- Antireflexbeschichtung
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Antireflexbeschichtungen (kurz AR-Beschichtung) werden eingesetzt, um die Reflexe von optischen Oberflächen von Linsen, Objektiven, Prismen oder Platten zu unterdrücken und die Transmission zu erhöhen. Bei Objektiven und Okularen mit einer solchen Beschichtung spricht man hierbei von einer Vergütung, bei Brillen, Sichtfenstern oder Bildröhren von einer Entspiegelung. Als Erfinder der optischen Vergütung gilt der ukrainische Physiker Alexander Smakula[1].
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Die Verminderung des Reflexionsgrades an der vergüteten Fläche wird durch eine destruktive Interferenz der reflektierten Strahlen erreicht.
Betrachten wir einen Strahl einer bestimmten Wellenlänge λ, der senkrecht auf die Fläche auftrifft (im Bild zur besseren Erkennbarkeit schräg gezeichnet). Er wird teilweise an der Oberfläche der Vergütungsschicht reflektiert (r1), und teilweise passiert er die Schicht und wird dann an der nächsten Grenzfläche teilweise reflektiert (r2). Damit die beiden Teilstrahlen r1 und r2 vollständig destruktiv interferieren, müssen ihre Amplituden gleich groß sein, und sie müssen gegenphasig sein (Phasenunterschied π).
Aus den Fresnelschen Formeln ergibt sich, dass der Brechungsindex n1 der Vergütungsschicht
betragen muss, damit die Amplituden von r1 und r2 gleich groß sind, denn dann ist der Reflexionsgrad bei A und B gleich. Dabei ist n2 der Brechungsindex des Stoffes (meistens Glas) und n0 der Brechungsindex des Mediums vor der Fläche (meistens Luft). Es wird hier vernachlässigt, dass der Strahl r2 an der Oberfläche der Vergütungsschicht nochmals reflektiert wird; genau genommen wird er unendlich oft hin und her reflektiert.
Wegen n0 < n1 < n2 findet bei der Reflexion sowohl bei Punkt A als auch bei B ein Phasensprung von π statt. Beide Phasensprünge kompensieren sich für die reflektierten Strahlen r1 und r2. Damit zwischen ihnen ein Phasenunterschied von π auftritt, muss die optische Weglänge Δ des Strahls in der Vergütungsschicht
betragen. Wenn man die dünnste mögliche Schicht verwendet (k = 1), ergibt sich mit für die optimale Schichtdicke d:
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Wenn der Strahl nicht senkrecht, sondern unter dem Winkel α auf die Fläche trifft, verändert sich die optische Weglänge in der Beschichtung nach dem Snelliusschen Brechungsgesetz und außerhalb durch den seitlich versetzten Austritt, so dass sich eine größere optimale Schichtdicke ergibt:
Umgekehrt gibt es für ein gegebenes d eine optimale Wellenlänge. Abweichende Wellenlängen werden zunehmend doch reflektiert. Das ist der Grund, warum die (schwache) Reflexion von vergüteten Oberflächen farbig ist und die Farbe winkelabhängig.
Beispiel einer Einfachvergütung
Als Beispiel betrachten wir den senkrechten Einfall von gelb-grünem Licht (550 nm Wellenlänge) auf Kronglas (n2 = 1,5). Das äußere Medium sei Luft (n0 ≈ 1,0). Ohne Vergütung beträgt der Reflexionsgrad
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Nach der Formel im vorangehenden Abschnitt wäre der ideale Wert für die AR-Schicht n1 = 1,22, wofür jedoch kein haltbares Material zur Verfügung steht. Verwendet wird oft Magnesiumfluorid (MgF2, n1 = 1,38). Die λ/4-Schicht ist damit etwa 100 nm dick und ergibt einen Reflexionsgrad von
- .
Mehrfachvergütung
Weiter und über einen breiteren Wellenlängen- und Winkelbereich kann die Reflexion verringert werden durch den Einsatz mehrerer Schichten mit unterschiedlichem Brechungsindex. Für die optimalen Schichtdicken bei gegebener Wahl der Materialien gibt es keine einfache Formel. Diese Parameter werden daher mit Hilfe von Simulationsprogrammen bestimmt.
Herstellung
Die Herstellung von Antireflexionsbeschichtungen erfolgt durch Beschichtungsmethoden der Dünnschichttechnologie. Zu den am häufigsten eingesetzten Verfahren gehören die physikalische Gasphasenabscheidung, wie thermisches Verdampfen und Sputterdeposition. Die Wahl der Beschichtungsmethode ist hauptsächlich von dem gewünschten Schichtmaterial abhängig, beispielsweise gibt es Materialien die für das thermische Verdampfen nicht geeignet sind.
Die Antireflexionsschichten stellen hohe Anforderungen an die Gleichmäßigkeit der Schichtdicke. Denn ungleichmäßig vergütete Gläser zeigen Farbverläufe oder gar Newtonsche Ringe und sind daher für viele Anwendungen unbrauchbar. Vergütete Flächen sind zudem empfindlich gegen Verschmutzung (Fingerabdrücke, Reste von Reinigungsmitteln), da diese ebenfalls eine dünne Schicht darstellen und somit die optischen Eigenschaften beeinflussen.
