszweige geltenden Vorschriften, zum Beispiel für Schöffen nach §§ 30 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Ein Richter kann unter engen Voraussetzungen von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen sein (§§ 41, 42 ZPO, 22, 23 StPO). Ehrenamtliche Richter haben bei der Urteilsfindung wie der Berufsrichter das volle Stimmrecht. Sie können mehrheitlich den Berufsrichter überstimmen.
Rechtsdienstleistung durch ehrenamtliche Richter
Ehrenamtliche Richter dürfen nach dem Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I Nr. 63/07 S, 2840), das insoweit am 1. Juli 2008 in Kraft tritt, ebenso wie Berufsrichter als Bevollmächtigte vor Gericht auftreten. Für Berufsrichter besteht die Einschränkung, dass sie nicht vor einem Gericht auftreten dürfen, dem sie angehören (Unvereinbarkeitsregelung). Ehrenamtliche Richter dürfen hingegen nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Im Einzelnen ist dies geregelt für das
- Zivilprozessverfahren im § 79 Abs. 4 ZPO n.F.
- Arbeitsgerichtsverfahren im § 11 Abs. 5 ArbGG n.F.
- Sozialgerichtsverfahren im § 73 Abs. 5 SozGG n.F.
- Verwaltungsgerichtsverfahren im § 67 Abs. 5 VerwGO n.F.
- Finanzgerichtsverfahren im § 62 Abs. 5 FGO n.F.
Weblinks
Situation in Österreich
In Österreich wird zwischen Schöffen und Geschworenen unterschieden: Schöffensenate werden nur an den Landesgerichten eingesetzt und bestehen aus zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Die Schöffen werden durch Zufall ausgewählt. Es bestehen einige Einschränkungen, die jemanden von der Tätigkeit als Schöffe befreien kann. So darf eine Person, die jünger als 25 oder älter als 65 ist, nicht zum Schöffen berufen werden. Auch der Bundespräsident darf nicht als Schöffe auftreten.
Bei den schwersten Straftaten werden Geschworenengerichte tätig, welche aus acht Laienrichter und drei Berufsrichtern bestehen. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass die Schöffen stets gemeinsam mit den Berufsrichtern entscheiden, während den Geschworenen die alleinige Entscheidung über die Schuldfrage zukommt und sie hernach mit den Berufsrichtern gemeinsam über das Strafmaß entscheiden.
Weblinks
- Artikel Laienrichter im Österreich-Lexikon von aeiou
Situation in der Schweiz
In der Schweiz ist die Situation von Kanton zu Kanton verschieden, da für die Zivil- und Strafrechtspflege grundsätzlich die Kantone zuständig sind. Den Strafgerichten unterer Instanzen gehören in den meisten Kantonen auch Laienrichter an. Einige Kantone verfügen über die Einrichtung von Geschworenengerichten, die aus einem (Präsident) oder mehreren Berufsrichtern und einer Anzahl von Laien (den Geschworenen) besteht. Tendenziell werden diese Geschworenengerichte (die eine lange historische Tradition haben) in den Kantonen durch Gerichte ohne Geschworene ersetzt, da argumentiert wird, dass die Geschworenengerichte in der Regel zu langwierig, kostspielig und schwerfällig wären. Auch in vielen kantonalen Zivilgerichten sind Laienrichter präsent (vgl. § 4 des aargauischen GOG: "Als Friedensrichter, Statthalter, Bezirksrichter und Ersatzrichter des Bezirksgerichtes ist jeder stimmberechtigte Bürger wählbar." [1]).
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