- 1510
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Dai-Kalender (Vietnam) 872/873 (Jahreswechsel April) Iranischer Kalender 888/889 Islamischer Kalender 915/916 (Jahreswechsel 9./10. April) Jüdischer Kalender 5270/71 (4./5. September) Koptischer Kalender 1226/27 Malayalam-Kalender 685/686 Seleukidische Ära Babylon: 1820/21 (Jahreswechsel April) Syrien: 1821/22 (Jahreswechsel Oktober)
Spanische Ära 1548 Im Jahr 1510 nutzt Portugal seine im Vorjahr in der Seeschlacht von Diu gewonnenen Seeherrschaft im Indischen Ozean zur Eroberung der Stadt Goa in Indien, was nach einem kurzen Rückschlag zur Konsolidierung von Portugiesisch-Indien führt.
In Europa zerbricht die gegen die Republik Venedig gerichtete Liga von Cambrai, nachdem Venedig mit diplomatischem Geschick Frankreich unter König Ludwig XII. isolieren konnte.
In Erfurt kommt es zu neuerlichen Unruhen zwischen Studenten und Handwerkern der Stadt und in Brandenburg werden 38 Juden wegen angeblicher Hostienschändung verbrannt. Hamburg wird freie Reichsstadt und die Nordseeküste ist gleich von mehreren Sturmfluten betroffen, die umso schwereren Schaden anrichten, weil die Deiche schon nach den letztjährigen Überschwemmungen nur notdürftig geflickt sind.
Inhaltsverzeichnis
Ereignisse
Politik und Weltgeschehen
Heiliges Römisches Reich
Italienische Kriege / Liga von Cambrai
Nach militärischen Niederlagen kann der neue venezianische Armeekommandant Andrea Gritti die Front gegen Ludwig XII. von Frankreich stabilisieren. Gleichzeitig gelingt es der Republik Venedig durch erfolgreiche diplomatische Verhandlungen mit seinen Gegnern, die sehr unterschiedliche Ziele verfolgen, und gegen kleinere Gebietsabtretungen einen Frieden mit Kaiser Maximilian I. und Ferdinand II. von Aragón zu schließen, und Frankreich damit zu isolieren. Papst Julius II. hebt am 24. Februar den gegen die Stadt verhängten Kirchenbann wieder auf. Damit endet nach etwas über einem Jahr das Bündnis der Liga von Cambrai gegen die Seerepublik.
Reichstag zu Augsburg
- Auf dem Reichstag zu Augsburg, abgehalten im Stadtpalast des Bankiers Jakob Fugger, wird Hamburg zur freien und unmittelbaren Reichsstadt erklärt. Dänemark erkennt diese Erklärung nicht an.
Sonstige Ereignisse im Reich
Anfang des Jahres werden in der Kirche des havelländischen Dorfes Knoblauch eine vergoldete Monstranz und zwei geweihte Hostien gestohlen. Der Dieb, der christliche Kesselflicker Paul Fromm aus Bernau, erklärt unter der Folter, er habe eine der Hostien an einen Juden in Spandau verkauft. Das löst eine Reihe von Beschuldigungen, Verfolgungen und Festnahmen von Juden in vielen märkischen Städten aus. An die 100 der Festgenommenen, darunter die Angesehensten der Gemeinden, werden zu weiteren Untersuchungen in die Residenzstadt Berlin verbracht und dort vor ein Gericht gestellt. Nach der Verkündung des Urteils am 19. Juli auf dem Neuen Markt vor der Marienkirche werden 38 Juden auf einem mehrstöckigem Scheiterhaufen an der Richtstätte vor dem Georgentor wegen angeblicher Hostienschändung verbrannt, mindestens zwei weitere, die sich zwischenzeitlich taufen ließen, enthauptet. Auch der diebische Kesselflicker wird hingerichtet. In der Folge werden die Juden aus der Mark Brandenburg vertrieben. Das hat für den Landesherren und auch die Bürger den Vorteil, dass Schulden bei jüdischen Kaufleuten oder Bankiers nicht getilgt werden müssen. Juden dürfen sich erst 1539 wieder in Berlin ansiedeln.
