- Listenhund
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Viele deutsche Bundesländer führen eine Rasseliste mit Hunderassen, die rassebedingt als gefährlich aufgeführt oder deren Gefährlichkeit vermutet wird („Kampfhunde“). Für einen solchen „Listenhund“ gelten dann bestimmte Regelungen, für die in einigen Bundesländern noch einmal abgestuft 2 unterschiedlichen Kategorien gelten. Derzeit gelten in fünf Bundesländern abgestufte Rasselisten (1 und 2), in weiteren acht Bundesländern gilt je eine Rasseliste (ohne Abstufungen). Die restlichen drei Bundesländer haben sich gegen Rasselisten entschieden. In Deutschland gibt es derzeit 10 verschiedene Definitionen dafür, welche Hunderassen genetisch bedingt gefährlich sein könnten.
Die rassespezifischen Sonderregeln können unter anderem Leinenzwang, Maulkorbzwang, Chippflicht, Versicherungspflicht, Genehmigungspflicht, Gebot der Unfruchtbarmachung, Pflicht zur sicheren Umzäunung, Pflicht zur Sachkundeprüfung und Haltungsverbot umfassen.
In den meisten Bundesländern kann der Hund nach Bestehen eines Wesenstests von den Maßnahmen befreit werden, die für Listenhunde vorgeschrieben sind. Als einziges Bundesland hat Thüringen von Anfang an die Auffassung vertreten, die Gefährlichkeit eines Hundes sei nicht an seiner Rasse festzumachen und stellt auf situationsbedingte Maßnahmen ab.
Gegen einen individuell gefährlichen Hund konnten durch die zuständige Behörde schon vorher Maßnahmen ergriffen werden. Die vor dem Juli 2000 geltenden Hundeverordnungen boten die Rechtsgrundlage aggressive Hunde wegnehmen oder andere Anordnungen treffen zu können. In den drei Ländern ohne Rasselisten ist es somit auch möglich, gegen aggressive und gefährliche Hunde Leinen- und Maulkorbzwang zu verhängen. Kritiker der Rasselisten stehen auf dem Standpunkt, durch den Wegfall von zeit- und personalaufwändigen – und aus ihrer Sicht unsinnigen – Maßnahmen gegen Listenhunde würden die Ämter wieder mehr Zeit finden, notwendige Maßnahmen gegen aggressive Hunde konsequenter durchzusetzen. Im Gegenzug ist eine jeweilige Einzelfallprüfung personal- und zeitintensiver als die Kontrolle von Allgemeinverfügungen.
Rasselisten in Deutschland
Die Bundesländer Niedersachsen und Thüringen haben keine Rasselisten. In Sachsen-Anhalt soll die Rasseliste am 1. März 2009 in Kraft treten. Die anderen Bundesländer definieren in ihren Hundegesetzen oder Hundeverordnungen verschiedene Hunderassen und deren Mischlinge als "gefährlich". Im Bundesland Bayern wird der Begriff Kampfhund verwendet; dieser Begriff ist hier juristisch definiert und weicht von der kynologischen Definition ab.
Aktuelle Rasselisten der deutschen Bundesländer
Die Liste zeigt, welche Hunderassen in welchen Bundesländern Deutschlands als gefährlich gelten.
Rasselisten in Deutschland, Stand März 2009 BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH Import nach D Alano[1] 2 2 2 je nach Ziel-Bundesland American Bulldog 2 X 2 je nach Ziel-Bundesland American Staffordshire Terrier 2 1 X 1 X 1 X X 1 X X X X X verboten Bandog 1 je nach Ziel-Bundesland Bullmastiff 2 2 X 2 2 2 je nach Ziel-Bundesland Bullterrier 2 2 X 1 X 1 X X 1 X X X verboten Cane Corso 2 2 je nach Ziel-Bundesland Dobermann 2 je nach Ziel-Bundesland Dogo Argentino 2 2 X 2 2 X 2 je nach Ziel-Bundesland Dogue de Bordeaux 2 2 2 2 je nach Ziel-Bundesland Fila Brasileiro 2 2 X 2 2 X 2 je nach Ziel-Bundesland Kangal[1] 2 X je nach Ziel-Bundesland Kaukasischer Owtscharka 2 X je nach Ziel-Bundesland Mastiff 2 2 X 2 2 X 2 je nach Ziel-Bundesland Mastín Español 2 2 X 2 2 2 je nach Ziel-Bundesland Mastino Napoletano 2 2 X 2 2 X 2 je nach Ziel-Bundesland Perro de Presa Canario[1] 2 2 je nach Ziel-Bundesland Perro de Presa Mallorquin[1] 2 2 je nach Ziel-Bundesland American Pitbull Terrier 2 1 X 1 X 1 X X 1 X X X X X verboten Rottweiler 2 2 2 X 2 je nach Ziel-Bundesland Staffordshire Bullterrier 2 1 1 X 1 X X 1 X X X X verboten Tosa Inu 2 1 X 1 2 2 je nach Ziel-Bundesland BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH Import nach D Legende: Länderkürzel BW : Baden-Württemberg, BY : Bayern, BE : Berlin, BB : Brandenburg, HB : Bremen, HE : Hessen, HH : Hamburg, MV: Mecklenburg-Vorpommern, NI: Niedersachsen, NW: Nordrhein-Westfalen, RP: Rheinland-Pfalz, SL: Saarland, SN: Sachsen, ST: Sachsen-Anhalt, SH: Schleswig-Holstein, TH: Thüringen
Erläuterungen:
- 1: Die Rasse ist als gefährlich aufgeführt.
- 2: Die Gefährlichkeit der Rasse wird vermutet, kann aber widerlegt werden (Wesenstest).
- X: Die Rasse ist als gefährlich aufgeführt, dieses Bundesland unterscheidet nicht zwischen Kategorie 1 und Kategorie 2. Die vorgenannten Kategorien werden in den Bundesländern unterschiedlich definiert.
