Lanczos

Lanczos

Cornelius Lanczos ([ˈlaːntsoʃ]; auch Kornél Löwy, Kornél Lánczos), (* 2. Februar 1893 in Székesfehérvár, Österreich-Ungarn; † 25. Juni 1974 in Budapest) war ein ungarischer Mathematiker und Physiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lanczos wurde als Sohn des Anwalts Carolus Loewy geboren, besuchte die jüdische Elementarschule und dann ein katholisches Gymnasium. Sein eigentlicher Name war Kornél Loewy, im deutschfeindlichen Klima des damaligen Ungarn änderte er ihn aber in Kornél Lánczos, und unter diesem Namen publizierte er auch später in Deutschland. 1910 begann er in Budapest sein Studium, wo er u. a. Physik bei Lorand Eötvös und Mathematik bei Leopold Fejér studierte. Nach seinem Abschluss 1915 war er Assistent am Polytechnikum und promovierte 1921 bei Rudolf Ortvay an der Universität Szeged über ein Thema der Relativitätstheorie („Die funktionentheoretischen Beziehungen der Maxwellschen Äthergleichungen“), das er Albert Einstein schickte, der es wohlwollend aufnahm. Aus dem politisch unruhigen Ungarn – in dem er außerdem als Jude keine Stellung fand - ging er zunächst an die Universität Freiburg als Assistent von Franz Himstedt, war danach an der Universität Frankfurt als Assistent von Erwin Madelung, wo er auch an der Neuauflage von dessen „Mathematischen Hilfsmitteln des Physikers“ mitarbeitete, wobei er auch über Richard Courant Kontakte zur Hilbert-Schule in Göttingen bekam. Zwischendurch war er nach seiner Habilitation in Frankfurt 1927 in den Jahren 1928/9 mit einem Stipendium der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft Assistent von Einstein in Berlin, mit dem er auch später korrespondierte und den er zeitlebens verehrte. Er veröffentlichte zur Allgemeinen Relativitätstheorie und über Kosmologie und versuchte auch ab Ende der 1920er Jahre, vereinheitlichte Feldtheorien zu finden, die auch die Quantenmechanik umfassen. 1922 bis 1924 war er Schriftführer der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. 1931 war er Gastprofessor für theoretische Physik an der Purdue University in West Lafayette in Indiana, wo er ab 1932 ganz blieb, da die Rückkehr nach Deutschland aufgrund der Judenverfolgungen unmöglich wurde (er wurde aber noch 1932 außerordentlicher Professor in Frankfurt). Ab 1938 wandte er sich dort der numerischen Mathematik zu. Da er sich unter den Physikern in Purdue isoliert fühlte, ging er ab 1946 als angewandter Mathematiker zu Boeing in Seattle, für die er schon 1944 gearbeitet hatte. 1949 ging er zur Abteilung Numerische Mathematik des National Bureau of Standards der USA in Los Angeles (wo er ebenfalls schon 1943/4 während des Krieges arbeitete), als Kollege von Otto Szasz, Olga Taussky-Todd und John Todd. Die politische Atmosphäre der McCarthy Jahre behagte ihm nicht, und er ging 1952 auf Einladung von Erwin Schrödinger ans Institute for Advanced Study in Dublin, war aber häufig Gastwissenschaftler an amerikanischen Universitäten oder in der Industrie (u. a. Ford Motor Company). 1974 starb er während eines Gastaufenthalts an der Universität Budapest an einem Herzanfall.

1960 erhielt er den Chauvenet Preis der Mathematical Association of America.

Er war zweimal verheiratet und hatte aus erster Ehe einen Sohn.

Werk

Lanczos beschäftigte sich auch mit mathematischer Physik, speziell mit Allgemeiner Relativitätstheorie. 1925 lernte er früh die quantentheoretische Matrizenmechanik von Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jordan kennen und versucht ihr eine „feldmäßige“ Darstellung mit Integralgleichungen zu geben, mit den zu den Eigenwerten der Matrizen gehörigen Eigenfunktionen als Kernfunktionen. Hier kam ihm aber Erwin Schrödinger zuvor, der statt Integralgleichungen Differentialgleichungen benutzte[1] Lanczos´Arbeiten wurden erst später durch Bartel Leendert van der Waerden gewürdigt.[2] 1930/1 untersuchte er den Stark-Effekt in starken elektrischen Feldern. Er schrieb 1949 ein Buch über die Variationsprinzipien der Mechanik.

Lanczos leistete zahlreiche Beiträge zur Numerischen Mathematik. Er brachte in den Jahren 1950 und 1952 zwei Artikel über ein von ihm Verfahren der minimierten Iterierten genanntes Verfahren zur Lösung von Fredholmschen Integralgleichungen, linearen Gleichungssystemen und Eigenwertaufgaben heraus. Die beiden Artikel bilden die Basis der heute sogenannten Klasse der Lanczos-Verfahren und waren die ersten der heutzutage noch verwendeten Krylow-Unterraum-Verfahren. Die älteren Krylow-Unterraum-Verfahren von Krylow von 1931 und Hessenberg von 1940 sind nicht so effektiv umsetzbar; das Verfahren von Lanczos stellt eine deutliche Verbesserung dar.

1964 veröffentlichte Lanczos sein Verfahren zur Approximation der Gammafunktion. Er beschäftigte sich auch mit Tschebyscheff-Funktionen. 1940 veröffentlichte er das, was später von John W. Tukey als Schnelle Fouriertransformation wiederentdeckt wurde.

Literatur

  • Helmut Rechenberg: Lánczos, Cornel. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 476 f.
  • J. David Brown (Hrsg.) Proceedings of the Cornelius Lanczos International Conference, SIAM, Philadelphia 1994 (mit Biographie von Gellai und Schriftenverzeichnis)
  • W.R. Davies (Hrsg.) „Cornelius Lanczos: Complete works with commentary“, Raleigh, North Carolina 1999
  • Yourgrau, Nachruf in Foundations of Physics Bd.5, 1975, S.19
  • Lanczos „The variational principles of mechanics“, University of Toronto Press 1949, 4. Auflage 1974, Dover Paperback
  • Lanczos „Linear differential operators“, van Nostrand 1961, SIAM 1996
  • Lanczos „Albert Einstein and the cosmic world order“, Interscience 1966
  • Lanczos „Space through the ages- the evolution of geometric ideas from Pythagoras to Einstein“, Academic Press 1970
  • Lanczos „The Einstein Decade (1905–1915)“, London 1974

Weblinks

Quellen und Anmerkungen

  1. Lanczos „Über eine feldmäßige Darstellung der neuen Quantenmechanik“, Zeitschrift für Physik Bd.35, 1926, S.112
  2. in Mehra „The physicists concept of Nature“ 1974. Zur großen Überraschung van der Waerdens war auch Lanczos auf der Konferenz bei seiner Vorlesung anwesend.

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