In Erfurt kommt es nach dem Sturz und der Hinrichtung des Ratsherren Heinrich Keller und der Flucht weiterer Ratsherren im Vorjahr neuerlich zu Unruhen. Anlass dafür ist die in der Stadt ansässige Universität. Die um 1500 in Erfurt lehrenden Humanisten ziehen Studenten aus allen Teilen Europas an, was die Universität Erfurt zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor macht. Die oft aus wohlhabenden Verhältnissen stammenden Studenten paktieren jedoch offen mit den im Vorjahr vertriebenen Ratsherren und stellen oft provozierend ihren Reichtum zur Schau. Sie lösen dadurch eine zweite Welle von Gewalttaten aus, die als Erfurter Studentenhitze in der Stadtchronik Einzug findet. Das Erfurter Collegium Maius und andere Universitätsgebäude werden von den Handwerkern gestürmt und beschädigt, viele Studenten verlassen in der Folge Erfurt. Noch bis 1514 gärt es in der Stadt zwischen dem Rat und den Zünften, der Ruf Erfurts ist durch die Ereignisse nachhaltig ruiniert. Weiters kommt es in den nächsten Jahren zu einem langandauernden Handelskrieg mit den sächsischen Herzögen, der auch langfristige negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Stadt hat. Auch Martin Luther, der zu diesem Zeitpunkt im Augustinerkloster lebt und predigt, wird Augenzeuge der Ereignisse.
Portugiesisches Weltreich
Am 1. März kommt der ehemalige Vizekönig von Portugiesisch-Indien, Francisco de Almeida, bei einem Scharmützel mit Einheimischen an der Küste der Tafelbucht am Kap der Guten Hoffnung ums Leben. Zu den Auseinandersetzungen kommt es, nachdem die Portugiesen versucht haben, den Angehörigen der Khoikhoi Vieh für die Frischfleischversorgung an Bord zu stehlen. Der Zwischenfall führt dazu, dass portugiesische Schiffe es ab diesem Zeitpunkt vermeiden, am Kap der Guten Hoffnung an Land zu gehen.
Unter Almeidas Nachfolger, Gouverneur Afonso de Albuquerque dehnen die Portugiesen ihr Kolonialreich in Indien aus. Sie greifen im Frühjahr das von der Dynastie der Adil Shahi regierte Sultanat Bijapur an und erobern Goa. Das Sultanat, das zur gleichen Zeit mit einem Krieg gegen das Hindu-Reich Vijayanagar und das nördliche Nachbarsultanat Ahmadnagar konfrontiert ist, kann den Ort im August zwar kurzfristig zurückerobern, am 25. November gelingt den Portugiesen aber die endgültige Einnahme der Städte Goa und Panaji. Goa wird ab diesem Zeitpunkt Hauptstadt der Kolonie Portugiesisch-Indien, von wo nicht nur der Seehandel nach Südostasien und Europa gesteuert wird, sondern auch die christliche Missionierung ihren Ausgang nimmt.
Die portugiesischen Orte Aljustrel und Castro Verde erhalten das Stadtrecht.
Spanien und seine Kolonien
- Spanische Truppen erobern Algier und Bejaia in Nordafrika.
- Der Gouverneur von Veragua, Diego de Nicuesa, gründet die Stadt Nombre de Dios im heutigen Panama.
Nord- und Osteuropa
- Der Seekrieg von 1510/11 zwischen Lübeck und den Wendischen Städten der Hanse einerseits und dem Hauptgegner Dänemark unter Admiral Jens Holgersen Ulfstand beginnt.
- Republik Pskow: Pskow wird vom Großfürstentum Moskau unter Wassili III. unterworfen.
Asien
- Der persische Schah Ismail I. aus der Dynastie der Safawiden besiegt den Usbeken-Khanat unter Mohammed Scheibani, aus dessen Schädel eine Trinkschale gemacht wird.
Wirtschaft
- Übernahme der Leitung des Augsburger Handelshauses durch Jakob Fugger
Wissenschaft und Technik
- Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim verfasst sein dreibändiges Buch De Occulta Philosophia über die bekannte Magie des Abendlandes. Der auch an Mineralogie interessierte Universalgelehrte ist gleichzeitig Bergrat für die Stadt Köln.