In der Spalte "Import nach D" sind die Rassen gemäß der Rasseliste im deutschen Bundesgesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde rot markiert. Für diese Rassen besteht ein Importverbot. Es ist ferner verboten, einen Hund einer Rasse nach Deutschland einzuführen, der im Ziel-Bundesland verboten ist. Diese Rassen, für die ein beschränktes Einfuhrverbot gilt, sind gelb markiert. Die Zulässigkeit oder das Verbot hängt davon ab, welches Bundesland das Ziel ist; nach Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen dürfen diese Rassen eingeführt werden, in die anderen Bundesländer nur, sofern die berechtigte Haltung nachgewiesen werden kann.
Unterschiede zwischen den Listen
In Sachsen und Rheinland-Pfalz sind jeweils drei Hunderassen als gefährlich definiert. Diese sind jedoch nicht identisch. In Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sind vier Rassen, in Berlin zehn, in Hessen 11, in Baden-Württemberg 12 Rassen, in Nordrhein-Westfalen 14 Hunderassen, in Hamburg 15 und in Brandenburg 18 Rassen als gefährlich definiert. Einzig der American Staffordshire Terrier und der Pitbull gelten in allen Ländern, die eine Rasseliste haben, als gefährlich.
Bayern ist das Land mit der umfangreichsten Liste, diese führt 19 Namen auf, wobei es sich bei 18 der aufgeführten Namen um Hunderassen oder um einen Hundetypus handelt. Der neunzehnte Eintrag "Bandog" ist weder eine vom FCI anerkannte Hunderasse noch ein allgemein bekannter Hundetypus (wie der Pitbull). Die bayerische Polizei beschreibt den Bandog folgendermaßen:
Der Bandog, wörtlich zu übersetzen mit dem Wort "Kettenhund", ist keine einheitliche Rasse. Mit diesem Begriff werden Hunde bezeichnet, die tagsüber angekettet und nachts zum Schutz von Grundstücken frei liefen. [2]
und die Stadt München definiert diesen Typus als Schulterhöhe über 45 cm, Gewicht über 30 kg, ohne einheitliches äußeres Erscheinungsbild, mit variablen Farbschlägen.[3]Kritiker sehen hier das Bestimmtheitsgebot verletzt. Die Beschreibung sei nicht sehr präzise, es sind z.B. keine Angaben über Kopfform, Körperbau und Felllänge gegeben. Bei den Angaben zur Ankettung und zur Aggressivität handele es sich nicht um rassespezifische Merkmale, sondern um solche, die Haltungsbedingungen, schlechte Erziehung und evtl. tierschutzwidrige Zuchtauswahl auf Aggressivität beschreiben. Prof. Dr. Wolfram Hamann argumentiert, der Typus "Bandog", sei eine Phantasierasse ...der Begriff „Bandog" [ist] viel zu diffus und wird z.T. als Mix von Pitbull (dazu sogleich) und Mastino verstanden. [4]
Praktische Folgen
Halter von in einer Liste als gefährlich eingestuften Hunden müssen sich vor Reisen in andere Bundesländer über die geltende Rechtslage informieren. Je nach Rasse, Wohnort und Reiseziel müssen entsprechende Vorkehrungen - wie die Anschaffung eines Maulkorbes oder die Einholung eines Wesentestes - getroffen werden.
Befürworter
Die 13 Innenminister der Länder mit Rasselisten vertreten den Standpunkt, mit der Auflistung von Hunderassen würden gefährliche Hunde besser kontrollierbar und die Sicherheit der Bevölkerung vor Hundeangriffen würde erhöht. Ebenfalls befürwortet werden Rasselisten vom Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) und der Verein Deutsche Kinderhilfe Direkt e.V. (DKD). Angenommen wird oftmals eine erhöhte Beißkraft und eine fehlende Bißlösung bei den betroffenen Hunderassen. [5]
Kritik
Die Rasselisten werden von einer Vielzahl von Institutionen abgelehnt und für nicht zweckdienlich gehalten, die wichtigsten davon sind: Arbeitsgemeinschaft der Diensthundeführer von Polizei und BGS, Bundestierärztekammer, Bundesverband der beamteten Tierärzte, Bundesverband Praktischer Tierärzte (BPT), Deutscher Tierschutzbund (DTSchB), Gesellschaft für Tierverhaltenstherapie (GTVT), Tierschutzzentrum - Tierärztliche Hochschule Hannover und Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH).
Zum Argument der besonders hohen Beißkraft wird darauf verwiesen, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis für die Behauptung gäbe. Außerdem sei eine erhöhte Beißkraft nicht gleichbedeutend mit erhöhter Gefährlichkeit, da zum Töten eines Menschen schon eine geringe Beißkraft ausreiche. So reiche auch die vergleichsweise geringe Beißkraft eines Menschen aus, einen anderen Menschen zu töten, was sich am Beispiel des Serienmörders Haarmann zeige.
