Lübeck-Schlutup

Lübeck-Schlutup
Schlutup
Stadt Lübeck
Koordinaten: 53° 53′ N, 10° 48′ O53.89111111111110.797777777778Koordinaten: 53° 53′ 28″ N, 10° 47′ 52″ O
Einwohner: 6.000
Vorwahl: 0451
Der Fischerkahn Schlu.2a war 1965 das letzte Fischerboot dieser Art, das in Schlutup zum Fischfang auf der Trave gebaut wurde. Der Kahn wurde bis 1986 benutzt und steht jetzt auf dem Kirchhof der St. Andreas-Kirche

Schlutup ist ein altes Fischerdorf am Breitling des unteren Laufs der Trave und mit etwa 6000 Einwohnern der kleinste Stadtteil der Hansestadt Lübeck in Schleswig-Holstein.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Der Ortsteil liegt östlich der Trave und ist vom Zentrum Lübecks durch den Stadtteil St. Gertrud mit seinen ausgedehnten Stadtforsten des Lauerholzes getrennt. Schlutup ist über die B 104 sowohl mit der A 20 in Mecklenburg-Vorpommern als auch durch den Herrentunnel und die A226 mit der A 1 verbunden. Schlutup fand seine erste urkundliche Erwähnung im Jahre 1225 unter dem Namen Vretup.

In Schlutup liegt das gleichnamige Landschaftsschutzgebiet, das mit gehölzreichen Brachflächen, Mager- und Trockenrasen sowie Feuchtbiotopen, wie dem Mühlenteich, der Speckmoorniederung, dem Schwarzmühlenteich, dem ehemaligen Müllermoor und dem unbebauten Uferabschnitt der Untertrave, eine Gesamtfläche von etwa 170 Hektar umfasst.[1]

Wirtschaft und Infrastruktur

Bahnhof

Als Fischereihafen ist Schlutup Standort fischverarbeitender Betriebe, der Hauptumschlag der Lübecker Hafengesellschaft im Schlutuper Hafen besteht heute jedoch in Papier und Zellulose. Schlutup besitzt einen alten, unter Denkmalschutz stehenden Bahnhof. In den sechziger Jahren wurde der Personenverkehr dort eingestellt und in der Folgezeit nur noch Güter dort umgeschlagen. Inzwischen ist der Bahnhof als Bahnanlage geschlossen, nur noch die Gleise werden als Rangier- und Sammelplatz für die mit Papierrollen beladenen Waggons benutzt, die am Schlutuper Hafen vom Schiff auf die Bahn verladen und bis nach Italien weiterversendet werden. Für den Personenverkehr ist Schlutup mit zwei Buslinien der Stadtwerke Lübeck mit der Hansestadt verbunden, die tagsüber im 20-Minuten-Takt verkehren. Und es gibt mit Dahmetal und GBB (Grevesmühlener Busbetriebe) Verbindung gen Osten über Selmsdorf und Schönberg bis nach Grevesmühlen.

Geschichte

In der Zeit des Nationalsozialismus befand sich an der heutigen Mecklenburger Straße hinter dem Behnturm das Travelager Schlutup, ein Lager für ausländische Zwangsarbeiter. Es hatte im Mai 1945 1.100 Insassen.[2] Ab 1933 bis zum Ende des Krieges befand sich auch eine Fabrik für Spezialmunition der Deutsche Waffen und Munitionsfabriken in der Mecklenburger Straße. Sie umfasste eine Fläche von 400 Hektar Land. Hier wurden unter anderem die Minenmunition und die Luft-Luft-Rakete R4M entwickelt. Als Arbeitskräfte waren Zwangsarbeiter aller Nationen beschäftigt.

Schlutup als Grenzort

Bis 1989/1990 war die Mecklenburger Straße die Zufahrt zum Grenzübergang in die DDR, hier die Engstelle östlich des Markts

Bis zur Deutschen Einheit 1990 lag Schlutup direkt an der innerdeutschen Grenze. Der Grenzübergang Schlutup war der nördlichste Grenzübergang zur DDR für den Transitverkehr nach Skandinavien über Rostock und Rügen. Auch sämtlicher Verkehr in der unmittelbaren Nachwendezeit durchquerte das Dorf, so die Gift- und Sondermülltransporte zur wenige Kilometer entfernten DDR-Sondermülldeponie Schönberg, die Sondermüll aus ganz Europa anzog.

In der Grenz-Dokumentationsstätte Lübeck-Schlutup, einem ehemaligen Zollhaus, wird an die Geschichte der Teilung Deutschlands und insbesondere an die Situation in Lübeck und dessen Stadtteil Schlutup erinnert.

Nach 1989

Nach der Wende wurde insbesondere der Straßenabschnitt östlich des Schlutuper Markts zum Engpass, bis eine Umgehungsstraße auf dem ehemaligen Grenzstreifen Entlastung brachte. Heute ist die Ortsdurchfahrt verkehrsberuhigt. Die Umgehungsstraße und die A 20 nehmen den Verkehr auf. Im Bereich des ehemaligen Grenzübergangs befinden sich heute die Gewerbegebiete der mecklenburgischen Nachbargemeinde Selmsdorf, die vom Fördergefälle profitieren.