Kultur
Kultur - Cinquecento in Italien
- Renaissance
- Hochrenaissance in Italien
- Frührenaissance im deutschsprachigen Raum
- Spätgotik
- Manuelinik in Portugal
Bildende Kunst
- Der italienische Renaissancemaler Giorgione vollendet mit der Schlummernden Venus eines seiner letzten Werke.
- Der deutsche Maler Hans Baldung vollendet die Markgrafentafel, die neben Anna selbdritt unter anderem auch den Stifter des Bilds, Markgraf Christoph I. von Baden, zeigt.
- Der deutsche Renaissancemaler, Kupferstecher und Baumeister Albrecht Altdorfer stellt das Ölgemälde Laubwald mit dem Heiligen Georg fertig. Das mit Ölfarbe auf Pergament gemalte und auf Lindenholz aufgezogene Bild zeigt eine Szene aus der Drachentöterlegende des Heiligen Georg.
- Ridolfo Ghirlandajo: Anbetung durch die Hirten
Literatur
- In Pforzheim wird erstmals der Liber Vagatorum herausgegeben. Das dreiteilige Büchlein, dessen Urheber unbekannt ist, bildet eine Zusammenschau der „Bettlertypen“ und ihrer „Arbeitsweise“ in der frühen Neuzeit.
Religion
- 10. Januar: Johannes VIII. Grimholt wird Bischof von Lübeck, am 8. April bestätigt.
- Streit des Pforzheimer Humanisten Johannes Reuchlin mit Johannes Pfefferkorn gegen dessen Verlautbarung, die Literatur der Rabbiner zu beseitigen. Nach Verurteilung des Johannes Reuchlin zur Ketzerei 1520 erscheinen aus dem humanistischen Freundeskreis von Reuchlin die gegen die Dominikaner gerichteten „Dunkelmännerbriefe“.
- Der Universalgelehrte Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim wird gemeinsam mit anderen Repräsentanten von Kaiser Maximilian I. an den Hof von Heinrich VIII. von England gesandt, um Einfluss auf dessen Politik zu nehmen. Agrippa lernt dort unter anderem John Colet bei einer Vorlesung an der University of Oxford über den Paulinismus kennen.
Im November reist Martin Luther nach Rom, um im Auftrag seines Erfurter Konvents gegen die von oben befohlene Vereinigung der strengen Observanten mit den liberaleren Augustinerklöstern zu protestieren. Er nimmt dort an einer Generalbeichte teil und rutscht auf dem Bauch die „Heilige Treppe“ am Lateran hinauf, um Sündenvergebung für sich und seine Verwandten zu erlangen. Er zweifelt zu diesem Zeitpunkt noch nicht an der römischen Bußpraxis, ist aber entsetzt über den Unernst und Sittenverfall, die ihm in Rom begegnen.
Katastrophen
Am 5./6. September trifft eine schwere Sturmflut an der Nordseeküste vor allem den Jadebusen, viele schon durch die Zweite Cosmas- und Damianflut vom Vorjahr noch beschädigte und nur notdürftig reparierte Deiche brechen. Auf diese sogenannte St.-Magnus-Flut folgt am 1. November die Allerheiligenflut 1510, die die gesamte Nordseeküste von Flandern bis Eiderstedt heimsucht. Viele Deiche werden erneut durchbrochen und weite Küstengebiete überschwemmt. Das Wasser steigt bis auf 3,80 Meter über MThw.