Die negativen Auswirkungen von Leinen- und Maulkorbzwang wurden u.a. in der Doktorarbeit von Sandra Bruns angesprochen: "Insbesondere der Maulkorb- und Leinenzwang lässt solche [negativen] Verhaltensveränderungen stark vermuten. So werden Hunde durch das Tragen eines Maulkorbes in ihrer arttypischen Kommunikation behindert. Bestimmte Verhaltensweisen des innerartlichen Sozialkontaktes, wie z.B. Naso-Nasal-Kontakt oder Ano-Genital-Kontrolle, können gar nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden. Hunde, die einem Leinenzwang unterliegen, sind in ihrer Bewegungsmöglichkeit stark eingeschränkt. Dies kann insbesondere bei bewegungsaktiven Hunden zu mangelnder Auslastung und Frustration führen. Alle genannten Faktoren stellen Stressauslöser dar, die letztendlich die Hemmschwelle aggressiven Verhaltens senken können." und "Auch die gesellschaftliche Ausgrenzung der Hunde, die einem Maulkorbzwang unterliegen, stellt einen bedeutenden Aspekt der Verhaltensbeeinflussung dar. So werden Hunde, die einen Maulkorb tragen, nicht selten intensiv angeschaut, was ähnlich wie die Wesenstestsituation 'Anstarren' einen für diese bedrohlichen Charakter hat. Da das Tragen eines Maulkorbes 'Gefährlichkeit' impliziert, werden solche Hunde häufig von Menschen gemieden, was eine Verarmung der sozialen Umwelt nach sich zieht." (Sandra Bruns: Fünf Hunderassen und ein Hundetypus im Wesenstest nach der Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung vom 5. Juli 2000 Faktoren, die beißende von nicht-beißenden Hunden unterscheiden, Seite 80)
Daraus wird auch von Tierärzten geschlussfolgert, dass ständige Leinenpflicht und ständiger Maulkorbzwang bei einem zuvor unauffälligen Hund künftiges aggressives Verhalten fördern können.Anzahl der Todesfälle durch Hunde
Klassifikation nach ICD-10 V01-X59 Unfälle W00-X59 Sonstige äußere Ursachen von Unfallverletzungen W50-W64 Exposition gegenüber mechanischen Kräften belebter Objekte W54 Gebissen- oder Gestoßenwerden vom Hund ICD-10 online (WHO-Version 2006) Einige der Rasselisten wurden mit der Begründung erlassen, die Zahl der Hundeangriffe und die Zahl der getöteten Menschen sei in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Medienberichterstattung behauptet oft Ähnliches.
Todesursachen werden in Deutschland nach Codes gemäß ICD-10 gezählt. In der Grafik werden die absoluten Zahlen (blaue Kurve) und die relative Häufigkeit bezogen auf die Bevölkerungszahl Deutschlands (rote Kurve) gezeigt.
Die rote Kurve zeigt die Wahrscheinlichkeit, an einem Hundebiss oder -unfall in Deutschland zu sterben. Diese Kurve hat ihren Höchstwert in den Jahren 1980 und 1981 (je 8,10 Tote pro 100 Mio Einwohner) und weitere hohe Werte in den Jahren 1994 und 2000 (7,39 bzw. 7,24 Tote pro 100 Mio Einwohner). Die Aussage, dass im Jahre 2000 ein Spitzenwert erreicht worden sei, wird nur hinsichtlich der absoluten Fallzahl von der Statistik bestätigt. Insgesamt zeigt die Kurve im Zeitraum von 29 Jahren ein Ansteigen und Abfallen ohne eindeutige Tendenz.
ICD W54 zählt auch solche Fälle, in denen ein Mensch von einem Hund umgestoßen wird und an den Folgen des Sturzes stirbt. Die Gesamtzahl enthält also Fälle von Hundeangriffen ebenso wie Unfälle, die von einem Hund verursacht wurden.
Die Werte (Anzahl) beziehen sich von 1979 bis 1989 auf die Zahlen für das frühere Bundesgebiet, ab 1990 gelten die Zahlen für Gesamtdeutschland. Zahlen von 1979 bis 1989 aus der DDR liegen nicht vor. Aufgrund der unterschiedlichen Bezugszahlen sind die absoluten Zahlen vor/nach 1990 nicht vergleichbar. Die rote Kurve berücksichtigt die unterschiedlichen Bezugszahlen.
Beißstatistik in Nordrhein-Westfalen, Beobachtungspflicht
Aufgrund dieser Beobachtungs- und Prüfpflicht werden u.a. im Land Nordrhein-Westfalen Statistiken geführt, die zu einem späteren Zeitpunkt für die Entscheidung über die Zukunft der Rasseliste verwendet werden sollen. Die erhobenen Daten beziehen sich auf Beißvorfälle mit verletzten Menschen in NRW und zeigen den prozentualen Anteil der Hunderassen entsprechend ihrer Populationsstärke. Die Zwischenauswertung der Beißzahlen für 2003 bis 2004 zeigt eine gemischte Verteilung der Beißhäufigkeit der verschiedenen Listenhunde. Auf den obersten drei Plätzen befindet sich kein Hund der Rasseliste 1, zwei der fünf Rassen der Liste 1 befinden sich in der Auffälligkeit hinter den ungelisteten Rassen Dobermann und Schäferhund. Drei der Rassen der Liste 2 (Mastiff, Fila Brasileiro, Tosa Inu) befinden sich in der Auffälligkeit hinter diversen ungelisteten Rassen wie Münsterländer, Berner Sennenhund und Golden Retriever.
Hierbei ist aber nicht die Häufigkeit der verschiedenen Hunderassen berücksichtigt. Eine Auswertung, welche die Unfallzahlen mit den Bestandszahlen korreliert, liegt nicht vor. Die absoluten Zahlen geben somit keinen auswertbaren Hinweis auf die tatsächliche Gefährdung durch einzelne Arten oder gar Individuen wieder.
Änderung in Niedersachsen: Rasselistenabschaffung
Die Niedersächsische Gefahrtierverordnung (GefTVO) mit Rasseliste wurde im Sommer 2000 von allen Landtagsfraktionen gemeinsam beschlossen.
