Ludwig Moritz von Lucadou

Ludwig Moritz von Lucadou

Ludwig Moritz von Lucadou (* 23. März 1741 in Genf; † 21. Juni 1812 in Köslin) war ein preußischer Offizier, der durch seine Rolle bei der Belagerung Kolbergs 1807 bekannt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lucadou entstammte einer Adelsfamilie aus dem Languedoc, seine Muttersprache war französisch. Sein Vater diente als Oberst in der Armee des Königreichs Sardinien, in die auch Lucadou 1756 eintrat.

Als Fähnrich wechselte er 1760 in die preußische Armee und wurde Infanterieoffizier. Nachdem er im Bayerischen Erbfolgekrieg 1779 König Friedrich II. durch besondere Tapferkeit aufgefallen war, wurde er mit diesem und auch dem Thronfolger Friedrich Wilhelm II. persönlich bekannt. Letzterer beorderte den Major Lucadou 1792 zur besonderen Verwendung im Feldzug gegen Frankreich in sein Hoflager und setzte ihn als Stadtkommandanten von Frankfurt am Main ein. Nach der Eroberung von Mainz wurde Lucadou am 1. August 1793 zuerst Kommandant und ab Januar 1794 Gouverneur von Mainz. Nach dem Abzug aus der Stadt übernahm er erneut die Kommandantur in Frankfurt bis zum Frieden von Basel.

Im Jahre ernannte 1803 König Friedrich Wilhelm III. den Oberst Lucadou zum Kommandanten der Festung Kolberg. Nach der Niederlage und dem Zusammenbruch der preußischen Armee im Herbst 1806 im Vierten Koalitionskrieg weigerte Lucadou sich, die Festung den Franzosen zu übergeben, setzte sie systematisch in Verteidigungszustand und übte monatelang über einen großen Teil des nordwestlichen Hinterpommerns die Kontrolle aus. Als im März 1807 der Kampf um Kolberg begann, war Lucadous Stellung jedoch wegen des Mißtrauens des patriotischen Teils der Bürgerschaft um den Bürgerrepräsentanten Joachim Nettelbeck schwierig, während ein anderer Teil mit den Belastungen infolge der Verteidigungsanstrengungen nicht einverstanden war. Lucadou gelang es nicht, den Elan kämpferisch gesinnter Bürger für die Verteidigung der Festung nutzbar zu machen. Er sprach mit französischem Akzent, verstand die plattdeutsche Mundart der Kolberger nicht und war von einem Schlaganfall gezeichnet. Er erschien ihnen mit seiner Zurückgezogenheit als unberechenbare Gefahr und sie befürchteten eine Übergabe der Festung. Nachdem das unklare Unterstellungsverhältnis des Schillschen Korps sich in militärischen Misserfolgen niedergeschlagen und Konflikte in der Garnison zur Folge hatte, schlossen sich Offiziere und Beamte, unzufrieden mit seiner Führung, den Kritikern an und konspirierten gegen ihn. Daraufhin entsandte der König den Major Gneisenau am 29. April 1807 als neuen Kommandanten nach Kolberg. Er gab ihm ferner den Auftrag, die Vorwürfe gegen Lucadou zu überprüfen. Im Ergebnis des später verschollenen Berichts Gneisenaus wurde Lucadou zum Generalmajor befördert und schied mit vollem Generalsgehalt und dem Recht des Tragens der Generalsuniform aus der Armee aus.

Lucadou war zweimal verheiratet. Die zweite Ehe ging er 1808, weit unter seinem Stand, mit der neunundzwanzigjährigen Sophie Charlotte Liebchen, Tochter eines Feldschers, ein. Seit 1810 lebte er mit ihr in Köslin.

Lucadou als literarische Gestalt

In den vielgelesenen Lebenserinnerungen seines Feindes Nettelbeck[1], die den Kern des um die Belagerung entstandenen Mythos bilden und auch heute noch gedruckt werden, wurde Lucadou wahrheitswidrig als Feigling und Versager hingestellt. Zu seinen Lebzeiten sind Vorwürfe in einem derartigen Umfang nicht erhoben worden. Als das Werk 1823 erschien, war Lucadou schon verstorben und konnte sich nicht mehr wehren. Seine Verteidiger, besonders Regionalhistoriker wie Hermann Klaje[2] aus Kolberg und R. M. Horstig[3] aus Stolp, sowie Angehörige des preußischen Offizierkorps wie Karl von Bagensky[4], konnten sich nicht durchsetzen. Dagegen machten sich zahlreiche Schriftsteller Nettelbecks Darstellung zu eigen, darunter Paul Heyse in seinem seit 1868 viel gespieltem und als Nationaldrama angelegten Schauspiel „Kolberg“. Ebenso verfuhren Veit Harlan und Alfred Braun 1943/1944 in ihrem Drehbuch zu dem NS-Propagendafilm „Kolberg“.

Verweise

Literatur

Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum. Teil 5. Die preußischen Generale von 1798 bis zum Zusammenbruch Preußens 1806, Hamburg, o.J. (1937), S. 285-289, (Nr. 1132).

Fußnoten

  1. Johann Christian Nettelbeck: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Kolberg - eine Lebensbeschreibung. Zwei Bände, herausgegeben von J. C. L. Haken, Leipzig 1821. Band 1 (Volltext).
  2. Joachim Nettelbeck Post, Kolberg 1927.
  3. R. M. Horstig: Kolberg im Jahr 1807 - Eine Jubelschrift, Stolp 1857 (Volltext)
  4. Geschichte des 9ten Infanterie-Regiments genannt Colbergsches, Post, Kolberg 1842 (Volltext, ohne gefaltete Geländekarte).

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