- Landesbahn-Direktion Pommern
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Die Pommerschen Landesbahnen mit Sitz in Stettin wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1940 durch ein Reichsgesetz vom 10. Juni 1940 als Körperschaft des Öffentlichen Rechts gegründet.
Ausgangspunkt war die Tatsache, dass das Schienennetz in der ehemaligen preußischen Provinz Pommern neben den Strecken der Deutschen Reichsbahn einen überdurchschnittlich hohen Bestand an nicht reichseigenen Neben- und Kleinbahnen umfasste. Diese Provinz war ein typisches Beispiel für die Erschließung des "flachen Landes" durch Kleinbahnen und die Beteiligung der Landkreise an ihrer Finanzierung.
Inhaltsverzeichnis
Die Bedeutung der Kleinbahnen in der Provinz Pommern
Pommern bestand im Jahre 1914 aus den drei Regierungsbezirken Köslin, Stettin und Stralsund, die in 28 Landkreise und fünf Stadtkreise eingeteilt waren. Von diesen 28 Landkreisen waren nur 5 ohne Erschließung durch Kleinbahnen geblieben. Die übrigen 23 – also fast 83 Prozent – hatten sich an einer oder sogar an mehreren Bahnunternehmungen beteiligt oder deren Bau und Betrieb finanziell unterstützt. In manchen dieser Kreise erreichten die Kleinbahnnetze einen Umfang von mehr als 100 km Länge, so Demmin 130 km, Greifenberg 114 km, Saatzig 105 km und Stolp 119 km Strecken.
Insgesamt gab es in Pommern damals neben der Preußischen Staatsbahn zwei private Nebenbahnen mit 85 km Länge, 24 Kleinbahnbetriebe mit etwa 1550 km und einen Anteil an der "Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahn AG" von rund 140 km Länge. Der Rest von 60 km lag im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz. Das waren rund 1765 km Eisenbahnen und damit mehr als 40 Prozent aller Schienenstrecken der Provinz. Der Umfang dieser Bahnen entsprach etwa dem damaligen Netz der Badischen Staatsbahnen.
Für das Bemühen um eine möglichst sparsame Verwendung der Gelder für Bau und Betrieb der Bahnen spricht die Tatsache, dass mehr als zwei Drittel der Kleinbahnstrecken in Schmalspur errichtet worden waren, davon mehr als die Hälfte in einer Spurweite von weniger als einem Meter. Noch im Jahre 1940 entfielen von 1590 km Kleinbahnstrecken in Pommern 490 km auf Normalspur, 529 km auf Meterspur, 545 km auf die Spurweite von 750 mm und 26 km auf die Spurweite von 600 mm. Dazu kamen noch die etwa 140 km der "Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahn AG" in 600 mm-Spur.
Betrachtet man die Zusammensetzung des Kapitals der Kleinbahngesellschaften im Jahre 1914, so ergibt sich, dass sowohl das Land Preußen als auch die Provinz Pommern jeweils rund ein Viertel der Finanzmittel für den Bau und Betrieb der Kleinbahnen aufgebracht hatten, während die Kreise für "ihre Bahn" jeweils zwischen 25 und 50 Prozent der Anteile übernommen hatten.
Die Betriebsführung der Kleinbahnen
Die Kleinbahnen der Provinz Pommern wurden in der Zeit nach dem Wirksamwerden des Preußischen Kleinbahn-Gesetzes vom 28. Juli 1892 fast ausschließlich von der bis 1899 in Stettin ansässigen Bahnbau-Unternehmung Lenz & Co GmbH erbaut, die jeweils auch einen Anteil des Gesellschaftskapitals übernommen hatte. Die Baugesellschaft übernahm anschließend für die ersten Betriebsjahre auch die Verwaltung der Kleinbahnen, die sie in der „Pommerschen Betriebs-Direktion der Firma Lenz & Co GmbH“ in Stettin zusammenfasste. Es handelte sich um 18 Kleinbahnen, von denen nur eine – nämlich Casekow–Penkun–Oder – nicht von Lenz & Co erbaut worden war.