Am 3. Juli 2002 entschied das Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 6 CN 5.01 [6], die komplette Hunderegelung in der GefTVO für nichtig zu erklären. Es blieben von der GefTVO bloß noch Vorschriften zur Haltung exotischer Tiere wie Giftschlangen und Löwen übrig. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass zwar für bestimmte Hunderassen ein Verdacht bestehe, dass von ihnen erhöhte Gefahren ausgehen. Es ist jedoch in der Wissenschaft umstritten, welche Bedeutung diesem Faktor neben zahlreichen anderen Ursachen – Erziehung und Ausbildung des Hundes, Sachkunde und Eignung des Halters sowie situative Einflüsse – für die Auslösung von aggressivem Verhalten zukommt. Ein bloßer Gefahrenverdacht, auch als Besorgnispotenzial bezeichnet, rechtfertige kein Einschreiten auf der Grundlage der polizeilichen Generalermächtigung. Vielmehr müssten Eingriffe zum Zweck der Gefahrenvorsorge nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in einem besonderen Gesetz vorgesehen sein. Ein derartiges Gesetz liege in Niedersachsen nicht vor.
Kurz danach wurde von der regierenden SPD die Vorlage für das Niedersächsische Hundegesetz, wieder mit Rasseliste, eingebracht. Zu diesem Gesetzesvorhaben wurden im Landtag die vorgeschriebenen Anhörungen durchgeführt. Angehört wurden 20 Experten und Fachinstitutionen, davon sprachen sich 19 gegen Rasselisten aus, als einzige Institution sprach sich der Deutsche Kinderschutzbund dafür aus. Gegen die Rasseliste war auch der Arbeitskreis Tierschutz der SPD, der gegen den SPD-Minister stimmte. Mit einer Stimme Mehrheit wurde das NHundG mit Rasseliste durch den Landtag beschlossen.[7]
Die Rasselisten wurden nach der Landtagswahl vom 2.Februar 2003 und dem Regierungswechsel zur CDU aus dem NHundG gestrichen.
Rasselistenverkürzung in Berlin durch neues Hundegesetz
In dem zum 10. Oktober 2004 in Kraft getretenen Gesetz über das Halten von Hunden in Berlin [8] werden die vorher in der Berliner Hundeverordnung gelisteten Rassen Staffordshire Bullterrier und Dogue de Bordeaux nicht mehr aufgeführt.
Rasselistenverkürzung in Mecklenburg-Vorpommern ab 2006
Zum 1. Januar 2006 wurde die Rasseliste im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern um sieben Rassen gekürzt. Die Rassen Dogo Argentino, Bordeauxdogge, Fila Brasileiro, Mastiff, Mastino Español, Mastino Napoletano und Tosa Inu sind dann nicht mehr „vermutet gefährlich“.
Das Land begründet die Änderung mit dem Gebot zur Überprüfung der Rasseliste[9], die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 16. März 2004[10] enthalten ist. Das BVerfG-Urteil sagt aus, dass der Gesetzgeber die weitere Entwicklung zu beobachten hat und prüfen muss, ob die dem Urteil zugrunde liegenden Annahmen (über rassebedingte Gefährlichkeit) sich tatsächlich bestätigen.
Sachsen-Anhalt hat ab 2009 eine Rasseliste
Der Landtag des Landes Sachsen-Anhalt hat am 11. Dezember 2008 nach mehrjähriger Beratung ein Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren beschlossen. Neben vielen rasseneutralen Vorschriften (Chippflicht, Versicherungs- und Registrierungspflicht) wird zum 1. März 2009 eine Rasseliste eingeführt. Diese Liste ist im Gesetz nicht explizit aufgeführt, sondern ergibt sich daraus, dass auf das Bundesgesetz verwiesen wird; das bedeutet, dass sich die sachsen-anhaltische Rasseliste im Falle einer Änderung oder Außerkraftsetzung des Bundesgesetzes entsprechend ändert. Paragraf 2 Absatz 2 bestimmt
„Für Hunde, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hundeverbringungs- und –einfuhrbeschränkungsgesetzes […] nicht in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt oder verbracht werden dürfen, wird die Gefährlichkeit vermutet.“
Diese Hunde müssen einem Wesenstest unterzogen werden und unterliegen nach dessen Bestehen keinen besonderen Bestimmungen mehr. Ohne Nachweis eines bestandenen Wesenstests dürfen diese Hunde nicht gehalten werden. Es können Wesensteste aus anderen Ländern und Staaten als gleichwertig anerkannt werden. Weitere Voraussetzungen für einen Haltungsgenehmigung sind Volljährigkeit, Zuverlässigkeit, persönliche Eignung und Sachkunde des Halters. Der Hund muss (ebenso wie alle anderen Hunde, die nach dem 1. März 2009 geboren werden) unveränderlich gekennzeichnet und haftpflichtversichert sein. Es besteht keine Kastrationspflicht und kein Zuchtverbot. [11] [12]
Zukunftsaussicht
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sagt aus, dass bei fehlender Bestätigung der Annahme der übermäßigen Beißhäufigkeit durch Listenhunde eine Änderung erfolgen muss.
- "Allerdings muss der Bundesgesetzgeber die weitere Entwicklung beobachten. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ursachen aggressiven Verhaltens von Hunden der verschiedenen Rassen und über das Zusammenwirken unterschiedlicher Ursachen sowie die tatsächlichen Annahmen des Gesetzgebers belassen noch erhebliche Unsicherheit. Es ist deshalb notwendig, die Gefährdungslage, die durch das Halten von Hunden entstehen kann, und die Ursachen dafür weiter im Blick zu behalten und insbesondere das Beißverhalten der von § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG erfassten Hunde künftig mehr noch als bisher zu überprüfen und zu bewerten. Wird dabei die prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit dieser Hunde durch den Gesetzgeber nicht oder nicht in vollem Umfang bestätigt, wird er seine Regelung den neuen Erkenntnissen anpassen müssen."[10]
Hierbei wird den Gesetzgebern freigestellt, diejenigen Hunderassen in die Liste mit aufzunehmen, die eine vergleichbare Beißhäufigkeit haben wie die bisher gelisteten Rassen oder die Rasseliste insgesamt abzuschaffen und andere Kriterien als die Rassezugehörigkeit (z. B. Wesenstest oder Halterqualifikation) zu verwenden.
