Ansteckende Blutarmut der Einhufer

Ansteckende Blutarmut der Einhufer

Die Ansteckende Blutarmut der Einhufer (Equine Infektiöse Anämie (EIA), engl. Swamp fever) ist eine Virusinfektion der Pferde, die mit einer fieberhaften Blutarmut (Anämie) einhergeht und gewöhnlich tödlich endet. Infizierte Tiere bleiben lebenslang Virusträger. Sie ist in Deutschland eine anzeigepflichtige Tierseuche und wird in der Liste der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) geführt. Die Erkrankung ist in Teilen Europas, Amerika, im Mittleren und Fernen Osten, Russland und Südafrika enzootisch, durch die Tierseuchenbekämpfung aber eher selten geworden. In Deutschland treten EIA-Ausbrüche vereinzelt auf, von 1993–2007 wurden 15 Ausbrüche festgestellt. Im Jahr 2008 wurden erneut 5 Ausbrüche angezeigt.[1] Im Dezember 2009 wurden 5 Pferde eines Bestandes in Oberfranken und ein weiteres Tier, ebenfalls aus dem gleichen Landkreis, positiv getestet. Daraufhin mussten die Pferde unter Aufsicht des zuständigen Veterinäramtes eingeschläfert werden.[2] In Rumänien hingegen waren in 2009 über 11.000 Pferde betroffen.[3]

Inhaltsverzeichnis

Ätiologie und Pathogenese

Schema des EIAV

Der Erreger der ansteckenden Blutarmut der Einhufer ist das Equine infectious anemia virus (EIAV) aus der Familie der Retroviren, Genus Lentivirus. Wie bei anderen Retroviren kommen aufgrund von Fehlern in der Virusreplikation zahlreiche Virusvarianten vor.

Das EIAV war das erste Retrovirus, bei dem eine mechanische Übertragung durch blutsaugende Insekten nachgewiesen wurde. Die Erkrankung kommt vor allem in Sumpfgebieten vor, wovon sich der englische Name („swamp fever“ = Sumpffieber) herleitet. Das Virus wird über Milch, Speichel und Urin ausgeschieden, so dass auch eine direkte oder indirekte Übertragung über diese Körperflüssigkeiten für möglich gehalten wird. Auch eine iatrogene Übertragung durch Injektionsnadeln oder chirurgische Instrumente ist bei nichtsterilem Arbeiten möglich.

Das EIAV befällt Monozyten bzw. Makrophagen (einschließlich der Kupffer-Zellen) über die das in das Genom integrierte Provirus im Körper verteilt wird. Trotz einer starken Immunreaktion gegen das Virusantigen mit der Bildung von nicht-neutralisierenden Antikörpern, persistiert das Provirus innerhalb der infizierten Zellen. Die Antikörper bilden Antigen-Antikörper-Komplexe, die die Komplementkaskade beeinflussen und zu Fieber, Anämie, Thrombozytopenie und einer Glomerulonephritis führen. Die Anämie ist Folge einer Hämolyse, der Phagozytose von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und einer Abnahme der Neubildung der roten Blutkörperchen.

Klinisches Bild

Die Inkubationszeit beträgt zwei bis sechs Wochen. Die Erkrankung kann akut oder chronisch verlaufen.

Die akute Form äußert sich in plötzlichem Fieber, Abgeschlagenheit, Anorexie, Durst, zunehmender Schwäche, punktförmigen Blutungen (Petechien), Ödemen im Bauchbereich und endet nach zwei bis vier Wochen tödlich.

Die chronische Form ist häufiger. Hier zeigen die Tiere intermittierendes Fieber und Anämie. Sie verlieren an Körpermasse und es treten häufig Ödeme an den Gliedmaßen und am Bauch auf. Gelegentlich können Bewegungsstörungen (Ataxie) auftreten, die in seltenen Fällen das einzige klinische Symptom darstellen können. Eine Remission ist häufig und die Tiere können über Jahre gesund erscheinen. Eine Virämie kann über Jahre auftreten, auch in Remissionsphasen.

Die Erkrankung kann ein Verfohlen bei trächtigen Stuten verursachen. Die Stute kann aber auch ein gesundes, nicht infiziertes Fohlen gebären.

Es gibt bis heute keine Statistiken über die Sterblichkeitsrate dieser Erkrankung.[4] Studien lassen darauf schließen, dass es virustolerante Rassen gibt.[5] Weitere Studien an Wildpferden in Brasilien zeigen, dass rund 30 % der Pferde chronisch infiziert sind aber dennoch ein normales Leben führen.

Diagnose

Zur Diagnostik werden Blutserum, bei Ataxie auch Liquor cerebrospinalis verwendet. Der Nachweis der Erkrankung erfolgt durch den Nachweis spezifischer Antikörper gegen das Virusprotein p26. Am verlässlichsten ist der Agar-Gel-Immundiffusionstest (Coggins-Test). Ein ELISA ist ebenfalls verfügbar, sollte aber durch einen Coggins-Test bestätigt werden. Die provirale DNA kann mittels PCR, virale RNA durch RT-PCR nachgewiesen werden.

Bekämpfung

Eine Impfung wurde in den 1980er Jahren in China mit einem attenuierten Lebendimpfstoff durchgeführt, der zu einer weitgehenden Kontrolle der Erkrankung dort führte. Andere Impfstoffe befinden sich immer noch im Experimentalstadium.[6] In Europa ist jedoch kein Impfstoff zugelassen, die Bekämpfung richtet sich daher immer noch auf die Tötung infizierter Tiere. In vielen Ländern ist nur die Einfuhr seronegativer Pferde erlaubt.

In Deutschland ist die Bekämpfung durch die Einhufer-Blutarmut-Verordnung („Verordnung zum Schutz gegen die Ansteckende Blutarmut der Einhufer“ vom 4. Oktober 2010, BGBl. I S. 1326) geregelt. Danach dürfen weder Impfungen noch Heilversuche an erkrankten Tieren durchgeführt werden. Bei amtlich festgestelltem Ausbruch der Einhufer-Blutarmut wird um den Seuchenbetrieb ein Sperrbezirk mit einem Radius von mindestens einem Kilometer festgelegt, den Einhufer nur mit Genehmigung nach behördlich festgestelltem negativem Untersuchungsbefund verlassen dürfen. Die Verordnung sieht im Regelfall eine Tötung erkrankter Tiere vor, unter Umständen kann zur Durchführung wissenschaftlicher Versuche eine strenge Isolierung erfolgen.

Literatur und Einzelnachweise

  1. Informationen des FLI zur Equinen infektiösen Anämie
  2. Mitteilung des Landkreises Kulmbach
  3. Blutarmut In: LAND&Forst 38/2010, S. 90
  4. www.donblazer.com (in englisch)
  5. www.cenargen.embrapa.br (in portugiesisch)
  6. Jodi K. Craigo et al.: Discerning an Effective Balance between Equine Infectious Anemia Virus Attenuation and Vaccine Efficacy. In: J Virol. 79(2005), S. 2666–2677. Volltext

Weblinks

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