Wie in anderen preußischen Provinzen bemühte sich auch in Pommern die öffentliche Verwaltung um eine wirtschaftlich erfolgreiche Betriebsführung der Kleinbahnen. Daher gründete der Provinzialverband Pommern in Stettin am 1. April 1910 eine Kleinbahnabteilung; sie wurde bei fast allen Kleinbahnen neuer Vertragspartner anstelle der Firma Lenz & Co, als die Verträge mit dieser ausliefen.
Aber auch diese Konstruktion erfüllte ihren Zweck nur zehn Jahre. Als nach Ende des Ersten Weltkrieges eine Gesellschaft das Vertragsverhältnis mit der Kleinbahnabteilung beendete, folgten auch alle anderen. An die Stelle der Kleinbahnabteilung des Provinzialverbandes traten ab 22. September 1919 drei regionale Zusammenschlüsse von Kleinbahnen in der Provinz Pommern.
Es handelte sich um
die Vereinigung vorpommerscher Kleinbahnen GmbH in Stralsund mit acht Bahnen:
- Kleinbahn-Gesellschaft Anklam–Lassan
- AG der Demminer Kleinbahnen Ost
- AG der Demminer Kleinbahnen West
- AG Franzburger Südbahn
- AG Franzburger Kreisbahnen
- Kleinbahngesellschaft Greifswald–Jarmen
- Kleinbahngesellschaft Greifswald–Wolgast
- Rügensche Kleinbahnen AG
die Vereinigung der mittelpommerschen Kleinbahnen GmbH in Stettin mit sechs Bahnen:
- Greifenhagener Kreisbahnen
- Naugarder Kleinbahnen
- Pyritzer Kleinbahnen
- Saatziger Kleinbahn
- Kleinbahn Casekow–Penkun–Oder
- Randower Kleinbahn
die Vereinigung hinterpommerscher Kleinbahnen GmbH in Stettin mit drei Bahnen:
- Greifenberg Kleinbahnen
- Kolberger Kleinbahnen
- Regenwalder Kleinbahnen
Dazu kam am 1. Juli 1932 noch die Kleinbahn Chottschow–Garzigar mit einem Teil der Kleinbahn Neustadt–Prüssau, die später als Lauenburger Bahnen bezeichnet wurden.
Infolge der Bildung der drei neuen Vereinigungen wurde die Kleinbahnabteilung des Provinzialverbandes am 31. März 1920 aufgelöst. Jedoch strebte die seit 1933 herrschende NS-Regierung wieder eine Zentralisierung der Kleinbahnen an. Daher unterstellte man ab 24. Juli 1933 die vorpommersche und die mittelpommersche Kleinbahn-Vereinigung einem einzigen Geschäftsführer in Personalunion. Zwei Jahre später war nur noch eine Person für alle drei Vereinigungen verantwortlich, so dass deren auch formaler Zusammenschluss nahe lag.
Die Landesbahn-Direktion Pommern
Demgemäß löste man die drei Vereinigungen zum 1. April 1937 auf und setzte an ihre Stelle die Landesbahn-Direktion Pommern in Stettin als gemeinsame Verwaltung aller Mitgliedsbahnen ein. Ihr wurden nun auch die Bahnen angeschlossen, die nicht den bisherigen Vereinigungen angehört hatten. Es waren nach dem Stand von 1939/40 folgende Unternehmungen:
- Kleinbahn-Gesellschaft Anklam–Lassan
- AG Kleinbahn Casekow–Penkun–Oder
- AG der Demminer Kleinbahnen Ost
- AG der Demminer Kleinbahnen West
- Kleinbahn Deutsch Krone–Virchow, Virchow–Deutsch Kroner Kreisgrenze (ab 1. Oktober 1938)
- AG Franzburger Kreisbahnen
- AG Franzburger Südbahn
- Kleinbahn-AG Gotendorf–Garzigar (früher Chottschow–Garzigar)
- Kleinbahn-AG Neustadt–Prüssau
- Greifenberger Kleinbahnen AG
- AG Greifenhagener Kreisbahnen
- Kleinbahngesellschaft Greifswald–Jarmen
- Kleinbahngesellschaft Greifswald–Wolgast
- AG der vereinigten Kleinbahnen der Kreise Köslin, Bublitz und Belgard
- Kolberger Kleinbahn AG
- Regenwalder Kleinbahnen-AG
- Naugarder Kleinbahnen
- Pyritzer Kleinbahnen
- Rügensche Kleinbahnen AG
- Schlawer Kleinbahn GmbH
- AG Saatziger Kleinbahnen
- Randower Kleinbahn AG
- Stolper Kreisbahnen AG (ab 1938)
Die Neuordnung stellte jedoch wieder nur eine Übergangslösung dar. denn die Bahngesellschaften blieben weiterhin formal selbständig. Der Verwaltungsaufwand für die über 20 Bahngesellschaften stand meist in keinem sinnvollen Verhältnis zu ihrer geringen Größe und ihrem bescheidenen Finanzvolumen. Daher drängte der Oberpräsident der Provinz Pommern auf einen engeren Zusammenschluss, der auch einen Gewinn- und Verlustausgleich zwischen den Bahnen möglich machte.
Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob die neue Bahnunternehmung in der Rechtsform eines Zweckverbandes – wie es das Reichsinnenministerium wünschte – oder einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts – wie es das Reichsverkehrsministerium vorschlug – gegründet wurde.
Die Gründung der Pommerschen Landesbahnen
Mit Wirkung vom 1. Januar 1940 fasste man die Kleinbahnbetriebe in Pommern in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft mit der Bezeichnung "Pommersche Landesbahnen" zusammen. Die Leitung der Pommerschen Landesbahnen lag weiterhin in den Händen der Landesbahn-Direktion Pommern, die nun einen größeren Einfluss auf die einzelnen Betriebe hatte.
Betont wurde aber seitens der Staatsbehörden, dass die Bahnen ihre Rechtsstellung als Kleinbahnen durch den Zusammenschluss zu einem Großbetrieb nicht verloren hätten, so dass z. B. auch weiterhin kein Durchgangsverkehr über ihre Strecken gestattet sei.
Dieses damals größte Kleinbahnunternehmen des Deutschen Reiches umfasste bis 1945 folgende Bahnen mit einer Gesamtlänge von 1.644 km:
Kleinbahn Spur-
weite
mmLänge
kmLandesbahnamt
örtliche VerwaltungAnklamer Bahn 600 19,9 LBA Anklam Casekow–Penkuner Bahn 750 42,2 LBA Casekow Demminer Bahnen 750 159,5 LBA Demmin Deutsch Krone-Virchower Bahn 1435 97,5 LBA Deutsch Krone Franzburger Bahnen (Nord) 1000 66,0 LBA Barth Franzburger Bahnen (Süd) 1435 39,5 LBA Tribsees Greifenberger Bahnen 1000 184,3 LBA Greifenberg Greifenhagener Bahnen 1435 74,5 LBA Greifenhagen Greifswalder Bahnen 750 107,2 LBA Greifswald Köslin-Belgarder Bahnen 750 124,3 LBA Köslin Kolberger Bahnen 1000 106,8 LBA Kolberg Lauenburger Bahnen 1435 50,6 LBA Gotendorf Naugarder Bahnen 1435 38,1 LBA Naugard Pyritzer Bahnen 1435 41,5 LBA Pyritz Randower Bahn 1435 48,6 LBA Stöven Regenwalder Bahnen 1000 52,7 LBA Labes Rügensche Bahnen 750 96,6 LBA Putbus Saatziger Bahnen 1435
+1000120,3 LBA Stargard Schlawer Bahnen 1435
+100054,9 LBA Schlawe Stolper Bahnen 1435 119,1 LBA Stolp Durch eine Verordnung des Reichsverkehrsministers vom 29. März 1944 wurde die Kleinbahn Kreuz−Schloppe−Deutsch Krone mit Wirkung vom 1. Januar 1942 auf die Pommerschen Landesbahnen übertragen. Sie gehörte bis dahin dem Landkreis Deutsch Krone und war von der AG für Energiewirtschaft betrieben worden. Die eingleisige, normalspurige Strecke war 60,2 km lang und wurde vom Landesbahnamt Deutsch Krone verwaltet.