Rasselisten bei Versicherungen
Eine unübersichtliche Situation besteht auch bei Hundehalter-Haftpflichtversicherungen. Eine typische Liste einer Versicherung lautet beispielsweise:
- Nicht versicherbar und trotz Beitragszahlung nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht als Halter von Hunden der Rassen American Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier, Bull Terrier, Staffordshire Bullterrier sowie aus Kreuzungen mit diesen Hunderassen hervorgegangene Mischlinge ersten Grades. Annahme bei Vorschadenfreiheit mit 100 % Risikozuschlag ist möglich für Halter von Hunden der Rassen: American Bulldog, Bullmastiff, Cane Corso Italiano, Coban Köpegi, Dobermann, Dogo Argentino, Dogo Canario, Dogue de Bordeaux, Fila Brasileiro, Kaukasischer Owtscharka, Mastiff, Mastino Español, Mastino Napoletano, Perro dogo mallorquin, Rottweiler, Tosa Inu sowie aus Kreuzungen mit diesen Hunderassen hervorgegangene Mischlinge ersten Grades.
Nicht alle Versicherungen haben Rasselisten; die in vielen Bundesländern vorgeschriebene Versicherung kann bei einigen Versicherern auch für diese Rassen abgeschlossen werden.[13]
Regelungen ausserhalb Deutschlands
Weltweit existieren verschiedenste Rasselisten und gesetzliche Regelungen. In Tennessee wird beispielsweise der Deutsche Schäferhund als gefährlich gelistet. Rasselisten bestehen u.a. auch in Großbritannien und Dänemark.
Frankreich
Frankreich ist für rigorose Maßnahmen gegen Hunde bestimmter Rassen bekannt. Hunden der Kategorie 1 (sogenannte Kampfhunde), Hunde vom Typ Staffordshire Terrier, American Staffordshire Terrier (diese beiden Hundearten können allgemein „Pit-bulls“ genannt werden), Mastiff („Boer-bulls“) oder Tosa und Hunde, die in keinem vom Internationalen Hundeverband zugelassenen Stammbuch eingetragen sind, ist die Einreise nach Frankreich verboten. Die Polizei darf einen herrenlosen Hund oder einen Hund, der eine Gefahr darstellen könnte, einfangen. Der Hund wird in ein Tierheim gebracht. Die Polizei unterrichtet die zuständige Behörde (Bürgermeister oder in Paris der Polizeipräfekt).
Der Bürgermeister, der die Entscheidung trifft, den Hund in einem Tierheim unterzubringen, ist der Ansprechpartner für den Besitzer des Hundes. Der Besitzer kann innerhalb von 8 Tagen den Beweis erbringen, dass er in der Lage ist, die Gefahr, die sein Hund darstellt, aufzuheben. Ist dies nicht gewährt, berechtigt der Bürgermeister das Tierheim, das Tier nach Konsultation eines Amttierarztes entweder einzuschläfern, zu behalten oder einem Tierschutzverein zu übergeben.
Hunde der 2. Kategorie (Hunde der Kategorie 1. mit Stammbuch, Rottweiler und Hunde, die ihren morphologischen Merkmalen nach dem Rassehund Rottweiler vergleichbar sind) dürfen einreisen. Diese Hunde dürfen nur von einem Volljährigen, mit Maulkorb und an der Leine geführt werden.
Italien
In Italien bestand eine Liste von zuletzt 135 als gefährlich eingestuften Rassen[14], darin waren u. a. der Deutsche Schäferhund ("Pastore tedesco") sowie alle in Deutschland und der Schweiz als potentiell gefährlich eingestuften Rassen aufgelistet.
Seit dem 25. März 2009 gibt es keine Rasseliste mehr, es gilt die "Ordinanza Martino" vom 3. März 2009. Darin wird festgestellt, dass die bisherige Regelung die Anzahl von Vorfällen mit aggressiven Hunden nicht verringert hat und dass die wissenschaftliche Literatur belegt, dass aufgrund der Rassezugehörigkeit keine Voraussage des Auftretens aggressiven Verhaltens möglich ist. Neu wird ein Register von individuellen Hunden eingeführt, die durch aggressives Verhalten aufgefallen sind und deren Besitz strengen Einschränkungen unterliegt.[15]
Niederlande
Die folgenden Bestimmungen werden zur Zeit (2008) überarbeitet, die Tötung von beschlagnahmten Hunden ist ausgesetzt. Dennoch können Hunde des unten beschriebenen Typus immer noch durch die Behörden beschlagnahmt werden.
Seit 1993 ist die Einfuhr von Hunden des Typs Pitbull-Terrier verboten. Hunde, die den Pitbullartigen gleichen, wie zum Beispiel der American Staffordshire-Terrier oder der Bullterrier, dürfen nur dann eingeführt werden, wenn sie einen durch die Fédération Cynologique Internationale (FCI) anerkannten Stammbaum haben und die Rassepapiere mitgeführt werden. Das Einfuhrverbot gilt ausnahmslos, also auch für Hunde, deren Haltung in anderen Ländern erlaubt ist.
Grundlage ist die Regeling aggressieve dieren (RAD, Gesetz über aggressive Tiere) von 1993. Es gibt Bestrebungen, es zu überarbeiten und deutlich zu mildern. Zu diesem Zweck hat die Regierung Mitte 2007 eine Untersuchungskommission eingesetzt. [16] Nach dieser Verordnung kann ein Hund ohne FCI-Rassepapiere nach einer Checkliste klassifiziert werden.[17] Treffen mehr als 18 von 33 dort aufgeführten optischen Merkmale zu, gilt das Tier als pitbullähnlich und die Behörden haben das Recht, es einzuziehen und einzuschläfern.