Anwendungsbereiche
Linsen und Objektive
Objektive mit zehn oder mehr Linsen, wie etwa Zoomobjektive, wären ohne Antireflexbeschichtungen praktisch nicht einsetzbar, denn durch die Reflexionen gehen pro Linse etwa 8 % der einfallenden Intensität verloren. Vor allem aber kann Licht nach zweimaliger Reflexion zusammen mit dem Nutzlicht aus dem Objektiv austreten und störende Lichtflecke (Reflexe) auf dem Bild verursachen oder als diffuser Schleier den Kontrast des Bildes vermindern. Bei k Linsenoberflächen gibt es k(k − 1) / 2 Flächenpaare, an denen dies auftreten kann, d. h., der Effekt wächst quadratisch mit der Flächenzahl.
Die Verringerung des Reflexionsgrades an den Einzelflächen um einen Faktor f reduziert die Intensität der Reflexe um den Faktor f2, da das Licht immer zweimal gespiegelt wird. Der positive Effekt durch die Vergütung wirkt sich also ebenfalls quadratisch aus.
Bei guten Fotoobjektiven sind alle Luft-Glas-Flächen mehrfachvergütet. In Fotoobjektiven werden vergütete Linsen seit den 1930er Jahren eingesetzt, die Mehrschichtvergütung hat sich aber erst in den 1970er Jahren bei hochwertigen Objektiven durchgesetzt und ist heute außer bei sehr einfachen Kameras und Objektiven Standard.
Manche optischen Materialien für den infraroten Spektralbereich, etwa in Thermografie-Kameras, haben einen hohen Brechungsindex, z. B. einkristallines Germanium oder Zinkselenid, und weisen daher unbeschichtet hohe Reflexionsgrade auf.
Bei Objektiven für die Fotografie hat die Art der Vergütung bei modernen MC-Schichten nur einen sehr geringen Einfluss auf die Farbwiedergabe, weil der Anteil des noch reflektierten Lichts an der Gesamtenergie der hindurchtretenden Strahlung sehr gering ist, und weil man verschiedene Vergütungen innerhalb eines Objektivs so kombiniert, dass die Gesamtreflexion an allen Flächen nur noch wenig von der Wellenlänge abhängt. Objektive können jedoch aufgrund ihrer spezifischen Gesamttransmission durchaus etwas „wärmer“ oder „kälter“ zeichnen, was jedoch in der Praxis meist nur in der Diafotografie von Bedeutung ist. Durch Änderung der Schichtdicken wird die Abhängigkeit von der Wellenlänge beeinflusst, dadurch entsteht der Farbeindruck der Objektivfrontlinsen.
Bei Brillen sind farbige Reflexe besonders unerwünscht. Deshalb wird dort breitbandig wirksame Mehrfachvergütung eingesetzt. Besonders wichtig sind entspiegelte Brillen für das Fahren im Dunkeln.
Hochleistungsoptiken
Die für die Beschichtung verwendeten Werkstoffe weisen meist höhere Absorption auf als die Werkstoffe der optischen Komponenten. Die Zerstörschwelle einer Antireflexbeschichtung durch thermische Belastung ist daher in der Regel geringer als diejenige einer unbeschichteten Grenzfläche. Man führt bei Hochleistungs-Lichtleitkabeln den Strahl deshalb vor Eintritt oder nach Verlassen der Faser zunächst in einem Glasblock mit gleichem Brechungsindex weiter, bis er einen größeren Durchmesser hat. Dort kann dann eine Grenzfläche liegen, die auch antireflexbeschichtet werden kann.
Die Zerstörschwelle von beschichteten und unbeschichteten Laseroptiken wird bei kontinuierlicher Strahlung (CW) mit einer maximalen Leistungsdichte (z. B. Watt pro cm2) und bei gepulster Strahlung mit einer maximalen Energiedichte (z. B. Joule pro cm2) angegeben.
Kontinuierlich variierender Brechungsindex
Ein sanfter Übergang des Brechungsindex reduziert den Reflexionsgrad ohne starke Wellenlängen- und Winkelabhängigkeit. Für den Übergang auf n = 1 ist dafür allerdings ein Brechungsindex nahe bei 1 notwendig. Ein Forscherteam des Rensselaer Polytechnic Institute hat eine Beschichtung aus Siliziumstäbchen (vgl. Schwarzes Silizium) entwickelt, das einen Brechungsindex von lediglich 1,05 aufweist.[2][3] Die Entspiegelung durch Nanostrukturen an der Oberfläche wird auch Mottenaugen-Effekt genannt.
Einzelnachweise
- ↑ Josef Reiner: Grundlagen der Ophthalmologischen Optik. BoD – Books on Demand, 2002, ISBN 3831127670, S. 72 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
- ↑ J.-Q. Xi, Martin F. Schubert, Jong Kyu Kim, E. Fred Schubert, Minfeng Chen, Shawn-Yu Lin, W. Liu, J. A. Smart: Optical thin-film materials with low refractive index for broadband elimination of Fresnel reflection. In: Nat Photon. 1, Nr. 3, Februar 2007, S. 176–179, doi:10.1038/nphoton.2007.26.
- ↑ Fred Schubert: New Nanocoating Is Virtual Black Hole for Reflections. Physorg.com, 1. März 2007.
Kategorie:- Optisches Verfahren
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