Louis Levin

Louis Levin

Louis Levin (* 23. März 1865 in Tost (Schlesien; heute Toszek; † 23. September (unklar) 1939 in Berlin) war ein deutscher Jurist jüdischer Herkunft.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er war Sohn eines Lehrers und wurde in der israelitischen Religion erzogen. Darüber, ob er später zum lutherischen Glauben übertrat oder „Glaubensjude“, wie ihn die Nationalsozialisten bezeichneten, blieb, gibt es unterschiedliche Angaben. Seit 1878 besuchte er das Gymnasium in Chemnitz, seit 1881 das in Bad Kreuznach, wo er 1884 sein Abitur ablegte. Er studierte anschließend Rechtswissenschaften an den Universitäten Breslau und Berlin. 1887 wurde er an der Berliner Juristischen Fakultät mit einem handelsrechtlichen Thema promoviert. 1899 legte er beim Kammergericht die zweite juristische Staatsprüfung ab. Danach wurde er Gerichtsassessor im preußischen Justizdienst und wurde an mehreren Gerichten verwendet. Ab 1899 war er Amtsrichter im schlesischen Sorau. Ab 1906 war er am Amtsgericht Berlin-Schöneberg tätig. In dieser Zeit erschienen mehrere Veröffentlichungen. Insbesondere seine 1913 erschienene Monographie „Richterliche Prozeßleitung und Sitzungspolizei in Theorie und Praxis“ stieß auf breites Interesse und wurde hochgerühmt. 1919 wurde er Kammergerichtsrat.

1922 wurde er Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig, nachdem sein Vorgänger Hans Wolf nach Herabsetzung der gesetzlichen Altersgrenze in der Ruhestand verabschiedet wurde. Die Braunschweiger Justizkreise nahmen den Auswärtigen nicht gerne auf und er blieb dort zeit seines Wirkens gesellschaftlich isoliert. Anlässlich seiner Amtseinführung wurden Vorwürfe laut, er wäre nur mit Rücksicht auf seine politische Gesinnung an den Posten gekommen.

Rechtspolitisch wirkte Levin in Braunschweig vor allem auf dem Gebiet der Juristenausbildung. Zudem entwickelte er ein Interesse für das Sozialrecht und übernahm darin seit 1923 als außerordentlicher Professor Vorlesungen an der Technischen Universität Braunschweig. Er galt zudem als einer der führenden Praktiker in den Fragen des Zivilprozessrechts. So wurde er schon 1920 Mitglied der Kommission im Reichsjustizministerium zur Reform der Zivilprozessordnung. Der fortschrittliche Gesetzentwurf von 1931, der insbesondere die soziale Auffassung vom Wesen der Zivilprozesses betonte, wurde allerdings nie Gesetz.

Später geriet er in Konflikt mit dem sozialdemokratischen braunschweigischen Justizminister Hans Sievers. Um Levin loszuwerden setzte die Landesregierung abermals, wie schon im Falle seines Vorgänger, die gesetzliche Altersgrenze für Richter auf nunmehr 65 Jahre herunter, so dass Levin kurz darauf am 1. Juli 1930 in den Ruhestand treten musste. Er kehrte nach Berlin-Schöneberg zurück. Seine letzte wissenschaftliche Veröffentlichung erschien 1933. Über sein weiteres Schicksal ist kaum etwas bekannt. Sein Tod wurde lediglich beim Standesamt Berlin beurkundet. Die Todesursache ist unbekannt.

Er war Mitglied der DDP und des Republikanischen Richterbundes in dessen Zeitschrift „Die Justiz“ er viele seiner Aufsätze veröffentlichte. Trotz seines beachtlichen rechtswissenschaftlichen Schaffens war er jahrelang nahezu vollständig vergessen. In Braunschweig existierte nach dem Krieg keine Personalakte mehr über ihn und auch Fotos von ihm existieren nicht mehr. Erst einer seiner Nachfolger, Rudolf Wassermann, entdeckte ihn wieder. Levin war neben Wassermann der einzige Braunschweiger Oberlandesgerichtspräsident, der von außerhalb geholt wurde und ebenfalls neben Wassermann der einzige, der in größerem Umfang rechtswissenschaftlich veröffentlicht hat.