Da lediglich das Erscheinungsbild beurteilt wird, fallen auch Mischlinge darunter, die Kampfhunden nur äußerlich ähneln, wie zum Beispiel Boxer/ Labradormischlinge, die aber nicht entfernt zu den in Deutschland gelisteten „gefährlichen“ Rassen gehören. Ein Vorabcheck durch die zuständigen Behörden vor der Einreise ist nicht möglich. Eine vorangegangene Überprüfung ist für das Ergebnis einer erneuten Überprüfung nicht bindend. Es kann also auch nach einer „bestandenen“ Überprüfung eine erneute Prüfung zu einer Beschlagnahmemaßnahme führen.
Ob ein Hund nach dieser Liste als gefährlich anzusehen ist, wird von einem Sachverständigen entschieden, der vom Niederländischen Landwirtschaftsministerium LNV ernannt wurde und der dortigen Abteilung LASER angehört. Derzeit gibt es drei Sachverständige für das ganze Land; mehr Personen werden wegen der geringen Anzahl von Untersuchungsfällen (2007: unter 60 in Auftrag gegebene Gutachten[18]) für nicht erforderlich erachtet. Die von den Sachverständigen erstellten Gutachten können vom Hundebesitzer durch ein Gegengutachten, beispielsweise von der Stiftung Animal Research Foundation Europe (ARFE) angefochten werden.[19]
Die Fälle von Beschlagnahmung verdächtiger Tiere sind nach Angaben des niederländischen Tierschutzverbandes [20] in den letzten Jahren stark angestiegen: Waren es bis 2002 noch maximal 50 Tiere jährlich, stieg die Zahl 2003 auf 191, 2004 auf 315 und 2005 allein bis Mai auf 127. Insgesamt wurden bis 2007 etwa 800 Tiere beschlagnahmt, wovon ca. 700 Tiere getötet wurden.
Schweiz
Als Ergebnis einer 1995 durchgeführten und 1998 publizierten Studie[21] werden in der Schweiz jährlich 190 Hundebiss- und -kratzverletzungen je 100.000 Einwohner durch Hausärzte versorgt. Personen unter 20 Jahren sind überdurchschnittlich vertreten. Gemäß der Studie werden am häufigsten die Beine (35.4%), gefolgt von den Händen (30.02%), den Armen (19.3%), Gesicht, Kopf und Nacken (9.0%) und Rumpf (6.1%) verletzt. Bei Kindern unter 5 Jahren sind die Verletzungen in 40% der Fälle am Kopf und/oder Nacken, bei Kindern unter 15 Jahren in 25% der Fälle.
Im Schweizer Kanton Zürich kam es Anfang Dezember 2005 zu einen Beißangriff mit tödlichem Ausgang. Die verursachenden Hunde (Pitbull-Typus) waren dem Amt bereits als auffällig bekannt und wurden aus unkontrollierter Vermehrung im Ausland in die Schweiz eingeführt. Sie waren extrem schlecht sozialisiert und wurden nicht art- und tierschutzgerecht gehalten.
Als Reaktion auf diesen Vorfall ist die Haltung neuer Hunde dieser Rasse im Kanton Wallis seit 1. Januar 2006 verboten[22]. Dieses Verbot betrifft Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier, Dobermann, argentinische Dogge, Fila Brasileiro, Rottweiler, Mastiff, spanischer Mastiff, Neapolitan Mastiff, Tosa sowie Kreuzungen aus diesen Rassen.
Für Hunde dieser Rassen, die vor dem 1. Januar 2006 im Wallis gehalten oder bis Ende Februar geboren wurden, sieht der Staatsrat Übergangslösungen vor. Sofern das durch den betreffenden Hund bestehende Unfallrisiko als gering eingestuft wird, kann auf das Verbot des Hundes verzichtet werden. Des Weiteren sieht diese Verordnung einen zwingenden Chipnachweis vor.
Am 23. März 2006 gab die Kantonstierärztin Regula Vogel bekannt, dass der seit Dezember bestehende Leinen- und Maulkorbzwang gelockert werden wird. Zur Bewilligung dieser Befreiungen muss ein Halter einen «korrekten Leumund» des Tieres vorweisen können und belegen, dass es in der Vergangenheit zu keinen Vorfällen gekommen ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, auch bei den so genannten Kampfhunden gebe es gut sozialisierte Tiere und verantwortungsvolle Halter und ein Maulkorb widerspräche tiergerechter Haltung. Der Sicherheitsdirektor Ruedi Jeker bezifferte für den Kanton Zürich 300 bis 600 Hunde, die der Rasseliste entsprechen, bei insgesamt 50.000 bis 60.000 Hunden; im Kanton wären somit rund 1% der Hunde betroffen. Geprüft werden soll die Einführung von Bewilligungen für die Zucht und Haltung von Hunden und ein Fähigkeitsausweis für Hundehalter. Ab 1. Januar 2007 wird die Kontrollmarke durch einen Mikrochip ersetzt werden.
Aufgrund des obengenannten Vorfalls hatte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement veranlasst, das Bundesamt für Veterinärwesen anzuweisen, Vorschriften für gesetzliche Bestimmungen über Maßnahmen gegen aggressive Hunde[23] vorzubereiten.
Es wurde auch eine Petition an den Bundesrat übergeben, lanciert von der Schweizer Boulevardzeitung Blick[24], in der gefordert wurde: „Das Züchten und das Halten von Pitbulls und sämtlichen Kreuzungen mit dieser Rasse sind in der Schweiz ab sofort zu verbieten. Untersagt werden soll auch Einfuhr und Handel mit diesen Tieren.“. Diese wurde von 175.000 Schweizer Bürgern (rund 2 % der Bevölkerung) unterzeichnet.
