- Leninski Komsomol
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Leninski Komsomol (K-3) Geschichte Kiellegung: Juni 1954 Stapellauf: 9. August 1957 Einsatzbereit: 3. Juli 1958 Ausmusterung: 1991 Verbleib: Als Museumsschiff in Sankt Petersburg im zentralen Marinemuseum erhalten Technische Daten Verdrängung: 4200 t (aufgetaucht), 5000 t (getaucht) Länge: 109,7 m Breite: 9,1 m Höhe: 6,7 m Leistung: 22.000 kW (30.000 PS) Geschwindigkeit: getaucht: 30 Knoten (55 km/h)
aufgetaucht: 20 Knoten
Tauchtiefe: 480 m Reichweite: unbegrenzt Besatzung: 86 Mann Personen und Auszeichnungen Chefkonstrukteur: Wladimir Peregudow, mit der Goldmedeille des "Helden der sozialistischen Arbeit" geehrt Feierlicher Start des Atomreaktors Dimitri Ustinow (Minister der Verteidigungsindustrie), Sergei Georgijewitsch Gorschkow (Oberbefehlshaber der Seekriegsflotte), Boris Butoma (Minister für Schiffbauindustrie), Anatoli Alexandrow (wissenschaftliche Leiter des Projektes) 1. Kommandant Leonid Osipenko, Held der Sowjetunion Leiter der Nordpolfahrt: Andrej I. Petelin, Held der Sowjetunion Kommandant der Nordpolfahrt : Lew Shiltzow, Held der Sowjetunion Leitender Ingenieur der Nordpolfahrt Radij Timofejew, Held der Sowjetunion Kommandant ab Sommer 1967 Stepanova Die Leninski Komsomol (К-3) war das erste Atom-U-Boot der Sowjetunion. Vom Typ war es ein Projekt 627 "Кит" (russisch kit bedeutet Wal) und das erste Waffensystem in der Reihe der im Westen als November-Klasse bekannten U-Boot-Generation. Das U-Boot trug aufgrund seiner historischen Sonderstellung im Unterschied zu den taktischen Nummern aller anderen sowjetischen Fabrikate als einziges einen Namen.
Inhaltsverzeichnis
Bau, Inbetriebnahme, Stationierung
Das U-Boot wurde im Sperrgebiet von Sewerodwinsk nahe Archangelsk am Weißen Meer gebaut. Am 19. Mai 1958 startete eine Reihe politisch hochrangiger Verantwortungsträger gemeinsam den Reaktor.
Die Indienststellung der K-3 erfolgte als Teil der Nordflotte unter dem Kommandanten Leonid Osipenko. Das U-Boot wurde danach im klimatisch extrem unwirtlichen hohen Norden in einer Basis von Sapadnaja Liza auf der Halbinsel Kola stationiert. Als Heimathafen diente Malaya Lopatka, etwa 45 km von der norwegischen Grenze entfernt.
Technische Vorzüge und Schwächen
Die K-3 besaß 2 Kernreaktoren, 2 Dampfturbinen und 2 Schrauben. Als Wärmeträger bzw. Kühlmittel der Reaktoren diente Wasser, da kompakte Abmessungen und Betriebssicherheit zentrale Anforderungen waren. Als Bewaffnung besaß es noch keine Raketen, sondern 8 Torpedorohre mit einem Kampfsatz von 20 Torpedos. Der Bootskörper war sehr schlank und für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt.
Bereits bei den ersten Testfahrten wurde eine von sowjetischen U-Booten bislang nicht erreichte Tauchtiefe von 310 m erreicht. Die schon bei der Werkserprobung erreichten Geschwindigkeiten waren höher als erwartet und verliehen dem U-Boot zusammen mit den langen Tauchzeiten und der praktisch unbegrenzten Reichweite taktische Eigenschaften, die von konventionellen U-Booten nicht erreicht werden konnten.
Ein Hauptproblem war die beträchtliche freigesetzte Radioaktivität. Nach einigen hundert Betriebsstunden bildeten sich mikroskopisch kleine Risse im Primärkreislauf und belasteten den Sekundärkreislauf und letztendlich die gesamte Mannschaft. Die resultierende Strahlenkrankheit der Besatzung wurde weitgehend ignoriert und unterschätzt. Das U-Boot verfügte im Vergleich zu späteren U-Boot-Generationen über praktisch keine Geräuschdämmung und war dadurch insbesondere bei hoher Geschwindigkeit sehr leicht zu orten. Generell galt die K-3 als technisch unausgereift und vor dem Hintergrund des Rüstungswettlaufes mit den USA als zu früh in Dienst gestelltes Waffensystem. Das U-Boot war entsprechend im Betrieb pannenanfällig und gefährlich. Notfallpläne im Falle des Reaktorversagens oder anderen schwerwiegenden Zwischenfällen besaßen untergeordnete Bedeutung.