Schulen

IGS Willy-Brandt-Schule in der Kirchstraße
Baustop an der Brücke der B 104 neu im Lauerholz

Die Integrierte Gesamtschule Willy-Brandt-Schule erhielt ihren Namen nach dem in Lübeck geborenen früheren Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt im März 2007.

Die Realschule in Schlutup wurde 1999 aufgelöst.

Mit Beginn des Schuljahres 2010/ 11 wurde die Grundschule Schlutup Teil der Willy-Brandt-Schule. Die Willy-Brandt-Schule hat je einen Gebäudekomplex für die Grundschule im Krümmling, der Orientierungsstufe in der Schlutuper Kirchstraße und die Sekundarstufe I in der Straße Beim Meilenstein.

Kirchen

Die evangelisch-lutherische St.-Andreas-Kirche in der Schlutuper Kirchstraße wurde als Saalkirche der Backsteingotik 1436 errichtet. Der Turm wurde Ende des 16. Jahrhunderts im Zuge einer Erneuerung hinzugefügt. Weitere Überarbeitungen erfolgten 1826 und 1874. Die Kirche verfügt über eine reiche Ausstattung des 16. bis 18. Jahrhunderts.

Die römisch-katholische St.-Ansgar-Kirche in der Wesloer Straße wurde am 1. März 2004 geschlossen ("profaniert"). Am 29. Februar 2004 fand der letzte Gottesdienst in der St.-Ansgar-Kirche statt. Im September 2006 wurde das Kirchengebäude abgerissen.

Die Neuapostolische Kirche

befindet sich seit 1948 im Stadtteil Schlutup. Bis 1982 in einem angemieteten Raum in der Mecklenburger Straße 83. 1982 wurde am "Am Schlutuper Markt 2" dann ein Neubau errichtet, der 2002 nach 20 Jahren vergrößert wurde.


Schlutup und die Fischverarbeitung

Bereits in den 1860er Jahren wurden im kleinen Stil Fischräuchereien betrieben. Im Zuge der Industrialisierung wurde dann die Fischverarbeitung der bedeutendste Wirtschaftszweig der Region. Im Jahre 1907 gab es 24 Betriebe in Schlutup; 1929 waren es schon 40. Im großen Stil wurden Aushilfskräfte aus weiten Bereichen Mecklenburgs für die Filetierung und Weiterverarbeitung im Wesentlichen von Heringen beschäftigt. Diese Situation fand ein jähes Ende mit der Entwicklung der ersten Fisch-Filetiermaschine durch die Maschinenbaufabrik Rudolf Baader aus Lübeck im Jahr 1921. Sie ersetzte die Arbeitsleistung von acht Frauen. Maschinen aus den 1950er Jahren erledigten das Pensum von bis zu 30 Frauen. Da für die Haltbarmachung von Fisch auch Essig benötigt wurde, gründete die Firma Kühne 1915 eine Essigfabrik in Schlutup. Sie wurde im Jahr 2002 geschlossen. Darüber hinaus wurden für die Vermarktung als Dauerkonserve entsprechende Behältnisse aus Weißblech benötigt. Auf die Herstellung von Fischdosen hatte sich die Fa. Ewers & Co in der Lübecker Waisenhofstraße, später die Fa. Schmalbach-Lubeca im Glashüttenweg spezialisiert. Noch heute ist mit der 1909 gegründeten Firma Hawesta die Fischverarbeitung in Schlutup präsent.

Kulturdenkmale

Fischverarbeitung und Umweltschutz

Die schnelle Expansion der Schlutuper Fischverarbeitung führte zu großen Umweltproblemen. So wurden anfangs alle Fischabfälle und Waschwässer unbehandelt in die Trave geleitet. Beim Filetieren von Heringen entstehen immerhin 60% Abfälle. Zusammen mit den zum Teil giftigen Abwässern des gegenüberliegenden Hochofenwerks Lübeck verwandelte sich die Trave speziell in den Sommermonaten, wenn sie wenig Wasser führte, in eine stinkende Kloake. Abhilfe brachte eine Fischmehlfabrik, die um 1900 in Schlutup ihren Betrieb aufnahm. In der jüngeren Vergangenheit werden nur noch importierte Heringsfilets verarbeitet, so dass der Fischabfall deutlich abnahm. Durch das seit vielen Jahren arbeitende Klärwerk und die nicht mehr vorhandene industrielle Verschmutzung hat die Trave vor Schlutup inzwischen wieder nahezu Badewasserqualität. Ein Beweis hierfür ist die jährliche Wanderung der Heringe flussaufwärts bis in den Lübecker Hafen, da der Hering hinsichtlich der Wasserqualität sehr empfindlich ist und verschmutzte Gewässer meidet.

Literatur

  • Antjekathrin Graßmann: Lübeck Lexikon, Lübeck 2006

Weblinks

 Commons: Schlutup – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Landschaftsschutzgebiet "Schlutup" auf travemuende.de
  2. Werner Petrowsky/Arbeitskreis „Geschichte der Lübecker Arbeiterbewegung“: Lübeck - eine andere Geschichte, Einblicke in Widerstand und Verfolgung in Lübeck 1933-1945, Zentrum - Jugendamt der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 1986 ISBN 3-923814-02-X, S. 199

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