- Lernkurve
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Eine Lernkurve beschreibt den Erfolgsgrad des Lernens über den Verlauf der Zeit. Die Lernkurve wird über den Quotienten aus Lernertrag (Stoffmenge) und Lernaufwand (Zeit) berechnet.
Häufig werden zu Beginn einer neuen Aufgabe noch viele Fehler gemacht. Während der späteren Lernphasen nehmen die Fehler ab, dann folgt ein sogenanntes Lernplateau.
Es ist allerdings auch möglich, dass sich das Ergebnis eines Lernprozesses nur zufällig auf der Lernkurve bewegt, so dass der Lernende nur „glaubt“ etwas gelernt zu haben (vergl. Nichtdeterministisches Experiment).
In der Wirtschaft wird die Lernkurve verwendet, um Produktivitätssteigerungen oder eine Qualitätssteigerung im Laufe der Produktion zu erklären. Sie wird auch hin und wieder herangezogen, um schnellere Fließbandgeschwindigkeiten bei der Fließfertigung zu rechtfertigen.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Je steiler die Lernkurve ist, desto größer ist die Effizienz beim Lernen. Die Steigung hängt von mehreren sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren ab:
- Vorwissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Talent (bzw. Intelligenz)
- Didaktik (Lehrmethode), Methodik (Lernmethode) und Mäeutik (Einstellung)
- Lernkontext (Zusammenklang von Lehrmethode und Fertigkeiten, Lernort, der Lehrende als Person usw.)
- Thematischer Kontext und didaktische Abfolge
Mehrere psychologische Effekte beeinflussen die Lernkurve (= Lernerfolg):
- Frustration des Lernenden durch den Showmastereffekt (der Lehrende wirkt unerreichbar klug, weil er nur Probleme behandelt, für die er eine Lösung hat)
- Selbsterfüllende Prophezeiung Wird dem Lehrenden erklärt, dass es sich bei dem Lernenden um einen besonders intelligenten oder dummen Menschen handelt, wird die Lernleistung verändert, ebenso wenn der Lernende die Aufgabe für besonders schwierig hält, bzw. für Rollen untypisch. So lernen z. B. Mädchen schlechter, wenn eine Aufgabe als „mathematisch“ oder „technisch“ bezeichnet wird (Geschlechterrolle).
- Ebenso lernen Mädchen technische und mathematische Dinge leichter, wenn sie in gleichgeschlechtlichen Gruppen unterrichtet werden (→ Koedukation).
Gelegentlich verwendet man die Lernkurve auch schlicht dazu, die Schwierigkeit eines Lernauftrags zu beschreiben. Beispiele:
- „Die Lernkurve beim Englischlernen beginnt steil und wird zunehmend flacher.“ – Der Einstieg in die Sprache fällt leicht, während fortgeschrittene Kenntnisse schwieriger zu erwerben sind.
- „Die Lernkurve für das Bedienen eines zusätzlichen Programms desselben Herstellers verläuft in der Regel steil, bei einem Herstellerwechsel aber eher flach.“ – Es ist schwieriger, sich an eine fremde als an eine verwandte Umgebung zu gewöhnen.
Daneben lassen sich Lernkurven auch danach klassifizieren, wie langanhaltend ein Lernzuwachs ohne längere oder gar abschließende Abflachungen ist, d. h. ein Sachverhalt bietet über lange Zeit trotz regelmäßiger Beschäftigung einen stetigen, markanten Lernzuwachs.
Geschichte
Historisch gesehen stammt der Begriff der Lernkurve von Hermann Ebbinghaus (1885), der das Konzept der Lernkurve in seiner Monografie Über das Gedächtnis vermutlich als Erster verwendete und somit als Erfinder gelten dürfte. In der Psychologie wird der Begriff der Lernkurve mitunter ohne strikte Definition der x- und y-Achsenzuordnung angewandt, sodass die Frage der Steilheit anhand konkreter Beispiele betrachtet werden muss. Eine erste strikte Definition des Begriffs für die Anwendung in der Betriebswirtschaft stammt von Theodore Paul Wright (1936).[1] Oftmals wird der Begriff im Internationalen Management verwendet, um die Bestimmungsfaktoren der Internationalisierung zu determinieren.
Alternative Definition
Neben dieser akademisch als korrekt zu betrachtenden Definition gibt es in der Umgangssprache ein dieser Norm praktisch diametral entgegengesetztes Verständnis des Begriffs der Lernkurve; insbesondere im Softwaremarketing und in der Werkzeug-Branche wird eine Lernkurve dann als steil bezeichnet, wenn das Lernen der Bedienung oder Anwendung eines Werkzeugs oder Software-Tools schwierig und mühsam ist; eine flache Lernkurve ergibt sich für effizientes und problemloses Lernen. Ein entsprechendes Kurven-Diagramm ergäbe sich aus der Gegenüberstellung von kumulativen Erfolgseinheiten (x-Achse) und kumulativen Zeiteinheiten (y-Achse); diese umgangssprachlich verbreitete Auffassung definiert die Kurvensteilheit s als Quotient von
und stellt eine sinngemäße Repräsentation des Konzepts von Wright dar.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Definitionen der Lernkurven ist, dass die akademische Definition Lernen als Erfolg im positiven Sinn betrachtet, während die umgangssprachliche Definition Lernen als Aufwand oder Last ansieht.
So ist auch die „Blender Lernkurve“ zu verstehen. Sie berücksichtigt, dass Lernen ein aufbauender Prozess ist. Zuerst ist die Kurve sehr steil, der Lernaufwand für ein völlig neues Stoffgebiet ist hoch. Wenn die Grundkonzepte eines Stoffgebietes verstanden sind, lernt es sich wesentlich leichter - die Blenderkurve verläuft flach. Ein tieferes Verständnis zu erlangen ist wiederum beschwerlich, entsprechend verläuft die Blenderkurve steil. Bei rund 85 % des Lernstoffes erschließt sich der Rest „wie von selbst“. Der sprichwörtliche aha-Effekt tritt ein und ohne jeden Aufwand - ja mit einem gewissen Vergnügen - erschließt sich der Gesamtzusammenhang.
Der Blenderkurve liegt die Auswertung empirischer Daten eines Onlinetutorials zur 3D-Animationssoftware Blender (Software) mit 7384 Teilnehmern zugrunde, woher sich auch der Name ableitet.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Wright, T.P.: Factors Affecting the Cost of Airplanes, in: Journal of Aeronautical Sciences, Vol. 3 (1936), S. 122-128.
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