Veröffentlichungen (Auszug)

  • Über das Kommissionsgeschäft im Hansagebiete, Berlin Jur. Diss. 1887
  • Richterliche Prozeßleitung und Sitzungspolizei in Theorie und Praxis, Berlin 1913
  • Die rechtliche Bedeutung des Anwaltzwanges, Berlin 1916

Literatur

  • Dieter Miosge, Louis Levin, in: Edgar Isermann/Michael Schlüter (Hrsg.): Justiz und Anwaltschaft in Braunschweig 1879 - 2004, Joh. Heinrich Meyer Verlag, Braunschweig 2004, ISBN 3-926701-62-5 (S. 137 f.)
  • Rudolf Wassermann: Louis Levin. Braunschweiger Oberlandesgerichtspräsident 1922–1930, In: Kleine Schriften, Nr. 19, herausgegeben von Stadtarchiv Braunschweig und Stadtbibliothek Braunschweig, Braunschweig 1988
  • Rudolf Wassermann: Louis Levin, Ein "Führer der Praxis, in: Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, Hg. von Helmut Heinrichs u.a., C.H. Beck München 1993, ISBN 3-406-36960-X (S. 495 ff.)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Levin — bezeichnet: die Stadt Levin (Neuseeland) in Neuseeland die Gemeinde Levín in Tschechien einen Ortsteil der Stadt Dargun im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte in Mecklenburg Vorpommern Levin ist außerdem ein männlicher Vorname, den folgende… …   Deutsch Wikipedia

  • Levin tube — Le·vin tube lə vēn , lə vin n a tube designed to be passed into the stomach or duodenum through the nose Levin Abraham Louis (1880 1940) American physician. The author of numerous articles on gastroenterology, Levin introduced his nasal… …   Medical dictionary

  • Louis Ferdinand von Preußen (1772–1806) — Louis Ferdinand von Preußen (Gemälde von Jean Laurent Mosnier, 1799) Prinz Friedrich Ludwig Christian von Preußen (genannt Prinz Louis Ferdinand von Preußen; auch Der preußische Apoll; * 18. November 1772 in Schloss Friedrichsfelde bei… …   Deutsch Wikipedia

  • Levin August Von Bennigsen — Naissance 10 février 1745 Brunswick Décès 3 décembre 1826 (à 81 ans) Banteln …   Wikipédia en Français

  • Levin august von bennigsen — Naissance 10 février 1745 Brunswick Décès 3 décembre 1826 (à 81 ans) Banteln …   Wikipédia en Français

  • Levin August von Bennigsen — Portrait de Levin August von Bennigsen. Naissance 10 février 1745 Brunswick Décès …   Wikipédia en Français

  • Louis C. Rabaut — Louis Charles Rabaut (* 5. Dezember 1886 in Detroit, Michigan; † 12. November 1961 in Hamtramck, Michigan) war ein US amerikanischer Politiker. Zwischen 1935 und 1961 vertrat er zwei Mal den Bundesstaat Michigan im US Repräsentantenhaus.… …   Deutsch Wikipedia

  • Louis C. Cramton — Louis Convers Cramton (* 2. Dezember 1875 in Hadley, Lapeer County, Michigan; † 23. Juni 1966 in Saginaw, Michigan) war ein US amerikanischer Politiker. Zwischen 1913 und 1931 vertrat er den Bundesstaat Michigan im US Repräsentantenhaus.… …   Deutsch Wikipedia

  • Louis Hayward — Avec Danielle Darrieux, dans La Coqueluche de Paris (1938) Données clés …   Wikipédia en Français

  • Louis Hjelmslev — (* 3. Oktober 1899 in Kopenhagen; † 30. Mai 1965 ebenda) war ein dänischer Linguist, Vertreter des europäischen Strukturalismus und ein Begründer der Kopenhagener Schule. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”