Im Entwurf[25] bzw. den Erläuterungen[26] dazu vom 12. Januar 2006 zur Neufassung des Schweizer Tierschutzgesetzes waren im neuen Artikel 31b folgende Verbote vorgesehen:
1 Das Züchten, Halten, Verwenden, Abgeben, Weitergeben, das Verbringen von Hunden in das schweizerische Staatsgebiet sowie der Handel mit Hunden der folgenden Gruppen ist verboten: a. Hunde des Typs Pitbull; b. Hunde aus der Kreuzung mit Hunden des Typs Pitbull; c. Hunde aus der Kreuzung mit Hunden der Rassen nach Anhang 5. Dieser Anhang listet zu den im Wallis genannten Rassen zusätzlich noch den Cane Corso Italiano auf.
Informationen dazu findet man auf der Website des Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET)[27]
Die vorgeschlagenen Änderungen wurden nicht beschlossen, es gibt keine schweizweiten einheitlichen Vorschriften.
Die Verhaltensmedizinerin (Expertin für Hundeverhalten), Colette Pillonel, verließ die Arbeitsgruppe des Bundes aus Protest gegen die geplante Einführung einer Rasseliste. Sie begründete ihren Schritt damit, sie könne Regelungen für bestimmte Rassen nicht unterstützen. Maßnahmen gegen einzelne Rassen seien nicht effizient, sagte die ehemalige Mitarbeiterin des Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET). Sie erzeugten ein falsches Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung, die Bedrohung durch Hunde sei aber durch alle Rassen gegeben. An anderer Stelle führte sie aber aus: … das ist ein Problem, denn jeder Hund repräsentiert eine Gefahr, sei er ein so genannter Kampfhund oder ein Familienhund.[28]
In der Untersuchung der veterinär-medizinische Fakultät Bern von 2002 wurden als häufigste Beißer in der Schweiz diese sieben Rassen festgestellt: "Deutscher Schäfer, Belgischer Schäfer, Schweizer Sennenhunderassen, Dackel, Cocker Spaniel, Rottweiler und Collie". Diese Statistik nennt Listenhunde wie Pitbull und Bullterrier überhaupt nicht. Auch hier müssten die unterschiedlichen Bestandszahlen, sowie die schwere der Verletzungen in Relation gestellt werden.
Eine Untersuchung des Wirtschaftsdepartements des schweizerischen Kantons Neuenburg zu den Einzelheiten der 120 Beißvorfälle im Jahre 2002 ergab: „Nur 15% der Bisse können so genannt gefährlichen Hunden zugeschrieben werden, als da sind Pitbull, Amstaff, Rottweiler, etc. So ist diese Kategorie zwar im politischen Visier, sowohl im Ausland als auch in verschiedenen Schweizer Kantonen, aber dadurch werden die Beißaktionen im Allgemeinen nicht signifikant reduziert. Im Jahre 2002 waren mehr als 20% der Fälle Angriffe von Berner Sennenhunden und Appenzeller Sennenhunden, 11% wurden verursacht durch deutsche oder belgische Schäferhunde und 9% von Rassen, die allgemein als 'freundlich' betrachtet werden, also Labradors und Golden Retrievers. Wichtige Risikofaktoren sind schlechte Aufzucht- und Haltungsbedingungen der Hunde […]“
Wissenschaftliche Erkenntnisse aus Dissertationen
Zur Frage der Aggressivität der Hunderasse gibt es mehrere wissenschaftliche Arbeiten:
„Das Gesamtbild aller Rassen betreffend fällt auf, dass kein Hund der Rasse Bullterrier … (im Wesenstest) inadäquat aggressives Verhalten zeigte.“
– Angela Mittmann: Dissertation, 2002[29]
„Nur 3,75% aller getesteten Hunde zeigten ein der Situation unangemessenes und damit unter Umständen gefährliches aggressives Verhalten anderen Hunden gegenüber. Diese Individuen können mit dem Wesenstest als Methode von der Zucht ausgeschlossen werden. … Die Annahme einer besonderen Gefährlichkeit laut Kategorien der GefTVO, aber auch nach dem (Bundes-)Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde … ist nach den Ergebnissen dieser Studie nicht gerechtfertigt.“
– Andrea Böttjer: Dissertation, 2003[30]
„… wurden 70 Hunde der Rasse Golden Retriever … in dem Wesenstest … getestet. … Die Kontrollgruppe sollte vor allem Aufschluss darüber geben, ob es einen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit des Aggressionsverhaltens zu den von MITTMANN (2002) untersuchten Rassen gibt. ... Im Vergleich der Gruppe von MITTMANN (2002) und der Kontrollgruppe ergab sich kein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit von inadäquatem Aggressionsverhalten. … Die Ergebnisse zeigen, dass es nicht legitim ist, bestimmte Rassen zu diskriminieren und sie den Verboten und Einschränkungen von so genannten Rasselisten zu unterwerfen.“
– Tina Johann: Dissertation, 2004[31]
„Wie schon zahlreiche vorhergehende Studien (u.a. MITTMANN 2002, BÖTTJER 2003, BRUNS 2003, JOHANN 2004, FEDDERSEN-PETERSEN 2004) zeigt auch diese Untersuchung deutlich, daß Pauschalaussagen bezüglich bestimmter Hunderassen im Allgemeinen oder auch bezüglich Hundegruppen und -typen, … ethologisch nicht haltbar sind. … unterliegen auch heute noch einige völlig willkürlich und bar jeder wissenschaftlicher Grundlage ausgewählte Hunderassen gesetzlichen Einschränkungen auf Bundesebene. Für die Rassen Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier und Hunde vom Pitbull-Typus gilt zur Zeit ein bundesweites Einfuhr- und Verbringungsverbot. … Trotz der fehlenden wissenschaftlichen Grundlage geht der Gesetzgeber unverständlicherweise weiterhin davon aus, daß diesen Rassen und dem Hundetypus ein erhöhtes Gefährdungspotential anhängt. … Auf der Basis dieser Schlußfolgerungen läßt sich ein Lösungsansatz nicht in einer weiteren Reglementierung und damit Diskriminierung bestimmter Hunderassen oder -typen finden. In ihren Kommunikationsmöglichkeiten durch Leine und/oder Maulkorb eingeschränkte Hunde werden langfristig immer unter einer Einbuße an sozialer, kommunikativer Kompetenz leiden. Hingegen gilt es die Erhöhung der sozialen Kompetenz zu fördern. Die Basis dazu bietet beispielsweise die Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Ethologie und die Vermittlung fundierten Fachwissens an Hundezüchter und -halter. Entscheidend ist daneben eine weder reißerische, noch polemisierende, sondern eine sachliche und wissenschaftlich fundierte Information der Öffentlichkeit und der politischen Gremien. … Mithin hat diese Untersuchung keinerlei Hinweise auf ein inadäquat oder gestört aggressives Verhalten bzw. eine Hypertrophie des Aggressionsverhaltens bei dieser Bullterrier-Zuchtlinie ergeben.“
– Jennifer Hirschfeld: Dissertation, 2005[32]
Studie der Freien Universität Berlin
Eine Studie des Instituts für Tierschutz und Tierverhalten der Freien Universität Berlin befaßte sich 2005 mit der Frage der Auffälligkeit verschiedener Hunderassen. Hierbei wurden Bestandszahlen einiger Hunderassen in Berlin und Brandenburg erfasst und mit den offiziell erfassten Zwischenfällen mit Hunden dieser Rassen ins Verhältnis gesetzt. Es ergibt sich dadurch ein 'Auffälligkeitsindex' für jede Rasse.