Geboren
Geburtsdatum gesichert
- 30. März: Antonio de Cabezón, spanischer Komponist und Organist († 1566)
- 22. Juli: Alessandro de’ Medici, Duca della città di Penna und Herzog von Florenz († 1537)
- 28. Oktober: Francisco de Borja, dritter General der Jesuiten († 1572)
- 6. November: John Caius, englischer Hofarzt, ermöglichte die erneute Gründung von Gonville Hall († 29. Juli 1573)
Genaues Geburtsdatum unbekannt
- Franz Davidis, unitarischer Theologe († 1579)
- Francisco Vásquez de Coronado, spanischer Entdecker († 1554)
- Johannes Marcellus, deutscher Philologe und Poet († 1552)
Geboren um 1510
- Philibert Delorme, französischer Architekt († 1570)
- Ambroise Paré, französischer Chirurg († 1590)
Gestorben
Erstes Halbjahr
- 5. Januar: Johannes Nauclerus, deutscher Gelehrter und erster Rektor der Universität Tübingen (* 1425)
- 13. Januar: Florian Waldauf, Tiroler Ritter (* um 1450)
- 1. Februar: Sidonie von Böhmen, Herzogin von Sachsen (* 1449)
- 28. Februar: Juan de la Cosa, spanischer Seefahrer, Kartograf und Entdecker (* um 1449 oder 1460)
- 1. März: Francisco de Almeida, portugiesischer Seefahrer und Militär, Gouverneur von Portugiesisch-Indien (* 1450)
- 10. März: Johann Geiler von Kaysersberg, deutscher Prediger und Schriftsteller (* 1445)
- 12. März: Mihnea I. cel Rău, Woiwode der Walachei, (* um 1462)
- um den 27. März: Beatrice de Frangepan, kroatische Adlige, Markgräfin von Brandenburg-Ansbach (* 1480)
- 20. April: Wilwolt von Schaumberg, deutscher Söldnerführer und Feldherr (* um 1446)
- 17. Mai: Sandro Botticelli, italienischer Maler (* 1. März 1445)
- 25. Mai: Georges d’Amboise, französischer Minister und Kardinal (* 1460)
- 7. Juni: Johannes Fischer, Weihbischof in Naumburg
- 24. Juni: Johann von Sonnenberg, Truchseß von Waldburg (* um 1470)
- 28. Juni, Philipp von Hoerde, Dompropst in Münster und Landdrost des Herzogtums Westfalen (* 1455)
Zweites Halbjahr
- 10. Juli: Caterina Cornaro, Königin von Zypern (* 1454)
- 28. Juli: Georg Alt, deutscher Übersetzer und Historiograph (* um 1450)
- 7. September: Rudolf IV., Fürst von Anhalt-Bernburg (* um 1466)
- 15. September: Katharina von Genua, katholische Heilige (* 1447)
- 18. September: Ursula von Brandenburg, Herzogin von Mecklenburg (* 1488)
- 7. Oktober: Karl von Baden, Domherr in Straßburg und Trier (* 1476)
- 17. Oktober: Johannes Bonemilch, Weihbischof von Mainz (* um 1434)
- vor dem 25. Oktober: Giorgione, italienischer Maler (* 1478)
- 11. November: Bohuslaus Lobkowicz von Hassenstein, deutscher Humanist, Gelehrter und Dichter (* 1462)
- 23. November: Pierre de Blarru, französischer Kanoniker und Humanist (* 1437)
- 29. November oder 1. Dezember: Mohammed Scheibani, Khan der Usbeken (* 1451)
- 9. Dezember: Hartmannus Hartmanni, deutscher Rechtsgelehrter und Kanoniker an der Heidelberger Heiliggeistkirche (* um 1472)
- 14. Dezember: Friedrich von Sachsen, Hochmeister des Deutschen Ordens (* 1473)
- 31. Dezember: Bianca Maria Sforza, Tochter des Herzogs Galeazzo Maria Sforza von Mailand, zweite Gemahlin Kaiser Maximilians I. (* 1472)
Genauer Todestag unbekannt
- Agüeybaná, Häuptling der Taínos auf Puerto Rico
- Francesco Bianchi, italienischer Maler (* 1447)
- Ambrogio Calepino, italienischer Lexikograph, (* um 1435)
- Ulrich Fugger, deutscher Kaufmann und Bankier (* 1441)
- Ludeke Hollant, Ratsherr und Bürgermeister in Braunschweig (* um 1460)
- Luis Juan del Milà, spanischer Kardinal (* um 1430/32)
- Pellegrino Prisciani, italienischer Humanist, Universitätslehrer, Geschichtsschreiber, Antiquar und Astrologe (* 1435)
- Giovanni Sforza, Herr von Pesaro (* 1466)
- Absolon Stumme, deutscher Maler der Spätgotik
Gestorben um 1510
- Gottfried von Ghemen, niederländischer Buchdrucker
Weblinks
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