Listenius

Listenius

Nikolaus Listenius (* um 1510 in Hamburg; † unbekannt) war ein deutscher Musiktheoretiker. Seine Musica zählt zu den bedeutendsten Lehrbüchern des 16. Jahrhunderts.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Listenius studierte ab 1529 an der Universität Wittenberg. 1531 schloss er sein Studium als Magister ab. Gegen 1536 unterrichtete er an der Lateinschule in Salzwedel, dem heutigen Friedrich-Ludwig-Jahn-Gymnasium. Er war zusätzlich zu seinem Schuldienst mit der Leitung der Kirchenmusik beauftragt. Da er diese ohne Einwilligung Joachims II., des Kurfürsten von Brandenburg, lutherisch zu reformieren versuchte, wurde er von diesem gerügt.

Werk

Listenius’ musiktheoretischer Traktat Rudimenta musicae in gratiam studiosa iuventutis diligenter comportata A. M. Nicolao Listenio erschien erstmals 1533 bei Georg Rhau in Wittenberg. In der 1537 erweiterten Fassung Musica Nicolai Listenii ab auctore denuo recognita multis novis regulis et exemplis adaucta erreichte das Werk über 50 Auflagen. Neben Heinrich Fabers einfacherem Compendium musicae (Braunschweig 1548) war Listenius’ Musica das am weitesten verbreitete Musiklehrbuch des 16. Jahrhunderts an den Lateinschulen Mitteldeutschlands, Pommerns, Württembergs und Österreichs.

Die Musica ist eine allgemeine Musiklehre. Nach den Vorbildern Rhaus (Enchiridion musicae, Wittenberg 1518) und Martin Agricolas (Musica Choralis Deudsch, Wittenberg 1532) unterrichtet sie über die musica choralis, d. h. die einstimmige, und über die musica mensuralis, die mehrstimmige Musik. Kontrapunkt- und Kompositionslehre behandelt sie im Gegensatz zu den anderen Werken nicht. Die Schrift stand unter dem Einfluss von Philipp Melanchthons pädagogischen Reformen. Ihre Vorrede verfasste der Reformator Johannes Bugenhagen. Ihr Hauptaugenmerk lag nicht mehr wie in den älteren Schulwerken auf den Anweisungen, sondern auf den praktischen Beispielen. Zu diesem Zweck fügte Listenius eine Vielzahl von Kanons als Lehrmaterial ein.

Rezeption

Die Musikwissenschaft des 20. Jahrhunderts schrieb Listenius zu, den Begriff der Musica Poetica als erster in der Bedeutung der Komposition gebraucht zu haben – in einer Dreiteilung des Musikbegriffs mit den anderen Bestandteilen musica theorica für die Theorie und musica practica für die Ausübung. Dies beruhte auf einem Missverständnis, das Listenius gleichwohl hohe Bekanntheit in der musikalischen Ideengeschichtsschreibung verschaffte. Er verstand unter diesem Begriff das musikalische Herstellen überhaupt, das sich auch auf Theoriewerke erstreckt. Der Wortsinn des opus consumatum et effectum, das seinen Schöpfer überdauert, ist bei ihm gleichfalls nicht auf das musikalische Werk im Sinne einer Komposition beschränkt. Seine auf die ethischen Schriften des Aristoteles und auf Quintilian zurückgehende Definition zielte nicht auf eine Trennung von Produktion und Reproduktion, sondern auf die Unterscheidung von Hervorbringen und Handeln, wie sie der Protestantismus ebenfalls aufgriff; Listenius versuchte, diese Differenzierung auch musikalisch fruchtbar zu machen.

Literatur

  • Heinz von Loesch: Der Werkbegriff in der protestantischen Musiktheorie des 16. und 17. Jahrhunderts. Ein Mißverständnis. Hildesheim/Zürich/New York: Olms 2001. ISBN 3-487-11446-1



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