Das Kapital der Landesbahnen
Das Kapital von 20 Millionen Reichsmark wurde aufgeteilt auf das Deutsche Reich mit 2,8 Prozent, das Land Preußen mit 22,9 Prozent, das Land Mecklenburg mit 0,3 Prozent und die Provinz Pommern mit 29,1 Prozent. Die 21 Landkreise und 5 Stadtkreise waren mit insgesamt knapp 45 Prozent an der Landesbahn beteiligt. Private Miteigentümer hatte es damals nicht mehr gegeben.
Prozentuale Beteiligung am Kapital (Stand 1940):
Deutsches Reich 2,774 Land Preußen 22,915 Land Mecklenburg 0,321 Provinz Pommern 29,12 Kreis Belgard 0,4405 Kreis Cammin 0,2135 Kreis Demmin 4,2925 Kreis Deutsch Krone 1,353 Kreis Dramburg 0,3185 Kreis Franzburg-Barth 2,62 Kreis Greifenberg 1,899 Kreis Greifenhagen 3,1315 Kreis Greifswald 1,11 Kreis Grimmen 0,0215 Kreis Köslin 0,609 Kreis Kolberg-Körlin 3,5355 Kreis Lauenburg 0,669 Kreis Naugard 1,6535 Kreis Pyritz 1,347 Kreis Regenwalde 1,1575 Kreis Rügen 1,8265 Kreis Saatzig 1,255 Kreis Schlawe 3,886 Kreis Stolp 9,6605 Kreis Ückermünde 0,2525 Stadt Greifswald 0,657 Stadt Kolberg 0,0665 Stadt Stargard 1,1925 Stadt Stettin 1,6935 Stadt Stralsund 0,0075 Außerhalb der Landesbahnverwaltung waren stets folgende nicht reichseigene Bahnen geblieben:
- Die Strecken der Mecklenburg-Pommerschen Schmalspurbahnen
- Die Eisenbahn Stralsund–Tribsees
- Die Eisenbahn Greifswald–Grimmen
- Die Kleinbahn Toitz–Rustow–Loitz (Betrieb durch Deutsche Reichsbahn)
- Die Kleinbahn Güdenhagen–Groß Möllen–Nest (1913 stillgelegt)
- Die Kleinbahn Freest–Bergensin (1926 stillgelegt)
Die Pommerschen Landesbahnen nach 1945
Im Sommer 1945 wurde das Schienennetz der vorpommerschen Klein- und Nebenbahnen zerstört. 435,28 km Schmalspurstrecken und 120 km Normalspurabschnitte wurden von der Sowjetunion als Reparationsleistung bis September 1945 abgebaut. Etwa 40 km konnten bis Ende der 1940er Jahre wiedererrichtet oder wiedereröffnet werden.
Die Gebiete östlich der Oder sowie die Umgebung der Hafenstadt Stettin wurden im Sommer 1945 in polnische Verwaltung übernommen. So verblieben in Vorpommern nur noch die Demminer Bahnen, die Franzburger Bahnen Nord und Süd und die Greifswalder Bahnen samt der Anklamer Bahn unter der Verwaltung der Landesbahn. Sitz der Verwaltung war nun Demmin.
Bei den Greifswalder und Anklamer Bahnen gab es nur noch Omnibusverkehr. Die Randower Bahn und die Casekow–Penkuner Bahn waren durch die neue Grenze zerschnitten und nahmen ihren Betrieb im deutsch gebliebenen Bereich nicht wieder auf.
Im Jahre 1947 bildete die Landesregierung aus den Pommerschen Landesbahnen die Direktion Demmin der neu gegründeten Hauptverwaltung der Eisenbahnen des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Diese wurden gemeinsam mit der Direktion Friedland schließlich ab 1. April 1949 der Deutschen Reichsbahn unterstellt.
Literatur
- Erich Preuß: Archiv deutscher Klein- und Privatbahnen: Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern. Transpress, Berlin 1994, ISBN 3-344-70906-2.
- Wolfram Bäumer, Siegfried Bufe (Hrsg.): Eisenbahnen in Pommern. Bufe-Fachbuch-Verlag, Egglham 1988, ISBN 3-922138-34-9.
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