Hunderasse Anteil der 2003 in Berlin auffällig gewordenen Hunde bestimmter Rassen an der Gesamtpopulation ihrer Rasse Bullterrier 0,54 % Schäferhund 1,80 % Rottweiler 2,25 % Dobermann 1,36 % Labrador Retriever 0,70 % Golden Retriever 0,35 % Teckel 0,43 % Für das Land Brandenburg ergibt sich ein ähnliches Bild wie für Berlin.
Hunderasse Anteil der 2003 in Brandenburg auffällig gewordenen Hunde bestimmter Rassen an der Gesamtpopulation ihrer Rasse Bullterrier 0,36 % Rottweiler 2,18 % Deutscher Schäferhund 2,75 % Dobermann 1,10 % Labrador Retriever 1,24 % Golden Retriever 1,74 % Siberian Husky 3,22 % Die Statistik ergibt, dass in Berlin etwa jeder 185ste Bullterrier auffällig war, im Land Brandenburg etwa jeder 277ste. In der Rasse Schäferhund war hingegen jeder 55ste in Berlin und jeder 36ste im Land Brandenburg auffällig. Insgesamt liegt die Rasse Bullterrier jeweils unter dem Durchschnitt.[33]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Bei den nicht verlinkten Bezeichnungen von Rassen kann die Bezeichnung vom Namen her keiner Rasse eindeutig zugeordnet werden.
- ↑ http://www.polizei.bayern.de/content/1/2/0/0/0/kampfhunde.pdf
- ↑ http://www.muenchen.de/Rathaus/kvr/ordnung/gefaehrliche_tiere/hundekatalog/115089/bandog.html
- ↑ http://www.hund-is-hund.de/docs/hamann01.pdf
- ↑ http://www.schmidt9.de/w54/intern_nwstgb/beisskraft.htm
- ↑ http://www.lifeandlaw.de/presse_einzelansicht.php3?id=520&suche=an&suchbegriff=BVerwG&PHPSESSID=69c4a7adfd404d9a475522b9a...
- ↑ Debatte im Niedersächsischen Landtag vom 24. September 2002
- ↑ Gesetz über das Halten von Hunden in Berlin
- ↑ http://www.mvregio.de/8748.html
- ↑ a b Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 16. März 2004
- ↑ http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/index.php?id=156
- ↑ http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/parlamentsdokumentation/d1623vbe_5.pdf
- ↑ Versicherungen von Hunden in Rasselisten: [1] [2] [3]
- ↑ Italienische Rasseliste: [4]
- ↑ Ordinanza (...) concernente la tutela dell’incolumità pubblica dall’aggressione dei cani auf der Webseite der italienischen Regierung
- ↑ Regeling Agressieve Dieren in de kamer und [http://www.minlnv.nl/portal/page?_pageid=116,1640321&_dad=portal&_schema=PORTAL&p_file_id=22229 Landwirtschaftministerium ernennt die Kommission
- ↑ Bestimmungen in deutsch (PDF-Datei)
- ↑ Interview mit einem der Sachverständigen (niederländisch)
- ↑ Kritische Webseite einer Mitarbeiterin des Tierschutzes Rijnmond
- ↑ Statistiken des Tierschutzverbandes Rijnmond
- ↑ Schweizer Studie zu Hundebiss- und -kratzverletzungen: [5]
- ↑ http://www.vs.ch/Public/doc_detail.asp?DocumentID=12316
- ↑ http://www.bvet.admin.ch/tierschutz/00231/00233/index.html?lang=de
- ↑ http://www.blick.ch/news/schweiz/kampfhunde/artikel29734
- ↑ http://www.bvet.admin.ch/tierschutz/00231/00233/index.html?lang=de&download=03953_de.pdf
- ↑ http://www.bvet.admin.ch/tierschutz/00231/00233/index.html?lang=de&download=03954_de.pdf (PDF)
- ↑ http://www.bvet.admin.ch/tierschutz/00231/00233/index.html?lang=de
- ↑ http://www-x.nzz.ch/format/broadcasts/transcripts_455_784.html
- ↑ http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/mittmanna_2002.pdf
- ↑ http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/boettjera_ws03.html
- ↑ http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/johannt_ws04.html
- ↑ http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hirschfeldj_ss05.html
- ↑ http://www.tierheim-huerth.de/hold/studie.pdf
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