Nordpolfahrt und militärpolitische Dimension
Am 17. Juni 1962 erreichte die K-3 den Nordpol unter Wasser, eine technische Meisterleistung, die fast 4 Jahre vorher schon dem ersten US-amerikanischen, nuklearen U-Boot USS Nautilus (SSN-571) gelungen ist. Militärisch demonstrierte die Sowjetunion mit dieser Tauchfahrt das Potenzial, die USA durch den Eisschild der Arktis weitgehend unsichtbar angreifen zu können. Die Besatzung wurde persönlich von Parteichef Nikita Chrustschow empfangen, der gerade das Schiffsbauwerk in Molotowsk inspizierte. In Auszeichnung dieser Pionierleistung erhielt das U-Boot am 9. Oktober 1962 den Namen Ленинский Комсомол (Leninsky Komsomol). Die gefeierte Mannschaft nahm danach an zahlreichen Kongressen und Konferenzen teil. Den führenden Personen wurden höchste Auszeichnungen verliehen. Unter den Schöpfern von K-3 erhielten 19 den Leninpreis. Die sowjetische Marine war stark auf ihre wenigen weit im Norden liegenden, im Winter weitgehend eisfreien Häfen angewiesen. Dadurch erhielten die K-3 und die auf diese Technik aufbauenden U-Boote eine strategisch erstrangige Bedeutung in der nationalen Sicherheitspolitik. Zugleich war die Leninski Komsomol ein Ausgangspunkt des sich entwickelnden Gleichgewichts des Schreckens und des irrationalen Wettrüstens, das sich in den 70er und 80er Jahren maßgeblich über Atom-U-Boote vollzog.
Im Juni 1962 beschädigte ein Feuer den Kernreaktor, es musste abgeschleppt werden, die schwierige Reparatur dauerte mehrere Jahre.
Mission im Mittelmeer
Im Sommer 1967, nach einer langen Zeit vielfältiger Reparaturen, bekam die K-3 einen neuen Kommandanten und die neue Mission, im Mittelmeer zu kreuzen. Das Kühlsystem versagte dabei weitgehend und setzte die Mannschaft extremer Hitzebelastung aus. Dabei wurde auch die Aufgabe gestellt, ein amerikanisches U-Boot mit ballistischen Raketen zu verfolgen, was aber nicht gelang.
Schwerer Unfall 1967
Am 8. September 1967 kam es zu einem folgenschweren Unfall im Meer vor Norwegen bei dem 39 Männer durch Feuer den Tod fanden. Das Schiff war 2850 Kilometer vom Heimathafen entfernt, bereits 56 Tage unterwegs und kam von einer Tauchfahrt unter dem arktischen Eis zurück. Der Brand entstand durch entflammtes Hydrauliköl in den Abteilungen 1 und 2. Durch das Kohlendioxid der automatisch ausgelösten Feuerlöscher, sowie durch das Schließen der Schotten kamen zahlreiche Männer um. Das U-Boot selbst konnte letztendlich gerettet werden. Im ehemaligen Heimathafen Sapadnaja Liza steht heute ein Denkmal für die Opfer.
Literatur
- Alexander Antonow, Walerie Marinin, Nikolai Walujew: Sowjetisch- russische Atom-U-Boote, Berlin, Brandenburgisches Verlagshaus, 1998, p. 9-20, ISBN 3-89488-121-6
- Osipenko, Leonid G., Shiltzow, Lew M. and Mormul, Nicolay G.: Atomnaya Podvodnaya Epopeya (Die nukleare Unterwasser-Ära), Moskau, 1994, ISBN 5856900073
- Aprelkow, Aleksei Vasiljevich, L.A. Popov: Iz morskikh glubin: k istorii podvodnykh lodok "Cheliabinskii komsomolets" i "Leninskii komsomol". Cheliabinsk: Cheliabinskii obl. sovet veteranov voiny, truda, vooruzhennykh sil i pravookhranitel´nykh organov, 1996, ISBN 5713500934
- Thomas Nilsen, Igor Kudrik, Aleksandr Nikitin: Bellona Report 1: The Russian Northern Fleet, The Bellona Foundation, 28. August 1996, section 4.3.
Filme
- Der 2002 entstandene Hollywoodfilm K-19 - Showdown in der Tiefe zeigt weitgehend authentisch die Verhältnisse auf einem sowjetischen Atom-U-Boot, das technisch auf der K-3 aufbaute und etwa zur gleichen Zeit operierte. Analogien finden sich im Spannungsfeld des Verlustes von Menschenleben zugunsten der Rettung militärischer Technik. Der Film thematisiert auch die gravierenden organisatorischen und technischen Mängeln abseits der offiziellen, politischen Propaganda.
- Der russische dreiteilige Dokumentarfilm Die russische Tiefe (2001) von Alexander Maximenko und dem Produzenten Alexander Viktorov enthält zahlreiche Aufnahmen und geschichtliche Details zu K-3 und anderen frühen Atom-U-Booten der Sowjetunion.
Weblinks
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